Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2004, Az. IX ZR 158/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1451

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 158/03
Verkündet am: 28. September 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2004 durch [X.] [X.], die [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 18. Juni 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Rückzahlungsanspruch aus Insolvenzanfechtung geltend. Die [X.] (fortan: Schuldnerin) [X.] sich Ende 1998 in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Mit [X.] vom 28. April 1999 wandte sich die Schuldnerin an insgesamt 101 Gläubiger, darunter auch die Beklagte. In dem Schreiben hieß es, die Schuldnerin sei "durch erhebliche [X.] sowie durch den Preis-verfall der Baustoffe, der Transportleistungen und der erheblich gestiegenen Lohnnebenkosten unverschuldet in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. [...] Die erheblichen Forderungsausfälle und die, die bis Mitte 1999 noch zu erwar-- 3 - ten sind, konnten bzw. können wir nicht kurzfristig verkraften. [...] Obwohl eine vollständige Zahlung der Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung nicht möglich ist, freuen wir uns, Ihnen eine dreißigprozentige Ablösung der [X.] Hauptforderungen anbieten zu können. Um aber die Liquiditätssituation des Unternehmens nicht zu gefährden, erlauben Sie uns, die Zahlungsquote von 30 % der Hauptforderung in Raten [...] zu begleichen. [...] Sollten allerdings nicht alle Gläubiger den vorgeschlagenen Maßnahmen zustimmen und auf ei-nen Teil ihrer Forderungen verzichten, ist ein Insolvenzverfahren zu erwarten. Ein hundertprozentiger Forderungsausfall der einzelnen Gläubiger ist in [X.] zu befürchten."

Unter dem 11. Mai 1999 übersandte die Schuldnerin den einzelnen Gläubigern einschließlich der Beklagten eine "Vereinbarung über einen Forde-rungsverzicht", in der jeweils die bestehenden Hauptforderungen gegenüber der Schuldnerin sowie die Höhe des [X.] angegeben war. Am 28. Oktober 1999 unterzeichnete die Beklagte die Vereinbarung, wonach sich die Schuldnerin dazu verpflichtet, einen Betrag in Höhe von 8.000 DM an die Beklagte zu bezahlen. Am gleichen Tag stellte die Schuldnerin einen entspre-chenden Verrechnungsscheck aus, der von der Beklagten eingelöst wurde. Auf einen am 14. Februar 2000 eingegangenen Antrag hin eröffnete das Amtsge-richt [X.] am 4. April 2000 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.

Mit einem am 2. April 2002 beim [X.] eingegan-gen Schriftsatz beantragte der Kläger, ein gemeinsames Gericht für eine Klage gegen 68 Gläubiger der Schuldnerin - darunter die Beklagte - zu bestimmen, von denen der Kläger Beträge im Wege der Insolvenzanfechtung zurückforder-- 4 - te. Das [X.] wies den Antrag mit Beschluß vom 6. Mai 2002 [X.], weil weder die Voraussetzungen für eine notwendige noch für eine einfa-che Streitgenossenschaft vorlägen. Der Beschluß ging dem Kläger am 16. Mai 2002 zu. Gegenüber der vom Kläger am 14. August 2002 eingereichten und der Beklagten am 20. August 2002 zugestellten Klage beruft sich die Beklagte auf Verjährung und bestreitet die Anfechtungsvoraussetzungen.

Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des [X.] ist begründet.

[X.]

Das Berufungsgericht hat angenommen, der [X.] sei gemäß § 146 [X.] verjährt. Der Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung beim [X.] habe die Verjährung nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB hemmen können. Denn das [X.] habe keine Sach-entscheidung getroffen, sondern eine Gerichtsstandsbestimmung abgelehnt, weil die Antragsgegner seiner Ansicht nach keine Streitgenossen sein konnten. Der [X.] sei deshalb auch materiell wirkungslos. Nach dem Wortlaut des § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB hemme ein Zuständigkeitsbestim-mungsantrag die Verjährung nur, wenn das angerufene Gericht "das zuständi-- 5 - ge Gericht zu bestimmen habe". Zwar sei die Entscheidung des Gerichts in den Fällen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht immer sicher vorhersehbar, doch habe der Gesetzgeber dieses Risiko verjährungsrechtlich dem Gläubiger zugewie-sen.

