Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.02.2014, Az. 5 C 1/13 D

5. Senat | REWIS RS 2014, 7473

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Gegenstand

Entschädigung bei überlanger Verfahrensdauer; Beschränkung auf einen Verfahrenszug; personenbezogener Anspruch; Anwaltskosten; Zinsanspruch


Leitsatz

1. Die Begrenzung der Entschädigungsklage auf eine von mehreren Instanzen (hier das Berufungszulassungsverfahren) ist prozessrechtlich zulässig. Materiellrechtlicher Bezugsrahmen eines derart beschränkten Begehrens ist gleichwohl das gesamte (verwaltungs-)gerichtliche Verfahren.

2. Der Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils (§ 198 Abs. 2 GVG) ist ein personenbezogener Anspruch.

3. Die notwendigen Anwaltskosten für die vorprozessuale Verfolgung des Entschädigungsanspruchs stellen einen materiellen Nachteil im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG dar.

4. Eine Verzinsung des Entschädigungsbetrages kann im Verwaltungsprozess nur unter dem Gesichtspunkt der Prozesszinsen verlangt werden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um eine Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens.

2

Gegenstand des Ausgangsverfahrens, dessen Überlänge die Kläger [X.], war die Kürzung einer Wohnungsbauförderung. Den Klägern waren Fördermittel in Form eines zinsverbilligten Darlehens für den Erwerb von Wohneigentum zur Selbstnutzung bzw. Überlassung an Familienangehörige bewilligt worden. Die beklagte Bank widerrief später zum Teil die gegenüber den Klägern erlassenen Bewilligungsbescheide wegen Verstoßes gegen die Zweckbestimmung, nachdem sie erfahren hatte, dass die Kläger - nach ihren Angaben wegen nicht mehr hinnehmbaren Nachbarschaftsstreitigkeiten - ein Hausgrundstück erworben und die zuvor selbst genutzte Eigentumswohnung an eine Mieterin ohne Berechtigungsbescheinigung des Wohnungsamtes vermietet hatten. Hierdurch entstanden den Klägern Mehrkosten für höhere Zinsen in Höhe von 6 800 [X.].

3

Die Kläger erhoben gegen die Aufhebung der beiden Teilwiderrufsbescheide am 28. November 2007 Klage. Diese wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 5. September 2008 zurück.

4

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 19. September 2008 zugestellte Urteil beantragten die Kläger mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2008 die Zulassung der Berufung. Die Antragsbegründung wurde am 17. November 2008 beim Oberverwaltungsgericht eingereicht. Die Kläger rügten die Übertragung auf den Einzelrichter als verfahrensfehlerhaft und machten ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung geltend. Mit gerichtlicher Verfügung vom selben Tag wurde die beklagte Bank zur Stellungnahme binnen einer Frist von sechs Wochen aufgefordert. Die Stellungnahme ging beim Oberverwaltungsgericht am 3. Dezember 2008 ein. Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2009 teilten die Prozessbevollmächtigten der Kläger ihre neue Anschrift mit. Eine Abschrift dieses Schriftsatzes wurde der Gegenseite aufgrund gerichtlicher Verfügung vom 5. Januar 2010 übersandt. Mit Beschluss vom 29. August 2011 lehnte das Oberverwaltungsgericht den Antrag auf Zulassung der Berufung ab.

5

Am 24. Januar 2012 forderten die Kläger die [X.] auf, ihnen wegen der unangemessenen Dauer des Berufungszulassungsverfahrens bis zum 14. Februar 2012 jeweils einen Betrag von 1 200 [X.] zu zahlen. Für die außergerichtliche Geltendmachung des [X.] wurde ihnen ein Betrag von 330,34 [X.] in Rechnung gestellt.

