Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2005, Az. IV ZR 44/04

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5430

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL IV ZR 44/04

Verkündet am:

19. Januar 2005

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

- 2 -

[X.] hat durch den [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2005
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 30. Januar 2004 aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 4. Juni 2002 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten eine höhere Zusatzrente.

Er ist 1940 geboren und war wegen seiner Tätigkeit im öffentlichen Dienst bei der beklagten Versorgungsanstalt versichert. Seit 1. Juli 2001 bezieht der Kläger eine monatliche Zusatzversorgungsrente von der [X.]. Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa der [X.] (im folgenden: [X.]) in der für die Berechnung der Rentenhöhe des Klägers bis zum 31. Dezember 2000 maßgebenden Fassung [X.] -

sichtigte die Beklagte für den Faktor der gesamtversorgungsfähigen [X.], von dem die Höhe ihrer Zusatzrente abhängt, außer den [X.], in denen ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mit Umlagezah-lungen an die Beklagte für die Altersversorgung des bei ihm [X.] beigetragen hat, darüber hinaus andere [X.]en, die (über die Umlagemonate hinaus) der gesetzlichen Rente des Klägers zugrunde liegen, nur zur Hälfte (sog. Halbanrechnungsgrundsatz). [X.] hat die Beklagte von den 479 Monaten, die der Kläger in der [X.] zurückgelegt hat, zunächst die 296 Mo-nate abgezogen, in denen sein Arbeitgeber Umlagen an die [X.] hat; aus der Hälfte der verbleibenden 183 Monate sowie den 296 Umlagemonaten setzt sich danach die gesamtversorgungsfähige [X.] von 387,5 Monaten zusammen.

Andererseits war nach der seinerzeit geltenden Satzung bei der Berechnung der Versorgungsrente grundsätzlich von der vollen Höhe der an den Kläger gezahlten gesetzlichen Rente auszugehen; diese wurde durch die von der Beklagten gewährte Zusatzversorgung lediglich inso-weit aufgestockt, wie die gesetzliche Rente hinter der nach der Satzung berechneten Gesamtversorgung zurückblieb (§ 40 Abs. 1 [X.] a.F.). Das [X.] hat in dieser vollen Berücksichtigung der gesetzlichen Rente trotz einer nur hälftigen Anrechnung von [X.] einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gesehen, der nur bis zum Ablauf des Jahres 2000 hingenommen werden könne ([X.], 835 = NJW 2000, 3341).

Der Kläger hat daher beantragt festzustellen, daß die Beklagte ver-pflichtet sei, ihm ab 1. Juli 2001 eine Versorgungsrente auf der [X.] 4 -

Grundlage einer gesamtversorgungsfähigen [X.] von 479 Monaten zu gewähren, bis eine neue, die Regelung der Vordienstzeiten ändernde Satzung in [X.] trete.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.

1. Das Berufungsgericht stützt sich auf die zitierte Entscheidung des [X.]s und hält deshalb die in § 42 Abs. 2 [X.] a.F. vorgesehene Halbanrechnung als eine der richterlichen In-haltskontrolle unterliegende Bestimmung im Rahmen Allgemeiner Ge-schäftsbedingungen gemäß §§ 242 BGB, 9 [X.] für unwirksam. Das gelte auch für die neue, mit Wirkung ab 1. Januar 2001 in [X.] getretene Satzung der Beklagten vom 19. September 2002 (BAnz 2003 Nr. 1), so-weit dort für Personen, die bis zum 1. Januar 2002 eine Zusatzversor-gungsrente erhalten, keine Neuregelung bezüglich der Vordienstzeiten getroffen worden sei (vgl. §§ 75-77 [X.] n.F.). Deshalb sei die Beklagte aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung verpflichtet, die [X.] bei der Berechnung der gesamtversorgungsfähigen [X.] in vollem Umfang zu berücksichtigen, solange die Beklagte auch die vollen Ansprüche aus der gesetzlichen Rente auf die zu zahlende Versorgungs-rente anrechne.
- 5 -

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Das [X.] hat in seinem Beschluß vom 22. März 2000, auf den sich der Kläger stützt, die Verfassungsbeschwer-de einer 1921 geborenen Rentnerin, die seit Anfang 1983 Leistungen von der Beklagten erhielt und im Ausgangsverfahren erfolglos deren Er-höhung wegen Unwirksamkeit von Satzungsbestimmungen verlangt [X.], nicht zur Entscheidung angenommen. Soweit sich die Beschwerde-führerin gegen die volle Berücksichtigung ihrer Sozialversicherungsrente bei der Bestimmung der Höhe der Zusatzversorgung einerseits, aber die nur halbe Berücksichtigung von [X.]en vor Aufnahme ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst andererseits gewandt hatte, hat das Bundesverfas-sungsgericht die Regelung in § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppel-buchst. aa [X.] a.F. zwar im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG beanstandet, eine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin aber "(noch) nicht" festgestellt. Die Ungleichbehandlung sei zwar gravierend, halte sich derzeit jedoch noch im Rahmen einer zulässigen Generalisierung. Der [X.] sei wegen der hochkomplizierten Materie zu gewis-sen Vereinfachungen gezwungen. Dabei dürfe er Ungleichbehandlungen in Kauf nehmen, solange davon nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen sei. Das treffe auf die Rentnergeneration der Be-schwerdeführerin zu, wie das [X.] feststellt.

