Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.04.2019, Az. 7 W (pat) 22/18

7. Senat | REWIS RS 2019, 7921

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Beiordnung eines Anwalts zur Beratung im Erteilungsverfahren" – zur Zulässigkeit der Anhörungsrüge – zur Anhörungsrüge bei fehlender Beiordnung eines Anwalts nur zur Beratung im patentamtlichen Erteilungsverfahren – zum Grundsatz des rechtlichen Gehörs – nicht explizite Einbeziehung einer vom Anmelder angeführten Rechtsauffassung eines Amtsgerichts


Tenor

In der Beschwerdesache

 

betreffend die Patentanmeldung ...

wegen Beiordnung eines Anwalts zur Beratung im Erteilungsverfahren

hier: Anhörungsrüge, Antrag auf Beschlussergänzung und Gegenvorstellung

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des [X.] am 23. April 2019 durch [X.], die Richterin [X.] und die Richterin [X.]

beschlossen:

Die Anhörungsrüge des Anmelders gegen den Beschluss des Senats vom 28. Februar 2019 und der Antrag, diesen Beschluss um die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu ergänzen, sowie die Gegenvorstellung gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in diesem Beschluss werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Anmelder reichte am 2. Dezember 2014 beim [X.] ([X.]) eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung „..." ein, stellte zugleich den [X.] und beantragte Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren. Beim Patentamt wird die Anmeldung unter dem Aktenzeichen ... geführt.

2

Mit patentamtlichem Beschluss vom 27. Oktober 2015 wurde dem Anmelder Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt. Mit Eingabe vom 16. April 2016 beantragte er die „Verpflichtung eines Patentanwalts nach § 49a Abs. 1 [X.] für die Beratung zu § 40 [X.]“ und legte dar, dass er bereits bei zwei Patentanwaltskanzleien erfolglos um eine Beratung nachgesucht habe. Daraufhin teilte das Patentamt mit Bescheid vom 4. Mai 2016 mit, dass diesem Antrag nicht entsprochen werden könne, weil eine Beiordnung zur Beratung in § 133 [X.] nicht vorgesehen sei. Das Patentamt forderte den Anmelder auf mitzuteilen, ob die Beiordnung eines Vertreters im Sinne dieser Vorschrift beantragt werde. Mit Eingabe vom 7. Juni 2016 erwiderte der Anmelder, dass er zunächst eine Beratung zu [X.] benötige, um abschätzen zu können, wie notwendig eine patentanwaltliche Vertretung sei. Im [X.] an einen weiteren Schriftwechsel traf die [X.] des [X.]s mit einem vom 25. Mai 2018 datierenden (am 29. Mai 2018 elektronisch signierten) Beschluss folgende Entscheidung: „Der Antrag auf Beiordnung eines Vertreters wird zurückgewiesen“. Zur Begründung ist in dem Beschluss ausgeführt, dass die Beiordnung eines Beraters im Gesetz nicht vorgesehen sei, und dass der Anmelder einen Antrag auf Beiordnung eines Vertreters ausdrücklich nicht gestellt habe.

3

Gegen diesen Beschluss hat sich der Anmelder mit seiner Beschwerde gewandt und sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ihm einen Anwalt nur zur Beratung beizuordnen. Sein Begehren hat er mit einer seiner Ansicht nach bestehenden Regelungslücke begründet. Die Beiordnung eines Anwalts nur zur Beratung an Stelle der in § 133 [X.] vorgesehenen - umfassenden - Beiordnung eines Vertreters für das Erteilungsverfahren erstrebe er unter Kostengesichtspunkten.

4

Durch Beschluss vom 28. Februar 2019 hat der Senat die Beschwerde des Anmelders gegen den patentamtlichen Beschluss zurückgewiesen: Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 133 [X.] könne ein Patent- oder Rechtsanwalt ausschließlich als Vertreter – und nicht lediglich zur Beratung – beigeordnet werden. Auch in § 121 Abs. 2 ZPO sei die Beiordnung eines Rechtsanwalts nur zum Zwecke der Beratung nicht vorgesehen. Eine gesetzliche Grundlage für das Begehren des Anmelders ergebe sich auch nicht aus anderen Rechtsnormen, insbesondere nicht aus dem Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz - [X.]). Denn Beratungshilfe nach diesem Gesetz ende dort, wo die Verfahrenskostenhilfe beginnt oder beginnen könnte. Der [X.] des § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 [X.] entsprechend könne sie nur gewährt werden, wenn und soweit dem Rechtsuchenden keine andere Möglichkeit für eine Hilfe zur Verfügung stehe, deren Inanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten sei; Beratungshilfe könne daher nicht mehr erfolgreich beantragt werden, sobald, wie hier bereits geschehen, ein [X.] gestellt worden sei.

