Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.06.2013, Az. 2 B 12/13

2. Senat | REWIS RS 2013, 4980

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Gegenstand

Kindergeldberechtigung; kinderbezogener Teil des Familienzuschlags


Leitsatz

Der kinderbezogene Teil des Familienzuschlags nach § 40 Abs. 2 Satz 1 BBesG wird nicht gewährt, wenn die Kindergeldberechtigung unanfechtbar abgelehnt worden ist. Dies gilt auch, wenn der ablehnende Bescheid auf die Verletzung der Mitwirkungspflicht gestützt ist und der Betroffene hiergegen keinen Einspruch eingelegt hat (im Anschluss an Urteil vom 26. August 1993 - BVerwG 2 C 16.92 - BVerwGE 94, 98).

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der geltend gemachte [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gegeben ist.

2

Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung des kinderbezogenen [X.] der Stufe 2 für das Jahr 2007. Die Rückforderung beruht darauf, dass die hierfür zuständige Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes für 2007 aufgehoben und das Kindergeld zurückgefordert hatte, weil der Kläger trotz entsprechender Aufforderungen die Unterlagen zu den Einkommensverhältnissen seines [X.] nicht vorgelegt hatte. Der Kläger legte gegen diesen [X.]escheid keinen Einspruch ein, sodass er bestandskräftig wurde.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die erstinstanzlich erfolgreiche Klage in der [X.]erufungsinstanz abgewiesen. In dem [X.]erufungsurteil heißt es, unanfechtbare Entscheidungen der Familienkasse über das Kindergeld seien für den Anspruch auf Zahlung des kinderbezogenen Teils des [X.] vorgreiflich. Der [X.] sei es verwehrt, die [X.] eigenverantwortlich zu prüfen. Dies gelte unabhängig davon, aus welchen Gründen die Familienkasse die [X.]erechtigung bejaht oder verneint habe. Daher stehe aufgrund der [X.]estandskraft der ablehnenden Entscheidung über die [X.] des [X.] für 2007 bindend fest, dass der Kläger auch den kinderbezogenen Teil des [X.] für dieses Jahr zu Unrecht erhalten habe.

4

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wirft der Kläger die Frage als rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf, ob eine ablehnende Verwaltungsentscheidung über die [X.] auch dann [X.]indungswirkung für die Gewährung des kindergeldbezogenen Teils des [X.] entfaltet, wenn sie ausschließlich auf die fehlende Mitwirkung des [X.]eamten oder Soldaten bei der Feststellung des Sachverhalts gestützt ist. Der Kläger macht geltend, es verstoße gegen das rechtsstaatliche Gebot der materiellen Gerechtigkeit und den Alimentationsgrundsatz, dass auch einem materiell Kindergeldberechtigten wegen eines Verstoßes gegen die Mitwirkungspflicht nicht nur das Kindergeld, sondern auch ein Teil der ihm zustehenden Alimentation verloren gehe.

5

Der [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass der [X.]eschwerdeführer aufzeigt, dass eine von ihm bezeichnete Rechtsfrage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist. Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage durch die bundesgerichtliche Rechtsprechung bereits geklärt ist oder auf ihrer Grundlage beantwortet werden kann (stRspr; vgl. [X.]eschluss vom 24. Januar 2011 - [X.]VerwG 2 [X.] 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4 ) zu.

6

Die vom Kläger aufgeworfene Frage ist nicht klärungsbedürftig, weil sich die Antwort ohne Weiteres aus der Rechtsprechung des [X.] zum Verhältnis von [X.] und Gewährung des kinderbezogenen Teils des [X.] ergibt:

7

Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 des Soldatenversorgungsgesetzes sind auf den Familienzuschlag der versorgungsberechtigten ehemaligen Soldaten die für Soldaten geltenden Vorschriften des [X.]undesbesoldungsgesetzes anzuwenden. Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 [X.] erhalten auch Soldaten, die zur Stufe 1 des [X.] (§ 40 Abs. 1 [X.]) gehören, den kinderbezogenen Teil dieses Zuschlags nach Stufe 2 und den folgenden Stufen für jedes Kind, für das ihnen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder dem [X.]undeskindergeldgesetz zusteht.