Für die jüngeren Versichertengenerationen sei ein bruchloser Ver-lauf der Erwerbsbiographie im öffentlichen Dienst angesichts stark [X.] Teilzeitarbeit und einer stärkeren Diskontinuität des [X.] allerdings nicht mehr in hinreichender Weise typisch. Angesichts dieser Entwicklung könne die Benachteiligung der Rentner durch volle - 6 -

Anrechnung der in Vordienstzeiten erworbenen Rentenansprüche bei nur hälftiger Berücksichtigung dieses Teils ihrer Lebensarbeitszeit im Rah-men der Berechnung der gesamtversorgungsfähigen Dienstzeit nicht länger als bis zum Ablauf des Jahres 2000 hingenommen werden. Zu diesem [X.]punkt sei die Beklagte durch die Entscheidung [X.] 98, 365 = [X.], 600 ohnehin zu einer grundlegenden Änderung ihrer Satzung gezwungen.

Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 26. November 2003 ([X.]/02 - [X.], 183) entschieden hat, folgt er dem Bundesver-fassungsgericht darin, daß die Anwendung des § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa [X.] a.F. bei der Berechnung der Versor-gungsrente für solche Versicherte, die bis zum 31. Dezember 2000 ver-sorgungsrentenberechtigt geworden sind, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Damit liegt auch kein Verstoß gegen §§ 9 [X.], 307 BGB vor. Denn mit dem [X.] ist der Senat der Auffassung, daß - ist mit der Halbanrechnung eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Versicherten verbunden, die ihr ganzes Berufsleben im öf-fentlichen Dienst verbracht haben - sich die Ungleichbehandlung [X.] im Rahmen einer zulässigen Typisierung und Generalisierung einer komplizierten, eine sehr große Gruppe von Versicherten betreffenden Materie hielt. Diese Ungleichbehandlung hat ein Versicherter, der bis zum Ablauf des Jahres 2000 [X.] geworden ist, nicht zuletzt auch im Interesse der Erhaltung der finanziellen [X.] hinzunehmen, selbst wenn für die Zukunft eine andere, die Ungleichbehandlung für zukünftige Rentenempfänger vermeidende Regelung zu treffen ist.
- 7 -

b) Bei dem Kläger des vorliegenden Verfahrens ist der [X.], der seinen Anspruch auf eine von der Beklagten zu [X.] begründet hat, jedoch erst nach diesem Stichtag einge-treten. Er gehört also zu einer Rentnergeneration, für die die vom [X.] beanstandete Grundrechtsverletzung nicht mehr eine nur verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betrifft, sondern in ih-ren Auswirkungen nicht länger hingenommen werden kann. Ob den Er-wägungen des [X.]s zur Ungleichbehandlung der von der Halbanrechnung betroffenen Versichertengruppe trotz der Kritik der Beklagten in jedem Punkt zu folgen ist (vgl. auch Hebler, [X.], 337 ff.; [X.], [X.], 1226, 1230 ff.), kann der Senat jedoch auch in Fällen der hier vorliegenden Art weiterhin offen lassen. Denn die Beklagte hat ihre Satzung am 19. September 2002 mit Wirkung ab 1. Januar 2001 grundlegend geändert (§ 86 [X.] n.F.). Das bisherige Gesamtversorgungssystem ist mit Ablauf des 31. Dezember 2000 [X.] worden, wie es bereits in Satz 2 der Präambel des [X.] Altersversorgung vom 1. März 2002 ([X.]. 2002, 371 ff.) vorgese-hen war. Nach der Neuregelung kommt es auf Vordienstzeiten überhaupt nicht mehr an; vielmehr wird eine Betriebsrente auf der Grundlage von [X.] gezahlt, für die das zusatzversorgungspflichtige Entgelt, eine [X.] Komponente und Bonuspunkte maßgebend sind (§§ 35 ff. [X.] n.F.). Diese Betriebsrente wird vom [X.] an jährlich um 1% erhöht (§ 39 [X.] n.F.). Mithin ist den Anforderungen des [X.]s jedenfalls ausreichend Rechnung getragen (vgl. Senatsurteil vom 26. November 2003 - [X.]/02 - [X.], 183 unter 2 e; Senatsurteil vom 14. Januar 2004 - [X.]/03 - [X.], 453 unter [X.]; Senatsurteil vom 11. Februar 2004 - [X.] - [X.], 499 unter 3). - 8 -