6

Am 28. Februar 2012 haben die Kläger beim Oberverwaltungsgericht Klage erhoben und jeweils die Gewährung einer angemessenen Entschädigung für den durch die überlange Verfahrensdauer des Rechtsstreits bei dem Oberverwaltungsgericht erlittenen immateriellen Nachteil, hilfsweise für den durch die überlange Verfahrensdauer des Rechtsstreits bei dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht erlittenen immateriellen Nachteil, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 v.H. seit dem 15. Februar 2012 sowie die Erstattung der vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 330,34 [X.] begehrt. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen ausgeführt, das Berufungszulassungsverfahren habe mit etwa drei Jahren unangemessen lang gedauert. Es habe sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt ohne schwerwiegende rechtliche Probleme gehandelt. Das Oberverwaltungsgericht habe das Verfahren seit der Begründung des Zulassungsantrags nicht gefördert. Die andauernde Überlastung des zuständigen Senats des [X.], die dort vorhandenen Rückstände und die allgemein angespannte Personalsituation könnten die Verfahrensdauer nicht rechtfertigen. Die Beteiligten hätten das Berufungszulassungsverfahren in keiner Weise verzögert. Für sie, die Kläger, sei es von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung gewesen, ob ihnen der im Berufungszulassungsverfahren streitige Betrag von 6 800 [X.] zur Verfügung stehe oder nicht. Sie lebten in angespannten finanziellen Verhältnissen. Der besagte Betrag stelle für sie eine erhebliche finanzielle Ent- bzw. Belastung dar. Aufgrund der über den Verfahrensausgang herrschenden Unsicherheit seien sie in ihrer finanziellen Planung stark eingeschränkt gewesen. Eine geordnete Lebensplanung sei ihnen erschwert worden. Die Belastungen hätten sich insbesondere für die Klägerin zu 1 auch psychisch ausgewirkt. Die Feststellung, dass das Berufungsverfahren unangemessen lang gedauert habe, sei nicht ausreichend. Die Entschädigungshöhe werde in das Ermessen des Gerichts gestellt, wobei ein Betrag von 1 200 [X.] je Kläger als angemessen erachtet werde. Da sich der Beklagte seit dem 15. Februar 2012 in Verzug befinde, sei der [X.] ab diesem Zeitpunkt zu verzinsen. Mit Rücksicht darauf, dass es sich bei dem Entschädigungsanspruch der Sache nach um einen Schadensersatzanspruch handele, stehe ihnen auch ein Anspruch auf Erstattung der vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten zu.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat die [X.] abgewiesen. Soweit mit ihr eine angemessene Entschädigung für die überlange Dauer des Berufungszulassungsverfahrens geltend gemacht werde, habe sie schon deshalb keinen Erfolg, weil die Kläger ihr Entschädigungsbegehren nicht auf einen Verfahrenszug beschränken könnten, wenn das Gerichtsverfahren - wie hier - über zwei Instanzen geführt worden sei. Der Entschädigungsanspruch sei vielmehr von der Angemessenheit der [X.] abhängig zu machen. Soweit sich das Entschädigungsbegehren auf beide [X.] beziehe, sei die Gesamtdauer des Verfahrens im Sinne des § 198 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - noch nicht unangemessen gewesen. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richte sich gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach den dort genannten Kriterien. Angesichts dessen sei es nicht möglich, abstrakte Angaben zu einer "Höchstdauer" als Grenze der Angemessenheit zu machen. Bei Anwendung des Maßstabes des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG sei zu berücksichtigen, dass das Ausgangsverfahren vor dem Verwaltungsgericht weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht besonders schwierig gewesen sei. Auch im Berufungszulassungsverfahren seien keine überdurchschnittlich schwierigen Sach- und Rechtsfragen aufgeworfen worden. Der Zulassungsantrag sei zwar ausführlich begründet worden. Er habe aber in zulassungs- bzw. materiellrechtlicher Hinsicht keine erhöhten Anforderungen gestellt, wie die Rüge der fehlenden Anhörung vor der Übertragung auf den Einzelrichter beispielhaft belege. Das Verfahren habe aus den im Einzelnen dargelegten Gründen für die Kläger auch keine besondere Bedeutung aufgewiesen. Ebenso seien von der Gesamtdauer keine Zeiten im Hinblick auf das Verhalten der Kläger abzuziehen. Unter Berücksichtigung aller angeführten Umstände, vor allem im Hinblick auf die geringe Bedeutung der Sache und die zügige erstinstanzliche Entscheidung, sei die [X.] von drei Jahren und rund neun Monaten für zwei Instanzen noch nicht unangemessen. Da kein Anspruch auf Entschädigung bestehe, könnten die Kläger auch keine Zinsen verlangen, die ohnehin erst ab Rechtshängigkeit beansprucht werden könnten. Aus demselben Grund könnten auch keine vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten beansprucht werden. Abgesehen davon stellten diese auch keinen materiellen Schaden im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG dar, weil die vorprozessuale Geltendmachung allein auf dem Entschluss der Kläger beruhe und gesetzlich nicht vorgeschrieben sei.

8

Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr Entschädigungsbegehren weiter. Sie [X.] eine Verletzung des § 198 Abs. 1 GVG.

9

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision der Kläger hat Erfolg. [X.]as angefochtene Urteil verletzt [X.]esrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). [X.]ie Kläger sind entgegen der Rechtsansicht des [X.] prozessrechtlich nicht gehindert, die Klage auf Entschädigung wegen unangemessener [X.]auer des Gerichtsverfahrens auf das Berufungszulassungsverfahren zu beschränken (1.). [X.]as angefochtene Urteil beruht aber auf einer fehlerhaften Anwendung des § 198 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz - [X.] - in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 ([X.] 1077), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Juli 2013 ([X.] 1938). Auf der Grundlage der vom [X.] festgestellten Tatsachen ergibt sich mit Blick auf die [X.] eine sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung des Berufungszulassungsverfahrens von zwei Jahren (2.). [X.]em ausschließlich im Zusammenhang mit der Entschädigung des immateriellen Nachteils geltend gemachten Zinsanspruch ist jeweils ab Eintritt der Rechtshängigkeit stattzugeben (3.).

1. [X.]ie Begrenzung der Entschädigungsklage im Hauptantrag auf den Ausgleich des den Klägern jeweils infolge der unangemessenen [X.]auer des Berufungszulassungsverfahrens entstandenen Nachteils ist prozessrechtlich zulässig. Sie entspricht der [X.]ispositionsbefugnis der Kläger als Rechtsmittelführer (vgl. § 88 VwGO) und trägt dem Umstand Rechnung, dass sie sich insoweit allein durch die [X.]auer des Berufungszulassungsverfahrens beschwert sehen. Allgemein kann ein Rechtsmittel auf einen von mehreren selbständigen Streitgegenständen einer Klage oder auf einen Teil des Streitgegenstandes beschränkt werden, wenn dieser Teil vom Gesamtstreitstoff abteilbar ist und materiellrechtliche Gründe einer gesonderten Entscheidung darüber nicht entgegenstehen (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 [X.] 23.12 [X.] - zur [X.] in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und [X.] vorgesehen = NJW 2014, 96 Rn. 60 m.w.[X.]). [X.]as ist hier der Fall.

