Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.03.2011, Az. 6 AZR 851/09

6. Senat | REWIS RS 2011, 8236

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Gegenstand

Anrechnung von Zeiten der Beschäftigung bei anderen Arbeitgebern für die Stufenzuordnung


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. November 2009 - 4 Sa 833/09 - im Kostenpunkt aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des [X.] vom 5. März 2009 - 2 Ca 2539/08 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet war, dem Kläger von Juli 2007 bis einschließlich Februar 2010 eine Vergütung nach der [X.] Ä 1 Stufe 5 TV-Ärzte-KF zu zahlen.

3. Im Übrigen werden die Berufung und die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

4. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu 34 % und die Beklagte zu 66 % zu tragen. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu 43 % und die Beklagte zu 57 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch über die Berücksichtigung von [X.]en der Beschäftigung bei anderen Arbeitgebern für die [X.] eines Assistenzarztes im Rahmen seiner Überleitung in den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte - Kirchliche Fassung ([X.]).

2

Der Kläger war seit dem 23. Oktober 2006 als Assistenzarzt bei der [X.] tätig. Davor war er vom 18. November 2002 bis 31. Mai 2004 als Arzt im Praktikum sowie von Juni bis einschließlich September 2004 als Arzt in einem klinischen Forschungsinstitut, von Oktober 2004 bis April 2006 in einem Krankenhaus sowie von Mai 2006 bis Oktober 2006 mit ärztlichen Tätigkeiten in der klinischen Forschung beschäftigt.

3

Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der [X.] in kirchlicher Fassung ([X.]) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Mit Beschluss der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission vom 22. Oktober 2007 wurde der [X.] rückwirkend zum 1. Juli 2007 neu gefasst und in der Fassung der redaktionellen Überarbeitung vom 21. November 2007 ([X.] nF) am 15. Januar 2008 im [X.] [X.] bekannt gemacht. Gemäß § 1 [X.] nF richten sich die Arbeitsverhältnisse der Ärztinnen und Ärzte ausschließlich nach dem [X.] als Anlage 6 zum [X.]. Die Überleitung in diesen Tarifvertrag erfolgte nach Maßgabe der Anlage 7 zum [X.] - Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte in den [X.] ([X.]). Der [X.] bestimmt in § 3:

        

„Eingruppierung

        

(1) Die Ärzte werden derjenigen Stufe der [X.] (§ 11 TV-Ärzte) zugeordnet, die sie erreicht hätten, wenn die [X.] für Ärztinnen und Ärzte bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgebenden [X.] gegolten hätte. ...

        

(2) Für die Stufenfindung bei der Überleitung zählen die [X.]en im jetzigen Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. Für die Berücksichtigung von Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit bei der Stufenfindung gilt § 15 Absatz 2 TV-Ärzte-KF.“

4

§ 15 [X.] bestimmt:

        

„Stufen der [X.]

        

(1) Die [X.] Ä 1 und Ä 2 umfasst fünf Stufen; ... Die Ärzte erreichen die jeweils nächste Stufe nach den [X.]en ärztlicher (Ä 1), fachärztlicher (Ä 2) … Tätigkeit …, die in den Tabellen (Anlagen A 1 und A 2) angegeben sind.

        

(2) Für die Anrechnung von Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit gilt Folgendes: Bei der [X.] werden [X.]en mit einschlägiger Berufserfahrung als förderliche [X.]en berücksichtigt, das gilt insbesondere für die [X.] als Arzt im Praktikum. [X.]en von sonstiger Berufserfahrung aus nichtärztlicher Tätigkeit können berücksichtigt werden.

        

(3) Zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten kann abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden. Ärzte mit einem Entgelt der Endstufe können bis zu 20 v.H. der Stufe 2 zusätzlich erhalten. …“

5

Nach der [X.] des [X.] vollzieht sich der Stufenaufstieg in den fünf Stufen der [X.] Ä 1 in fünf gleichen Schritten, wobei die Stufe 1 bei einer Tätigkeit im [X.] und die Folgestufen jeweils ein Jahr später erreicht werden, so dass ab dem fünften Jahr ärztlicher Tätigkeit eine Zuordnung zur Stufe 5 erfolgt.

