Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.03.2014, Az. 2 C 2/13

2. Senat | REWIS RS 2014, 6703

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Gegenstand

Strenge Anforderungen an die analoge Gesetzesanwendung im Besoldungsrecht; Familienzuschlag bei geschiedenen Beamten


Leitsatz

1. Wegen des strikten Gesetzesvorbehalts sind der analogen Anwendung im Besoldungsrecht besonders enge Grenzen gesetzt. Sie kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der eindeutig erkennbare Wille des Gesetzgebers in den gesetzlichen Vorschriften nur unvollkommen Ausdruck gefunden hat.

2. Bei geschiedenen Beamten, deren Kind bei beiden Elternteilen zu gleichen Anteilen im wöchentlichen Wechsel wohnt, kann der jeweils entstehende Mehrbedarf die Gewährung des vollen kinderbezogenen Familienzuschlags rechtfertigen.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die Höhe des kinderbezogenen [X.]bei geschiedenen Beamten, deren Kind bei beiden Eltern zu gleichen Anteilen im wöchentlichen Wechsel wohnt.

2

Der 1974 geborene Kläger ist Polizeioberkommissar (Besoldungsgruppe A 10) im Dienst des Beklagten. Er ist Vater eines im Jahr 2004 geborenen ehelichen Kindes. Die Ehe ist seit Juli 2010 rechtskräftig geschieden, der Kläger ist seiner geschiedenen Ehefrau nicht zum Unterhalt verpflichtet. Beide wohnen in derselben Kleinstadt. Nach einer notariell beglaubigten Vereinbarung üben die Eltern das Sorgerecht gemeinsam aus. Der Aufenthalt erfolgt im wöchentlichen Wechsel: In den geraden Wochen ist die Tochter beim Kläger - wo sie auch gemeldet ist -, in den ungeraden Wochen hält sie sich bei ihrer Mutter auf, die als Bundesbeamtin beschäftigt ist. Der Kindesunterhalt wird durch die jeweilige Betreuung und die damit verbundenen Sach- und Arbeitsleistungen erbracht, das Kindergeld wird der Mutter ausbezahlt.

3

Seit August 2010 wird dem Kläger der ehegattenbezogene Anteil des [X.]nicht mehr gewährt. Er erhält aber - ebenso wie seine geschiedene Ehefrau - wegen der anteiligen Kinderbetreuung den Familienzuschlag der Stufe 1 zur Hälfte. Den auf volle Zahlung des kinderbezogenen Zuschlags gerichteten Antrag lehnte der Beklagte ab.

4

Nach erfolglosem Widerspruch hat das Verwaltungsgericht den [X.]verpflichtet, dem Kläger den vollen Familienzuschlag der Stufe 1 ab August 2010 zu gewähren. Die Berufung des [X.]hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, eine anteilige Kürzung des [X.]sehe das Gesetz nur im Falle der von mehreren Anspruchsberechtigten gemeinsam bewohnten Wohnung vor. Eine analoge Anwendung der Kürzungsbestimmungen komme nicht in Betracht. Weder liege die hierfür erforderliche planwidrige Lücke vor noch sei die Kostensituation des praktizierten "Wechselmodells" mit derjenigen einer gemeinsamen Wohnung vergleichbar.

5

Mit der Revision beantragt der Beklagte,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des [X.]vom 11. Dezember 2012 und des [X.]vom 10. Januar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Das Urteil des [X.]verletzt weder Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch [X.](§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Es hat den Beklagten vielmehr zu Recht verpflichtet, den vollen Familienzuschlag der Stufe 1 auch nach dem 1. August 2010 weiter zu gewähren. Der Kläger erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für eine volle Zuschlagsgewährung (1.). Die Bestimmungen zur anteiligen Zuschlagsgewährung sind nicht einschlägig und können auch im Wege einer analogen Anwendung nicht herangezogen werden (2.).

8

1. Rechtsgrundlage für den Anspruch im Zeitraum von 1. August 2010 bis zum 31. März 2011 sind §§ 39 Abs. 1, 40 Abs. 1 Nr. 4 [X.]in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 ([X.]3020), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2006 ([X.]1466). Diese Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes galten durch die in § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.]Sachsen-Anhalt in der Fassung des [X.](GVBl LSA S. 236) enthaltene Verweisung auch nach der Einführung der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für die Besoldung der Beamten in Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 ([X.]2034) als Landesrecht fort.

