Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.03.2014, Az. 6 AZR 571/12

6. Senat | REWIS RS 2014, 6709

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Gegenstand

Stufenzuordnung bei Vorbeschäftigung in Teilzeit


Leitsatz

Der Erwerb einschlägiger Berufserfahrung iSv. § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L setzt keinen Mindestbeschäftigungsumfang in Höhe einer bestimmten Teilzeitquote voraus.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 8. Mai 2012 - 7 [X.]/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die [X.] des Klägers.

2

Der Kläger wurde vom beklagten [X.] zum 1. Oktober 2007 als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eingestellt. Er war an der [X.] beschäftigt und versah dort Tätigkeiten im Bereich von Forschung und Lehre. Dazu gehörte die Vorbereitung und Überarbeitung von Veröffentlichungen sowie die Vorbereitung von Lehrveranstaltungen und Vorträgen. Außerdem korrigierte der Kläger Klausur- und Seminararbeiten, führte eine Arbeitsgemeinschaft durch und hielt eine Vorlesung. Nach dem Arbeitsvertrag fand auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in der jeweiligen Fassung Anwendung. In der [X.] vom 1. Oktober 2007 bis 30. September 2008 wurde der Kläger nach [X.] 13 Stufe 1 TV-L vergütet.

3

Der Kläger war zuvor vom 1. September 2006 bis 30. September 2007 ununterbrochen auf der Grundlage verschiedener befristeter Arbeitsverträge mit variierendem [X.] an einem Lehrstuhl der [X.] tätig gewesen. Die Arbeitsverträge sahen entweder Tätigkeiten als wissenschaftliche Hilfskraft mit Hochschulabschluss oder als wissenschaftlicher Mitarbeiter vor. Vom 1. September 2006 bis 31. Oktober 2006 war der Kläger nach dem Arbeitsvertrag als wissenschaftliche Hilfskraft mit einer monatlichen Arbeitszeit von durchschnittlich 26 Stunden beschäftigt. Die im Oktober 2006 geschuldeten 26 Stunden sollten in der [X.] vom 1. Oktober 2006 bis 14. Oktober 2006 erbracht werden. Vom 15. Oktober 2006 bis 14. März 2007 folgte eine Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit einer Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich. Vom 15. März 2007 bis 31. Mai 2007 war der Kläger laut Arbeitsvertrag als wissenschaftliche Hilfskraft eingesetzt. Vom 15. März 2007 bis 31. März 2007 betrug die [X.] im Monat. Ab 1. April 2007 lag sie bei 76 Stunden monatlich. Vom 1. Juni 2007 bis 30. September 2007 war der Kläger nach dem Arbeitsvertrag weiter als wissenschaftliche Hilfskraft mit einem Stundenvolumen von 76 Stunden im Monat beschäftigt.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe für den [X.]raum vom 1. Oktober 2007 bis 30. September 2008 Anspruch auf Vergütung nach [X.] 13 Stufe 2 [X.] Seine Vorbeschäftigung an der [X.] sei nach § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L in vollem Umfang als [X.] einschlägiger Berufserfahrung anzuerkennen. Er hat behauptet, er sei während seiner Beschäftigung durch das [X.] durchgehend mit Tätigkeiten eines wissenschaftlichen Mitarbeiters betraut gewesen, wie er sie nun auch für den [X.]n erbringe. Soweit der Beschäftigung formal ein drittmittelfinanziertes Arbeitsverhältnis als wissenschaftliche Hilfskraft zugrunde gelegen habe, sei das lediglich auf haushaltsrechtliche Erwägungen zurückzuführen gewesen.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass der [X.] verpflichtet ist, ihn ab 1. Oktober 2007 bis 30. September 2008 in [X.] 13 Stufe 2 TV-L zu vergüten.

