Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.11.2017, Az. 6 AZR 33/17

6. Senat | REWIS RS 2017, 1843

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Gegenstand

Stufenzuordnung im Hochschulbereich nach TV-L


Leitsatz

Einschlägige Berufserfahrung aus einer Beschäftigung bei einer anderen Hochschule oder außeruniversitären Forschungseinrichtung wird bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L so behandelt, als ob sie beim selben Arbeitgeber iSd. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L erworben worden wäre.

Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 30. November 2016 - 8 [X.]/16 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. Juni 2016 - 10 [X.]/16 - wird zurückgewiesen, soweit der Beklagte für die Monate Juni bis einschließlich Dezember 2015 zur Zahlung von 2.946,48 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 395,50 Euro seit 1. Juli 2015, 1. August 2015, 1. September 2015, 1. Oktober 2015, 1. November 2015 und 1. Januar 2016 sowie aus 573,48 Euro seit 1. Dezember 2015 verurteilt wurde.

3. Im Übrigen wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung des [X.].

2

Der Kläger war vom 15. August 2008 bis zum 31. Mai 2014 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der [X.] (TU) Dresden im Rahmen verschiedener befristeter Arbeitsverhältnisse tätig. Nach den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder ([X.]) war er in der [X.] 13 [X.] eingruppiert. Zuletzt war er Stufe 3 dieser [X.] zugeordnet.

3

Vom 1. Juni 2014 bis zum 31. Juli 2017 war er nach den Feststellungen der Vorinstanzen auf der Grundlage eines befristeten Arbeitsvertrags als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Beklagten beschäftigt und wurde ebenfalls nach [X.] 13 Stufe 3 [X.] vergütet. Der Beklagte betreibt ein Forschungsinstitut auf dem Gebiet der Werkstoffwissenschaft und ist Mitglied der [X.]. Auf das Arbeitsverhältnis fand [X.] der [X.] in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

4

§ 40 [X.] enthält Sonderregelungen für Beschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

        

Nr. 5. Zu § 16 - Stufen der [X.] -

        

1. § 16 Absatz 2 gilt in folgender Fassung:

        

‚(2) 1Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. 3Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3.

        

4Werden Beschäftigte in den [X.]n 13 bis 15 eingestellt, gilt ergänzend: Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung an anderen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden grundsätzlich anerkannt. 5Dasselbe gilt für Beschäftigte in den [X.]n 9 bis 12, wenn sie im Rahmen der Planung, Vorbereitung, Durchführung, Aus- und/oder Bewertung von wissenschaftlichen Vorhaben einen wesentlichen Beitrag leisten.‘“

5

§ 16 Abs. 3 [X.] lautet auszugsweise:

        

„(3)   

1Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Absatz 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben [X.] bei ihrem Arbeitgeber ([X.]):

                 

-       

Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,

                 

-       

Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,

                 

-       

Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,

                 

-       

Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und

                 

-       

Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5 bei den [X.]n 2 bis 8.“

6

Mit Schreiben vom 27. März 2015 wandte sich der Kläger wie folgt an den Beklagten:

        

„…    

        

Ich würde Sie gern bitten meine Stufenzuordnung zu überprüfen. Aktuell bin ich in der Stufe 3 der [X.] 13 eingestuft. Gemäß Tarifvertrag, bei dem Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung an anderen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen grundsätzlich anerkannt werden, siehe § 40 Nr. 5, müsste ich jedoch bereits die Stufe 4 erreicht haben.

        

Begründung

        

Seit dem 01. Juni 2014 bin ich wissenschaftlicher Mitarbeiter im [X.] Zuvor war ich durchgängig seit dem 15.06.2008 [gemeint: 15.08.2008] an der Technischen Universität Dresden beschäftigt. Dort habe ich an der Professur für Mess- und Prüftechnik Messsysteme zur Messung von mikrofluidischen Strömungen entwickelt und angewandt.

