Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2012, Az. V ZB 80/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5590

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 80/11

vom

14. Juni
2012

in der Zurückschiebungshaftsache

-
2 -
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 14. Juni
2012
durch den [X.] Prof.
Dr.
[X.], die
Richter
Dr. Lemke
und Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und die Richterinnen Dr.
[X.] und Weinland

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 10. März 2011 und der Beschluss der 1.
Zivilkammer des [X.] vom 17.
März 2011 ihn in seinen Rechten verletzt haben.
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der [X.] auferlegt.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000

Gründe:
I.
Der
Betroffene, ein [X.] Staatsangehöriger, reiste am 9. März 2011 mit einem Bus aus den [X.] kommend in das [X.] ein. In [X.] wurde er von Beamten der [X.] mit gefälschten, angeblich in [X.] ausgestellten Papieren
angetroffen und festgenommen.
Eine Eurodac-Abfrage anhand der Fingerabdrücke ergab, dass der [X.] am 4. März 2011 in [X.]/[X.] einen Asylantrag gestellt hatte und erken-nungsdienstlich behandelt worden war.
1
2
-
3 -
Auf Antrag der Beteiligten zu 2 hat das Amtsgericht am 10. März 2011 Haft bis längstens
zum 9. Juni 2011 zur Sicherung einer Zurückschiebung nach [X.] gemäß Art.
16 der Verordnung ([X.]) Nr.
343/2003 des Rates
vom 18. Februar 2003 ([X.] II-Verordnung)
angeordnet. Die Beschwerde des Betroffenen gegen die Haftanordnung hat das Landgericht mit Beschluss vom 17. März 2011 zurück-gewiesen. Der Betroffene ist später aus der Haft entlassen worden.
Mit der Rechtsbeschwerde
beantragt er die Feststellung, durch die Haftan-ordnung und deren Aufrechterhaltung in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

II.
Das Beschwerdegericht meint, dass die Haft zur Sicherung der Zurück-schiebung des Betroffenen nach [X.] zu Recht angeordnet worden sei, und ver-weist auf die die Gründe des angefochtenen Beschlusses, in dem das Amtsgericht den Haftgrund nach § 62 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG bejaht hat.

III.
Die Rechtsbeschwerde ist nach Erledigung der Hauptsache mit dem Fest-stellungsantrag analog § 62 FamFG
ohne Zulassung nach §
70 Abs.
3 Nr.
3

FamFG
statthaft (vgl. Senat, Beschluss vom 29. April 2010 -
V
ZB 218/09,

InfAuslR 2010, 359, 360), form-
und fristgerecht gemäß § 71 FamFG
eingelegt
und
hat auch in der Sache Erfolg.
1.
Der Betroffene ist bereits durch die Haftanordnung in seinen Rechten verletzt worden, weil die Haft zur Sicherung einer Zurückschiebung wegen Feh-lens eines den Begründungsanforderungen in § 417 Abs. 2 FamFG entsprechen-den [X.] nicht hätte angeordnet werden dürfen.
3
4
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7
-
4 -
a) Das Vorliegen eines zulässigen [X.] ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderun-gen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der [X.] Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlich-keit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§
417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3
bis 5 FamFG). Fehlt es daran, darf die bean-tragte [X.] nicht angeordnet werden (Senat, Beschluss vom 27. Okto-ber 2011 -
V
ZB 311/10, Rn. 12 mwN, juris; Beschluss vom 15. September 2011 -
V
ZB 123/11, Rn. 8 mwN, juris).
b) Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht einen Verstoß gegen §
417 Abs.
2 Satz 2 Nr. 5 FamFG. Danach hat die Begründung des [X.] die Tatsachen zur Durchführbarkeit der Abschiebung zu benennen.
aa) Dazu ist -
wenn sich aus dem Haftantrag oder den beigefügten Unterla-gen ergibt, dass gegen den Ausländer ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist
-
auszuführen, dass die zuständige Staatsanwaltschaft ihr Einvernehmen mit der Abschiebung des Ausländers gemäß §
72 Abs.
4 Satz
1 AufenthG erteilt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 3. Februar 2011 -
V [X.], [X.] 2011, 148, 149 Rn.
7). Ohne das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft darf die [X.] nicht angeordnet werden. Das Einvernehmen der [X.] ist auch dann erforderlich, wenn -
wie hier
-
der Ausländer nach uner-laubter Einreise zurückgeschoben werden soll (Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 -
V
ZB 202/10, [X.] 2011, 146 Rn. 13 ff.).
Das Fehlen entsprechender Ausführungen führt zur Unzulässigkeit des [X.] (vgl. nur Senat, [X.] vom 20.
Januar 2011

V
ZB 226/10, [X.]
2011, 144 Rn.
9; vom 3.
Februar 2011

V [X.], [X.]
2011, 148
ff. und vom 29.
September 2011

V
ZB 61/11, Rn.
5, juris

std. Rspr.).

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-
5 -
bb) Danach war der Haftantrag unzulässig. In der ihm beigefügten [X.] des Sachverhalts durch die Beteiligte zu 2 ist ausgeführt, dass diese gegen den Betroffenen ein Strafverfahren wegen des Verdachts der unerlaubten Einreise und der Urkundenfälschung eingeleitet hatte. Danach hätte der Haftantrag eine Erklärung zum Einvernehmen der Staatsanwaltschaft enthalten müssen, woran es jedoch fehlte.
Eine Heilung dieses Mangels ist nicht erfolgt.
2. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird nach §
74 Abs.
7 FamFG abgesehen.

IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
81 Abs.
1, §
83 Abs.
2, §
430 FamFG, §
128c Abs. 3 Satz 2 KostO. Unter Berücksichtigung der Regelung in Art.
5 EMRK
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-
6 -
entspricht es billigem Ermessen, die [X.] zur Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen zu verpflichten.

[X.]

Lemke

Schmidt-Räntsch

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
[X.] ([X.]), Entscheidung vom 10.03.2011 -
2a XIV 3336B -

LG Aurich, Entscheidung vom 17.03.2011 -
1 [X.] -

Meta

V ZB 80/11

14.06.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2012, Az. V ZB 80/11 (REWIS RS 2012, 5590)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5590

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