9

Seit dem 1. April 2011 enthält § 38 Abs. 2 [X.]Sachsen-Anhalt in der Fassung des Gesetzes vom 8. Februar 2011 (GVBl LSA S. 68) eine eigenständige Regelung des Familienzuschlagsrechts, die § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG a.[X.]mit Ausnahme einer sprachlichen Berücksichtigung der weiblichen Form wörtlich entspricht.

a) Danach erhalten die nicht von § 40 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 [X.]a.[X.]bzw. § 38 Abs. 2 Satz 1 [X.]erfassten Beamten den Familienzuschlag der Stufe 1, die eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind oder aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ihrer Hilfe bedürfen.

b) Der Kläger ist zwar geschieden, seiner früheren Ehefrau aber nicht zum Unterhalt verpflichtet und damit ein anderer Beamter im Sinne der genannten Vorschriften.

Er hat das Kind auch "nicht nur vorübergehend" in seine Wohnung aufgenommen. Nicht nur vorübergehend in die Wohnung aufgenommen ist eine andere Person, wenn die Wohnung auch für den Aufgenommenen zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen im Sinne des § 7 BGB wird und es hierdurch zur Bildung einer häuslichen Gemeinschaft kommt (Beschluss vom 12. Dezember 1990 - BVerwG 2 [X.]116.90 - [X.]240 § 40 BBesG Nr. 22 <juris Rn. 4>). Ein derartiger Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen (§ 7 Abs. 2 BGB). Minderjährige Kinder, deren Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben, aber getrennt leben, können demnach einen Doppelwohnsitz haben (§ 11 Satz 2 BGB; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1994 - [X.]33/94 - NJW 1995, 1224 sowie BFH, Urteil vom 28. April 2010 - III R 79/08 - NJW 2010, 3263). Daher kann auch die nicht nur vorübergehende [X.]ausnahmsweise in mehrere Wohnungen erfolgen (vgl. Nr. 40.1.9 der [X.]zum [X.]- BBesGVwV - [X.]3 - 221 710/1 sowie bereits Beschluss vom 12. Dezember 1990 a.a.[X.]Rn. 6). Dies ist nach den Feststellungen des [X.]hier der Fall, weil das Kind zu gleichen Anteilen in den Wohnungen beider Elternteile lebt.

Schließlich gewährt der Kläger seiner Tochter auch Unterhalt aufgrund der gesetzlich angeordneten Verpflichtung des § 1601 BGB und nach Maßgabe der zwischen den Eltern getroffenen notariell beglaubigten Vereinbarung, ohne dass die Eigenmittelgrenze aus § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG a.[X.]bzw. § 38 Abs. 2 Satz 3 [X.]überschritten wird.

2. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 BBesG a.[X.]bzw. § 38 Abs. 2 Satz 5 [X.]wird der Betrag der Stufe 1 des für den Beamten maßgebenden Familienzuschlages nach der Zahl der Berechtigten nur anteilig gewährt, wenn mehrere Anspruchsberechtigte wegen der Aufnahme einer anderen Person in die gemeinsam bewohnte Wohnung einen Familienzuschlag der Stufe 1 oder eine entsprechende Leistung beanspruchen.

a) Die Voraussetzungen dieser Konkurrenzregelung liegen nicht vor, weil der Kläger und seine geschiedene Ehefrau keine gemeinsam bewohnte Wohnung haben. Eine Auslegung, die - wie von der Beklagten vorgeschlagen - dieses Tatbestandsmerkmal ignoriert, würde die [X.]überschreiten und sich damit der Bindung an Recht und Gesetz entziehen. [X.]Grenze der Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der mögliche Wortsinn der Vorschrift. [X.]dessen wird trotz des formalen Rekurses auf die Norm nicht mehr die vom Gesetzgeber verantwortete Regelung, sondern ein anderes, durch die Deutung des Gerichts geschaffenes Recht angewendet (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - [X.]119, 247 <259> und vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - [X.]128, 193 <209 f.>).

b) Die Bestimmungen zur anteiligen Zuschlagsgewährung bei gemeinsamer Wohnung der Zuschlagsberechtigten können auch nicht in analoger Anwendung herangezogen werden.

aa) Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des [X.]unvollständig sein. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (stRspr; vgl. Urteil vom 28. Juni 2012 - BVerwG 2 [X.]13.11 - BVerwGE 143, 230 Rn. 24).