6

Die Beklagte ordnete den Kläger bei seiner Überleitung rückwirkend zum 1. Juli 2007 der Stufe 1 und zum 23. Oktober 2007 der Stufe 2 der [X.] Ä 1 zu. Seit März 2010 ist er für die Beklagte als Facharzt tätig und seitdem in die [X.] Ä 2 eingruppiert. Mit E-Mail vom 7. Mai 2008 erhob der Kläger:

        

„Einspruch gegen meine tarifliche Eingruppierung …, in der meine beruflichen Vorzeiten in keiner Weise anerkannt wurden. … Hiermit möchte ich Sie auffordern, bis zum 21.05.2008 eine korrekte Eingruppierung vorzunehmen, in der meine über 5 jährige berufliche Vortätigkeit berücksichtigt wird.“

7

Der Kläger hat gemeint, die [X.] seiner [X.] müsste bei der [X.] berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die Eingruppierung in die Ä 2 hat er die Klage für die [X.] ab dem 1. März 2010 zurückgenommen.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass der Kläger vom 1. Juli 2007 bis zum 28. Februar 2010 in die [X.] Ä 1 Stufe 5 eingruppiert war.

9

Die Beklagte hat sich für ihren Klageabweisungsantrag auf § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] gestützt. Sie hat angenommen, diese Bestimmung sei die speziellere Norm gegenüber § 15 Abs. 2 [X.]. § 15 Abs. 2 [X.] sei dahin auszulegen, dass bei der Überleitung von Ärzten in den [X.] nur Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit bei demselben Arbeitgeber von der Regelung umfasst seien. Anderenfalls sei die Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] überflüssig.

§ 3 Abs. 2 [X.] habe nur eine Sonderregelung hinsichtlich des übergeleiteten Personals treffen wollen. Hintergrund der tariflichen Regelung sei, dass der Arbeitgeber bei der Einstellung entscheiden könne, ob er Arbeitnehmer mit Berufserfahrung einstelle. Diese Entscheidung könne er bei den „geerbten“ Arbeitnehmern nicht mehr treffen. Auch der Zweck des Stufenmodells spreche für die ausschließliche Berücksichtigung von Vorzeiten bei dem derzeitigen Arbeitgeber. Durch das Stufenmodell solle die Betriebstreue des Arbeitnehmers honoriert werden. Das sei jedoch nur möglich, wenn lediglich die [X.]en der Berufserfahrung beim jetzigen Arbeitgeber bei der Stufenfindung berücksichtigt würden.

Das Arbeitsgericht hat durch Teil-Urteil der Feststellungsklage entsprochen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung hinsichtlich der zuletzt noch vom Kläger begehrten Entgeltdifferenz hinsichtlich der [X.].

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision der [X.]eklagten ist unbegründet.

A. [X.]ie Feststellungsklage ist zulässig.

I. [X.]em Wortlaut nach richtet sich der Antrag auf die Feststellung, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum in eine bestimmte Stufe seiner [X.] „eingruppiert“ war. Ein solcher Antrag wäre unzulässig, weil damit nicht die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, sondern die Klärung einzelner Voraussetzungen eines solchen, die noch keine konkreten Verpflichtungen der [X.]eklagten auslösen, begehrt würde. [X.]ei gebotener Auslegung ist der Antrag jedoch dahin zu verstehen, dass der Kläger im Wege der [X.] die Feststellung einer konkreten Vergütungsverpflichtung der [X.]eklagten verlangt (vgl. Senat 27. Januar 2011 - 6 [X.] - Rn. 12).

II. Ungeachtet des Aufstiegs des [X.] in die [X.] Ä 2 liegt der zur [X.]ejahung des Feststellungsinteresses erforderliche Gegenwartsbezug noch vor (Senat in [X.] Rspr. seit Urteil vom 13. August 2009 - 6 [X.] - Rn. 13, [X.] § 241 Nr. 4).

