Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2008, Az. VI ZR 212/07

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2822

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[X.]IM NAMEN DES VOL[X.]ES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 15. Juli 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 104, 105, 106 [X.] § 116 Abs. 1 Bewerfen sich Schüler an einer ca. 100 m von der Schule entfernten Bushalte-stelle mit [X.], so kann dieses Verhalten schulbezogen sein, so dass ein Übergang von Forderungen des Geschädigten auf den [X.] ausscheidet. [X.] § 110 § 110 Abs. 1 Satz 3 [X.] ordnet an, dass sich das Verschulden lediglich auf den die Haftung begründenden Tatbestand, nicht aber auf die konkreten Scha-densfolgen beziehen muss. Vorsätzliches Handeln im Sinne des § 110 Abs. 1 [X.] setzt Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges voraus. [X.], Urteil vom 15. Juli 2008 - [X.]/07 - [X.]

AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], die [X.] Dr. [X.] und [X.], die [X.]in [X.] und den [X.] Zoll für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 13. Juli 2007 wird auf [X.]osten der [X.]lä-gerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die [X.]lägerin, ein Unfallversicherungsträger, nimmt den [X.]n auf Er-stattung von [X.]osten in Anspruch, die sie für die unfallbedingte stationäre und ambulante Behandlung eines Schülers aufgewendet hat, nachdem dieser durch einen Schneeballwurf des [X.]n, eines Mitschülers, verletzt worden war. 1 Am 19. November 2004 befand sich der damals 16 Jahre alte Schüler [X.] an einer Bushaltestelle, die ca. 100 m von der Sekundarschule entfernt liegt, in der er und der [X.] seinerzeit Schüler waren. Beide waren soeben aus der Schule gekommen und warteten auf den Bus. [X.] warf einen Schneeball nach dem [X.]n. Der [X.] warf daraufhin seinerseits aus einer Entfernung von ca. 6 m einen Schneeball, der [X.] derart am linken Auge traf, dass er eine 2 - 3 - Augapfelprellung sowie eine Orbitabodenfraktur erlitt. Die [X.]lägerin erbrachte für den Verletzten Leistungen in Höhe von 1.401,03 •, deren Erstattung sie von dem [X.]n als Verursacher gestützt auf § 823 BGB, § 116 [X.] und § 110 Abs. 1 [X.] verlangt. 3 Das [X.] hat die [X.]lage abgewiesen. Die Berufung der [X.]lägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ver-folgt die [X.]lägerin ihr [X.]lagebegehren weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die [X.]lägerin habe gegen den [X.] unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Ersatzanspruch. 4 Einem auf sie nach § 116 [X.] übergegangenen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 223 bzw. 229 StGB stünden die §§ 104 Abs. 1 Satz 2, 106 Abs. 1 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Haftungsprivilegierung greife ein, weil der [X.] den Versicherungsfall weder vorsätzlich noch auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 [X.] versi-cherten Weg herbeigeführt habe. Vorsatz scheide aus, weil keine Anzeichen dafür vorlägen, dass der [X.] die Absicht gehabt habe, bei dem Geschä-digten die tatsächlich eingetretenen Verletzungen hervorzurufen. Ein Wegeun-fall liege nicht vor, weil sich hier ein schulbezogenes Haftungsrisiko verwirklicht habe. Die Verletzungshandlung des [X.]n sei durch den vorangegangenen Schulbetrieb bedingt oder zumindest begünstigt [X.] - 4 - Die [X.]lägerin habe auch keinen Anspruch aus § 110 [X.]