Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2005, Az. V ZB 35/04

V. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5384

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.][X.]/04
vom 20. Januar 2005 in dem Rechtsstreit

- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 20. Januar 2005 durch den Vizepräsidenten des [X.] Dr. [X.], [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats des [X.] vom 4. August 2004
wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das [X.] 15.000 •.

Gründe:
[X.]

Die Rechtsvorgänger der Klägerin waren früher Eigentümer des im Ost-teil von [X.] an der früheren Grenze zu [X.] gelegenen Grundstücks Flur 15, Flurstück 14/1, eingetragen im Grundbuch von G.

-G. Blatt 1 . Das Grundstück stand unter staatlicher Verwaltung. Mit einem vom Rat des [X.] am 27. Juni 1962 beurkundeten Kaufvertrag veräu-ßerte der Verwalter das Grundstück an den Rat des [X.] als Ei-gentum des Volkes. Am 4. September 1962 wurde die entsprechende Eintra-gung in das Grundbuch, Rechtsträger Rat des [X.], vorgenom-- 3 - men. Später wurde das Grundstück für die Errichtung von Grenzanlagen - sogenannter Todesstreifen - in Anspruch genommen.

Die Klägerin hält den Kaufvertrag nebst Eigentumsübertragung für [X.] und verlangt von der Beklagten Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs und zu ihrer, der Klägerin, Eintragung als Eigentümerin. Parallel dazu verfolgt sie in einem Verwaltungsstreitverfahren die Rückübertragung des Grundstücks nach dem [X.].

Das [X.] hat die Klage wegen Vorrangs des [X.]es als unzulässig abgewiesen. Das [X.] hat im Vorabverfahren ent-schieden, daß der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig ist. [X.] wendet sich die Beklagte mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, de-ren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

I[X.]
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Klägerin mache einen Mangel des [X.] geltend, der nicht in einem engeren inne-ren Zusammenhang mit dem von dem [X.] erfaßten staatlichen Unrecht stehe und daher die zivilrechtliche Verfolgung des [X.] nicht hindere. Die Nichtigkeit des [X.] werde nämlich nicht damit begründet, daß ein Verwalter gehandelt habe (§ 1 Abs. 1c [X.]) oder daß unlautere Machenschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 [X.] zum Verlust des Eigentums geführt hätten, sondern damit, daß generell der Verkauf von Grundstücken, die der Errichtung der Mauer dienen sollten, - 4 - sittenwidrig sei, und zwar auch nach den im Rahmen der zu [X.]. Darin liege ein zusätzlicher Mangel, der vom [X.] nicht erfaßt werde.

II[X.]
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Er-gebnis stand.

1. Nicht zu folgen ist der Rechtsbeschwerde, wenn sie meint, auch un-abhängig von den Fragen zum Vorrang des [X.]es oder auch des [X.]es sei der Zivilrechtsweg schon deswegen nicht gegeben, weil der zwischen dem staatlichen Verwalter und dem [X.] geschlossene Kaufvertrag öffentlich-rechtlicher Natur sei, so daß nach § 40 VwGO der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet sei. Sie übersieht dabei, daß die Klägerin einen Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB geltend macht, der nach § 13 [X.] allein vor die Zivilgerichte gehört, mag auch der Grund für die fehlerhafte Eintragung öffentlich-rechtliche Wurzeln haben. Zum anderen ist der von dem staatlichen Verwalter [X.] unbeschadet des dahinter stehenden staatlichen Zwangs zivil-rechtlicher Natur. Der staatliche Zwang, der hinter den [X.] oder anderen vom [X.] erfaßten Rechtsgeschäften stand, macht diese Geschäfte nicht zu öffentlich-rechtlichen Verträgen. Der [X.] hat sie stets als zivilrechtliche Vorgänge eingestuft und einen Streit darüber nur wegen der Sonderregelungen des [X.]es dem Verwaltungsrechtsweg zugeordnet (vgl. [X.], 34, 44; Urt. v. 24. Juni 1994, [X.], [X.] - 5 - 1994, 345 f.). Daß das [X.] Streitigkeiten über die dort geregelten Ansprüche an sich als öffentlich-rechtliche Streitigkeiten einstuft und sie nur im Wege der Sonderzuweisung dem Zivilrechtsweg überantwortet, wie die Rechtsbeschwerde unter Hinweis auf [X.] (in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 7 Rdn. 1) darlegt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Vorschriften dieses Gesetzes regeln gerade nicht Rückgabeansprüche wegen Unwirksamkeit des [X.] oder [X.] wegen Nichtigkeit des Er-werbsgeschäfts, sondern sie gewähren dem früher Berechtigten Ankaufsrech-te. Sie sind damit inhaltlich mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht vergleichbar und lassen keine Rückschlüsse auf den Charakter der Rechtsma-terie zu.

2. Die daher maßgebliche Frage, ob der geltend gemachte Grundbuch-berichtigungsanspruch durch die Regelungen des [X.]es [X.] wird, so daß der Zivilrechtsweg versperrt ist (vgl. [X.], [X.], 34, 44), hat das Beschwerdegericht zutreffend beantwortet.

Allerdings hat es die Klägerin nicht in der Hand, durch eine gezielte Auswahl von [X.], die vor die ordentlichen Gerichte gehören, sich den Zugang zu den Zivilgerichten zu verschaffen ([X.], aaO). Es kann daher nicht ausgeklammert werden, daß vorliegend das Grundstück durch einen staatlichen Verwalter veräußert wurde, so daß § 1 Abs. 1c [X.] in Betracht zu ziehen ist, und daß nach dem Vorbringen der Klägerin im [X.] die Begleitumstände der Veräußerung möglicherweise den Tatbe-stand der unlauteren Machenschaften (§ 1 Abs. 3 [X.]) erfüllen können. - 6 - Doch auch unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts besteht kein den Zivil-rechtsweg ausschließender Vorrang des [X.]es.