Im Regelungsbereich des Besoldungs- und Versorgungsrechts sind einer analogen Anwendung aber besonders enge Grenzen gesetzt. Nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums unterliegen [X.]dem Vorbehalt des Gesetzes. Sie dürfen nur zugesprochen werden, wenn und soweit sie gesetzlich vorgesehen sind (z.B. § 2 Abs. 1 BBesG und § 3 Abs. 1 BeamtVG). Dies gilt auch, wenn die sich aus dem Gesetz ergebende Besoldung verfassungswidrig zu niedrig bemessen ist (BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52 u.a. - [X.]8, 1 <18 f.>; BVerwG, Urteile vom 28. April 2005 - BVerwG 2 [X.]1.04 - BVerwGE 123, 308 <310> und vom 27. Mai 2010 - BVerwG 2 [X.]33.09 - [X.]11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 8 m.w.N. zur stRspr). Die Korrektur verfassungswidriger oder fehlerhafter Besoldungsfestsetzungen ist Aufgabe des Besoldungsgesetzgebers, der dabei einen weiten Spielraum politischen Ermessens hat und das Besoldungsgefüge als Ganzes sowie das Recht der öffentlichen Haushalte in den Blick nehmen muss (Urteil vom 14. Mai 1964 - BVerwG 2 [X.]133.60 - BVerwGE 18, 293 <295>). Durch die Gesetzesbindung der Besoldung ist es daher auch den Gerichten verwehrt, Beamten eine gesetzlich nicht geregelte Besoldung zu gewähren.

Das schließt es zwar nicht generell aus, eine im Besoldungsgesetz versehentlich nicht getroffene Regelung nach dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers im Wege der Analogie zu schließen (Urteil vom 18. November 1982 - BVerwG 6 [X.]38.78 - [X.]235 § 28 BBesG Nr. 7 S. 9 m.w.N.). Grundlage einer auf die analoge Anwendung einer bestehenden Regelung gestützten Gerichtsentscheidung bleibt die gesetzliche Norm. Die Methode der Analogie geht zwar über die Auslegung im engeren Sinne hinaus, weil deren Anwendungsbereich auf einen Fall erstreckt wird, der vom Anwendungsbereich der Norm gerade nicht erfasst ist (BVerfG, Beschluss vom 3. April 1990 - 1 BvR 1186/89 - [X.]82, 6 <12>; vgl. zur Charakterisierung als "Fortsetzung der Auslegung": Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 366). Die darin liegende Rechtsfortbildung ist aber den Wertungen des Gesetzes entnommen und stellt, sofern die methodischen Grenzen eingehalten sind, keine unzulässige richterliche Eigenmacht dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - [X.]128, 193 <210 f.>; Urteil vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07 u.a. - [X.]132, 99 <127>).

Der analogen Anwendung besoldungsgesetzlicher Regelungen auf Sachverhalte, die nach dem Ergebnis der Auslegung nicht erfasst werden, sind aber besonders enge Grenzen gesetzt. Dies gilt gleichermaßen für die Zuerkennung von [X.]im Wege der Analogie als auch für deren Ausschluss oder Beschränkung:

Zum einen liegen planwidrige Gesetzeslücken im Bereich der geltenden Beamtenbesoldung angesichts des regelmäßig abschließenden Charakters der getroffenen Bestimmungen nur ganz ausnahmsweise vor. Durch die [X.]Vorschriften werden der Kreis der Anspruchsberechtigten, Grund und Höhe der einzelnen Bezüge sowie ihre Berechnung regelmäßig ausdrücklich und detailliert durch zwingende Vorschriften mit vielfach stark kasuistischem Inhalt festgelegt. Regelungen dieser Art sind nach dem darin erkennbaren Willen des Gesetzgebers regelmäßig abschließend konzipiert, so dass der Möglichkeit einer analogen Anwendung schon das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke entgegensteht (vgl. Urteile 30. Mai 1967 - BVerwG 2 [X.]27.67 - BVerwGE 27, 159 <161>, vom 20. Juni 1974 - BVerwG 2 [X.]28.73 - BVerwGE 45, 201 <203> und vom 15. Oktober 1980 - BVerwG 6 [X.]25.78 - BVerwGE 61, 79 <81> zur Gesamtkonzeption des § 6 BBesG sowie Urteil vom 26. Januar 2006 - BVerwG 2 [X.]43.04 - BVerwGE 125, 79 <80 f.> zum Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG).

Zum anderen darf die Analogie nicht zur Umgehung des verfassungsrechtlich fundierten Gesetzesvorbehalts im Besoldungsrecht führen. Es muss ausgeschlossen sein, dass letztlich die Gerichte durch großzügige Interpretationen des mutmaßlichen Willens des Gesetzgebers [X.]zusprechen, ausschließen oder beschränken, obwohl sich dies dem Besoldungsgesetz nicht im Wege der Gesetzesauslegung entnehmen lässt.