        

Als wissenschaftlicher Mitarbeiter bin ich seit dem 15.08.2008 in der [X.] 13 eingruppiert. Abzüglich meiner Elternzeit (4 Monate) besitze ich somit seit Dezember 2014 mehr als 6 Jahre einschlägige Berufserfahrung. Dies unterstreicht auch meine jetzige Tätigkeit im I, die auf meine bisherige Berufserfahrung direkt aufbaut. So ist beispielsweise geplant, ein von [X.] während meiner Zeit an der [X.] eigenständig entwickeltes Messsystem für die Projektarbeit im I einzusetzen. Eine Nichtberücksichtigung von nahezu meiner halben Berufserfahrung ist für [X.] nicht nachvollziehbar und bitte daher zu überprüfen.

        

…“    

7

Mit Schreiben vom 3. Juli 2015 lehnte der Beklagte eine Vergütung nach [X.] 13 Stufe 4 [X.] ab. Der Prozessbevollmächtigte des [X.] machte mit Schreiben vom 30. November 2015 wiederum erfolglos eine Bruttolohndifferenz zwischen Stufe 4 und Stufe 3 der [X.] 13 [X.] in Höhe von insgesamt 4.899,56 Euro für die Zeit von Dezember 2014 bis einschließlich November 2015 geltend.

8

Der Kläger hat mit seiner Klage die Auffassung vertreten, eine Vergütung nach [X.] 13 Stufe 4 [X.] habe ihm bereits seit Oktober 2014 zugestanden. Seine bei der [X.] erworbene einschlägige Berufserfahrung sei unter Berücksichtigung der Sonderregelung des § 40 Nr. 5 Ziff. 1 [X.] vollumfänglich bei der [X.] anzurechnen gewesen. Anderenfalls wäre die unionsrechtlich gewährleistete Arbeitnehmerfreizügigkeit verletzt. Unter Berücksichtigung der nach § 20 [X.] zu leistenden Jahressonderzahlung ergebe sich für den Zeitraum von Oktober 2014 bis einschließlich Dezember 2015 eine auszugleichende Entgeltdifferenz von insgesamt 6.069,78 Euro brutto [X.] Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe.

9

Der Kläger hat daher beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 6.069,78 Euro brutto Arbeitsvergütung für den Zeitraum Oktober 2014 bis Dezember 2015 nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus jeweils 387,36 Euro seit 1. November 2014, 1. Dezember 2014, 1. Januar 2015, 1. Februar 2015, 1. März 2015 und aus 395,50 Euro seit 1. April 2015, 1. Mai 2015, 1. Juni 2015, 1. Juli 2015, 1. August 2015, 1. September 2015, 1. Oktober 2015, 1. November 2015 und 1. Januar 2016 sowie aus 573,48 Euro seit 1. Dezember 2015 zu zahlen.

Der Beklagte hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, dass der Kläger bei der Einstellung unter Berücksichtigung seiner einschlägigen Berufserfahrung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] der Stufe 3 der [X.] 13 [X.] zugeordnet gewesen sei. Die von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 [X.] nicht veränderte [X.] habe nach § 16 Abs. 3 Satz 1 [X.] mit dem 1. Juni 2014 neu begonnen, so dass die Stufe 4 der [X.] 13 [X.] erst zum 1. Juni 2017 erreicht worden sei. Eine Anrechnung von Restlaufzeiten aus einem befristeten Arbeitsverhältnis könne nur bei einer Wiedereinstellung beim selben Arbeitgeber erfolgen. Dies sei hier nicht der Fall.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Klage ist jedenfalls zum Teil begründet. Entgegen der Auffassung des [X.] hat der Kläger für den [X.]raum von Juni bis einschließlich Dezember 2015 Anspruch auf die begehrte Vergütung nach Stufe 4 der [X.] 13 [X.] Im Übrigen kann der Rechtsstreit durch den [X.] noch nicht abschließend entschieden werden. Die durch das [X.] getroffenen Tatsachenfeststellungen reichen nicht aus, um den [X.]punkt des Erreichens der Stufe 4 im Jahr 2014 sowie die Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist für Ansprüche bis Juni 2015 beurteilen zu können.

