Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2014, Az. 2 StR 22/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3484

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 22/13

vom
13. August 2014
in der Strafsache
gegen

wegen
vorsätzlichen Inverkehrbringens von bedenklichen Arzneimitteln u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. August 2014 ge-mäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 und 3 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-richts [X.] vom 27. September 2012
a)
in den Fällen 1 bis 45 der Urteilsgründe aufgehoben;
b)
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den [X.] und 47 der Urteilsgründe des fahrlässigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen schuldig ist; die tateinheitlichen
Verurteilungen
we-gen vorsätzlichen Inverkehrbringens von bedenklichen
Arzneimitteln entfallen;
c)
im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststel-lungen aufgehoben.
2.
In den Fällen 1 bis 45 der Urteilsgründe wird der Angeklagte freigesprochen. Im Umfang des Freispruchs trägt die Staats-kasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht -
Strafrichter -
Dillen-burg zurückverwiesen.
4.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Inverkehr-bringens von bedenklichen Arzneimitteln in 47 Fällen, davon in zwei Fällen
in
Tateinheit mit fahrlässigem
unerlaubtem Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es den [X.] in Höhe von 50.000 Euro angeordnet und
eine [X.] getroffen.
Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf die [X.] gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s handelte der Angeklagte n-gen, die, wie er wusste, verschiedene synthetische Cannabinoide enthielten. Diese unterfielen

mit zwei Ausnahmen (Fälle 46, 47)

zur Tatzeit nicht dem [X.]. Das [X.] wertete die angeklagten Fälle jeweils als vorsätzliches Inverkehrbringen von bedenklichen Arzneimitteln, da die in den Kräutermischungen enthaltenen Cannabinoide als Arzneimittel im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
2 Buchst.
a [X.] einzustufen seien. In den [X.] und 47 hat das [X.] tateinheitlich den Tatbestand des fahrlässigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln als verwirklicht angesehen.
Bei bestimm-ten, in diesen Fällen bezogenen Kräutermischungen
habe der Angeklagte auf Grund der ihm bekannten Ergebnisse der chemischen Untersuchung durch das [X.] damit rechnen müssen, dass dem [X.] unterfallende Substanzen enthalten seien.

1
2
-
4
-
2. Der [X.] hat ausgeführt:

267 AEUV des 3.
Strafsenats des [X.] vom 28.
Mai 2013 (3
StR 437/12) und des 5.
Strafsenats vom 8.
April 2014 (5
StR 107/14) hat der [X.] in den verbundenen Rechtssachen [X.]/13 und [X.]/14 mit Urteil vom 10.
Juli 2014 entschieden:

'Art.
1 Nr.
2 Buchst.
b der Richtlinie 2001/83/[X.] und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27/[X.] und des Rates vom 31. März 2004 geänderten Fassung ist dahin auszule-gen, dass davon Stoffe wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht erfasst werden, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen be-schränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Ge-sundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die nur kon-sumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind.'

Diese Auslegung bedeutet für das vorliegende Verfahren, dass die vom Angeklagten gehandelten Kräutermischungen mit aufge-brachten synthetischen Cannabinoiden (entgegen der Auffassung des [X.]s) nicht als Arzneimittel im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
2 Buchst.
a [X.] in der Fassung des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.
Juli 2009 ([X.]
I 1990), mit dem der Arzneimittelbegriff in § 2 Abs. 1 [X.] grundlegend neu gefasst und dabei der europarechtliche Arznei-mittelbegriff zur Umsetzung der Richtlinie in das [X.] übernom-men wurde, angesehen werden können, das Handeln des Ange-klagten mithin nicht der Strafvorschrift des §
95 Abs.
1 Nr.
1 [X.] unterfällt. Nach den Feststellungen des [X.]s
wurden die Stoffe nicht zu therapeutischen Zwecken, sondern ausschließlich zur Erzielung einer berauschenden Wirkung mit dem Gefühl der Entspannung und einer veränderten Bewusstseinslage mit [X.] positiver Empfindungen konsumiert und waren dabei ge-sundheitsschädlich (UA S.
8/9).

3
-
5
-
In den Fällen 1 bis 45 kommt auch eine Strafbarkeit nach dem BtMG nicht in Betracht, da die aufgebrachten synthetischen Can-nabinoide zur Tatzeit (noch) nicht in Anlage
II zum BtMG auf-geführt waren und daher keine Betäubungsmittel im Sinne von §
1 Abs.
1 BtMG waren; die Substanzen [X.], [X.], [X.], [X.] wurden erst durch die 26.
BtMÄndV vom 20.
Juli 2012 ([X.]
I 1639) mit Wirkung ab 1.
Januar 2013 dem [X.] unterstellt. In diesen Fällen wird
der Angeklagte daher unter Aufhebung der Verurteilung freizusprechen sein.

In den [X.] und 47 wird der als solcher rechtsfehlerfreie Schuldspruch wegen fahrlässigen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln nach §
29 Abs.
4 i.V. mit Abs. 1 Nr.
1 BtMG, §
1 Abs.
1 i.V. mit Anlage
II BtMG i.d.F. der 24.
BtMÄndV vom 18.
Dezember 2009 ([X.]
I 3944) -
unter Wegfall der tateinheitli-chen Verurteilung wegen vorsätzlichen Inverkehrbringens von be-denklichen Arzneimitteln nach §
95 Abs.
1 Nr.
1 [X.] -
aufrecht erhalten bleiben können.

Die -
vom Strafrahmen des §
95 Abs.
1 [X.] ausgehenden -
Ein-zelstrafaussprüche in diesen Fällen unterliegen jedoch ebenso wie der übrige Rechtsfolgenausspruch der Aufhebung und Zurückver-weisung."

-
6
-
Dem
tritt der Senat bei. Da die Strafgewalt des Amtsgerichts

Strafrich-ters

ausreicht, war die Sache gemäß §
354 Abs.
3 StPO dorthin zurückzuver-weisen.
Fischer Appl Schmitt

Krehl Ri'inBGH [X.] ist an

der Unterschriftsleistung

gehindert.

Fischer

4

Meta

2 StR 22/13

13.08.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2014, Az. 2 StR 22/13 (REWIS RS 2014, 3484)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3484

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