[X.]. [X.]er Antrag ist für den zuletzt noch streitbefangenen Zeitraum begründet.

I. [X.]er Kläger hat gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] iVm. § 15 Abs. 2 [X.] Anspruch auf Anrechnung der Zeiten als Arzt im Praktikum und seiner Tätigkeiten bei anderen Arbeitgebern. Er war daher bei seiner rückwirkenden Überleitung in den [X.] zum 1. Juli 2007 der Stufe 5 der [X.] Ä 1 zuzuordnen.

1. § 3 [X.] regelt die [X.] der in den [X.] übergeleiteten Ärzte im Wechselspiel von Regel und Ausnahme:

[X.]en Grundsatz legt § 3 Abs. 1 [X.] fe[X.] [X.]anach werden die Ärzte derjenigen Stufe zugeordnet, die sie erreicht hätten, wenn die [X.] für Ärztinnen und Ärzte bereits seit [X.]eginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgebenden [X.] gegolten hätte. [X.]avon macht § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] eine Ausnahme. Für die Stufenfindung bei der Überleitung zählen danach an sich nur die Zeiten im jetzigen Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] trifft jedoch für Vorzeiten „ärztlicher Tätigkeit“ über den Verweis auf § 15 Abs. 2 [X.] eine Unterausnahme, die letztlich zur Grundregel in § 3 Abs. 1 [X.] zurückkehrt: Zeiten (einfacher) ärztlicher Tätigkeit mit einschlägiger [X.]erufserfahrung sind zu berücksichtigen, wozu kraft ausdrücklicher Fiktion auch die Tätigkeit als Arzt im Praktikum zählt. [X.]iese aufgrund des Verweises auf § 15 Abs. 2 [X.] bei der Überleitung zu berücksichtigenden „Vorzeiten“ ärztlicher Tätigkeit umfassen bei der [X.] in der [X.] Ä 1 - wenn nicht nur, so doch jedenfalls auch - Zeiten einer [X.]eschäftigung als Assistenzarzt mit einschlägiger Tätigkeit in Arbeitsverhältnissen mit früheren Arbeitgebern. Für unter der Geltung des [X.] neu eingestellte Ärzte sieht dies die [X.]eklagte nicht anders. § 15 Abs. 2 [X.] enthält gerade keine Einschränkung auf denselben Arbeitgeber.

a) [X.]ie [X.]erücksichtigung einschlägiger (einfacher) ärztlicher Tätigkeiten bei anderen Arbeitgebern für die [X.] ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 [X.].

aa) Schon das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] der von der [X.]eklagten angenommene [X.]harakter einer abschließenden Regelung über die [X.] übergeleiteter Ärzte nicht zukommt. [X.]ie [X.]eklagte kann nicht ausblenden, dass § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] eine ausdrückliche Verweisung auf § 15 Abs. 2 [X.] enthält. Sie ist deshalb gezwungen, diese [X.]estimmung dahin zu verstehen, dass lediglich Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit bei „demselben Arbeitgeber“ von dieser Regelung umfasst seien. Nach dieser Auslegung würde von § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] also nur der Fall erfasst, dass ein Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, später aber erneut ein Arbeitsverhältnis zu diesem Arbeitgeber begründet. Ein derart enges Verständnis, das sich auf einen Ausnahmefall im typischen Arbeitsleben beschränkt, ist dem [X.]egriff „Vorzeiten“ aber nicht beizumessen. Vielmehr ist mit „Vorzeit“ sprachlich die einer bestimmten Zeit vorausgehende Zeit ([X.] [X.] [X.] 3. Aufl. [X.]: [X.]) bzw. die auf eine frühere [X.] bezogene Zeit (J. und [X.] [X.] [X.]d. 26 12. [X.]d. 2. Abteilung [X.] - [X.] 1998) gemeint. [X.]ieser [X.]egriff hat demnach denselben [X.]edeutungsgehalt wie der geläufigere [X.]egriff „Vorbeschäftigungszeiten“. Vom [X.]egriff „Vorzeit“ ist damit auch ein früheres Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber umfasst (ebenso ohne jede Problematisierung [X.]/[X.]/[X.]/Wiese TV-L Stand Oktober 2010 § 16 [X.] Rn. 8 zum [X.] § 16 Abs. 2 Satz 1 [X.]/[X.]; vgl. auch Senat für den [X.]egriff „Vorbeschäftigung“ in § 19 Abs. 2 [X.]/VKA 16. [X.]ezember 2010 - 6 [X.] - Rn. 15). Allerdings zeigt die [X.]ifferenzierung zwischen ärztlicher, fachärztlicher und oberärztlicher Tätigkeit in § 15 Abs. 1 Satz 2 [X.], die sich in § 15 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht wiederfindet, dass die [X.] mit dieser Formulierung - anders als bei der (einfachen) ärztlichen Tätigkeit - bei der fach- und der oberärztlichen Tätigkeit bewusst von einer zwingenden Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten absehen wollte (vgl. Senat 16. [X.]ezember 2010 - 6 [X.] - Rn. 16 für die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten auf die Stufenlaufzeit von Oberärzten nach § 19 Abs. 2 [X.]/VKA).

