Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.12.2020, Az. 4 StR 422/20

4. Strafsenat | REWIS RS 2020, 2204

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Gegenstand

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Berücksichtigung der Einziehungsentscheidung im Rahmen der Strafzumessung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. April 2020, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch und im Ausspruch über die „Einziehung eines Wertersatzsurrogates in Höhe von 15.633,92 €“ aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zwei Monaten verurteilt; darüber hinaus hat es eine umfangreiche Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf mehrere Verfahrensrügen und auf die Sachrüge gestützten Revision.

2

1. Die Verfahrensrügen haben aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] keinen Erfolg. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch sowie zum Ausspruch über die Einziehung sichergestellten Bargelds sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben.

3

2. Jedoch hält der Strafausspruch und der Ausspruch über die Einziehung „eines Wertersatzsurrogates in Höhe von 15.633,92 €“ einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

4

a) Das [X.] hat bei der Strafzumessung nicht bedacht, dass es dem Angeklagten mit der Einziehung des aus einer Notveräußerung (§ 111p Abs. 1 Satz 1 StPO) des zur Tatbegehung genutzten und beschlagnahmten Kraftfahrzeugs [X.] stammenden Erlöses in Höhe von 15.633,92 €, der gemäß § 111p Abs. 1 Satz 2 StPO an die Stelle des veräußerten Gegenstands trat und daher der Einziehung gemäß § 74 Abs. 1 StGB unterlag (vgl. [X.], Urteil vom 8. Juli 1955 - 1 StR 245/55, [X.]St 8, 46, 53), einen ihm gehörenden Gegenstand von erheblichem Wert entzogen hat und dies im Rahmen der Strafzumessung angemessen zu berücksichtigen war.

5

Das [X.] hat die Einziehung des Erlöses aus der Notveräußerung des Kraftfahrzeugs, wie die Liste der angewendeten Vorschriften ausweist, erkennbar auf § 74 StGB - richtig: § 74 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 StGB ‒ gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine [X.] dar (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. November 2018 - 4 StR 332/18, NStZ-RR 2019, 88; vom 3. Mai 2018 - 3 StR 8/18, [X.], 526 und vom 12. März 2013 - 2 StR 43/13, [X.], 565). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert bzw. - wie hier - ein an die Stelle dieses Gegenstands getretener, nicht unerheblicher Erlös entzogen, ist dies als ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafen angemessen zu berücksichtigen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 11. Februar 2020 - 4 StR 525/19, [X.], 407, 408; vom 5. November 2019 - 2 StR 447/19, [X.], 232; vom 3. Mai 2018 - 3 StR 8/18, [X.], 526). Hieran fehlt es.

6

b) Der Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. Zwar hat das [X.] die Einziehung des Erlöses aus der Notveräußerung des zur Tatbegehung genutzten Fahrzeugs bei der Bestimmung des Wertes des [X.] in Abzug gebracht. Es ist jedoch nicht gänzlich auszuschließen (§ 337 Abs. 1 StPO), dass es bei Beachtung der genannten Grundsätze die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe milder als geschehen bemessen hätte. Die dem Strafausspruch zugrundeliegenden Feststellungen werden von dem [X.] nicht berührt und können daher bestehen bleiben. Ergänzende, den bereits getroffenen nicht widersprechende Feststellungen bleiben möglich.

7

c) Die Aufhebung des Strafausspruchs zieht auch die Aufhebung der Entscheidung über die Einziehung des Erlöses aus der Notveräußerung des Kraftfahrzeugs nach sich, denn diese steht mit der Strafbemessung in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. [X.], Beschluss vom 21. November 2018 - 4 StR 332/18, NStZ-RR 2019, 88).

8

3. Das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht wird Gelegenheit haben, die gemäß § 74 Abs. 1 StGB („kann“) in seinem Ermessen stehende Einziehungsentscheidung tragfähig zu begründen.

Sost-Scheible     

        

Quentin     

        

Bartel

        

Rommel     

        

Maatsch     

        

Meta

4 StR 422/20

02.12.2020

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dortmund, 14. April 2020, Az: 36 KLs 33/19

§ 46 StGB, § 74 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.12.2020, Az. 4 StR 422/20 (REWIS RS 2020, 2204)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2204

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