[X.]ie Beschränkung des Anspruchs auf Ausgleich des Nachteils auf einen Verfahrenszug - hier das Berufungszulassungsverfahren - stellt einen abtrennbaren Teil des [X.] wegen unangemessener [X.]auer eines über mehrere Instanzen geführten Gerichtsverfahrens dar. [X.]ie Frage nach der prozessrechtlichen Zulässigkeit eines derart begrenzten Klageantrags ist zu trennen von der Frage nach seinem materiellrechtlichen Bezugsrahmen. Bezugsrahmen eines [X.], der allein bezüglich der [X.]auer des Verfahrens in einer von mehreren Instanzen geltend gemacht wird, ist das gesamte verwaltungsgerichtliche Verfahren im Ausgangsrechtsstreit. Ob sich die Verfahrensdauer in einer von mehreren Instanzen als angemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 [X.] darstellt, ist materiellrechtlich unter Berücksichtigung der Gesamtdauer des gerichtlichen Verfahrens von dessen Einleitung in der ersten Instanz bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss in der letzten Instanz zu ermitteln (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013 a.a.[X.] Rn. 16 f. und 61). [X.]as materielle Recht steht aber der Zuerkennung einer Entschädigung für den (nur) durch die unangemessene [X.]auer des Verfahrens in einer Instanz erlittenen Nachteil nicht entgegen. [X.]enn auch um dies feststellen zu können, ist grundsätzlich die materiellrechtliche Voraussetzung zu prüfen, ob - mit Blick auf die [X.] - durch die zügige Behandlung der Sache in einer Instanz eine etwaige Überlänge in einer anderen (vorangegangenen oder nachfolgenden) Instanz ganz oder teilweise kompensiert werden kann.

Für die Zulässigkeit, den Entschädigungsantrag auf eine Instanz beschränken zu können, spricht ferner, dass die Klage auf Entschädigung schon während des noch laufenden Ausgangsverfahrens erhoben werden kann (vgl. § 198 Abs. 5, § 201 Abs. 3 [X.]). [X.]em liegt die Erwägung zugrunde, dass auch Konstellationen denkbar sind, in denen eine unangemessene und irreparable Verzögerung feststellbar ist und in denen daher über die Kompensation für schon eingetretene Nachteile entschieden werden kann, obwohl das Ausgangsverfahren noch nicht beendet ist. [X.]ass es das Gesetz zulässt, verschiedene Verfahrensstufen unterschiedlich in den Blick zu nehmen, zeigt sich auch daran, dass die Verzögerungsrüge erneut erhoben werden muss, wenn die Sache bei einem anderen Gericht anhängig wird und es dort nochmals zu einer weiteren unangemessenen Verzögerung kommt (vgl. § 198 Abs. 3 Satz 5 [X.]) sowie daran, dass bei einem bis zum [X.] geführten [X.] verschiedene Rechtsträger - nämlich zum einen das jeweilige Land und zum anderen der [X.] (§ 201 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 173 Satz 2 VwGO) - für die in ihrem Bereich zu verantwortenden [X.] in Anspruch genommen werden können (vgl. so auch für die Begrenzung des Feststellungsantrags auf die Verfahrensdauer einer Instanz Urteil vom 11. Juli 2013 a.a.[X.] Rn. 60 f.).

2. [X.]ie Kläger haben jeweils einen Anspruch auf Ausgleich ihres immateriellen Nachteils in Höhe von 2 400 [X.], weil das Berufungszulassungsverfahren eine sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung von zwei Jahren aufweist (a). [X.]es Weiteren können sie - als Gesamtgläubiger - die Entschädigung des ihnen durch diese Verzögerung entstandenen materiellen Nachteils in Höhe von 330,34 [X.] verlangen (b).

a) [X.]er Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils folgt aus § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 [X.]. [X.]iese Regelungen sind im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbar (§ 173 Satz 2 VwGO). Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 [X.] wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener [X.]auer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. [X.]er durch eine unangemessene Verfahrensdauer eingetretene immaterielle Nachteil ist nach Maßgabe des § 198 Abs. 2 [X.] zu entschädigen.

[X.]iese Voraussetzungen sind hier erfüllt. [X.] Bezugsrahmen des von den Klägern geltend gemachten [X.] ist - wie dargelegt - das gesamte hier abgeschlossene gerichtliche Verfahren im Ausgangsrechtsstreit, und zwar von der Klageerhebung beim Verwaltungsgericht am 28. November 2007 bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss durch den die Zulassung der Berufung ablehnenden Beschluss des [X.] vom 29. August 2011. [X.]ie [X.]auer des Berufungszulassungsverfahrens war auch mit Blick auf die [X.] unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 [X.] ([X.]). Hierdurch haben die Kläger jeweils einen nicht auf andere Weise wiedergutzumachenden immateriellen Nachteil erlitten ([X.]), wofür ihnen jeweils eine Entschädigung in Höhe von 2 400 [X.] zu zahlen ist (cc).

[X.]) [X.]ie [X.]auer des Berufungszulassungsverfahrens vor dem [X.] war bei der gebotenen Gesamtabwägung unter Einbeziehung der [X.] im Umfang von zwei Jahren unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 [X.].