8

Der [X.]edeutungsgehalt des § 40 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist in der Senatsrechtsprechung geklärt (Urteile vom 26. August 1993 - [X.]VerwG 2 C 16.92 - [X.]VerwGE 94, 98 <99 f.> = [X.] 240 § 40 [X.] Nr. 27 S. 41 f. und vom 21. Dezember 2000 - [X.]VerwG 2 C 39.99 - [X.]VerwGE 112, 308 <311 f.> = [X.] 237.95 § 95 [X.] Nr. 3 S. 4 f.; [X.]eschluss vom 13. Februar 2007 - [X.]VerwG 2 [X.] 65.06 - [X.] 240 § 40 [X.] Nr. 40 Rn. 6 f.). Danach bringt der gesetzliche [X.]egriff des "Zustehens" von Kindergeld zum Ausdruck, dass der [X.]esoldungsgesetzgeber die Gewährung des kinderbezogenen Teils des [X.] von der [X.] nach den Regelungen des Einkommensteuergesetzes oder des [X.] abhängig gemacht hat. Der besoldungs- bzw. versorgungsrechtliche Anspruch setzt zwingend die förmliche Feststellung eines Anspruchs auf Kindergeld voraus. Diese Koppelung trägt dem Umstand Rechnung, dass beide Leistungen dem gleichen sozialpolitischen Zweck, nämlich dem [X.] für den durch Kinder verursachten Mehraufwand, zu dienen bestimmt sind. Daher sollen divergierende Auffassungen von Familienkasse und [X.] über die [X.] vermieden werden.

9

Aus der in § 40 Abs. 2 Satz 1 [X.] angeordneten Akzessorietät der [X.]esoldungs- bzw. Versorgungsleistung und aus dem Umstand, dass die Entscheidung über die [X.] in einem förmlichen, durch [X.]escheid abzuschließenden Verfahren ergeht (vgl. § 70 Abs. 1 EStG), hat der Senat den Schluss gezogen, dass dieser Entscheidung nach Eintritt der Unanfechtbarkeit [X.]indungswirkung ([X.]) für die Gewährung des kinderbezogenen Teils des [X.] zukommt. Für die [X.] ist ausschließlich die Familienkasse zuständig. Die [X.] ist an deren unanfechtbare Entscheidung und, falls der [X.]etroffene den Rechtsweg beschreitet, an die Entscheidung des Finanzgerichts gebunden; eine gesonderte Prüfung der Rechtmäßigkeit in einem besoldungs- bzw. versorgungsrechtlichen Verfahren findet nicht statt. Diese [X.]indungswirkung besteht, solange und soweit die Familienkasse den unanfechtbaren Verwaltungsakt über die [X.] nicht aufgehoben oder sich dieser nicht auf andere Weise erledigt hat (vgl. zur [X.] von Verwaltungsakten: Urteile vom 17. Januar 1980 - [X.]VerwG 7 C 63.77 - [X.]VerwGE 59, 310 <315> = [X.] 442.151 § 45 StVG Nr. 7 S. 19 und vom 23. April 1980 - [X.]VerwG 8 C 82.79 - [X.]VerwGE 60, 111 <116 f.> = [X.] 454.44 Geb[X.]efrG Nr. 1 S. 6).

Demnach wirkt sich die Entscheidung über die [X.] nach Eintritt der Unanfechtbarkeit unmittelbar kraft Gesetzes auf die Gewährung des kinderbezogenen Teils des [X.] aus. Im Falle der Anerkennung der [X.] ist auch der entsprechende Familienzuschlag zu gewähren. Umgekehrt steht aufgrund einer ablehnenden Entscheidung fest, dass ein Anspruch auf den kinderbezogenen Teil des [X.] nicht besteht. Jede nachträgliche Änderung der Entscheidung der Familienkasse für einen bestimmten Zeitraum wirkt sich im Falle ihrer [X.]estandskraft nachträglich auf die Zuschlagsgewährung aus.

Daraus folgt, dass unanfechtbare Entscheidungen über die [X.] unabhängig von ihrer Richtigkeit [X.]indungswirkung entfalten. Der kinderbezogene Teil des [X.] kann auch bei rechtswidriger, aber bestandskräftiger Ablehnung der [X.] nicht gewährt werden. Auf die Art des Rechtsfehlers kommt es hierbei nicht an. Die gesetzliche Regelung des § 40 Abs. 2 Satz 1 [X.] bietet keine Handhabe, um danach zu unterscheiden, ob es sich um einen Rechtsfehler bei der Ermittlung und Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen handelt, wozu auch ein rechtsfehlerhafter Verzicht auf eine weitere Sachaufklärung wegen unterbliebener Mitwirkung gehört, oder ob der Familienkasse ein Fehler bei der Rechtsanwendung unterlaufen ist. Es kann nicht darauf ankommen, ob dies dem [X.]etroffenen besoldungs- oder versorgungsrechtlich zum Vorteil oder zum Nachteil gereicht.