bb) Entgegen der Annahme der [X.]eklagten ist die Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] bei dieser Auslegung nicht überflüssig. Erst diese [X.]estimmung eröffnet überhaupt die Möglichkeit, bestimmte Zeiten der [X.]eschäftigung abweichend vom Grundsatz des § 3 Abs. 1 [X.] von der Anrechnung auszunehmen.

b) Vorstehendes Verständnis der Regelung in § 3 [X.] für übergeleitete Ärzte der [X.] Ä 1 spiegelt sich auch in den Stufen der [X.] Ä 1 [X.] wieder.

Mit dem Aufstieg in den Stufen soll die zunehmende [X.]erufserfahrung honoriert werden (vgl. Senat 27. Januar 2011 - 6 [X.] - Rn. 35; 27. Januar 2011 - 6 [X.] - Rn. 26). In der [X.] Ä 1 orientiert sich das Stufensystem des [X.] am Weiterbildungsstand zum Facharzt. In dieser [X.] wird die jeweils nächste Stufe nach einem Jahr erreicht, die fünfte als höchste Stufe somit ab dem 49. Monat der Tätigkeit. [X.]ie Weiterbildung zum Facharzt dauert in den meisten Fachgebieten 60 Monate. [X.]abei werden gemäß § 4 Abs. 2 der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2003 [X.], die als Arzt im Praktikum abgeleistet worden sind und den Anforderungen der Weiterbildungsordnung genügen, auf die Weiterbildung angerechnet. Ausnahmen bestehen hinsichtlich der [X.] - soweit ersichtlich - lediglich in den Gebieten der Anatomie (Abschnitt [X.] 3. der [X.] 2003 idF vom 25. Juni 2010), [X.]iochemie (Abschnitt [X.] 6. Weiterbildungsordnung) sowie der Physiologie (Abschnitt [X.] 26. Weiterbildungsordnung), in denen jeweils eine Weiterbildungszeit von 48 Monaten vorgesehen i[X.] Längere Weiterbildungen als 60 Monate sind in den verschiedenen Facharztkompetenzen des chirurgischen Gebiets (Abschnitt [X.] 7. und [X.] 19. Weiterbildungsordnung), bei verschiedenen Facharztkompetenzen des Gebiets der Inneren Medizin (Abschnitt [X.] 13.2 bis 13.9 Weiterbildungsordnung) sowie schließlich in der Pathologie (Abschnitt [X.] 23. Weiterbildungsordnung) vorgesehen, in denen die Weiterbildungszeit jeweils 72 Monate dauert.