Ob die [X.]auer eines Gerichtsverfahrens unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und [X.]ritter (§ 198 Abs. 1 Satz 2 [X.]). [X.]ie Aufzählung in § 198 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist nicht abschließend. [X.]ementsprechend ist die Verfahrensdauer unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 [X.], wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 [X.] ausgerichtete Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die aus [X.] und verfassungsrechtlichen Normen (Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten - [X.] - in der Fassung vom 22. Oktober 2010 , Art. 19 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Verpflichtung des St[X.]tes, Gerichtsverfahren in angemessener [X.] zum Abschluss zu bringen, verletzt ist. [X.]abei ist vor allem auch zu prüfen, ob Verzögerungen, die durch die Verfahrensführung des Gerichts eingetreten sind, bei Berücksichtigung des den Ausgangsgerichten insoweit zukommenden Gestaltungsspielraums sachlich gerechtfertigt sind (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 [X.] 23.12 [X.] - zur [X.] in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und [X.] vorgesehen = NJW 2014, 96 Rn. 26, 37 und 42 und - BVerwG 5 [X.] 27.12 [X.] - zur [X.] in [X.] vorgesehen = juris Rn. 18, 29 und 34; s.a. [X.], [X.] vom 22. August 2013 - 1 BvR 1067/12 - NJW 2013, 3630 <3631 f.>).

[X.]as [X.] hat sich in Übereinstimmung mit dem dargelegten rechtlichen Maßstab bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer zu Recht (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 [X.] 23.12 [X.] - a.a.[X.] Rn. 28 ff. und - BVerwG 5 [X.] 27.12 [X.] - a.a.[X.] Rn. 20 ff.; s.a. [X.], [X.] vom 22. August 2013 a.a.[X.] <3631 f.>) nicht von festen [X.]vorgaben oder abstrakten Orientierungs- bzw. Anhaltswerten leiten lassen, sondern eine Einzelfallprüfung vorgenommen. Es hat auch die in § 198 Abs. 1 Satz 2 [X.] ausdrücklich genannten Kriterien der Einzelfallprüfung richtig erfasst ((1)). [X.]em [X.] ist allerdings ein [X.] bzw. Subsumtionsfehler unterlaufen, weil die festgestellten Tatsachen nicht den im Rahmen der Gesamtabwägung vorgenommenen Schluss tragen (vgl. Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 [X.] - BVerwGE 96, 200 <205> = [X.] 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 174 S. 24), die [X.] von drei Jahren und rund neun Monaten sei noch nicht unangemessen im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Bei rechtlich zutreffender Abwägung ergibt sich vielmehr die Unangemessenheit der Verfahrensdauer und eine maßgebliche Verzögerung des Berufungszulassungsverfahrens von zwei Jahren ((2)).

(1) [X.]ie tatsächliche Würdigung und Rechtsanwendung des [X.] ist im Hinblick auf die in § 198 Abs. 1 Satz 2 [X.] genannten Kriterien der Schwierigkeit des Verfahrens ((a)), seiner Bedeutung für die Kläger ((b)) und des Verhaltens der Verfahrensbeteiligten ((c)) nicht zu beanstanden.

(a) [X.]as [X.] hat unter Berücksichtigung seiner insoweit getroffenen Feststellungen rechtsfehlerfrei angenommen, dass das Berufungszulassungsverfahren einen allenfalls durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad aufgewiesen hat. [X.]ies wird auch von der Revision nicht angegriffen. [X.]ie Entscheidung über den geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) war im konkreten Fall eher einfach gelagert. Welche Anforderungen an diesen Zulassungsgrund zu stellen sind, hängt im Wesentlichen von der Beschaffenheit der in dem angefochtenen Urteil entschiedenen Fragen ab. [X.]as [X.] hat die sich in Bezug auf den Widerruf der Bewilligungsbescheide in formeller und materieller Hinsicht stellenden Rechtsfragen zu Recht als Standardprobleme eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens angesehen. Es hat ferner festgestellt, dass der Vortrag der Kläger übersichtlich und eine Beweisaufnahme nicht erforderlich gewesen ist. [X.]afür, dass es sich bei dem Ausgangsverfahren vor dem Verwaltungsgericht um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht allenfalls durchschnittlich schwierigen Fall gehandelt hat, spricht zudem die Übertragung der Sache vom Verwaltungsgericht auf den Einzelrichter (§ 6 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Auch die von den Klägern im Berufungszulassungsverfahren erhobene Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Zusammenhang mit der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter stellt sich als eine einfach zu beantwortende verfahrensrechtliche Frage dar.

(b) [X.]es Weiteren ist die Bewertung des [X.], das Ausgangverfahren und damit der Sache nach auch das Berufungszulassungsverfahren hätten für die Kläger keine besondere Bedeutung aufgewiesen, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist der aufschiebenden Wirkung der Klage (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) im konkreten Fall nicht die vom [X.] angenommene relativierende Wirkung für die Bedeutung der Sache beizumessen. [X.]enn die aufschiebende Wirkung endete gemäß § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Allerdings sind dem angefochtenen Urteil keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die auf eine erhebliche Bedeutung der Sache für die Kläger schließen lassen. Nach der tatrichterlichen Bewertung ihres Vorbringens haben die Kläger nicht dargelegt, dass die (moderat) erhöhten Zinsen von ihnen nicht hätten gezahlt werden können oder die Mieteinnahmen der geförderten Wohnung nicht ausgereicht hätten, um die erhöhten Zinsen zu decken. Ebenso gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Kläger nach dem Kauf eines Hauses in ihrer wirtschaftlichen Existenz betroffen gewesen sind oder sonst eine besondere wirtschaftliche Bedeutung für sie vorgelegen hat.