Der Kläger hat keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die Anlass zu einem Überdenken der Senatsrechtsprechung zu § 40 Abs. 2 Satz 1 [X.] in einem Revisionsverfahren geben könnten. Die in der [X.]eschwerdebegründung angesprochenen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind nicht geeignet, die Senatsrechtsprechung in Frage zu stellen:

Es verstößt nicht gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit, einer unanfechtbaren Ablehnung der [X.], die auf das Fehlen von Angaben des [X.]etroffenen zu den Einkommensverhältnissen des Kindes gestützt ist, nach § 40 Abs. 2 Satz 1 [X.] [X.]indungswirkung zuzuerkennen. Dies folgt schon daraus, dass gegen die ablehnende Entscheidung Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet sind. Der [X.]etroffene kann hiergegen Einspruch einlegen, um die fehlenden Angaben im Einspruchsverfahren nachzuholen. Gegebenenfalls muss er nach Zurückweisung seines Einspruchs das Finanzgericht anrufen. Entscheidet sich ein [X.]etroffener bewusst gegen die Inanspruchnahme von Rechtsschutz oder versäumt er die Einspruchs- oder Klagefrist, so kann es nicht als unbillig angesehen werden, dass er die Entscheidung und die daran geknüpften gesetzlichen Rechtsfolgen aus Gründen der Rechtssicherheit gegen sich gelten lassen muss ([X.]VerfG, [X.]eschlüsse vom 17. Dezember 1969 - 2 [X.]vR 23/65 - [X.]VerfGE 27, 297 <305 f.>, vom 20. April 1982 - 2 [X.]vL 26/81 - [X.]VerfGE 60, 253 <269 f.> und vom 27. Februar 2007 - 1 [X.]vR 1982/01 - [X.]VerfGE 117, 302 <315>).

Der Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit gebietet nicht, eine zusätzliche Möglichkeit des Rechtsschutzes in einem Verfahren zu eröffnen, das gesetzlich hierfür nicht vorgesehen ist. Vielmehr ist der [X.]etroffene darauf verwiesen, auf eine Änderung der bestandskräftigen Ablehnung der [X.] nach §§ 173 f. der Abgabenordnung hinzuwirken.

Die Abhängigkeit des Anspruchs auf Gewährung des kinderbezogenen Teils des [X.] von der unanfechtbaren Entscheidung über die [X.] verstößt auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG, der für die [X.]esoldung und Altersversorgung der Soldaten an die Stelle des hergebrachten Grundsatzes der amtsangemessenen Alimentation nach Art. 33 Abs. 5 GG tritt. Der Anspruch auf Altersversorgung genießt verfassungsrechtlichen Schutz, weil ihn die [X.]erechtigten während der aktiven Dienstzeit [X.] haben. Seine Höhe ergibt sich aus den Regelungen der Versorgungsgesetze, durch die der Gesetzgeber seinen verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraum ausgefüllt hat (Urteil vom 27. Januar 2011 - [X.]VerwG 2 C 25.09 - [X.] 449.4 § 55b [X.] Rn. 22).

Es ist von diesem Gestaltungsspielraum gedeckt, dass der Gesetzgeber die Gewährung eines [X.]esoldungs- und Versorgungszuschlags zur Deckung des durch ein Kind verursachten [X.] an die Entscheidung über die Gewährung des dem gleichen Zweck dienenden Kindergeldes koppelt. Er kann Vorkehrungen treffen, um eine Prüfung der [X.] in zwei Verfahren und unterschiedliche Entscheidungen darüber zu vermeiden. Darin liegt schon deshalb kein Vorenthalten eines Teils der [X.]ezüge, weil zwischen [X.]esoldung und Dienstleistung kein Gegenseitigkeitsverhältnis wie zwischen Vergütung und Arbeitsleistung in Arbeitsverhältnissen besteht. Dies gilt gleichermaßen für die lebenslange Altersversorgung. Vielmehr sollen [X.]esoldung und Altersversorgung [X.]eamten und Soldaten eine amts- bzw. dienstgradgemäße Lebensführung als Gegenleistung dafür ermöglichen, dass sie sich dem Dienstherrn mit der ganzen Persönlichkeit zur Verfügung gestellt und die übertragenen Aufgaben nach besten Kräften erfüllt haben. Die Zahlung eines Zuschlags, der der persönlichen Lebenssituation des [X.]erechtigten Rechnung tragen soll, kann von der Erfüllung einer Mitwirkungspflicht abhängig gemacht werden, wenn sie sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig ist (Urteil vom 27. Mai 2010 - [X.]VerwG 2 C 33.09 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 18).

Meta

2 B 12/13

18.06.2013

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 14. November 2012, Az: 1 A 739/11, Urteil

§ 40 Abs 2 BBesG, § 70 Abs 1 EStG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.06.2013, Az. 2 B 12/13 (REWIS RS 2013, 4980)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4980

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Referenzen
Wird zitiert von

M 21a K 18.3288

B 5 K 17.297

Zitiert

1 BvR 1982/01

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