Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2005, Az. XII ZR 112/03

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 556

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 30. November 2005 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 519 b Abs. 1 a.F. Eine zunächst zulässige Berufung wird unzulässig, wenn der Berufungskläger nach Wegfall der Beschwer aus dem erstinstanzlichen Urteil (hier: durch [X.] eines Vergleichs) mit der Berufung nur noch eine Erweiterung der [X.] in zweiter Instanz verfolgt. Auf die Zulässigkeit der [X.] als sol-cher kommt es dann nicht mehr an. [X.], Urteil vom 30. November 2005 - [X.] - [X.] - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.] und die Richterin Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Schlussurteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 28. April 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es der Klage [X.] hat. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des [X.] vom 13. Oktober 1998, wird auch insoweit ([X.] vom 23. Juli 2001) als unzulässig [X.]. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 55 %, die Beklagte 45 %. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Im Übrigen trägt die Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens. Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Die Klägerin verlangt von der Beklagten rückständige Miete aus einem Mietvertrag vom 21. Juni 1994. - 3 - Mit Urteil vom 13. Oktober 1998 hat das [X.] die Beklagte verur-teilt, von den bis Juni 1998 in Höhe von 123.934,69 DM geltend gemachten [X.] 72.144,71 DM an die Klägerin zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung [X.]. 2 3 Im Berufungsverfahren hat die Klägerin die Klage wiederholt um weitere zwischenzeitlich rückständig gewordene Mieten erweitert. Mit "Teilvergleich" vom 17. September 2001 haben die Parteien sich über sämtliche bis zum 31. Oktober 2000 angefallenen Zahlungsverpflichtungen der Beklagten aus dem Mietvertrag und über die Verteilung der Kosten erster In-stanz und des [X.] geeinigt. 4 Über die in zweiter Instanz mit [X.] vom 23. Juli 2001 rechtshängig gemachten weiteren Mietrückstände in Höhe von 54.692,85 • (106.969,92 DM) für die Zeit von November 2000 bis Mai 2001 haben sie keine Einigung erzielt. Die Beklagte hat dieser [X.] mit Schriftsatz vom 30. November 2001 zugestimmt. Einer weiteren [X.] vom 14. März 2003 auf Zahlung von [X.] von Juni 2001 bis März 2003 (352.263,44 •) hat sie widersprochen. 5 Das Berufungsgericht hat die Beklagte auf die [X.] vom 23. Juli 2001 zur Zahlung von 52.426,19 • verurteilt und die weitere Klage (2.266,67 •) abgewiesen. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin (Klage-erweiterung vom 14. März 2003) als unzulässig verworfen. 6 Das Berufungsgericht hat die Revision der Beklagten zugelassen, weil es in der Frage der Zulässigkeit der mit der [X.] vom 23. Juli 2001 7 - 4 - verfolgten Berufung von der Rechtsprechung des [X.] abgewi-chen ist. 8 Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hält die Berufung der Klägerin für zulässig, soweit diese mit ihr die in zweiter Instanz mit Schriftsatz vom 23. Juli 2001 erweiterte Klage verfolgt. 9 Zwar sei die Beschwer der Klägerin im Laufe des Berufungsverfahrens durch den Teilvergleich vom 17. September 2001, der sämtliche erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche einschließlich der Kosten erster Instanz [X.], entfallen. Das [X.] habe sich somit bei Schluss der mündlichen Ver-handlung vor dem Berufungsgericht nicht mehr gegen die im angefochtenen Urteil liegende Beschwer gerichtet. Dadurch werde nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.] Urteil vom 15. März 2002 - [X.]