[X.]ie Würdigung des klägerischen [X.] durch das [X.] ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie auf einem Rechtsirrtum beruht oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, [X.]enkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt (vgl. Urteil vom 14. März 2013 - BVerwG 5 [X.] 10.12 - NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 14). [X.]em [X.] ist nicht zu entnehmen, dass dem [X.] ein derartiger Fehler unterlaufen ist. Hierfür ist auch ansonsten kein Anhaltspunkt ersichtlich. Entsprechendes gilt, soweit das [X.] in Würdigung des Vortrags der Kläger auch eine besondere psychische Belastung der Kläger, insbesondere der Klägerin zu 1, durch das Verfahren auf Aufhebung der Teilwiderrufe der ihnen bewilligten Wohnungsbauförderung nicht zu bejahen vermochte. Schließlich liegt hier auch keine Fallgruppe vor, für welche die Rechtsprechung des [X.] regelmäßig eine besondere Bedeutung für die Betroffenen annimmt, wie etwa bei Eingriffen in die persönliche Freiheit oder die Gesundheit, Rechtsstreitigkeiten um die finanzielle Versorgung (Renten- oder Arbeitssachen) oder Statussachen (vgl. etwa [X.], Urteil vom 8. Juni 2006 - Nr. 75529/01, [X.]/[X.]eutschland - NJW 2006, 2389 Rn. 133 sowie den Überblick und die Nachweise bei Wittling-Vogel/Ulick, [X.]RiZ 2008, 87 <88>).

(c) Zutreffend hat das [X.] aus den von ihm festgestellten Tatsachen den Schluss gezogen, dass die Kläger durch ihr Verhalten keine Verzögerung des Berufungszulassungsverfahrens bewirkt haben. Auch dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Nach den Feststellungen des [X.] sind die Kläger mit keiner Verfahrenshandlung säumig gewesen. Soweit sie die gesetzliche Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ausgeschöpft haben, ist das [X.] zu Recht davon ausgegangen, dass ihnen dies nicht als Verursachung einer Verfahrensverzögerung zugerechnet werden kann. [X.]enn ein Rechtsmittelführer darf die gesetzlichen Fristen grundsätzlich voll ausschöpfen (vgl. Urteil vom 21. [X.]ezember 1987 - BVerwG 3 [X.] - [X.] 310 § 60 VwGO Nr. 154 S. 6), ohne dass ihm dies auch mit Blick auf § 198 Abs. 1 Satz 1 [X.] zum Nachteil gereicht.

(2) [X.]ie in dem angefochtenen Urteil auch zur Verfahrensführung des [X.] getroffenen Feststellungen schließen es aus, die Verfahrensdauer noch als angemessen anzusehen. Vielmehr ergibt eine Beurteilung am Maßstab des § 198 Abs. 1 Satz 1 [X.], dass bei der Führung des Berufungszulassungsverfahrens Verzögerungen eingetreten sind, die auch bei Berücksichtigung des dem Gericht zukommenden Gestaltungsspielraums eine unangemessene Verfahrensdauer bewirkt haben (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 [X.] 23.12 [X.] - zur [X.] in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und [X.] vorgesehen = NJW 2014, 96 Rn. 37 ff. und - BVerwG 5 [X.] 27.12 [X.] - zur [X.] in [X.] vorgesehen = juris Rn. 29 ff.). Auf der Grundlage der vom [X.] festgestellten Tatsachen ergibt sich, dass das Berufungszulassungsverfahren im [X.]raum vom 3. Mai 2009 bis zum 29. August 2011, d.h. zwei Jahre und rund vier Monate, ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund nicht gefördert worden ist.

Aus den Feststellungen zur [X.]hronologie des Berufungszulassungsverfahrens ist wertend zu folgern, dass der Antrag auf Zulassung der Berufung mit Eingang der Stellungnahme der beklagten Bank am 3. [X.]ezember 2008 entscheidungsreif war. [X.]enn der Berufungszulassungsantrag ist damit in tatsächlicher Hinsicht ausreichend aufbereitet gewesen und den Beteiligten ist in hinreichender Weise rechtliches Gehör gewährt worden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 [X.] 23.12 [X.] - a.a.[X.] Rn. 36 und 51). Aus dem festgestellten Verfahrensablauf ergibt sich des Weiteren, dass das [X.] in der Folgezeit bis zur Sachentscheidung keine weitere Handlung vorgenommen hat, um die Erledigung des Berufungszulassungsverfahrens zu fördern. Insbesondere die am 5. Januar 2010 verfügte Übersendung eines Schriftsatzes an die beklagte Bank, in dem der Prozessbevollmächtigte der Kläger die neue Anschrift seiner Kanzlei mitteilte, stellte keine derartige Handlung dar.