6

Der [X.] hat beantragt, die Klage abzuweisen. Durch die Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft an der [X.] habe der Kläger keine einschlägige Berufserfahrung für seine aktuelle Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der [X.] erworben. Die Tätigkeiten eines wissenschaftlichen Mitarbeiters und die einer wissenschaftlichen Hilfskraft seien nicht gleichwertig. Das ergebe sich aus den unterschiedlichen Arbeitsaufgaben und der unterschiedlichen Vergütung beider Berufsgruppen. Das Hochschulgesetz des [X.] unterscheide insoweit ausdrücklich zwischen wissenschaftlichen Mitarbeitern (§ 42 [X.] LSA) und wissenschaftlichen Hilfskräften (§ 51 [X.] LSA). Im Rahmen der [X.] nach § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L seien zudem nur [X.]en mit einem Beschäftigungsumfang von mindestens 50 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit anzuerkennen. Nur auf diese Weise sei gewährleistet, dass auch Teilzeitbeschäftigte über eine hinreichende einschlägige Berufserfahrung verfügten, die dem Arbeitgeber im neuen Arbeitsverhältnis zugutekomme und eine höhere Vergütung rechtfertige.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat der Klage nach Vernehmung des [X.] an der [X.] stattgegeben. Nach den Feststellungen des [X.]s erbrachte der Kläger seine Arbeitsleistungen - zum Teil abweichend von der Tätigkeitsbezeichnung im Arbeitsvertrag - spätestens seit 1. Oktober 2006 bis 30. September 2007 als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision will der [X.] das Urteil erster Instanz wiederhergestellt wissen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

9

A. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Erfordernisse des § 256 Abs. 1 ZPO sind gewahrt. Das erstrebte Urteil ist trotz seiner lediglich feststellenden und einer Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die [X.]erechnung der Vergütung beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden.

I. Der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug des Rechtsverhältnisses wird dadurch hergestellt, dass der Kläger die Erfüllung konkreter, auf ein höheres Entgelt gerichteter Ansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden [X.]raum und damit gegenwärtige rechtliche Vorteile erstrebt (vgl. für die [X.]Rspr. [X.] 21. November 2013 - 6 [X.] - Rn. 15).

II. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht. Mit dem angestrebten Feststellungsurteil wird die [X.] des [X.] und mit ihr die [X.]erechnung der Vergütung auch zukunftsbezogen dem Streit der Parteien entzogen. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses. Dafür sprechen ua. prozessökonomische Gründe. Der Kläger war deswegen nicht gehalten, objektiv gehäufte Leistungsklagen zu erheben (vgl. [X.] 21. November 2013 - 6 [X.] - Rn. 15).

[X.]. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat nach § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] Anspruch darauf, in der [X.] vom 1. Oktober 2007 bis 30. September 2008 nach Stufe 2 der [X.] 13 [X.] vergütet zu werden.

I. Nach § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] sind [X.]eschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen bei der Einstellung der Stufe 2 ihrer jeweiligen [X.] zuzuordnen, wenn sie über eine einschlägige [X.]erufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber verfügen.

II. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger.

1. Er wurde vom [X.]eklagten zum 1. Oktober 2007 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der [X.] eingestellt. Er verrichtete Tätigkeiten im [X.]ereich der Forschung und Lehre iSv. § 71 [X.]. Im [X.]ereich der Forschung wirkte er an der Vorbereitung und Überarbeitung von Kommentierungen, Monografien, Aufsätzen und Entscheidungsanmerkungen mit. Im [X.]ereich der Lehre unterstützte er die Vorbereitung von Lehrveranstaltungen und bereitete Vorträge vor. Außerdem korrigierte er Klausur- und Seminararbeiten, führte eine Arbeitsgemeinschaft durch und hielt eine Vorlesung.

2. [X.]ei der Einstellung verfügte der Kläger durch seine [X.] als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der [X.] in der [X.] vom 1. September 2006 bis 30. September 2007 über eine einschlägige [X.]erufserfahrung von mindestens einem Jahr iSv. § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.].

a) Einschlägige [X.]erufserfahrung ist nach der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 16 Abs. 2 [X.] eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit. Um einschlägige [X.]erufserfahrung handelt es sich demnach, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder zumindest gleichartig war. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der [X.]eschäftigte die [X.]erufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat (vgl. [X.] 21. November 2013 - 6 [X.] - Rn. 45). Dabei kommt es nicht auf die formale [X.]ewertung der Tätigkeit durch den Arbeitgeber, sondern auf die entgeltrechtlich zutreffende [X.]ewertung an (vgl. [X.] 24. Oktober 2013 - 6 [X.] - Rn. 20).