. Zwar [X.] es für diesen Anspruch aus, dass sich das Verschulden auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen beziehe, [X.] es sich nicht auf die Möglichkeit ernsthafter Verletzungsfolgen erstre-cken müsse. Entgegen der Ansicht der [X.]lägerin genüge es für die Haftung des [X.]n jedoch nicht, dass dieser den Schneeball absichtlich in die Richtung des Geschädigten geworfen habe. Auch im Rahmen von § 110 Abs. 1 Satz 3 [X.] definiere sich Vorsatz als Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges. Die Voraussetzungen für den Vorsatz könnten zu-dem nicht geringer sein als die für die grobe Fahrlässigkeit, welche nur zu bejahen sei, wenn den Schädiger der Vorwurf eines objektiv schweren und subjektiv schlechthin unentschuldbaren Verstoßes gegen die Anforderun-gen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt treffe. Dafür sei hier nichts vorge-tragen. 6 I[X.] Die dagegen gerichtete Revision ist unbegründet. 7 1. Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht einen gemäß § 116 [X.] auf die [X.]lägerin übergegangenen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 229 StGB. Dem [X.]n kommt das Haftungsprivileg gemäß § 105 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit § 106 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 1 Nr. 8b [X.] zugute. 8 a) Das Berufungsgericht führt insoweit aus, der [X.] habe den [X.] nicht vorsätzlich und auch nicht auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 [X.] versicherten Weg herbeigeführt. Vorsätzliches Handeln liege 9 - 5 - nicht vor, weil nichts dafür spreche, dass der [X.] den möglichen Eintritt ernsthafter Verletzungsfolgen durch den Schneeballwurf erkannt und zumindest billigend in [X.]auf genommen habe. Gegen die Verneinung des Vorsatzes wen-det sich die Revision nicht und insoweit ist auch der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts zutreffend (vgl. Senatsurteil [X.] 154, 11 ff.; ebenso [X.], 92 ff.). Allerdings kommt es auf die Frage, ob der [X.] vorsätzlich oder auf einem versicherten Weg gehandelt hat, nicht an. Denn die [X.]lägerin macht einen auf sie nach § 116 [X.] übergegangenen Anspruch geltend. Nach §§ 104 Abs. 1 Satz 2, 105 Abs. 1 Satz 3 [X.] findet aber ein Forderungsübergang gemäß § 116 [X.] von Ansprüchen wegen vorsätzlicher Schädigung oder wegen eines Schadensfalles auf einem versicherten Weg im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 [X.] nicht statt; vielmehr verbleiben diese Ansprüche ge-gen den schädigenden Unternehmer bzw. Mitbeschäftigten, die von der [X.] nicht erfasst werden, beim Geschädigten (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2005 - [X.] ZR 334/04 - [X.], 221 m.w.N.). 10 b) Danach kommt ein auf die [X.]lägerin übergegangener Anspruch nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 [X.] zu verneinen sind, weil der [X.] den Versicherungsfall des [X.] nicht durch eine betriebli-che Tätigkeit verursacht hat. Im Bereich der [X.] ist für das Merkmal der betrieblichen Tätigkeit danach zu fragen, ob das Handeln des [X.] schulbezogen war. Die Revision meint, das zur Verletzung des [X.] führende Handeln des [X.]n sei nicht schulbezogen gewesen. Dem kann nicht ge-folgt werden. 11 [X.]) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist bei der [X.] durch einen Mitschüler für die Befreiung von der Haftung 12 - 6 - darauf abzustellen, ob die Verletzungshandlung schulbezogen war. Maßgeblich ist, ob sie auf der typischen Gefährdung aus engem schulischen [X.]ontakt beruht und deshalb einen inneren Bezug zum Besuch der Schule aufweist oder ob sie nur bei Gelegenheit des Schulbesuchs erfolgt ist. [X.] im Sinne die-ser Rechtsprechung sind insbesondere Verletzungshandlungen, die aus [X.], Neckereien und Raufereien unter den Schülern hervorgegangen sind, ebenso Verletzungen, die in Neugier, Sensationslust und dem Wunsch, den Schulkameraden zu imponieren, ihre Erklärung finden; dasselbe gilt für Verlet-zungshandlungen, die auf übermütigen und