1. Die bei der [X.] erworbene einschlägige [X.]erufserfahrung des [X.] war bei der [X.] anlässlich seiner Einstellung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L anzuerkennen, wie wenn er sie bei dem [X.]eklagten erlangt hätte. Eine gesetzeskonforme Auslegung des § 16 Abs. 3 TV-L führt dazu, dass die in den befristeten Arbeitsverhältnissen bei der [X.] erlangte [X.]erufserfahrung auch bei der [X.] zu berücksichtigen war.

a) [X.]ei der Einstellung von [X.]eschäftigten an Hochschulen und Forschungseinrichtungen in den [X.]n 13 bis 15 TV-L werden [X.]en mit einschlägiger [X.]erufserfahrung an anderen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen gemäß § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L im Rahmen der [X.] grundsätzlich anerkannt.

aa) § 16 Abs. 2 TV-L hat den Zweck, einen Arbeitgeberwechsel innerhalb des öffentlichen Dienstes, aber auch aus der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst zu erleichtern, indem Vorbeschäftigungszeiten anerkannt werden. [X.]ei Hochschulen und Forschungseinrichtungen iSv. § 40 TV-L gilt diese Zielsetzung in besonderem Maß. Sie sind im Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte darauf angewiesen, dass nachteilige Folgen beim Arbeitgeberwechsel vermieden werden, damit die Personalgewinnung nicht von vornherein aussichtslos ist. Hier ist besondere Mobilität erwünscht und oft erforderlich ([X.] 27. März 2014 - 6 [X.] - Rn. 23 mwN, [X.]E 148, 1). Die tarifliche Zielsetzung einer Privilegierung von wissenschaftlichen Mitarbeitern kommt zudem im zweiten Halbsatz der Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L zum Ausdruck.

bb) Zur Erreichung dieser Zielsetzung hebt § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L als [X.] die bei einem Wechsel von einem anderen Arbeitgeber nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L ansonsten geltende „Deckelung“ der [X.] auf höchstens Stufe 3 auf (vgl. zu § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L: [X.] 3. Juli 2014 - 6 [X.] 1088/12 - Rn. 15 ff.; 23. September 2010 - 6 [X.] 180/09 - Rn. 11 ff., [X.]E 135, 313). Soweit die Rn. 42 des Urteils vom 21. November 2013 - 6 [X.] 23/12 - nicht tragend ein abweichendes Verständnis der Tarifnormen erkennen lässt, hält der [X.] daran nicht fest. Die von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L erfasste [X.] wird damit denjenigen [X.]eschäftigten gleichgestellt, die einschlägige [X.]erufserfahrung aus einem oder mehreren vorherigen Arbeitsverhältnissen zum selben Arbeitgeber aufweisen und deshalb § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L unterfallen (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/Wiese TV-L Stand November 2013 Teil II § 40 Rn. 12; [X.] in Sponer/Steinherr TV-L Stand August 2014 § 40 Nr. 5 Rn. 10; zum Ausschluss selbständiger Tätigkeit vgl. [X.] 21. November 2013 - 6 [X.] 23/12 - Rn. 57). Ob auch die Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L, die sich ihrem Wortlaut nach nur auf § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L bezieht, Anwendung findet, bedarf keiner Entscheidung, weil der Kläger ohne Unterbrechung beschäftigt war (vgl. dazu [X.]/[X.]/[X.]/Wiese TV-L Stand Juli 2014 Teil II § 40 Rn. 41 ff.; [X.] in Sponer/Steinherr aaO; [X.] TV-L/[X.] Stand 1. März 2017 TV-L § 40 Nr. 5 Rn. 3; zu § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L vgl. [X.] 3. Juli 2014 - 6 [X.] 1088/12 - Rn. 24).