b) Das [X.] hat nach [X.]eweisaufnahme festgestellt, dass der Kläger jedenfalls in der [X.] vom 1. Oktober 2006 bis 30. September 2007 teilweise abweichend von der [X.]ezeichnung im Arbeitsvertrag und der geleisteten Vergütung durchgehend Tätigkeiten eines wissenschaftlichen Mitarbeiters versah. Der [X.]eklagte hat diese Feststellung des Tätigkeitsinhalts innerhalb der [X.] nicht gerügt. Sie ist für den [X.] bindend. Das [X.] hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, die [X.] des [X.] an der [X.] sei als gleichwertig mit der [X.]eschäftigung an der [X.] zu bewerten und habe dem Kläger einschlägige [X.]erufserfahrung vermittelt.

c) Das [X.] hat die [X.] des [X.] in dem [X.]raum vom 1. Oktober 2006 bis 30. September 2007 im Ergebnis zutreffend in vollem Umfang als anzurechnende [X.] einschlägiger [X.]erufserfahrung beurteilt. Der Erwerb einschlägiger [X.]erufserfahrung iSv. § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] setzt keinen [X.] in Höhe einer bestimmten Teilzeitquote voraus. Das ergibt eine an Wortlaut, Zusammenhang und Zweck orientierte Auslegung der Tarifnorm.

aa) Der Wortlaut der § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] bezieht sich auf eine „einschlägige [X.]erufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber“. Die [X.]estimmung legt den zeitlichen Mindestumfang der [X.] nicht fest. Nach dem Wortlaut kommt es für den Erwerb einschlägiger [X.]erufserfahrung deshalb nicht darauf an, ob die [X.] in Teilzeit oder Vollzeit ausgeübt wird (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/Wiese [X.] Stand September 2009/November 2013 Teil II § 40 - Wissenschaft Rn. 36 zu Nr. 5; [X.] in [X.] [X.]d. IV Stand April 2013 E § 16 Rn. 19).

bb) Zusammenhang und Zweck der Tarifnormen unterstützen diesen [X.]efund. §§ 16, 17 [X.] bilden einen in sich geschlossenen [X.] für die [X.] und [X.]. Ausgangspunkt ist eine erfahrungsbezogene [X.] und ein erfahrungs- und leistungsbezogener Stufenaufstieg. Nur die Unterbrechung der Tätigkeit von mehr als drei Jahren ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 [X.] schädlich für die [X.]. Nach dem [X.]eschäftigungsumfang wird nicht unterschieden.

(1) § 17 Abs. 3 Satz 4 [X.] bestimmt, dass jede Teilzeitbeschäftigung im Rahmen der [X.] voll angerechnet wird. Das System der §§ 16, 17 [X.] verfolgt erkennbar nicht den Zweck, die [X.]erufserfahrung bei Einstellung und Höherstufung unterschiedlich zu behandeln. § 17 Abs. 3 Satz 4 [X.] spricht daher dafür, auch bei der Einstellung die in einer Teilzeitbeschäftigung erworbene einschlägige [X.]erufserfahrung in vollem Umfang zu berücksichtigen (vgl. [X.] in Sponer/Steinherr [X.] Stand Mai 2013 Teil 1140-L § 40 Nr. 5 Rn. 7; von [X.] öAT 2014, 23, 24; [X.] 2010, 47, 48).