Aus diesen Gründen kommt die Erweiterung des Anwendungsbereichs besoldungsrechtlicher Normen im Wege der Analogie nur in Betracht, wenn der erkennbare Wille des Gesetzgebers in den gesetzlichen Vorschriften nur unvollkommen Ausdruck gefunden hat, wie etwa im Falle eines Redaktionsversehens (Urteile vom 24. November 1960 - BVerwG 2 [X.]6.58 - BVerwGE 11, 263 <264 ff.> und vom 28. Dezember 1971 - BVerwG 6 [X.]17.68 - BVerwGE 39, 221 <227 f.>).

Von der analogen Anwendung einer Norm, die ein mit dem Zweck der Norm unvereinbares Regelungsversäumnis des [X.]voraussetzt (Urteil vom 28. Juni 2012 - BVerwG 2 [X.]13.11 - BVerwGE 143, 230 Rn. 24), sind die Fälle zu unterscheiden, in denen eine Norm im Hinblick auf nachträglich eingetretene Rechtsentwicklungen angewendet wird, um einen Widerspruch zu der bei Erlass der Regelung unmissverständlich zum Ausdruck gekommenen Zielsetzung des [X.]auszuschließen (Urteil vom 29. September 2005 - BVerwG 2 [X.]44.04 - BVerwGE 124, 227 <230 ff.>).

bb) Diese Voraussetzungen sind für die Ausdehnung der in § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 BBesG a.[X.]bzw. § 38 Abs. 2 Satz 5 [X.]angeordneten Kürzung des [X.]der Stufe 1 auf die dort nicht geregelten Fälle mehrerer Wohnungen nicht gegeben.

Zwar ist in [X.]nicht durch § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG a.[X.]bzw. § 38 Abs. 2 Satz 2 [X.]geregelten Fällen des kinderbezogenen [X.]durch die Anknüpfung an den [X.]sichergestellt, dass der Zuschlag höchstens einmal gewährt werden kann. Dass der Gesetzgeber damit ein ausnahmslos geltendes Prinzip hatte statuieren wollen, kann aber nicht festgestellt werden. Die Abweichung für den Fall des Doppelwohnsitzes eines Kindes geschiedener Beamten ist vielmehr durch Sinn und Zweck der Anspruchsberechtigung aus § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG a.[X.]bzw. § 38 Abs. 2 Satz 2 [X.]begründet (vgl. zur Privilegierung der Alleinerziehenden durch § 40 Abs. 1 Nr. 4 [X.]bereits BVerfG, [X.]vom 28. November 2007 - 2 BvR 375/06 - BVerfGK 12, 453 Rn. 18 f.).

Dem Familienzuschlag kommt eine soziale, nämlich ehe- und [X.]zu. Er tritt zu den leistungsbezogenen Besoldungsbestandteilen hinzu, um diejenigen Mehraufwendungen auszugleichen, die typischerweise durch Ehe und Familie entstehen. Der kinderbezogene Bestandteil des [X.]ist dazu bestimmt, den von Kindern verursachten Mehrbedarf einschließlich der Mehraufwendungen für Unterkunft und Heizung zu decken (Urteil vom 9. Mai 2006 - BVerwG 2 [X.]12.05 - [X.]240 § 40 BBesG Nr. 37 Rn. 19; Beschluss vom 8. Juni 2011 - BVerwG 2 [X.]76.11 - juris Rn. 6).

Der ehe- und familienbezogene Zweck des [X.]rechtfertigt es, dass er insgesamt nur einmal gezahlt wird, auch wenn beide Ehegatten besoldungsberechtigt sind (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 24. September 2013 - BVerwG 2 [X.]52.11 - juris Rn. 12). Dies wird durch die sog. Halbierungsregelung des § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG oder durch die Anknüpfung der Zuschlagsgewährung an die Kindergeldberechtigung nach § 40 Abs. 5 BBesG erreicht. Sinn und Zweck dieser Regelungen ist es, zu verhindern, dass derselbe Bedarf aus öffentlichen Kassen doppelt abgegolten wird (vgl. BTDrucks 7/4127, [X.]sowie Urteil vom 1. September 2005 - BVerwG 2 [X.]24.04 - [X.]240 § 40 BBesG Nr. 33 Rn. 15).