/01 - NJW-RR 2002, 1435) die Berufung grundsätzlich unzulässig. Das sei hier hin-sichtlich der [X.] vom 23. Juli 2001 jedoch nicht der Fall, weil die Beklagte der [X.] zugestimmt habe und diese somit vor Abschluss des [X.] zulässig gewesen sei. In diesem Fall spreche die Prozess-ökonomie für das Fortbestehen der Zulässigkeit der Berufung auch nach [X.] infolge des [X.]. Mit diesem hätten die Parteien zwar den erstinstanzlichen Streitstoff erledigen wollen. Indessen habe zwischen ihnen und dem Senat Einigkeit darüber bestanden, dass dieser über den verbleibenden Streitstoff entscheiden solle. Hiervon ausgehend hätten die [X.] - 5 - teien darauf vertrauen dürfen, dass der Senat eine Sachentscheidung treffe, soweit die Beklagte der [X.] zustimme. Die erweiterte Klage vom 23. Juli 2001 sei im Wesentlichen auch begründet. 11 Demgegenüber sei die [X.] vom 14. März 2003 nicht zuläs-sig, weil sie sich nicht mehr gegen die im angefochtenen Urteil liegende [X.] richte und zum Zeitpunkt ihrer Anhängigkeit der Rechtsstreit hinsichtlich des erstinstanzlich entschiedenen Teils bereits durch Vergleich vom 17. September 2001 erledigt gewesen sei. Durch die [X.] vom 14. März 2003 habe die Klägerin nicht mehr die aus dem erstinstanzlichen Ur-teil folgende Beschwer beseitigen wollen, sondern einen neuen Streitgegens-tand, nämlich die [X.] für den Zeitraum ab Juni 2001 bis März 2003 zum Gegenstand des Berufungsverfahrens machen wollen. Für die Zuläs-sigkeit der Berufung gegen ein klageabweisendes Urteil komme es auf das [X.]ziel bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht an. Es müsse sich auch in diesem Zeitpunkt noch gegen die im angefochtenen Ur-teil liegende Beschwer richten. [X.] diese Beschwer sei jedoch durch den [X.] entfallen. Ob die erweiterte Klage bei Zustimmung der Beklagten zulässig gewesen wäre, bedürfe keiner Entscheidung, da die Beklagte nicht zugestimmt habe. I[X.] Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 12 1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungs-gerichts, dass eine Berufung nur zulässig ist, wenn ihr Ziel noch bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - zumindest auch - die [X.] - 6 - seitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer ist ([X.] Urteil vom 15. März 2002 - [X.]/01 - aaO m.w.[X.]). 14 2. Zu Unrecht hält das Berufungsgericht jedoch die Berufung, soweit mit ihr die [X.] vom 23. Juli 2001 verfolgt wird, für zulässig. 15 a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.], die in der [X.] weitgehend Zustimmung gefunden hat, setzt eine zulässige Klageerwei-terung in der Berufungsinstanz eine zulässige Berufung voraus. Eine solche liegt nur dann vor, wenn der Berufungskläger noch bei Schluss der mündlichen Verhandlung die aus dem erstinstanzlichen Urteil folgende Beschwer beseitigen will. Eine Berufung des [X.] ist danach unzulässig, wenn sie den in erster Instanz erhobenen [X.] nicht wenigstens teilweise weiterverfolgt, sondern lediglich im Wege der [X.] einen neuen, bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt. Die bloße Erweiterung oder Änderung der Klage in zweiter Instanz (§§ 523, 263 ZPO a.F.) kann nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein ([X.] 155, 21, 26; [X.] Urteile vom 15. März 2002 - [X.]/01 - aaO; vom 4. Februar 2002 - [X.]/01 - NJW-RR 2002, 1073, 1074; vom 11. Oktober 2000 - [X.] - NJW 2001, 226; vom 6. Mai 1999 - [X.] - NJW 1999, 2118, 2119 m.w.[X.]; MünchKomm/Rimmelspacher ZPO Aktualisierungsband 2. Aufl. vor § 511 Rdn. 25; Musielak/[X.] ZPO 4. Aufl. vor § 511 Rdn. 26; [X.]