(2) § 16 Abs. 2 [X.] hat den Zweck, einen Arbeitgeberwechsel innerhalb des öffentlichen Dienstes, aber auch aus der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst zu erleichtern, indem [X.]szeiten anerkannt werden. [X.]ei Hochschulen und Forschungseinrichtungen iSv. § 40 [X.] gilt diese Zielsetzung in besonderem Maß. Sie sind im Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte darauf angewiesen, dass nachteilige Folgen beim Arbeitgeberwechsel vermieden werden, damit die Personalgewinnung nicht von vornherein aussichtslos ist. Hier ist besondere Mobilität erwünscht und oft erforderlich (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] [X.] Stand März 2008 § 40 Nr. 5 Rn. 1; [X.] in Sponer/Steinherr [X.] Stand Mai 2013 Teil 1140-L § 40 Nr. 5 Rn. 2; [X.]/[X.]/[X.]/Wiese [X.] Stand November 2013 Teil II § 40 - Wissenschaft Rn. 2 zu Nr. 5). Deswegen werden [X.]en mit einschlägiger [X.]erufserfahrung an anderen Hochschulen bei Einstellung in den [X.]n 13 bis 15 grundsätzlich nach § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 4 [X.] anerkannt. Die Festlegung eines [X.]s für die Anerkennung von [X.]en einschlägiger [X.]erufserfahrung wäre ein Hemmnis für das Ziel der Mobilität. Sie wäre auch wenig praktikabel, weil für die Länder unterschiedliche regelmäßige Arbeitszeiten gelten (vgl. den Anhang zu § 6 [X.]). Ein prozentual an der regelmäßigen Arbeitszeit orientierter [X.] führte zu einer in jedem Land anderen Mindeststundenzahl. Das könnte [X.] das wenig nachvollziehbare Ergebnis zur Folge haben, dass der [X.] im aufnehmenden Land, nicht jedoch im abgebenden Land erreicht wäre (vgl. [X.] in Sponer/Steinherr [X.] Stand Mai 2013 Teil 1140-L § 40 Nr. 5 Rn. 7).

(3) Ein weiterer Zweck des § 16 Abs. 2 [X.] besteht darin, bereits erworbene [X.]erufserfahrung bei der Einstellung finanziell zu honorieren, weil sie dem Arbeitgeber Einarbeitungszeit erspart und ein höheres Leistungsvermögen des Arbeitnehmers erwarten lässt.

(a) Ausgehend von dieser Zielsetzung wird im Schrifttum teilweise gefordert, einen [X.] für die Anerkennung von [X.]szeiten festzulegen. Ein Teil der Literatur spricht sich für einen [X.]eschäftigungsumfang von mindestens 50 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit aus (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] [X.] Stand März 2008 § 40 Nr. 5 Rn. 5; [X.]/[X.]/Kiefer/Thivessen [X.] Stand Oktober 2009 Teil [X.] 2 § 40 Nr. 5 Rn. 9; [X.]/[X.]/[X.]/Wiese [X.] Stand September 2009/November 2013 Teil II § 40 - Wissenschaft Rn. 36 zu Nr. 5). Ein anderer Teil des Schrifttums erwägt, unter Rückgriff auf § 2 Abs. 3 Satz 1 Wiss[X.]VG einen [X.]eschäftigungsumfang von mehr als 25 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zu verlangen, verneint das aber im Ergebnis (vgl. [X.] in Sponer/Steinherr [X.] Stand Mai 2013 Teil 1140-L § 40 Nr. 5 Rn. 7).

(b) Das Erfordernis eines bestimmten [X.]s ist abzulehnen. Die Voraussetzungen für eine ergänzende einschränkende Auslegung der § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] sind nicht erfüllt. Die von Teilen der Literatur geforderte Mindestgrenze für die Anerkennung von [X.]szeiten stünde zudem nicht im Einklang mit höherrangigem Recht.

(aa) Der Zweck der § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] gebietet keine einschränkende Auslegung zugunsten eines [X.]s für die Anerkennung von [X.]szeiten.

([X.]) [X.] Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung nur zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Die ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht (vgl. [X.] 12. Dezember 2013 - 8 [X.] - Rn. 19; 23. April 2013 - 3 [X.] - Rn. 29). Eine bestehende Tariflücke darf nicht durch ergänzende Tarifauslegung geschlossen werden, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum in der Frage bleibt, wie die Lücke zu schließen ist, und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen ist, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. [X.] 12. Dezember 2013 - 8 [X.] - Rn. 19; 23. April 2013 - 3 [X.] - Rn. 30).