Die Einschränkung findet beim Ausgleich kinderbezogener Mehraufwendungen ihre sachliche Berechtigung darin, dass diese auch dann, wenn beide Elternteile zuschlagsberechtigt sind, regelmäßig nur einmal anfallen. Diese Annahme trifft zwar bei Ehegatten zu, bei geschiedenen Eltern verhält sich die Sachlage aber typischerweise anders. Sofern eine gemeinsam bewohnte Wohnung mehrerer Anspruchsberechtigter nicht vorliegt, fällt tatsächlich bei jedem Zuschlagsberechtigten ein Mehrbedarf für die [X.]an (vgl. zur Orientierung der Alimentierung am tatsächlichen [X.]auch BVerfG, Beschluss vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - [X.]44, 249 <267>). Die Anspruchsgewährung aus § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG, die regelmäßig alleinerziehenden Eltern bei Aufnahme ihrer Kinder in den Haushalt zugute kommt (BTDrucks 17/7142, S. 24), trägt dieser durch die [X.]typischerweise entstehenden wirtschaftlichen Mehrbelastung Rechnung (vgl. Urteile vom 31. Mai 1990 - BVerwG 2 [X.]43.88 - [X.]240 § 40 BBesG Nr. 19 <insoweit nicht abgedruckt, juris Rn. 17> und vom 26. Januar 2006 - BVerwG 2 [X.]43.04 - BVerwGE 125, 79 = [X.]240 § 40 BBesG Nr. 36 jeweils Rn. 19).

Die Einschränkung der Konkurrenzregelung des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 BBesG a.[X.]bzw. § 38 Abs. 2 Satz 5 [X.]auf die Aufnahme in die "gemeinsam bewohnte Wohnung" entspricht daher der Zweckbestimmung der Regelung. Sie stellt sicher, dass in den Fällen, in denen nur eine (gemeinsame) Kinderbetreuung stattfindet, insgesamt nur ein - anteilig aufgespaltener - Familienzuschlag gewährt wird. Sofern das Kind aber nicht in eine gemeinsame Wohnung aufgenommen wird und damit tatsächlich zweimal entsprechender Mehrbedarf entsteht, wird dieser auch berücksichtigt.

cc) Dass der Gesetzgeber die Gewährung des [X.]der Stufe 1 im Falle der nicht nur vorübergehenden Aufnahme in mehrere Wohnungen pauschal geregelt und eine anteilige Kürzung im Hinblick auf die nur anteilig entstehenden Mehraufwendungen (wie etwa Verpflegung oder Heizkosten) nicht vorgesehen hat, obliegt seinem politischen Gestaltungsspielraum (stRspr; vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 2012 - 2 BvR 1397/09 - [X.]131, 239 <258>; BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - BVerwG 2 [X.]49.11 - juris Rn. 36). Folge dieser Regelungstechnik ist, dass die auf die Ermittlung der tatsächlichen Aufwendungsanteile gerichtete Aufklärungsrüge des Beklagten auf unerhebliche Tatsachenfragen bezogen ist.

Die Einschränkung der Zuschlagsberechtigung erfolgt in den Fällen der Gewährung nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG a.[X.]bzw. § 38 Abs. 2 Satz 2 [X.]allein durch die Voraussetzung, dass die Wohnung auch für den Aufgenommenen zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen geworden sein muss. Liegt die nicht nur vorübergehende [X.]aber bei Kindern, deren geschiedenen Eltern das Sorgerecht gemeinsam obliegt, ausnahmsweise im Hinblick auf mehrere Wohnungen vor, so hat dies - auf Grundlage dieses [X.]- auch eine jeweilige Gewährung des [X.]zur Folge.

Die Neufassung der Zuschlagsgewährung durch § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG in der Fassung des [X.]([X.]462), die den Anspruch an den [X.]knüpft, steht dem nicht entgegen. Durch die statische Verweisung in § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.]a.[X.]ist diese Änderung für das Landesrecht nicht anwendbar. Sie ist auch nicht inhaltlich begründet, sondern allein dem Anliegen geschuldet, den Verwaltungsaufwand und die Fehleranfälligkeit zu reduzieren (BTDrucks 17/7142, S. 24).

Meta

2 C 2/13

27.03.2014

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 11. Dezember 2012, Az: 1 L 14/12, Urteil

§ 40 Abs 1 Nr 4 S 4 BBesG, § 38 Abs 2 S 5 BesG ST 2011

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.03.2014, Az. 2 C 2/13 (REWIS RS 2014, 6703)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6703

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