Im Hinblick auf den [X.] des § 1 Abs. 1c [X.] folgt dies schon daraus, daß allein die Veräußerung durch den staatlichen Verwalter die Voraussetzungen dieser Norm nicht erfüllen. Hinzu kommen muß, daß ein eigenständiges Handeln des staatlichen Verwalters darauf gerichtet ist, das verwaltete Gut dem Eigentümer zu entziehen. Daran fehlt es hier, da die [X.] des Grundstücks lediglich einer sonst mit Gewißheit vorgenomme-nen Enteignung nach § 10 [X.] vom 20. September 1961 (GBl. [X.], 175) zuvorgekommen ist (BVerwG VIZ 1997, 684).

Soweit von der Klägerin unlautere Begleitumstände angeführt werden (Veruntreuung einer ohnehin zu geringen Entschädigung), verneint das [X.] einen inneren Zusammenhang des von der Klägerin geltend ge-machten Mangels mit dem möglicherweise vorliegenden [X.]. Dies hält einer rechtlichen Prüfung stand. Die von der Klägerin aufgeworfene grund-sätzliche Frage, ob Veräußerungen von Grundstücken zum Zwecke der Anle-gung des "[X.]" auch nach den Maßstäben des damaligen [X.] (§ 68 Abs. 1 Nr. 2 ZGB) nichtig waren, steht in keiner Beziehung zu dem vorgetragenen Restitutionsgrund. Geltend gemacht wird gerade die gene-relle Unwirksamkeit solcher Verträge, unabhängig von dabei möglicherweise vorgekommenen unlauteren Machenschaften. Deutlich wird dies auch dadurch, daß Enteignungen nach § 10 [X.] wie Veräußerungen zur Abwehr solcher Enteignungen für sich genommen nicht unter einen Restituti-onstatbestand des [X.]es fallen (BVerwG VIZ 1997, 684 m.w.N.; ebenso [X.] 2002, 55). - 7 -

Damit ist nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s der Weg zu den Zivilgerichten, jedenfalls unter dem Aspekt einer Konkurrenz der Regelun-gen des [X.]es, frei (siehe grundlegend [X.], 231). Daran hat sich durch die Einfügung von Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB entgegen der [X.] der Rechtsbeschwerde nichts geändert. Ein hiernach möglicherweise gewährter Bestandsschutz hat Auswirkungen nur auf das materielle Recht und läßt den Zugang zu den Zivilgerichten unberührt ([X.], Beschl. v. 21. Juni 2000, [X.], NJW 2001, 683, 684).

3. Der Auffassung der Rechtsbeschwerde, die zivilrechtliche Geltend-machung von Ansprüchen, die eine vollständige Rückgabe des Grundstücks zum Gegenstand haben, sei durch das [X.] ausgeschlossen, ist nicht zu folgen. Dabei kann unterstellt werden, daß die Regelungen dieses Gesetzes, das den betroffenen früheren Grundstückseigentümern [X.] und, hilfsweise, Entschädigungsansprüche einräumt, zivilrechtliche Rückübertragungs- oder [X.] ausschließen, sofern diese Ansprüche allein darauf gestützt werden, daß die Enteignungen nach § 10 [X.] bzw. die Veräußerungen zur Abwendung von Enteignungen wegen ihres Zwecks verwerflich und daher möglicherweise unwirksam waren. Ein solcher Vorrang des [X.]es hätte jedoch allein Bedeutung für das materielle Recht. Dem Gesetz fehlen nämlich - im Gegensatz zum [X.] - Vorschriften, die die Prüfung einer Berechtigung nach diesem Gesetz einem Verwaltungsverfahren mit Wi-derspruchsmöglichkeit und verwaltungsgerichtlichem Klageverfahren zugewie-sen haben. Im Gegenteil, für Streitigkeiten ist nach § 7 [X.] der ordentliche Rechtsweg gegeben. Es ist daher fernliegend anzunehmen, daß die Frage, ob - 8 - und gegebenenfalls inwieweit die Regelungen des [X.]es zivilrechtliche Restitutionsansprüche ausschließen, von den Verwaltungsge-richten zu entscheiden sein könnten. Die Entscheidung darüber unterliegt viel-mehr dem Gericht, das über den geltend gemachten Anspruch auch sonst, die [X.] ausgeklammert, zu entscheiden hat. Das ist das Zivilge-richt.

Dagegen läßt sich auch nicht anführen, das [X.] regele an sich öffentlich-rechtliche Sachverhalte (siehe oben), die Rechtsweg-zuweisung nach § 7 [X.] stelle eine abdrängende Sonderzuweisung dar ([X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], § 7 Rdn. 1). Denn es geht nicht um eine Entscheidung über diese, möglicherweise genuin dem öffentlichen Recht zugehörigen Rechtsverhältnisse, sondern es geht um die Anwendbarkeit einer zivilrechtlichen Norm, die davon abhängt, wie das Verhältnis von Zivilrecht und [X.] zu beurteilen ist. Diese Frage ist grundsätzlich von dem Gericht, und zwar in der Sache selbst, zu klären, das zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch beru-fen ist ([X.], [X.], 34, 44). Etwas anderes wäre nur dann anzunehmen, wenn der Gesetzgeber, wie beim [X.], zu erkennen gegeben [X.], daß schon das Verfahren dem an sich zuständigen Gericht entzogen wer-den sollte. Daran fehlt es.
[X.]
[X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.] - 9 - [X.]Stresemann

Meta

V ZB 35/04

20.01.2005

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2005, Az. V ZB 35/04 (REWIS RS 2005, 5384)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5384

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.