Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2003, Az. VIII ZR 302/02

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2275

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:16. Juli 2003Potsch,[X.] dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: ja[X.] §§ 275 Abs. 1 a.F., 269Auch bei Geschäften im Versandhandel übernimmt der Verkäufer grundsätzlich keineBringschuld. Handelt es sich um eine Gattungsschuld, beschränkt sich deshalb mitder Übergabe an die Transportperson die Schuld des Verkäufers im Sinne von § 243Abs. 2 [X.] auf die übergebene Sache. Geht die verkaufte Sache auf dem [X.] verloren, so wird der Verkäufer gemäß § 275 Abs. 1 [X.] a.F. von seiner Ver-pflichtung zur Leistung frei.[X.], Urteil vom 16. Juli 2003 - [X.] - [X.] München- 2 -Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 16. Juli 2003 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die [X.]. [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision des [X.] gegen das Urteil der [X.] vom 27. August 2002 wird auf [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Am 6. Juni 2001 bestellte der Kläger bei der [X.], die in M. unter anderem einen Versandhandel mit elektronischen Geräten betreibt, [X.] einen Camcorder [X.] 38 [X.] zum Preis von 1.999 [X.] wurde von der eingeschalteten Kreditbank bezahlt. Am 28. [X.] übergab die Beklagte die ordnungsgemäß adressierte Sendung [X.] an den Kläger. Der Kläger behauptet, er habe [X.] bis jetzt nicht erhalten. Den im vorliegenden Rechtsstreit von der [X.] vorgelegten [X.] vom 29. Juni 2001 habe er nicht unter-schrieben; bei der Unterschrift ("M. U. ") handele es sich um eine Fälschung.- 3 -Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der [X.] zurÜbergabe eines Camcorders des bezeichneten Typs und zur Verschaffung [X.] an der Kamera. Die Beklagte macht geltend, mit der Übergabe [X.] an den Paketdienst habe sie, da eine Schickschuld vorliege und § 447[X.] anzuwenden sei, das ihrerseits zur Erfüllung Erforderliche getan. Der Klä-ger habe das Paket auch erhalten; die Unterschrift auf dem [X.]stamme von ihm.Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat [X.] gerichtete Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner vomBerufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel invollem Umfang weiter.Entscheidungsgründe:[X.] seiner den Anforderungen des § 540 ZPO gerade noch genügendenEntscheidung ist das [X.] davon ausgegangen, daß es sich im vorlie-genden Fall um einen Versendungskauf im Sinne des § 447 [X.] handele unddie Beklagte deshalb mit der Übergabe des Camcorders an den Paketdienst am28. Juni 2001 ihren Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag Genüge getan habe.Die Vorschrift des § 447 [X.] sei auch für moderne Vertriebsformen anzuwen-den, da der Gesetzgeber trotz kritischer Stimmen im Schrifttum die Reform [X.] nicht zum Anlaß genommen habe, für diese Vertriebsformen [X.] zu regeln.- 4 -II.Die Entscheidung des [X.]s hält der rechtlichen Nachprüfung [X.] stand.1. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Ziff. [X.] offensichtlich deshalb zugelassen, weil es eine Klärung der Rechtsfragefür geboten gehalten hat, ob auch nach der Reform des Kaufrechts die Bestim-mung des § 447 [X.] "für moderne Vertriebsformen gelten kann und soll". [X.] Frage bedarf jedoch für Fälle der vorliegenden Art keiner höchstrichterlichenKlärung, da der Gesetzgeber sie durch die Einfügung des § 474 Abs. 2 [X.] beantwortet hat. Nach dieser Vorschrift ist die Anwendung des § 447[X.] auf [X.] - zwingend (§ 475 Abs. 1 [X.]) - ausge-schlossen. Daß eine Fallgestaltung, wie sie hier gegeben ist, einenVerbrauchsgüterkauf darstellt, steht nach der gesetzlichen Definition des § 474Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. [X.] außer Frage. Obwohl demnach die vom [X.] formulierte Revisionszulassung ins Leere geht, ist das Revisions-gericht hieran gebunden (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO).2. Die Begründung für die Zulassung der Revision läßt erkennen, daßdas Berufungsgericht das Kaufrecht bereits in seiner neuen, am 1. Januar 2002in [X.] getretenen Fassung anwenden wollte. Das ist zwar rechtsfehlerhaft,weil im vorliegenden Fall die Bestimmungen noch in ihrer bis zum31. Dezember 2001 geltenden Fassung maßgeblich sind (Art. 229 § 5 Satz 1[X.][X.]). Da § 447 [X.] aber unverändert geblieben ist und das [X.]die neue Ausschlußvorschrift des § 474 Abs. 2 [X.] übersehen hat, bleibt [X.] auch insoweit ohne Folgen, als es auf die Vorschrift - vorbehaltlichder nachfolgenden Ausführungen - ankommt .- 5 -3. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß [X.] auch dann, wenn der Kläger den Camcorder nicht erhalten hat [X.] auf dem Versandweg auf ungeklärte Weise verschwunden sein sollte,nicht gemäß § 433 Abs. 1 [X.] zur Lieferung einer anderen Kamera des glei-chen Typs verpflichtet [X.]) Auf die Frage, ob nach der für den Versendungskauf geltenden spe-ziellen Bestimmung des § 447 Abs. 1 [X.] die Gefahr auf den Kläger überge-gangen war, kommt es insofern allerdings nicht an. Die Lieferpflicht der [X.] ist nämlich bei einer nach der Übergabe an den Paketdienst eingetre-tenen Unauffindbarkeit des übergebenen Camcorders bereits nach der allge-meinen Vorschrift des § 275 [X.] a.F. entfallen. Danach wird der Schuldner vonder Verpflichtung zur Leistung frei, soweit die Leistung infolge eines nach [X.] des Schuldverhältnisses eintretenden Umstandes, den er nicht zuvertreten hat, unmöglich wird. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt; insbe-sondere ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, daß die Beklagte beider Auswahl des mit der Versendung der Kamera beauftragten Paketdienstesihre Sorgfaltspflichten verletzt hat. Der [X.] von der Leistungspflicht stehtdes weiteren nicht entgegen, daß mit der Bestellung des Camcorders [X.] vereinbart wurde (§ 279 [X.] a.F.). Mit der Auswahl eines kon-kreten Gerätes und dessen Übergabe an den Paketdienst durch die [X.] sich nach § 243 Abs. 2 [X.] das Schuldverhältnis auf den überge-benen Camcorder. Die Beklagte hat mit der Übergabe des Gerätes an die [X.] das im Sinne dieser Vorschrift zur Bewirkung der geschuldeten [X.] Erforderliche getan, wie sich auch aus § 447 Abs. 1 [X.] [X.] für die von der [X.] zur Bewirkung der Leistung vorzuneh-menden Handlungen war ihr Geschäftssitz (§ 269 Abs. 1 und 3 [X.]).- 6 -b) Leistungsort für die dem Verkäufer obliegende Verpflichtung zur Über-gabe der [X.] an den Käufer und zur Verschaffung des Eigentums an ihr(§ 433 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F.) ist im Zweifel der (Wohn-) Sitz des [X.] gilt dies nur, wenn ein (anderer) Ort für die Leistung weder von [X.] bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Naturdes Schuldverhältnisses, zu entnehmen ist (§ 269 Abs. 1 [X.]). Daß die [X.] ausdrücklich oder stillschweigend einen vom Sitz der [X.] abweichen-den Erfüllungsort für die Lieferung der Kamera vereinbart haben, macht [X.] nicht geltend und ist auch sonst nicht zu erkennen. Aus den Umständen,etwa aus der Natur des vorliegenden Kaufvertrages, ergibt sich [X.] Derartiges. Daß es im Versandhandel typischerweise Aufgabe des [X.] ist, die Versendung der [X.] - auf eigene oder fremde Kosten - zuveranlassen, begründet für sich allein nicht die Annahme, der Empfangsort solleauch Leistungsort (Erfüllungsort) für die Lieferpflicht des Verkäufers sein (arg.§ 269 Abs. 3 [X.]). Es bleibt daher bei der Vermutung des § 269 Abs. 1 [X.],wonach der Sitz der [X.] Erfüllungsort für die ihr obliegenden Verkäufer-pflichten war (ebenso [X.]/[X.]/[X.], § 269 Rdnr. 10, 33; [X.]/Wolf, 12. Aufl., § 269 Rdnr. 16; a.A. [X.], NJW-RR 1999, 1576;MünchKomm/[X.], 4. Aufl., § 269 Rdnr. 20; [X.]/[X.], 62. Aufl.,§ 269 Rdnr. 12).c) Ob die Beklagte, wie sie behauptet, ihren Kunden auch die Abholungder Ware in ihren Filialgeschäften ermöglicht, kann dahinstehen (vgl. Senats-urteil vom 5. Dezember 1990 - [X.], NJW 1991, 915 zur Versendungan einen anderen Ort als den Erfüllungsort). Selbst wenn sie die Ware aus-schließlich im Versandhandel vertreibt, ändert dies nichts daran, daß in der Be-stellung des Kunden zumindest die schlüssige Erklärung enthalten ist, die Kauf-sache solle ihm an seine Wohnanschrift oder eine andere angegebene [X.] geliefert werden.- 7 -d) Aus § 447 [X.] ergibt sich nichts anderes. Diese Vorschrift weist [X.] der Versendung verbundene Risiko des zufälligen Untergangs oder der zu-fälligen Beschädigung der Sache dem Käufer zu, wenn der Verkäufer die ver-kaufte Sache auf Verlangen des Käufers an einen anderen Ort als den Erfül-lungsort versendet. In diesem Fall geht die Gegenleistungsgefahr auf den Käu-fer über, sobald der Verkäufer die Sache der mit der Versendung beauftragtenPerson übergibt (vgl. aber nach neuem Recht für den Verbrauchsgüterkauf§ 474 Abs. 2 [X.]). Der nach § 269 [X.] zu bestimmende Leistungsort wirdvon der Regelung des § 447 Abs. 1 [X.] nicht berührt. Der Tatbestand des§ 447 Abs. 1 [X.] setzt vielmehr voraus, daß der Ort der vom Verkäufer vorzu-nehmenden Leistungshandlung (Leistungsort) und der Ort, an dem der [X.] eintritt, auseinanderfallen (Soergel/[X.], [X.], 12. Aufl., § 447Rdnr. 14; [X.]/[X.]/Faust, [X.], § 447 Rdnr. 5).4. Auf die Frage, ob der Paketdienst, wie die Beklagte vorgetragen hat,die Sendung tatsächlich dem Kläger übergeben und dieser den [X.] unterschrieben hat, kommt es nach alledem nicht mehr an. Die (erneute)Lieferung einer Kamera des gekauften Typs kann der Kläger nicht verlangen.Seine Revision ist daher zurückzuweisen.[X.]Dr. [X.][X.][X.]Dr. [X.]

Meta

VIII ZR 302/02

16.07.2003

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2003, Az. VIII ZR 302/02 (REWIS RS 2003, 2275)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2275

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