cc) Die Gleichstellung mit [X.]eschäftigten iSv. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L gilt auch bei Auslandsbezug. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L unterscheidet nicht danach, ob die einschlägige [X.]erufserfahrung an einer anderen Hochschule oder Forschungseinrichtung in [X.] oder im inner- oder außereuropäischen Ausland erworben wurde (vgl. [X.]/[X.]/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Juli 2016 Teil [X.] 2 § 40 Nr. 5 Rn. 7; [X.]/[X.]/[X.]/Wiese TV-L Stand September 2009 Teil II § 40 Rn. 23; [X.] TV-L/[X.] Stand 1. März 2017 TV-L § 40 Nr. 5 Rn. 1e; [X.] in Sponer/Steinherr TV-L Stand August 2014 § 40 Nr. 5 Rn. 5). Dies trägt der Struktur weltweit betriebener Forschung Rechnung. In [X.]ezug auf das Gebiet der [X.] ist zugleich ein Konflikt mit Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Freizügigkeitsverordnung ausgeschlossen (vgl. hierzu [X.] 29. Juni 2017 - 6 [X.] 364/16 - Rn. 30 ff.; 23. Februar 2017 - 6 [X.] 843/15 - Rn. 20 ff., [X.]E 158, 230).

b) Für den in § 16 Abs. 3 TV-L geregelten Stufenaufstieg, der durch § 40 Nr. 5 TV-L keine Änderung erfahren hat, gelten [X.]en. § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L sieht die Anrechnung der bei der [X.] nicht verbrauchten [X.]en einschlägiger [X.]erufserfahrung aus früheren Arbeitsverhältnissen (Restlaufzeiten) nicht ausdrücklich vor. Das Gebot der gesetzeskonformen Auslegung von Tarifnormen verbietet mit [X.]lick auf § 4 Abs. 2 Satz 3 Tz[X.]fG jedoch ein Verständnis des § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L dahin, dass Restlaufzeiten aus früheren befristeten Arbeitsverhältnissen generell unberücksichtigt bleiben.

aa) [X.]ei gesetzeskonformer Auslegung des § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L beginnt die [X.] mit der Zuordnung des [X.]eschäftigten zu einer Stufe seiner [X.] nach seiner Einstellung nicht neu zu laufen, wenn er zuvor bereits befristet bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war und keine schädliche Unterbrechung iSd. Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L vorliegt. Vielmehr ist die Restlaufzeit auf die [X.] anzurechnen. Das gilt unabhängig davon, ob die Einstellung abermals befristet erfolgt oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vereinbart wird ([X.] 21. Februar 2013 - 6 [X.] 524/11 - Rn. 18 ff., [X.]E 144, 263). Diese Auslegung berücksichtigt, dass befristet und unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer [X.]erufserfahrung vergleichbar sind, wenn es sich um identische oder zumindest gleichwertige Tätigkeiten handelt. In diesem Fall besteht gewissermaßen ein einheitliches, fortgesetztes Arbeitsverhältnis ([X.] 21. November 2013 - 6 [X.] 23/12 - Rn. 66; 24. Oktober 2013 - 6 [X.] 964/11 - Rn. 28).

bb) Im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L ist die Restlaufzeit nach den gleichen Grundsätzen auf die [X.] anzurechnen, wenn ein davon erfasster Arbeitnehmer zuvor befristet bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt war. Die Norm führt, wie dargestellt, grundsätzlich zur Gleichstellung der von ihr erfassten [X.]eschäftigten mit [X.]eschäftigten, welche die einschlägige [X.]erufserfahrung in vorherigen befristeten Arbeitsverhältnissen mit demselben Arbeitgeber erworben haben.

2. Folglich kann der Kläger jedenfalls bezüglich des [X.]raums von Juni bis einschließlich Dezember 2015 eine Vergütung nach [X.] 13 Stufe 4 TV-L beanspruchen. Hinsichtlich der Ansprüche für die [X.] von Oktober 2014 bis Mai 2015 ist die Sache noch nicht zur Entscheidung reif. Dies führt insoweit zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

a) Die [X.] des [X.] bei seiner Einstellung zum 1. Juni 2014 richtete sich nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L idF von § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L, denn er wurde von dem [X.]eklagten, der eine Forschungseinrichtung betreibt, in die [X.] 13 TV-L eingestellt und konnte unstreitig eine an der [X.] erworbene einschlägige [X.]erufserfahrung vorweisen. Das Arbeitsverhältnis mit dem [X.]eklagten schloss sich nahtlos an diese Vorbeschäftigung an. Gründe, welche einer Anerkennung seiner [X.]erufserfahrung ausnahmsweise entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.