Im vorliegenden Einzelfall erscheint es angemessen, dem [X.] für das konkrete Berufungszulassungsverfahren ab [X.] einen [X.]raum von fünf Monaten für seine Entscheidung über den Zulassungsantrag zuzugestehen mit der Folge, dass die bis zum 3. Mai 2009 eingetretene Verfahrensverzögerung als sachlich gerechtfertigt anzusehen und nicht dem beklagten Land zuzurechnen ist.

[X.]er zugestandene [X.]raum trägt dem Umstand Rechnung, dass - auch vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich gewährten richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) - die Verfahrensgestaltung in erster Linie dem mit der Sache befassten Gericht obliegt und ihm hinsichtlich der Entscheidung, wann und wie es eine bestimmte Sache in Abstimmung mit anderen bei ihm anhängigen Sachen terminiert oder sonst fördert, ein Spielraum zusteht. Er berücksichtigt weiter, dass das Gericht vor einer verfahrensfördernden Handlung oder Entscheidung zur Sache [X.] zur rechtlichen [X.]urchdringung benötigt, um dem rechtst[X.]tlichen Anliegen zu genügen, eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes vorzunehmen. [X.]er ab Eintritt der [X.] zugestandene [X.]raum ist im Einzelfall in Relation zu den in § 198 Abs. 1 Satz 2 [X.] benannten Kriterien zu bestimmen. Maßgeblich ist insoweit - genauso wie hinsichtlich der in § 198 Abs. 1 Satz 2 [X.] aufgeführten Umstände -, wie die Gerichte im Ausgangsverfahren die Lage aus ihrer Ex-ante-Sicht einschätzen durften. Hingegen ist eine Überlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder des konkreten Ausgangsgerichts bzw. Spruchkörpers für die Bemessung des richterlichen Gestaltungsspielraums ohne Belang. Sie gehört zu den strukturellen Mängeln, die sich der St[X.]t zurechnen lassen muss und die er zu beseitigen hat (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 [X.] 23.12 [X.] - a.a.[X.] Rn. 41 ff. und - BVerwG 5 [X.] 27.12 [X.] - a.a.[X.] Rn. 33 ff.; s.a. [X.], [X.] vom 22. August 2013 - 1 BvR 1067/12- NJW 2013, 3630 <3632>).

In Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe hätte das [X.] über das in Rede stehende Verfahren auf Zulassung der Berufung angesichts der eher einfach gelagerten Fragen, die zu beantworten waren, fünf Monate nach Eintritt der [X.] entscheiden müssen, um den Anforderungen an eine angemessene Verfahrensdauer zu genügen.

[X.]ie sich danach errechnende sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung des Berufungszulassungsverfahrens im Umfang von zwei Jahren und rund vier Monaten ist im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung mit Blick auf das zügige erstinstanzliche Verfahren um rund vier Monate zu reduzieren. [X.]enn das Verwaltungsgericht hat den Rechtsstreit etwa vier Monate früher erledigt, als es dies bei Berücksichtigung des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums hätte tun müssen, um das Verfahren im Sinne des § 198 Abs. 1 [X.] in angemessener [X.] zum Abschluss zu bringen.

[X.]ie am 28. November 2007 erhobene Klage war am 6. Mai 2008 entscheidungsreif. Zu diesem [X.]punkt lagen Klagebegründung, Klageerwiderung, Replik der Kläger und [X.]uplik der beklagten Bank vor. [X.]em Verwaltungsgericht ist im konkreten Fall für seine Entscheidung mit Rücksicht auf den gerichtlichen Spielraum bei der Verfahrensgestaltung ein [X.]raum von acht Monaten ab [X.] zuzugestehen. Bei der Bemessung dieses [X.]raums ist in Anwendung des dargelegten rechtlichen Maßstabes zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei dem erstinstanzlichen Verfahren um ein Hauptsacheverfahren gehandelt hat. Zudem ist über die Klage aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden gewesen (vgl. § 101 Abs. 1 VwGO). Allerdings ist das Verfahren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht - wie dargelegt - nach den Feststellungen des [X.] allenfalls durchschnittlich schwierig gewesen. Ferner ist der [X.]spanne von über fünf Monaten bis zum Eintritt der [X.] des erstinstanzlichen Verfahrens Rechnung zu tragen. [X.]enn die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen, verdichtet sich mit zunehmender Verfahrensdauer (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 [X.] 23.12 [X.] - zur [X.] in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und [X.] vorgesehen = NJW 2014, 96 Rn. 39 und - BVerwG 5 [X.] 27.12 [X.] - zur [X.] in [X.] vorgesehen = juris Rn. 31, jeweils mit Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des [X.]; s.a. [X.], [X.] vom 22. August 2013 a.a.[X.]). Je größer der zeitliche Abstand von der Einleitung bis zur [X.] des Verfahrens ist, desto stärker ist das Gericht gehalten, anschließend auf eine zügige Erledigung der Sache hinzuwirken. Nach alledem wäre die Verfahrensdauer vor dem Verwaltungsgericht noch angemessen gewesen, wenn es die Ende November 2007 eingegangene Sache nach dreizehn Monaten abgeschlossen hätte. [X.]as Verwaltungsgericht hat aber über die Klage mit Urteil vom 5. September 2008 entschieden und das erstinstanzliche Verfahren somit rund vier Monate vor Ablauf des hier anzunehmenden Gestaltungszeitraums zum Abschluss gebracht. [X.]ieser [X.]raum ist auf die Überlänge des Berufungszulassungsverfahrens mindernd anzurechnen.