bedenkenlosen Verhaltensweisen in einer Phase der allgemeinen Lockerung der Disziplin - insbesondere in den Pausen oder auf [X.]lassenfahrten oder nach Beendigung des Unterrichts oder während der Abwesenheit der Aufsichtspersonen - beruhen. Da der [X.] bei [X.]n den Schulfrieden und das ungestörte [X.] von Lehrern und Schülern in der Schule gewährleisten soll, darf das [X.] nicht eng ausgelegt werden. Die innere schulische Verbundenheit von Schädiger und Verletztem, die in dem Unfall zum Ausdruck kommen muss, erfordert allerdings stets, dass die konkrete Verletzungshandlung durch die [X.] des Schulbetriebs geprägt wird, was in der Regel eine engere räumliche und zeitliche Nähe zu dem organisierten Betrieb der Schule voraus-setzt (vgl. Senatsurteil vom 30. März 2004 - [X.] ZR 163/03 - [X.], 789 f. m.w.N.). Diese Grundsätze, die durch die Rechtsprechung zu § 637 Abs. 1 RVO entwickelt worden sind (grundlegend Senatsurteil [X.] 67, 279, 281 ff.), gelten in gleicher Weise nach der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallver-sicherung in das Sozialgesetzbuch, da sich insoweit keine inhaltlichen Ände-rungen ergeben haben, die zu einer Neubewertung führen (Senatsurteil vom 30. März 2004 - [X.] ZR 163/03 - [X.]O). 13 - 7 - bb) Die Revision stellt zur Überprüfung, ob der erkennende Senat seine zu den §§ 636, 637 RVO ergangene Rechtsprechung zur [X.]heit auch im Rahmen der §§ 104, 105 [X.] für außerhalb der Schule stattfin-dende Versicherungsfälle aufrecht halte. Sie meint, der Begriff der Schulbezo-genheit müsse sich am Begriff der betrieblichen Tätigkeit im Sinne von § 105 [X.] orientieren und dürfe daher keine Handlung umfassen, die außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Schule - nach dem [X.] des Schulgeländes - geschehe. Beim Zurücklegen des Weges von und zu einer Arbeitstelle handele es sich grundsätzlich um eine so genannte eigenwirt-schaftliche Tätigkeit auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 [X.] versicherten Weg, die gerade keine betriebliche Tätigkeit darstelle. Erst mit dem [X.] werde der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 [X.] versicherte Weg verlassen und - wegen des engen Bezuges zum Arbeitsplatz - eine betriebliche Tätigkeit begonnen. Auch beim Schulweg handele es sich um einen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 [X.] versicherten Weg. Übertrage man die für die betriebliche Tätigkeit geltenden Grundsätze, könne in Handlungen von Schülern auf dem Schulweg - außerhalb des [X.] - keine schulbezogene Tätigkeit [X.]) Dem vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. 15 (1) Entgegen der Ansicht der Revision ist es nicht generell ausgeschlos-sen, auf die Rechtsprechung des [X.]. Zwar ist nach Inkrafttreten der §§ 104, 105 [X.] bei Unfällen von Betriebsangehörigen auf Seite des Geschädigten zwischen Betriebswegen und anderen, nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 [X.] versicherten Wegen zu [X.]. Für die Abgrenzung können aber die [X.]riterien herangezogen werden, die die Rechtsprechung zur Teilnahme am allgemeinen Verkehr nach §§ 636, 637 RVO entwickelt hat (Senatsurteile [X.] 145, 311, 314 f.; 157, 159, 162 ff.; 16 - 8 - vom 25. Oktober 2005 - [X.] ZR 334/04 - [X.], 221, 222). Für die Einord-nung einer Handlung des [X.] als betriebliche Tätigkeit gilt nichts [X.]. 17 (2) Die Ansicht der Revision ist bereits im Ausgangspunkt unrichtig, wenn sie davon ausgeht, dass nach Inkrafttreten der §§ 104, 105 [X.] eine be-triebliche Tätigkeit - außerhalb des Bereichs der [X.] - stets nur auf dem Betriebsgelände stattfinden könne. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt es für die Frage, ob sich auf dem Weg von und zur Arbeit ein betriebsbezogenes Risiko verwirklicht hat, nicht unbedingt darauf an, ob der Unfall auf dem [X.] oder außerhalb stattgefunden hat. Auch nach neuem Recht ist ein Weg dann als Teil des innerbetrieblichen Organisations- und Funktionsbe-reichs und mithin als Betriebsweg anzusehen, wenn eine Fahrt maßgeblich durch die betriebliche Organisation geprägt ist, insbesondere indem sie durch die Organisation als innerbetrieblicher bzw. innerdienstlicher Vorgang gekenn-zeichnet oder durch Anordnung des Dienstherrn zur innerbetrieblichen bzw. innerdienstlichen Aufgabe erklärt worden ist (vgl. Senatsurteile [X.] 157, 159, 165 f.; vom 9. März 2004 - [X.] ZR 439/02 - [X.], 788, 789; vom 25. [X.] 2005 - [X.] ZR 334/04 - [X.]O). Maßgebend für die Abgrenzung eines Ar-beitsunfalls auf einem Betriebsweg im Sinne des § 8 Abs. 1 [X.] von einem Unfall auf einem versicherten Weg im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 [X.] ist nicht allein, wo sich der Unfall ereignet hat, sondern auch, inwieweit er mit dem Betrieb und der Tätigkeit des Versicherten zusammenhängt und ob er Ausdruck der betrieblichen Verbindung zwischen ihm und dem Unternehmen ist, deretwegen das Haftungsprivileg nach § 105 [X.] besteht; letztlich nicht entscheidend für die Einordnung als Betriebsweg ist, ob die Örtlichkeit der [X.] unterliegt (Senatsurteil vom 25. Oktober 2005 18 - 9 - - [X.] ZR 334/04 - [X.]O). Deshalb kann es sich bei einer von mehreren [X.] organisierten Fahrt zur Arbeitsstätte um einen Betriebsweg handeln (Senatsurteil [X.] 157, 159 ff.), ebenso bei der Abfahrt von einem Hotelpark-platz der auswärtigen Arbeitsstelle (Senatsurteil vom 25. Oktober 2005 - [X.] ZR 334/04 - [X.]O). 19 Für die Frage danach, ob der Schädiger einen Versicherungsfall durch eine betriebliche Tätigkeit verursacht hat, gelten diese Erwägungen in gleichem Maße. (3) Schon von daher bestehen gegen die Annahme des Berufungsge-richts, ein Unfall könne auch dann schulbezogen sein, wenn er sich außerhalb des Schulgeländes ereignet, keine grundsätzlichen Bedenken. Der Begriff der [X.]heit beruht zudem auf einer gedanklichen Umformung der [X.], die für die Auslegung des Begriffs der betrieblichen Tätigkeit im Arbeits-leben gelten (vgl. Senatsurteil [X.] 67, 279, 281 ff.). Bei letzterer ergeben sich die Gefahren aus der dem Betrieb dienenden Tätigkeit verschiedener Arbeit-nehmer. Schüler verrichten indes keine der Schule dienende Tätigkeit. In der Schule ergeben sich Unfallgefahren insbesondere auch aufgrund der gruppen-dynamischen Prozesse, die der Unterricht und das erzwungene Zusammensein im schulischen Bereich verursachen. Spielerisches oder auch aggressives [X.] ist hier vielfach typisch und tritt insbesondere vor Unterrichtsbeginn, in den Pausen und beim Verlassen der Schule auf, ohne dass es nach [X.] abrupt am Schultor endet oder seinen Bezug zum schulischen [X.] verliert. Sofern sich spielerisches oder aggressives Verhalten nach Verlassen des Schulgeländes in diesem Sinn einer Lockerung der im [X.] erforderlichen Disziplin noch auf die innere schulische Verbundenheit von Schädiger und Verletztem zurückführen lässt, liegt eine Prägung durch die [X.] des Schulbetriebs, also eine [X.]heit vor, die den [X.] - 10 - tungsausschluss jedenfalls dann rechtfertigt, wenn eine engere räumliche und zeitliche Nähe zu dem organisierten Betrieb der Schule besteht. 