b) Die dargestellte gesetzeskonforme Auslegung von § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L führt zu einer vollständigen Anrechnung der in den befristeten Arbeitsverhältnissen mit der [X.] erworbenen [X.]erufserfahrung auch bezüglich der [X.]. [X.]ei der [X.] war der Kläger vom 15. August 2008 bis zum 31. Mai 2014 in der [X.] 13 TV-L beschäftigt. Seit dem 1. Juni 2014 wurde er bei dem [X.]eklagten ebenfalls nach [X.] 13 TV-L vergütet. Die Anrechnung der gesamten [X.] bei der [X.] hätte daher nach § 16 Abs. 3 Satz 1 iVm. § 17 Abs. 1 TV-L zu einem Vergütungsanspruch nach [X.] 13 Stufe 4 TV-L seit dem 1. August 2014 führen können, da eine leistungsbedingte Verlängerung der [X.] nach § 17 Abs. 2 Satz 2 TV-L von dem [X.]eklagten nicht behauptet wird. Allerdings wäre eine etwaige Elternzeit gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TV-L nicht auf die [X.] angerechnet worden (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/Wiese TV-L Stand Mai 2015 Teil II § 17 Rn. 39 f.; zu § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT vgl. [X.] 27. Januar 2011 - 6 [X.] 526/09 - Rn. 14 ff., [X.]E 137, 80). Da der Kläger in seinem Schreiben vom 27. März 2015 eine viermonatige Elternzeit angeführt hat, ist nicht auszuschließen, dass er die Vergütung nach [X.] 13 Stufe 4 TV-L erst ab dem 1. Dezember 2014 beanspruchen konnte. Dies war auch sein außergerichtliches [X.]egehren, bevor er mit seiner Klage die Forderung auf die [X.] ab Oktober 2014 erstreckte.

c) Das [X.] wird sich mit der Frage der Elternzeit befassen müssen, falls etwaige Ansprüche für den fraglichen [X.]raum nicht ohnehin wegen Versäumung der Ausschlussfrist gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L verfallen sind. Mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen kann der [X.] dies nicht selbst entscheiden. Der Kläger hat aber jedenfalls bezüglich des [X.]raums von Juni bis einschließlich Dezember 2015 einen Anspruch auf Vergütung nach [X.] 13 Stufe 4 TV-L, da er diesbezüglich selbst bei Unterstellung einer viermonatigen Elternzeit die erforderliche [X.] zurückgelegt und seine Ansprüche innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht hat.

aa) Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht allerdings die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 TV-L aus.

bb) Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, [X.]eweise sichern und ggf. Rücklagen bilden können. Er soll vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht rechnen muss, geschützt werden ([X.] 3. Juli 2013 - 4 [X.] 476/12 - Rn. 44). Für eine ordnungsgemäße Geltendmachung iSd. § 37 Abs. 1 TV-L ist daher erforderlich, dass der Anspruchsgegner zur Erfüllung eines bestimmten Anspruchs aufgefordert wird. Der Anspruchsteller muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung ist und auf der Erfüllung dieser Forderung besteht (vgl. [X.] 18. Februar 2016 - 6 [X.] 700/14 - Rn. 45 mwN, [X.]E 154, 118). Allein die Aufforderung, die bisherige Nichterfüllung „zu überdenken“ oder „zu überprüfen“ ist noch keine Geltendmachung im Tarifsinn, weil ihr das eindeutige Erfüllungsverlangen fehlt ([X.] 18. April 2012 - 4 [X.] 392/10 - Rn. 41, [X.]E 141, 150; vgl. auch [X.] ArbR-Hd[X.]/[X.] 17. Aufl. § 209 Rn. 35).

cc) [X.]ezüglich der für Juni bis einschließlich Dezember 2015 streitbefangenen Ansprüche wurde die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L durch das anwaltliche Schreiben vom 30. November 2015 gewahrt. Die Ansprüche für Mai 2015 konnte es nicht mehr erfassen, da die diesbezüglichen [X.] gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3 TV-L bereits am Freitag, dem 29. Mai 2015, fällig waren. Die Ausschlussfrist endete demzufolge mit Ablauf des 29. November 2015 (§ 188 Abs. 2 iVm. § 187 Abs. 1 [X.]G[X.]).