[X.]ei typisierender [X.]etrachtung erreicht der Assistenzarzt also in der Mehrzahl der Fälle einer Weiterbildung zum Facharzt den Facharztabschluss nach 60 Monaten, somit nach einem Jahr in der Stufe 5, und wird in die [X.] Ä 2 eingruppiert. Mit der jährlich steigenden Vergütung in der [X.] Ä 1 wird somit der Fortschritt im Weiterbildungsstand honoriert. [X.]ieser tritt jedoch unabhängig davon ein, ob er im aktuellen Arbeitsverhältnis erworben worden i[X.] [X.]as rechtfertigte es, die übergeleiteten Ärzte der [X.] Ä 1 entsprechend ihrem jeweiligen Weiterbildungsstand in das neue Stufensystem einzuordnen. [X.]er Kläger hat sich bei Inkrafttreten des [X.] nicht im ersten Weiterbildungsjahr, wie es in der von der [X.]eklagten vorgenommenen Zuordnung zur Stufe 1 der [X.] Ä 1 zum Ausdruck kommt, sondern im fünften Jahr seiner Weiterbildung befunden. [X.]arum überzeugt auch das Argument der [X.]eklagten nicht, bei der Einstellung könne der Arbeitgeber entscheiden, ob er einen Arbeitnehmer mit [X.]erufserfahrung einstelle, während ihm diese Entscheidung bei den von ihm „geerbten“ Arbeitnehmern nicht offenstehe. [X.]ie [X.]eklagte berücksichtigt dabei nicht, dass sie sich den zunehmenden Weiterbildungsstand und die sich darin abbildende größere [X.]erufserfahrung des übergeleiteten [X.] gerade zu Nutze gemacht hat.

c) Entgegen der Auffassung der [X.]eklagten lässt vorstehende Auslegung nicht den wirklichen Willen der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission der [X.] ([X.]) außer [X.]etracht.

aa) Hätte die [X.] die [X.]erücksichtigung von [X.]eschäftigungszeiten mit (einfacher) ärztlicher Tätigkeit in früheren Arbeitsverhältnissen bei der [X.] im Rahmen der Überleitung der Arbeitnehmer in den [X.] ausschließen oder zumindest einschränken wollen, hätte sie dies unmissverständlich regeln müssen, um so deutlich zu machen, dass und wie sie die beim aktuellen Arbeitgeber gewonnene [X.]erufserfahrung stärker oder ausschließlich honorieren bzw. die diesem erwiesene [X.]etriebstreue belohnen will. [X.]ies ist z[X.] in § 13 Teil A, Teil [X.] sowie Teil [X.] jeweils in den Absätzen 2 und 3 des [X.]AT-KF nF geschehen (vgl. zur Regelung in § 16 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 TV-L Senat 23. September 2010 - 6 [X.]/09 - [X.] 2011, 21).

bb) Soweit die [X.]eklagte in der Revisionsbegründung auf das Schreiben eines Mitglieds der [X.] vom 27. November 2008 verweist und rügt, das [X.] habe dieses Schreiben nicht hinreichend gewürdigt, hat sie im Unterschied zu dem vom Senat ebenfalls am 24. März 2011 entschiedenen Verfahren - 6 [X.] - in den Tatsacheninstanzen dieses Schreiben nicht zur Akte gereicht. Ohnehin lässt die Stellungnahme eines einzelnen Mitglieds der [X.] keinen Rückschluss auf den übereinstimmenden Willen dieses Gremiums zu. Zudem hätte ein derartiges Normverständnis in der Regelung des § 3 Abs. 2 [X.] keinen Niederschlag gefunden, weil darin, wie ausgeführt, nicht nur Zeiten ärztlicher Tätigkeit als Assistenzarzt beim selben Arbeitgeber geregelt worden sind.

cc) Weder im [X.] noch im [X.] finden sich Anhaltspunkte dafür, dass die [X.] übergeleitete Ärzte schlechter stellen wollte als solche, die nach Inkrafttreten des neuen Rechts eingestellt werden. [X.]afür ist auch schwerlich ein sachlicher Grund erkennbar. Vielmehr werden durch § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] die Grundsätze der Neueinstellung gerade auf die übergeleiteten Ärzte übertragen (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/Wiese TV-L Stand Oktober 2010 TVÜ-Ärzte Rn. 56 für den [X.] § 5 Satz 3 TVÜ-Ärzte Länder). Insoweit stellt § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] gerade den Gleichklang bei der [X.] von übergeleiteten und neu eingestellten Ärzten her.

d) Soweit die [X.]eklagte auf die beträchtlichen Mehrkosten, die durch vorstehende Auslegung für sie entstehen, hinweist, vermag diese wirtschaftliche [X.]etrachtungsweise § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] keinen anderen [X.]edeutungsinhalt zu geben.