5

Gegen den am 7. März 2019 zugestellten Senatsbeschluss richtet sich der Anmelder mit einer am 21. März 2019 eingelegten Anhörungsrüge und beantragt,

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den Beschluss vom 28. Februar 2019 um eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu ergänzen;

7

sicherheitshalber werde auch Gegenvorstellung gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde eingelegt.

8

Zur Begründung der Anhörungsrüge verweist der Anmelder darauf, dass er im patentamtlichen Verfahren unter Ziffer 1 seines Schreibens vom 7. Juni 2016 vorgetragen habe, dass eine zivilrechtliche Beratung unter Prozesskostenhilfe möglich sei und ihn im Verfahren vor dem [X.], [X.]. ... [X.] ..., ein Rechtsanwalt unter Prozesskostenhilfe beraten habe; dieser sei nach [X.] Nr. 3101 honoriert worden. Mit seiner Beschwerdebegründung vom 6. August 2018 habe er sich diesen Vortrag auch im hiesigen Beschwerdeverfahren zu Eigen gemacht. Hätte der [X.] gelesen, hätte er erkannt, dass die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe einer [X.] nicht entgegenstehe, da Beratung nicht nur unter Beratungshilfe, sondern auch unter Prozesskostenhilfe, mithin auch unter Verfahrenskostenhilfe erfolgen könne. Das Beschwerdeverfahren sei daher in den Stand vor der Gehörsverletzung zurückzuversetzen und unter Berücksichtigung von Ziffer 1 des Schreibens vom 7. Juni 2016 neu zu entscheiden.

9

Die Rechtsfrage hinsichtlich der Möglichkeit einer verpflichtenden Beiordnung zur Beratung (hier unter Verfahrenskostenhilfe) habe grundsätzliche verfahrensrechtliche Bedeutung, weshalb eine Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 100 Abs. 2 Nr. 1 [X.] das Verfahren dem gesetzlichen Richter entzöge, mithin Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletze. Nach [X.], § 321 Rdn. 5 könne die Ergänzung des Beschlusses um eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt werden.

Gemäß [X.], 2529 könne zudem auf Gegenvorstellung hin eine Rechtsbeschwerdezulassungsentscheidung abgeändert werden.

II.

Die gegen den Senatsbeschluss vom 28. Februar 2019 erhobene Anhörungsrüge ist nicht begründet; ebenso sind die weiteren Anträge zurückzuweisen.

1. Die mit Schreiben vom 21. März 2019 erhobene Anhörungsrüge ist zwar gemäß § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 321a ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber nicht begründet.

a) Das Gesetz sieht eine Anhörungsrüge nur vor, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die angegriffene Entscheidung nicht gegeben ist (§ 321a Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ein solcher Fall liegt hier vor. Die bei Beschwerdeentscheidungen im Fall von Verstößen gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs eröffnete Möglichkeit zur zulassungsfreien Rechtsbeschwerde zum [X.] nach § 100 Abs. 3 Nr. 3 [X.] gibt es im Bereich der Verfahrenskostenhilfe nicht; gemäß § 135 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] ist bei den nach §§ 130 bis 133 [X.] ergehenden, anfechtbaren Beschlüssen der [X.], mit denen die Verfahrenskostenhilfe oder die Beiordnung eines Vertreters verweigert wird, die Rechtsbeschwerde generell ausgeschlossen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 135 Rdn. 20; Busse/Keukenschrijver, [X.], 8. Aufl., § 135 Rdn. 32). Bei dem vorliegenden Begehren handelt es sich zwar nicht um einen regelgerechten Antrag nach § 133 [X.], da die Beiordnung eines Vertreters nicht zur Übernahme der Vertretung gewünscht wird, sondern nur zur Übernahme einer Beratung, was in § 133 [X.] nicht vorgesehen ist. Gleichwohl soll diese Beiordnung zur Beratung im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe erfolgen, so dass auch dieser Fall in den Anwendungsbereich des § 135 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] fällt. Der Anmelder hat mit seiner Anhörungsrüge auch die zweiwöchige Frist des § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO eingehalten.

b) Die Anhörungsrüge ist jedoch unbegründet. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (z. B. [X.], 996, [X.]. 10 - Angussvorrichtung für Spritzgießwerkzeuge; [X.], 314, [X.]. 10 - [X.]; [X.], a. a. [X.], Einleitung Rdn. 293 ff., jeweils m. w. N.).