21 (4) Der [X.] hat daher bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch Unfälle außerhalb des Schulgeländes schulbezogen sein können, wenn sie auf die Vor- oder Nachwirkungen des Schulbetriebs zurückzuführen sind (Senatsurteil vom 14. Juli 1987 - [X.] ZR 18/87 - [X.], 167 f. - Schneeballwurf von außerhalb des Schulgeländes; [X.], Urteil vom 27. April 1981 - [X.] - VersR 1981, 849 f. - [X.]). Auch in der Rechtsprechung der Instanzgerichte ist die [X.]heit von Unfällen in der Nähe der Schule verschiedentlich bejaht worden ([X.], [X.], 369 f. - [X.] an Bushaltestelle; [X.], NJW-RR 2006, 1174 ff. - Schubserei unter Schülern im Bus; [X.], [X.], 238 f. - Manipulation an [X.] außerhalb des Schulgeländes; LG Det-mold, [X.], 204 f. - Umfahren einer Schülergruppe mit dem Mofa auf dem Zufahrtsweg zur Schule; vgl. auch [X.]/Waltermann, [X.], § 106 [X.] Rn. 2a; zum Teil kritisch: [X.]/[X.], [X.], [X.] § 106 Rn. 9 ff.). (5) [X.] vermag der er-kennende Senat nicht zu teilen. 22 Dass bei einem Unfall der vorliegenden Art eine Haftungsfreistellung des [X.] möglicherweise zu verneinen ist, wenn es sich nicht um Schüler, sondern um junge Auszubildende eines Betriebes handelt, bedeutet keine Un-gleichbehandlung gleich gelagerter Sachverhalte. Die Ausbildung in einem Be-trieb ist nicht vergleichbar mit dem Schulbetrieb, bei dem eine regelmäßig gro-ße Anzahl von Schülern gruppendynamischen Prozessen unterliegt. 23 Der Gesichtspunkt, der Gesetzgeber habe allgemein die Haftung im So-zialversicherungsrecht verschärfen wollen, wird von der Revision nicht belegt. 24 - 11 - Dafür ist auch nichts ersichtlich. Die Verschärfung der Haftung in § 110 Abs. 1 Satz 3 [X.] besagt für einen Willen des Gesetzgebers, die Haftung auch mit Blick auf die §§ 104 ff. [X.] zu verschärfen, nichts. Dies hat der erkennende Senat bereits in anderem Zusammenhang ausführlich dargelegt (Senatsurteil [X.] 154, 11, 16 ff.). 25 [X.]) Den dargestellten Grundsätzen wird das angefochtene Urteil gerecht. Es bejaht den Bezug zur Schule, weil sich die Beteiligten nach Unterrichtsende an der nahe gelegenen Bushaltestelle mit [X.] bewarfen. Das reicht unter den gegebenen Umständen für die Annahme der [X.]heit aus. Wenn die Revision meint, der Bezug zum Schulbetrieb sei schon dadurch [X.] gewesen, dass es zu den [X.] an der Bushaltestelle spontan gekommen sei, während vorher keine Auseinandersetzung stattgefun-den habe, ist diese Sichtweise zu eng. Die Anspannung durch den Schulbesuch muss sich nicht bereits beim Verlassen des Schulgrundstücks entladen. [X.] sind derartige Vorfälle gerade an einer Bushaltestelle in der Nähe der Schule typisch. ee) Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es nicht darauf an, ob, wie die Revisionserwiderung meint und im Berufungsurteil angedeutet ist, eine Haf-tung des [X.]n schon deshalb ausscheidet, weil er nicht rechtswidrig ge-handelt hat. Dazu sei vorsorglich nur Folgendes ausgeführt: Es mag davon aus-gegangen werden, dass das Werfen von [X.] als solches nicht rechts-widrig ist. Die Revisionserwiderung verkennt indes, dass bei unmittelbarer [X.] eines der in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter die Rechtswid-rigkeit indiziert wird (st. Rspr., vgl. [X.] GSZ [X.] 24, 21, 24 ff.; Senatsurteil [X.] 118, 201, 207), ebenso bei der Verletzung eines Schutzgesetzes, hier: § 229 StGB (vgl. [X.] 122, 1, 6). Für das Vorliegen eines Rechtfertigungs-grundes ist nichts vorgetragen. Dass [X.] als solche sozialadäquat 26 - 12 - sein mögen, reicht für den Ausschluss der Rechtswidrigkeit bei eingetretener Rechtsgutverletzung nicht aus. 27 2. Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht auch einen An-spruch der [X.]lägerin aus § 110 Abs. 1 [X.]