2. [X.]ie Zeiten der [X.]eschäftigung des [X.] als Arzt in einem Krankenhaus (19 Monate) bzw. in einem klinischen Forschungsinstitut (vier Monate) waren ebenso wie seine ärztliche Tätigkeit in der klinischen Forschung (sechs Monate) Zeiten einschlägiger [X.]erufserfahrung und damit nach § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] iVm. § 15 Abs. 2 Satz 1 [X.] als förderliche Zeiten bei der [X.] zu berücksichtigen. [X.]ies gilt über die Fiktion des § 15 Abs. 2 Satz 1 [X.] auch für die 18,5 Monate betragende Zeit als Arzt im Praktikum. [X.]ie Förderlichkeit all dieser Zeiten stellt die [X.]eklagte nicht in Abrede. [X.]er Kläger stand somit unter [X.]erücksichtigung der achteinhalbmonatigen Tätigkeit für die [X.]eklagte bei seiner Überleitung im 53. Monat seiner ärztlichen Tätigkeit und war damit der Stufe 5 der [X.] Ä 1 [X.] zuzuordnen.

II. [X.]er Anspruch des [X.] ist nicht verfallen. Er hat mit seiner E-Mail vom 7. Mai 2008 deutlich gemacht, dass er die [X.]erücksichtigung seiner gesamten über fünfjährigen beruflichen Vortätigkeit begehrte. Grund und Inhalt des Anspruchs waren damit hinreichend deutlich bezeichnet. [X.]as [X.]egehren des [X.] konnte nur dahin verstanden werden, dass er der Stufe 5 der [X.] Ä 1 [X.] zugeordnet werden wollte. [X.]er [X.]eklagten wurde dadurch diejenige Kenntnis vermittelt, die erforderlich war, um sich mit der [X.]erechtigung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auseinandersetzen zu können. [X.]ie Geltendmachung durch E-Mail reichte für die von § 33 [X.] geforderte schriftliche Geltendmachung aus (vgl. für § 70 [X.]AT [X.]AG 7. Juli 2010 - 4 [X.] - Rn. 88 ff., [X.] Art. 9 Nr. 140 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 25).

[X.]. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. [X.]em Kläger waren die Kosten aufzuerlegen, soweit er die Klage teilweise zurückgenommen hat. Zur Ermittlung der Kostenquote war ein fiktiver, den gesamten Streitgegenstand abbildender Streitwert zu bilden. [X.]abei waren für jede Instanz bezogen auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung der von der Feststellungsklage umfasste, vergangenheitsbezogene Zeitraum einerseits und der zukunftsgerichtete Teil der Klage andererseits zu berücksichtigen (Senat 23. September 2010 - 6 [X.] - Rn. 26, [X.] 2011, 23).

        

    Fischermeier    

        

    [X.]rühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    M. Jostes    

        

    Sieberts    

                 

Meta

6 AZR 851/09

24.03.2011

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Duisburg, 5. März 2009, Az: 2 Ca 2539/08, Teilurteil

§ 3 Abs 2 S 2 TVÜ-Ärzte-KF, § 15 Abs 2 TV-Ärzte-KF, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.03.2011, Az. 6 AZR 851/09 (REWIS RS 2011, 8236)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8236

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Keine Anrechnung von Zeiten als Ärztin/Arzt im Praktikum (AiP) bei der Stufenzuordnung im TV-Ärzte/TdL


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18 Sa 437/09

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