(bbb) Hier besteht bereits keine unbewusste Tariflücke. Die Auslegung der § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] anhand von Wortlaut, tariflichem Gesamtzusammenhang und Zweck lässt nicht erkennen, dass die Tarifvertragsparteien die Frage der Teilzeitbeschäftigung bei der Anerkennung von [X.]szeiten im Rahmen der [X.] nicht gesehen und unbewusst nicht geregelt haben. Der Zusammenhang von § 16 Abs. 2 und § 17 Abs. 3 [X.] spricht vielmehr dafür, dass die Tarifvertragsparteien sich - wie im Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 4 [X.] ausgedrückt - bewusst für eine volle Anrechnung von [X.] mit einschlägiger [X.]erufserfahrung entschieden haben. Ein anderes Verständnis überschritte die Grenzen des Wortlauts und des Zusammenhangs. Die Tarifvertragsparteien haben damit nicht zuletzt eine klare und praktikable Regelung gewählt.

([X.]) Der Zweck der § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] verlangt auch keine einschränkende Auslegung. Die von diesen Tarifbestimmungen angestrebte Erleichterung des [X.] wird durch eine volle Anrechnung von [X.] erreicht. Die Regelungen stellen in hinreichendem Maß den Erwerb einschlägiger, für das neue Arbeitsverhältnis dienlicher [X.]erufserfahrung sicher. Auch im Rahmen von Teilzeitarbeitsverhältnissen erwerben die Arbeitnehmer [X.]erufserfahrung, die sie - soweit einschlägig - auf das neue Arbeitsverhältnis vorbereitet. Allenfalls bei einer Teilzeitbeschäftigung mit einem sehr geringen [X.]eschäftigungsumfang stellt sich die Frage, ob [X.]erufserfahrung erworben wurde, die einer einschlägigen [X.]erufserfahrung von einem Jahr iSv. § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] entspricht. Um inhaltlich „einschlägige“ [X.]erufserfahrung handelt es sich nur, wenn der Arbeitnehmer sie in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der auszuübenden Tätigkeit entspricht. Die in früheren Tätigkeiten erworbene Erfahrung muss ihn in die Lage versetzen, aus dem Stand die Tätigkeit im neuen Arbeitsverhältnis voll auszufüllen (vgl. Spelge in [X.] Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 15). Davon ist nur auszugehen, wenn die [X.] qualitativ im Wesentlichen die gesamte inhaltliche [X.]reite der aktuellen [X.]eschäftigung abdeckt. Daran kann es bei [X.] mit sehr geringem [X.]eschäftigungsumfang fehlen (ähnlich [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] [X.] Stand März 2008 § 40 Nr. 5 Rn. 5; von [X.] öAT 2014, 23, 25; Steuernagel öAT 2010, 75).

(bb) Der von Teilen des Schrifttums geforderte [X.] für die Anerkennung von [X.]szeiten im Rahmen der § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 [X.] verstieße zudem gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 T[X.]fG.

([X.]) § 4 Abs. 1 Satz 1 T[X.]fG verbietet es, einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer wegen der Teilzeit schlechter zu behandeln. Eine Ungleichbehandlung wegen der Teilzeitarbeit ist anzunehmen, wenn die Dauer der Arbeitszeit das Kriterium ist, an das die unterschiedliche [X.]ehandlung bei den Arbeitsbedingungen anknüpft (vgl. [X.] 25. September 2013 - 10 [X.] - Rn. 15; 23. Februar 2011 - 10 [X.] - Rn. 21 f.; 19. Oktober 2010 - 6 [X.]/09 - Rn. 18, [X.]E 136, 62).

(bbb) Ein abstrakter [X.] für die Anerkennung von [X.]szeiten knüpfte ausschließlich an die Dauer der Arbeitszeit an. Teilzeitbeschäftigte mit einschlägiger [X.]erufserfahrung würden bei der [X.] allein wegen ihres quantitativen [X.]eschäftigungsumfangs benachteiligt.