Die Rüge des Anmelders, in der angegriffenen Senatsentscheidung sei sein Vorbringen übergangen worden, wonach ihm das [X.] in einem Verfahren einen Anwalt im Rahmen der Prozesskostenhilfe nur zur Beratung beigeordnet habe, vermag eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht zu begründen. Richtig ist, dass der Senat in seiner Entscheidung nicht ausdrücklich auf das Verfahren vor dem [X.] eingegangen ist und es unerwähnt gelassen hat. Das bedeutet aber nicht, dass der Senat diesen Vortrag nicht berücksichtigt hat. Denn ein Gericht ist nicht gehalten, auf jeden Vortrag eines unterlegenen Beteiligten im Einzelnen einzugehen. Von der Versagung des rechtlichen Gehörs ist erst auszugehen, wenn das Gericht auf [X.] des Vortrags zu einer entscheidungserheblichen Frage nicht eingeht (vgl. [X.], [X.]. 15 - [X.]). Hiervon kann keine Rede sein. Denn der Senat hat die Argumente des Anmelders zum Vorliegen einer Regelungslücke erwogen und abgelehnt und hierbei der Sache nach auch die Rechtsauffassung des [X.] - wenn auch nicht explizit - in seine Erwägungen miteinbezogen.

2. Nach § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 321 Abs. 1 ZPO kann die Ergänzung eines patentgerichtlichen Beschlusses verlangt werden, wenn auf Grundlage des ursprünglich festgestellten oder nachträglich gemäß § 96 [X.] berichtigten Tatbestands des betreffenden Beschlusses ein von der [X.] geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch ganz oder teilweise übergangen wurde. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

a) Nach gefestigter Rechtsprechung scheidet eine Beschluss-Ergänzung aus, soweit es sich um die Zulassung der Rechtsbeschwerde handelt (vgl. [X.], a. a. [X.], § 95 Rdn. 10; Busse/Keukenschrijver, a. a. [X.], § 94 Rdn. 17, jeweils m. w. N). Es ist anerkannt, dass die Rechtsbeschwerde nur ausdrücklich zugelassen werden kann, sei es im Tenor, sei es in den Gründen. Fehlt es daran, ist sie nicht zugelassen. Die nachträgliche Zulassung würde sich daher nicht als Ergänzung einer unvollständigen Entscheidung, sondern als unzulässige Abänderung des erlassenen Beschlusses darstellen (vgl. B[X.]E 2, 200; B[X.]E 22, 45, 46; B[X.]E 50, 16, 17; zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO ebenso [X.], 779; NJW 2004, 2529 sowie [X.], ZPO, 32. Aufl., § 321 Rdn. 6).

b) Soweit in der Kommentarliteratur ([X.], a. a. [X.], § 321 Rdn. 6) eine fehlende Rechtsmittelzulassung für korrigierbar gehalten wird, gilt dies nur unter den Voraussetzungen einer offenbaren Unrichtigkeit gemäß § 319 ZPO. Abgesehen davon, dass keinerlei Anhaltspunkte in dieser Richtung vorliegen, kommt eine (nachträgliche) Zulassung der Rechtsbeschwerde hier schon deshalb nicht in Betracht, weil in [X.], wie schon unter 1.a) ausgeführt worden ist, die Rechtsbeschwerde generell ausgeschlossen ist, § 135 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]. Eine nicht rechtsbeschwerdefähige Entscheidung kann grundsätzlich nicht im Wege der Zulassung der Rechtsbeschwerde zugänglich gemacht werden; denn auch eine zugelassene Rechtsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nach dem Gesetz nicht statthaft ist (vgl. [X.], 1053, [X.]. 5 - [X.]; [X.], a. a. [X.], § 100 Rdn. 24). Insoweit fehlt einem Begehren auf nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde schon das Rechtsschutzbedürfnis.

3. Soweit der Anmelder auf höchstrichterliche Rechtsprechung verweist, wonach im Wege der Gegenvorstellung ([X.], 2529: in analoger Anwendung des § 321a ZPO) die nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde für zulässig erachtet wird, scheidet dies hier aus den unter 2.b) genannten Gründen ebenfalls aus. Die genannte Rechtsprechung setzt nämlich eine willkürliche Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde voraus, die Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers verletzt ([X.]). Ein solcher Fall ist vorliegend, nachdem die Rechtsbeschwerde grundsätzlich nicht statthaft ist, nicht gegeben.

Meta

7 W (pat) 22/18

23.04.2019

Bundespatentgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Art 103 Abs 1 GG, § 133 PatG, § 99 Abs 1 PatG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.04.2019, Az. 7 W (pat) 22/18 (REWIS RS 2019, 7921)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7921

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