/[X.] ZPO 25. Aufl. vor § 511 Rdn. 10 a; [X.]/[X.]/[X.] ZPO 62. Aufl. [X.] § 511 Rdn. 13; a.A. [X.]/[X.] ZPO 21. Aufl. Einl. V vor § 511 Rdn. 73). b) Danach ist hier die Zulässigkeit der Berufung mit Abschluss des [X.] entfallen. Ab diesem Zeitpunkt verfolgte die Klägerin mit der [X.] nicht mehr die Beseitigung der Beschwer aus dem erstinstanzlichen Urteil. 16 - 7 - Vielmehr waren bei Schluss der mündlichen Verhandlung ausschließlicher Ge-genstand des Berufungsverfahrens die erstmals in zweiter Instanz durch Klage-erweiterungen vom 23. Juli 2001 und 14. März 2003 eingeführten, zuvor nicht geltend gemachten, Mietrückstände. 17 3. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, von dieser gefestigten Recht-sprechung abzuweichen. a) Soweit das Berufungsgericht meint, die Zulässigkeit der Klageerweite-rung vor Wegfall der Beschwer spreche aus prozessökonomischen Gründen für das Fortbestehen der Zulässigkeit der Berufung auch nach Wegfall der [X.], trifft schon der Ausgangspunkt, die [X.] sei vor Abschluss des [X.] am 17. September 2001 zulässig gewesen, nicht zu. Die [X.] hat erst mit Schriftsatz vom 30. November 2001 ihre Zustimmung zu der - vom Berufungsgericht im Übrigen nicht als sachdienlich angesehenen - [X.]erweiterung erteilt. Zu diesem Zeitpunkt war die Berufung bereits unzulässig, so dass die Zustimmung ins Leere ging. Die Beklagte hat sich auch nicht zuvor [X.] auf die Klageänderung eingelassen. Denn der Antrag der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 23. Juli 2001 wurde erstmals im Verhandlungstermin vom 7. April 2003 gestellt. 18 b) Darauf kommt es aber letztlich nicht an. Auch wenn die Klageerweite-rung vor Wegfall der Beschwer durch den Vergleich zulässig gewesen wäre, wäre die Berufung mit dem Wegfall der Beschwer unzulässig geworden. Denn für die Zulässigkeit der Berufung kommt es auf das [X.] bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht an. Gründe der Prozess-ökonomie, die dafür sprechen könnten, ein ausschließlich auf [X.] gerichtetes Rechtsmittel im Interesse einer baldigen Erledigung des [X.] zuzulassen, haben kein solches Gewicht, dass sie es rechtfertigen könn-19 - 8 - ten, das grundlegende Erfordernis aller Rechtsmittel aufzugeben, wonach der [X.] auf die Beseitigung der im vorinstanzlichen Ur-teil enthaltenen Beschwer gerichtet sein und die Richtigkeit dieses Urteils in Frage gestellt werden muss ([X.] Urteile vom 13. Juni 1996 - [X.] - NJW-RR 1996, 1276; vom 6. Mai 1999 - [X.] - NJW 1999, 2118, 2119 aaO). 4. Da die Berufung mit dem Teilvergleich vom 17. September 2001 vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung unzulässig geworden ist, kann das Verfahren auch nicht mit den neuen Anträgen fortgeführt werden ([X.] Urteil vom 15. März 2002 - [X.]/01 - aaO). Das Berufungsgericht hätte deshalb über die [X.] vom 23. Juli 2001 nicht mehr befinden dürfen, son-dern die Berufung als unzulässig verwerfen müssen. Das Berufungsurteil ist deshalb insoweit aufzuheben und die Berufung auch hinsichtlich der Klageer-weiterung vom 23. Juli 2001 als unzulässig zu verwerfen. 20 - 9 - II[X.] 21 [X.] beruht auf §§ 92, 98 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO, § 21 GKG. Hahne Sprick [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 13.10.1998 - 7 O 45/98 - [X.], Entscheidung vom 28.04.2003 - 3 U 227/98 -

Meta

XII ZR 112/03

30.11.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2005, Az. XII ZR 112/03 (REWIS RS 2005, 556)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 556

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