. Danach haften Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 [X.] beschränkt ist, wenn sie den Versi-cherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben, [X.] für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwen-dungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs (Satz 1), wobei sich das Verschulden nur auf das den Versicherungsfall verur-sachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen braucht (Satz 3). Die [X.] hat im Vergleich zu § 640 Abs. 1 RVO, an dessen Stelle sie getreten ist, an dem haftungsauslösenden [X.] nichts geändert, so dass für die Auslegung des Begriffs der groben Fahrlässigkeit auf die zu § 640 Abs. 1 RVO ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann (vgl. [X.] vom 30. Januar 2001 - [X.] ZR 49/00 - VersR 2001, 985, 986, m.w.N.). a) Die Revision stellt zur Überprüfung durch den Senat, ob sich der [X.] in § 110 Abs. 1 Satz 3 [X.] lediglich auf das Verhalten selbst - also auf die Handlung oder das Unterlassen - des [X.] beziehe oder ob - wie es das Berufungsgericht angenommen hat - vorsätzliches Handeln in diesem Sinne stets ein Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges [X.]. Sie meint, es reiche aus, dass der [X.] den Schneeball absichtlich in die Richtung des [X.] geworfen habe. 28 Der Standpunkt der Revision ist unrichtig, der des Berufungsgerichts hingegen ist zutreffend. Für § 110 Abs. 1 [X.] ist der zivilrechtliche Vorsatz-begriff des § 276 BGB maßgebend, der Handelnde muss also den rechtswidri-29- 13 - gen Erfolg vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben (so auch [X.]/[X.], [X.], [X.] § 110 Rn. 11). 30 Der Begriff des Verschuldens in § 110 Abs. 1 Satz 3 [X.] bezieht sich ersichtlich auf die in Satz 1 genannten Begriffe des Vorsatzes und der [X.] Fahrlässigkeit. Vorsatz und Fahrlässigkeit sind als Verschuldensformen auf das Vertretenmüssen und die damit einher gehende Haftung des Schuldners bezogen (vgl. § 276 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB). Vorsatz ist das Wissen und Wollen eines pflichtwidrigen Erfolges. Vorsätzlich handelt, wer das rechtlich ge-schützte Interesse eines anderen bewusst und gewollt verletzt, wobei es ge-nügt, dass der [X.] vielleicht unerwünscht ist, aber billigend in [X.]auf genommen wird (bedingter Vorsatz; vgl. [X.]/[X.]nerr, Der [X.], 25. Aufl., [X.]ap. 1 Rn. 66; auch [X.]St 36, 1, 9). Ob Vorsatz oder Fahrläs-sigkeit vorliegt, kann durchaus zweifelhaft sein. Der bedingte Vorsatz unter-scheidet sich vom unbedingten Vorsatz dadurch, dass der unerwünschte Erfolg nicht als notwendig, sondern nur als möglich vorausgesehen wird. Er unter-scheidet sich von der bewussten Fahrlässigkeit dadurch, dass der bewusst fahrlässig handelnde Täter darauf vertraut, der als möglich vorausgesehene Erfolg werde nicht eintreten, und aus diesem Grund die Gefahr in [X.]auf nimmt, während der bedingt vorsätzlich handelnde Täter sie deshalb in [X.]auf nimmt, weil er, wenn er sein Ziel nicht anders erreichen kann, es auch durch das uner-wünschte Mittel erreichen will ([X.]St 7, 363, 370). In diesem sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich gezogenen Rah-men findet die Auffassung der Revision, die Begriffe Verschulden in Satz 3 oder Vorsatz in Satz 1 könnten rechtlich auf ein nicht vom Wissen und Wollen einer Rechtsgutverletzung getragenes Handeln bezogen sein, keinen Platz. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigt haben könnte, einen Aufwendungsersatzanspruch des [X.] losgelöst 31 - 14 - von jedem haftungsrechtlichen Bezug an ein an sich neutrales Verhalten des [X.] anzuknüpfen. Zwar verfolgen die in den §§ 104 ff. [X.] einer-seits und in § 110 Abs. 1 [X.] andererseits getroffenen Regelungen unter-schiedliche Ziele. Maßgeblich für die in § 110 Abs. 1 [X.] getroffene Rege-lung sind letztlich präventive und erzieherische Gründe. Diese sollen indes nur dann greifen, wenn der durch das Haftungsprivileg begünstigte Schädiger den Unfall und damit die Aufwendungen des [X.] durch ein besonders zu