[X.]) [X.]ie Kläger haben infolge der unangemessenen [X.]auer des Berufungszulassungsverfahrens von zwei Jahren jeweils einen immateriellen Nachteil erlitten ((1)), der nicht auf andere Weise wiedergutgemacht werden kann ((2)).

(1) [X.]ass die Kläger Nachteile nichtvermögensrechtlicher Art erlitten haben, ergibt sich aus § 198 Abs. 2 Satz 1 [X.]. [X.]anach wird ein immaterieller Nachteil vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren - wie hier das Berufungszulassungsverfahren - unangemessen lange gedauert hat. [X.]iese Vermutung ist hier weder bezüglich der Klägerin zu 1 noch des [X.] zu 2 widerlegt.

(2) Entschädigung für Nachteile nichtvermögensrechtlicher Art kann gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 [X.] ausreichend ist. Eine Wiedergutmachung auf andere Weise ist gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 [X.] insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Ob eine solche Feststellung ausreichend im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist, beurteilt sich auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 [X.] 23.12 [X.] - a.a.[X.] Rn. 57 und - BVerwG 5 [X.] 27.12 [X.] - a.a.[X.] Rn. 48, jeweils m.w.[X.]).

Eine schlichte Feststellungsentscheidung ist hier mit Blick auf den Umfang der Verzögerung des vom Schwierigkeitsgrad allenfalls durchschnittlich gelagerten Berufungszulassungsverfahrens nicht ausreichend. [X.]er Umstand, dass das Verfahren für die Kläger keine besondere Bedeutung im entschädigungsrechtlichen Sinne besaß, vermag das Gewicht des durch die Verzögerung von zwei Jahren bedingten immateriellen Nachteils nicht entscheidend zu mindern.

cc) [X.]en Klägern ist für den erlittenen immateriellen Nachteil jeweils ein Entschädigungsbetrag von 2 400 [X.] zu zahlen. Eine Minderung dieses Betrages, weil zwei Personen auf [X.]eite auftreten, ist hier nicht gerechtfertigt.

[X.]er Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils ist ein personenbezogener Anspruch. [X.]ies legt bereits der Wortlaut des § 198 Abs. 1 Satz 1 [X.] nahe. [X.]anach wird angemessen entschädigt, wer infolge der unangemessenen [X.]auer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erlitten hat. Es finden sich dort keine Hinweise dafür, dass mehrere Personen auf [X.] oder Beklagtenseite hinsichtlich eines Nachteils, der nicht Vermögensnachteil ist, als eine (Personen-)Einheit zu behandeln sind. Gleiches gilt für die Legaldefinition des Verfahrensbeteiligten in § 198 Abs. 6 Nr. 2 [X.], nach der jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger der öffentlichen Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind, Verfahrensbeteiligter ist. [X.]ie den Gesetzesmaterialien zu entnehmende Entstehungsgeschichte (vgl. BT[X.]rucks 17/3802 S. 1 und 15) und Zweckbestimmung des § 198 Abs. 1 [X.] (vgl. BT[X.]rucks 17/3802 S. 18) bestätigen diesen Befund. [X.]er innerst[X.]tliche Rechtsbehelf gegen überlange Gerichtsverfahren in Form des Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 [X.] stellt sich danach als Reaktion auf eine entsprechende Forderung des [X.] dar. [X.] für den gesetzlich normierten Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Verfahrensdauer in § 198 Abs. 1 [X.] ist mithin die Verletzung des in Art. 6 Abs. 1 [X.] sowie Art. 19 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechts eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener [X.] (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 [X.] 23.12 [X.] - a.a.[X.] Rn. 38 und - BVerwG 5 [X.] 27.12 [X.] - a.a.[X.] Rn. 30, jeweils m.w.[X.]). [X.]er Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener [X.] ist als ein [X.] konzipiert und steht dementsprechend jeder Person zu, die an einem Gerichtsverfahren beteiligt ist.

[X.]ie Bemessung des jeweiligen immateriellen Nachteils richtet sich nach § 198 Abs. 2 Satz 3 [X.]. [X.]anach ist der immaterielle Nachteil in der Regel in Höhe von 1 200 [X.] für jedes Jahr der Verzögerung zu entschädigen. Gemäß § 198 Abs. 2 Satz 4 [X.] kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen, wenn der Betrag von 1 200 [X.] nach den Umständen des Einzelfalls unbillig ist. Es kann offenbleiben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es aus [X.] geboten sein kann, bei mehreren Personen auf [X.] oder Beklagtenseite einen niedrigeren Entschädigungsbetrag als den Regelbetrag für jedes Jahr festzusetzen (vgl. hierzu z.B. [X.], Urteil vom 15. Februar 2008 - Nr. 38311/02, [X.] u.a./Griechenland - NJW 2009, 655 <656 f.>). [X.]enn bei einer Sachverhaltskonstellation wie der vorliegenden besteht kein Anlass für eine derartige Billigkeitsentscheidung. [X.]ie Feststellungen des [X.] geben auch im Übrigen keine Veranlassung, vom Pauschalbetrag abzuweichen.

b) [X.]en Klägern steht als Gesamtgläubigern für den durch die Verzögerung entstandenen materiellen Nachteil ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 330,34 [X.] zu.