c) Damit ist die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes der Höhe nach generell auf ein niedrigeres Niveau abgesenkt worden, das aber den an die Beklagte geleisteten Umlagen der an ihr beteiligten Ar-beitgeber entspricht. Allein dadurch wird Art. 14 Abs. 1 GG nicht verletzt. Zum [X.] eines Rentenanspruchs oder einer [X.] gehört weder eine bestimmte Leistungshöhe oder -art noch eine bestimmte Festsetzung des Leistungsbeginns; nur die auf Beitragsleistungen gründenden Elemente oder Faktoren der Anspruchs-konstituierung sind in den Eigentumsschutz einbezogen (Senatsurteil vom 14. Januar 2004 aaO unter [X.]). Daß die neue Satzung der Beklagten mit ihrem niedrigeren Rentenniveau in diesen geschützten Kernbereich eingegriffen hätte, hat der Kläger nicht dargelegt und ist nicht ersichtlich.

Nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Satzung [X.] führten demgegenüber zu höheren Leistungen der Beklag-ten. Mit Rücksicht darauf ist in § 75 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 der neuen [X.] vorgesehen, daß die sich bis zum 31. Dezember 2001 ergebenden Versorgungsrenten grundsätzlich noch nach der alten Satzung zu [X.] und als Besitzstandsrenten weiterzuzahlen sind, die entspre-chend § 39 [X.] n.F. dynamisiert werden. Dazu heißt es in einer dem Tarifvertrag vom 1. März 2002 beigefügten Anlage 1 zum Altersvorsor-geplan 2001 ([X.]. 2002, 387) sinngemäß, für das [X.] sei aus verwaltungstechnischen Gründen eine Einführungsphase für das neue System vorgesehen, in der sich die Anwartschaften technisch nach den Berechnungsmethoden des alten Systems fortentwickeln; diese Rege-- 9 -

lung liege noch in der [X.] der Tarifvertragsparteien, weil sie eine für die Betroffenen günstige Übergangsregelung schaffe.

Diese Übergangsregelung hält nicht etwa das alte System noch für das [X.] aufrecht. Vielmehr ist die vom [X.] gerügte Ungleichbehandlung durch die Neuregelung mit Wirkung ab 1. Januar 2001 entfallen. Dem Kläger und anderen Versicherten, die im Laufe des Jahres 2001 (oder am 1. Januar 2002) rentenberechtigt ge-worden sind, hat die Beklagte lediglich im Rahmen einer (gemäß §§ 75-77 [X.] n.F.) zeitlich begrenzten Übergangsregelung die Vorteile belas-sen, die sich für diesen Personenkreis aus dem am 31. Dezember 2000 geschlossenen Gesamtversorgungssystem im Vergleich zur der seit 1. Januar 2001 geltenden Neuregelung ergaben, und diese Rentenbe-rechtigten zusätzlich an der neu eingeführten Dynamisierung beteiligt. Die Tarifvertragsparteien haben auch nicht, wie der Kläger im Hinblick auf den letzten Absatz der dem Tarifvertrag vom 1. März 2002 beigefüg-ten Anlage 1 zum [X.] meint, die Grundsatzfrage, ob [X.] zur Hälfte oder ganz in die gesamtversorgungsfähige [X.] einzurechnen sind, für die [X.] nach dem 31. Dezember 2000 einer Ent-scheidung durch ein [X.] überlassen, sondern diese Frage wie dargestellt auch für die Übergangszeit bis zur Anwendung der neuen Satzung selbst geregelt.

d) Diese Übergangsregelung ist auch für die Rente maßgebend, die der Kläger bezieht. Damit wird der Kläger gegenüber Versicherten, deren Rente sich nach der ab 1. Januar 2001 geltenden Neufassung der [X.] richtet, nicht in rechtlich erheblicher Weise benachteiligt. Daß der Kläger trotz der dynamisierten Besitzstandsrente, die er nach § 75 - 10 -

Abs. 2 [X.] n.F. zu beanspruchen hat, wirtschaftlich im Ergebnis schlechter stehe als Berechtigte, deren Rente nach neuem Satzungs-recht ohne Rücksicht auf Vordienstzeiten berechnet wird, ist von ihm weder dargetan noch ersichtlich. Im Hinblick darauf
stehen Rentenemp-fängern wie dem Kläger über die Wahrung ihres Besitzstandes hinaus keine weitergehenden Ansprüche aus Gründen der Gleichbehandlung zu.

[X.] [X.] [X.]

[X.]

[X.]

Meta

IV ZR 44/04

19.01.2005

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2005, Az. IV ZR 44/04 (REWIS RS 2005, 5430)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5430

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