([X.]) Diese Ungleichbehandlung wäre auch nicht sachlich gerechtfertigt. Es kann auf sich beruhen, ob der größere Gewinn an Erfahrungswissen, der sich aus dem größeren Arbeitsvolumen vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer ergibt, grundsätzlich geeignet sein kann, eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen (vgl. in diesem Sinn Arnold/Gräfl/Rambach T[X.]fG 3. Aufl. § 4 T[X.]fG Rn. 17; [X.] in [X.]/Schlachter T[X.]fG 2. Aufl. § 4 Rn. 78; Thüsing in [X.]/Thüsing T[X.]fG 3. Aufl. § 4 Rn. 54; offengelassen von [X.] 9. März 1994 - 4 [X.] - zu II 3 c der Gründe, [X.]E 76, 90). Die mit der wachsenden Dauer einer Tätigkeit zunehmende Erfahrung eines Arbeitnehmers, die ihn zu besserer Arbeitsleistung befähigt, erfordert stets eine Prüfung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Frage, welche [X.]eziehung zwischen der Art der ausgeübten Tätigkeit und der Erfahrung besteht, die die Ausübung dieser Tätigkeit nach einer bestimmten Zahl geleisteter Arbeitsstunden mit sich bringt (vgl. [X.] 10. März 2005 - [X.]/02 - [[X.]] Rn. 61, Slg. 2005, [X.]; 7. Februar 1991 - [X.]/89 - [[X.]] Rn. 14, Slg. 1991, [X.]; [X.] 9. März 1994 - 4 [X.] - aaO; 2. Dezember 1992 - 4 [X.] - zu IV 3 d cc der Gründe, [X.]E 72, 64). Zu prüfen ist, ob nach der Art der ausgeübten Tätigkeit eine Relation zwischen der Erfahrung und der Dauer der Tätigkeit auszumachen ist (vgl. die Schlussanträge der Generalanwältin [X.] vom 29. April 2004 in der Sache - [X.]/02 - [[X.]] Rn. 62, aaO). Ein erheblicher Unterschied zwischen Vollzeit und Teilzeit mag in bestimmten Fällen bei sehr qualifizierten Tätigkeiten und ausgesprochen kurzer [X.]eschäftigungsdauer gegeben sein (vgl. Thüsing in [X.]/Thüsing aaO). Dem Gebot einer solchen Einzelfallabwägung würde der von Teilen des Schrifttums geforderte abstrakte [X.] für die Anerkennung von [X.]szeiten im Rahmen der § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] nicht gerecht. Es handelte sich um eine generalisierende, an einem bloßen [X.]faktor orientierte Regelung, die keine Rücksicht auf die konkret betroffene Art der Tätigkeit nähme.

(c) Die [X.]szeiten des [X.] an der [X.] sind jedenfalls in der [X.] vom 1. Oktober 2006 bis 30. September 2007 - unabhängig von ihrem quantitativen Umfang - bei der [X.] anzurechnen. Auf die Rüge der Revision, das [X.] habe sich bei der Feststellung des konkreten [X.]eschäftigungsumfangs des [X.] in der [X.] vom 15. März 2007 bis 31. März 2007 verrechnet und damit § 286 ZPO verletzt, kommt es deshalb nicht an.

3. Der Kläger hat seine einschlägige einjährige [X.]erufserfahrung an der [X.] und damit bei einem anderen Arbeitgeber iSv. § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] erworben. Der [X.] braucht nicht darüber zu befinden, ob mit diesem Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis auf der Grundlage mehrerer Arbeitsverträge bestand oder mehrere Arbeitsverhältnisse zustande kamen. Ungeachtet des missverständlichen Wortlauts des § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] ist es unerheblich, wenn die [X.]erufserfahrung nicht aus „einem“ Arbeitsverhältnis, sondern aus mehreren vorangegangenen Arbeitsverhältnissen herrührt. Für die [X.]eurteilung, ob es sich um einschlägige [X.]erufserfahrung handelt, die dem Arbeitgeber im aktuellen Arbeitsverhältnis zugutekommt, ist es belanglos, ob die Erfahrung in einem Arbeitsverhältnis oder in mehreren Arbeitsverhältnissen erworben wurde (vgl. [X.] 21. Februar 2013 - 6 [X.] - Rn. 14 mwN).

C. Der [X.]eklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    M. Jostes    

        

    Sieberts    

                 

Meta

6 AZR 571/12

27.03.2014

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Leipzig, 18. März 2010, Az: 14 Ca 143/09, Urteil

§ 40 Nr 5 TV-L, § 16 Abs 2 S 3 TV-L

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.03.2014, Az. 6 AZR 571/12 (REWIS RS 2014, 6709)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6709

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Referenzen
Wird zitiert von

8 Sa 331/17

6 Sa 370/19

1 Ca 3578/14

7 Sa 289/19

6 Sa 901/15

11 Sa 215/14

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