Anspruchsgrundlage ist insoweit § 198 Abs. 1 Satz 1 [X.], der im Fall des Vorliegens seiner Voraussetzungen gebietet, (auch) für einen materiellen Nachteil angemessene Entschädigung zu leisten. [X.]ie notwendigen Anwaltskosten für die vorprozessuale Verfolgung des [X.] stellen - entgegen der Auffassung des [X.] - eine Vermögenseinbuße und damit einen materiellen Nachteil im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 1 [X.] dar (vgl. BT[X.]rucks 17/3802 S. 19). [X.]iese Kosten sind auch durch die nicht gerechtfertigte Verzögerung des Berufungszulassungsverfahrens verursacht worden. [X.]ie Verzögerung kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass die den Klägern in Rechnung gestellten Anwaltskosten für die vorprozessuale Verfolgung des [X.] entfielen. [X.]ie Kosten sind adäquate Folge der unangemessenen Verfahrensdauer. Zwar besteht - wie das [X.] zutreffend festgestellt hat - keine gesetzliche Pflicht, den Entschädigungsanspruch vor einer Klageerhebung gegenüber dem jeweils haftenden Rechtsträger außergerichtlich geltend zu machen. [X.]ie Verfahrensbeteiligten sind aber nach allgemeinen Grundsätzen berechtigt, dies zu tun (vgl. BT[X.]rucks 17/3802 S. 22).

[X.]ie Entschädigung für materielle Nachteile ist kein Schadensersatz im Sinne der §§ 249 ff. Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -. Sie stellt vielmehr in Anlehnung an § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Schadensausgleich nach enteignungs- und aufopferungsrechtlichen Grundsätzen dar. Es findet damit nur ein Ausgleich der erlittenen Vermögenseinbuße, aber grundsätzlich keine Naturalrestitution statt (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 [X.] 27.12 [X.] - zur [X.] in [X.] vorgesehen = juris Rn. 54 m.w.[X.]). [X.]ie Vermögenseinbuße der Kläger beläuft sich hier auf die in Rechnung gestellten 330,34 [X.], für die sie gegenüber ihrem Rechtsanwalt gesamtschuldnerisch gehaftet haben.

3. [X.]er ausschließlich hinsichtlich der Entschädigung des immateriellen Nachteils jeweils geltend gemachte Zinsanspruch der Kläger ist auf die Prozesszinsen zu beschränken.

a) [X.]ie Kläger können keine Verzugszinsen seit dem 15. Februar 2012, dem Tag nach Ablauf der Zahlungsfrist, die sie der [X.] gesetzt haben, beanspruchen.

Ein Anspruch auf Verzugszinsen in analoger Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschrift des § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es sich bei der öffentlich-rechtlichen Forderung um eine Entgeltforderung handelt, d.h. um eine vertragliche Leistungspflicht, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Leistungspflicht des anderen Vertragspartners steht. [X.]enn insoweit besteht kein entscheidender Unterschied zu bürgerlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen (vgl. Urteile vom 30. Juni 2011 - BVerwG 3 [X.] 30.10 - [X.] 428.2 § 8 [X.] Rn. 20 und vom 12. Juni 2002 - BVerwG 9 [X.] 6.01 - BVerwGE 116, 312 <323> = [X.] 407.2 § 13 [X.] Nr. 3 S. 27, jeweils m.w.[X.]). [X.]iese Voraussetzungen erfüllt der Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 [X.] als gesetzlicher Anspruch nicht.

In allen anderen Fällen können Verzugszinsen bei öffentlich-rechtlichen Geldforderungen nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage gefordert werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet (vgl. z.B. Urteile vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 [X.] 29.11 - BVerwGE 143, 381 = [X.] 237.4 § 76 HmbBG Nr. 3, jeweils Rn. 46 und vom 12. Juni 2002 a.a.[X.], jeweils m.w.[X.]). In Bezug auf den Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 [X.] fehlt es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung über die Zahlung von Verzugszinsen.

b) [X.]er für den immateriellen Nachteil zuerkannte Entschädigungsbetrag ist jeweils ab Eintritt der Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Nach den auch im Verwaltungsprozess anwendbaren Vorschriften der § 291 Satz 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Prozesszinsen immer dann zu zahlen, wenn das einschlägige Fachrecht - so wie hier die §§ 198 ff. [X.] - keine abweichende Regelung trifft und die Geldforderung - wie hier - eindeutig bestimmt ist (vgl. Urteile vom 26. Juli 2012 a.a.[X.], jeweils Rn. 47 und vom 12. Juni 2002 a.a.[X.] <325> bzw. S. 28, jeweils m.w.[X.]).

Meta

5 C 1/13 D

27.02.2014

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 12. September 2012, Az: OVG 3 A 2.12, Urteil

Art 19 Abs 4 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 97 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 S 1 MRK, § 198 Abs 1 S 1 GVG, § 198 Abs 1 S 2 GVG, § 198 Abs 3 S 5 GVG, § 198 Abs 4 S 1 GVG, § 198 Abs 5 GVG, § 198 Abs 2 Nr 2 GVG, § 201 Abs 1 GVG, § 201 Abs 3 GVG, § 201 Abs 4 GVG, § 80 Abs 1 S 1 VwGO, § 80b Abs 1 S 1 VwGO, § 88 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124a Abs 4 S 4 VwGO, § 288 Abs 1 S 1 BGB, § 288 Abs 1 S 2 BGB, § 291 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.02.2014, Az. 5 C 1/13 D (REWIS RS 2014, 7473)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7473

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