dd) Hinsichtlich des bis einschließlich Mai 2015 streitbefangenen [X.]raums bedarf es weiterer Sachverhaltsaufklärung. Der Kläger hat sich bezüglich der Wahrung der Ausschlussfrist auf sein Schreiben vom 27. März 2015 berufen. Dieses genügt seinem Wortlaut nach den tariflichen Anforderungen an eine Geltendmachung jedoch nicht, da der Kläger lediglich um eine Überprüfung der [X.] gebeten hat. Der [X.] hat die Parteien hierauf hingewiesen. Der Prozessbevollmächtigte des [X.] hat daraufhin beantragt, zu der schriftlichen und mündlichen Kommunikation vor dem Schreiben des [X.] vom 27. März 2015 Stellung nehmen zu dürfen. Diesem Anliegen war zu entsprechen, da weiterer Sachvortrag für die Auslegung des Schreibens von [X.]edeutung sein könnte.

(1) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das [X.]erufungsgericht Auslegungsregeln ( §§ 133 , 157 [X.]G[X.] ) verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat. Das Revisionsgericht darf bei einer unterlassenen oder fehlerhaften Auslegung nichttypischer Willenserklärungen die Auslegung nur dann selbst vornehmen, wenn das [X.] den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (vgl. [X.] 15. Februar 2017 - 7 [X.] 223/15 - Rn. 27 mwN).

(2) Das Schreiben des [X.] vom 27. März 2015 ist eine nichttypische Erklärung. Das [X.] hat sich mit seiner Auslegung nicht befasst, da es schon keine Anspruchsgrundlage für das klägerische [X.]egehren erkannt hat und sich in der Konsequenz nicht mit der Wahrung der Ausschlussfrist befassen musste. Es hat auch keine Feststellungen bezüglich sonstiger Korrespondenz der Parteien getroffen. Der [X.] kann vor diesem Hintergrund nicht davon ausgehen, dass kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist, welches für die Auslegung des Schreibens vom 27. März 2015 von [X.]edeutung ist. Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass der Kläger seine Ansprüche noch auf anderem Weg fristgerecht geltend gemacht hat. Dies wird das [X.] zu beurteilen haben, nachdem die Parteien Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag hatten.

d) Die für die Monate Juni bis einschließlich Dezember 2015 geforderten [X.] sind der Höhe nach unstreitig. [X.]ei einer monatlichen Differenz von 395,50 Euro brutto für die [X.] von Juni bis einschließlich Oktober 2015 sowie für Dezember 2015 und eines [X.]etrags für November 2015 von 573,48 Euro brutto, welcher die Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L berücksichtigt, ergibt sich eine Summe von 2.946,48 Euro brutto.

e)Der Kläger kann nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 [X.]G[X.] Verzugszinsen für die einzelnen monatlichen Differenzvergütungsbeträge verlangen. Verzugszinsen sind nach § 187 Abs. 1 [X.]G[X.] ab dem Tag nach dem tariflich bestimmten Zahltag zu entrichten (vgl. [X.] 26. Januar 2017 - 6 [X.] 440/15  - Rn. 36 ). Obwohl der Differenzbetrag für Oktober 2015 wegen § 24 Abs. 1 Satz 3 TV-L bereits am 30. Oktober 2015 fällig geworden ist und daher ab dem 31. Oktober 2015 zu verzinsen wäre, konnte der [X.]eklagte zur Zahlung von Zinsen antragsgemäß erst ab dem 1. November 2015 verurteilt werden (§ 308 Abs. 1 ZPO).

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Lauth     

        

    C. Klar    

                 

Meta

6 AZR 33/17

23.11.2017

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Dresden, 22. Juni 2016, Az: 10 Ca 748/16, Urteil

§ 16 Abs 2 S 4 TV-L, § 40 Nr 5 Ziff 1 TV-L, § 16 Abs 2 S 2 TV-L, § 16 Abs 3 S 1 TV-L, § 4 Abs 2 S 3 TzBfG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.11.2017, Az. 6 AZR 33/17 (REWIS RS 2017, 1843)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1843

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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