I[X.]

Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Der [X.] ist nicht verjährt. Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht das seit 1. Januar 2002 geltende Verjährungsrecht angewendet (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB), dabei jedoch § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB zu eng ausgelegt. Der Gerichtsstandsbestimmungsantrag hemmt nach dieser Vor-schrift die Verjährung auch dann, wenn er erfolglos bleibt. Zur näheren Be-gründung verweist der Senat auf sein heute verkündetes [X.]eil in der Sache [X.] ZR 155/03, z.[X.]. in [X.].

Die Verjährungsfrist des § 146 [X.] lief am 4. April 2002 ab. Der am 2. April 2002 eingegangene Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung war daher noch rechtzeitig. Die am 14. August 2002 eingereichte und demnächst zuge-stellte Klage (§ 167 ZPO) wahrte die Drei-Monats-Frist des § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB, weil der Beschluß des [X.]s Dresden dem Kläger erst am 16. Mai 2002 zugegangen ist.

II[X.] - 6 -

[X.] ist noch nicht zur Endentscheidung reif, weil der Sach-verhalt noch aufzuklären ist (§ 563 Abs. 1 ZPO). Für die neue Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin:

Eine Anfechtung kommt nur nach § 133 Abs. 1 [X.] in Betracht. Die Zahlung am 28. Oktober 1999 war kongruent, weil die Beklagte zu diesem [X.]-punkt auch nach dem geschlossenen Vergleich einen fälligen und [X.] Anspruch in einer der Zahlung entsprechenden Höhe hatte. Die Verknüp-fung der Zahlung mit einem vergleichsweisen Forderungsverzicht zugunsten der Schuldnerin ändert daran nichts. Die Schuldnerin hätte mit Gläubigerbe-nachteiligungsvorsatz gehandelt, wenn sie wenigstens mittelbar auch die [X.] bezweckt hätte. Bei einer kongruenten Leistung kommt dies in Betracht, wenn die Schuldnerin mit der Befriedigung gerade die-ses Gläubigers Vorteile für sich erlangen oder Nachteile von sich abwenden will ([X.], [X.]. v. 17. Juli 2003 - [X.] ZR 272/02, [X.], 1799, 1800). Dies wäre etwa der Fall bei einem massiven Druck durch die Beklagte. Hierzu wird das Berufungsgericht gegebenenfalls die Hintergründe des [X.] am 28. Oktober 1999 und der Zahlung aufklären müssen. Der ur-sprünglich verfolgte [X.] schließt einen [X.] der Schuldnerin nicht mehr aus, wenn er zu diesem [X.]punkt bereits uner-reichbar geworden war (vgl. [X.], [X.]. v. 19. Dezember 2002 - [X.] ZR 377/99, [X.], 488, 494; siehe außerdem noch [X.], [X.]. v. 12. November 1992 - [X.] ZR 236/91, [X.], 276, 279 f). Der [X.] kann sich hier jedoch nur dann ergeben, wenn die Beklagte gerade durch Abschluß und Erfül-lung des Sanierungsvergleichs mit der Schuldnerin bessergestellt worden ist - 7 - als die Gesamtheit der Gläubiger, diese also nur eine geringere Befriedigungs-aussicht hatten, als sie der Vergleichsquote entsprach.

Weiterhin setzt die Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 [X.] voraus, daß "der andere Teil", hier also die Beklagte, zur [X.] der Handlung den [X.] der Schuldnerin kannte. Die Beklagte muß mithin gewußt haben, daß die Zahlung am 28. Oktober 1999 die übrigen Gläubiger der Schuldnerin benach-teiligte und daß die Schuldnerin dies wollte. Hierbei wird das Berufungsgericht neben dem Schreiben vom 28. April 1999 zu berücksichtigen und zu klären haben, ob die Beklagte Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit und einer etwaigen Besserstellung gegenüber den anderen Gläubigern im [X.]-punkt der angefochtenen Rechtshandlung hatte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

[X.]

Raebel

[X.]

[X.]

[X.]

Meta

IX ZR 158/03

28.09.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2004, Az. IX ZR 158/03 (REWIS RS 2004, 1451)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1451

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