missbilligendes Verhalten verursacht hat (vgl. Senatsurteile [X.] 75, 328, 330 f.; 154, 11, 18). In diesem Rahmen wurde Satz 3 der Vorschrift eingeführt, weil nach der Rechtsprechung zu § 640 RVO auch für die Haftung nach dieser Vorschrift [X.] und Umfang des Schadens vom Vorsatz oder der groben Fahrlässigkeit des [X.] umfasst sein mussten (Senatsurteil [X.] 75, 328 ff.). § 110 Abs. 1 Satz 3 [X.] ordnet demgemäß lediglich an, dass der Anspruch aus § 110 Abs. 1 [X.] bereits dann besteht, wenn - wie im Regelfall (vgl. Senatsurteile [X.] 59, 30, 39; 75, 328, 329) - sich das Verschulden lediglich auf den die Haftung begründenden Tatbestand bezieht, während es sich auf die konkreten Schadensfolgen nicht beziehen muss. 32 Das Berufungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass die von der [X.]läge-rin vertretene Auffassung zu dem Ergebnis führen würde, dass jegliches be-wusste Handeln einen Ersatzanspruch des [X.] nach sich zöge. Das kann nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden. Dagegen spricht schon, dass das Gesetz Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Verletzungshandlung fordert, die Feststellung eines grob fahrlässigen [X.]s, also einer schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzung (vgl. dazu unten c), aber völlig sinnlos wäre, wenn schon die Ausdehnung des [X.] - 15 - begriffs auf praktisch alle bewussten Handlungen, wie ihn die [X.]lägerin vertritt, zu einer Haftung in nahezu allen denkbaren Fällen führen würde. 34 b) Die Annahme der Revision, der [X.] habe entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts jedenfalls grob fahrlässig gehandelt, ist verfehlt. 35 Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes persona-les Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einherzugehen pflegt. [X.] erscheint eine Inanspruchnahme des haftungsprivilegierten [X.] im Wege des Rückgriffs nur dann gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 1 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (Senatsurteile vom 12. Januar 1988 - [X.] ZR 158/87 - [X.], 474, 475 und vom 30. Januar 2001 - [X.] ZR 49/00 - [X.]O, m.w.N.; vgl. ferner [X.] 119, 147, 149). Dafür reicht es nicht aus, dass [X.] im Schulbereich mögli-cherweise regelmäßig verboten sein mag, wobei die Revision schon nicht dar-legt, dass in den Tatsacheninstanzen entsprechend vorgetragen worden ist. Es reicht auch nicht aus, dass bei [X.] immer die Gefahr einer [X.] des menschlichen Zielobjekts bestehen mag und dass der [X.] den Schneeball absichtlich in Richtung des [X.] geworfen hat. Den anderen zu tref-fen, ist gerade der Sinn einer Schneeballschlacht und zu Unfällen kann es bei fast jeder spielerischen oder sportlichen Betätigung kommen. Der Vorwurf gro-ber Fahrlässigkeit ist bei einem derartigen Geschehen daher nur dann [X.] - 16 - fertigt, wenn aus besonderen Gründen, etwa aufgrund des Zustands des Schnees oder des Vorhandenseins massiver Fremdkörper, mit einer Verletzung Dritter gerechnet werden muss und das Werfen des Schneeballs deshalb als besonders verantwortungslos erscheint. Dafür ist hier nichts vorgetragen oder ersichtlich, ohne dass es noch darauf ankäme, dass [X.] den ersten Schneeball geworfen und der [X.] lediglich darauf reagiert hat. II[X.] Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 37 [X.] [X.] [X.] [X.] Zoll Vorinstanzen: AG Lutherstadt [X.], Entscheidung vom 02.02.2007 - 8 C 914/06 - [X.], Entscheidung vom 13.07.2007 - 1 S 49/07 -

Meta

VI ZR 212/07

15.07.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2008, Az. VI ZR 212/07 (REWIS RS 2008, 2822)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2822

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