Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.
PDF anzeigen[X.] DES VOLKES5 StR 310/99(alt: 5 StR 423/97)URTEILvom 8. Februar 2000in der Strafsachegegenwegen Totschlags- 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung [X.], an der teilgenommen haben:Vorsitzende [X.]in [X.],[X.],[X.],[X.],[X.]in [X.] beisitzende [X.],[X.] ,Oberstaatsanwalt beim [X.] Vertreter der [X.]schaft,Rechtsanwalt W ,Rechtsanwalt [X.]als Verteidiger,Rechtsanwalt [X.]als Vertreter der Nebenklägerin [X.],die Nebenkläger [X.]und [X.],[X.] Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 - für Recht erkannt:Auf die Revisionen der Nebenkläger wird das Urteil [X.] vom 14. Dezember 1998 mit [X.] aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten der Revisionen, an das [X.] zurückverwiesen.[X.] Von Rechts wegen [X.] hatte den Angeklagten [X.] zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Dieses [X.] der Senat auf eine Verfahrensrüge aufgehoben ([X.]R StPO § 338 Nr. 2[X.] Ausschluß 1). Nunmehr hat das [X.] den [X.] tatsächlichen Gründen freigesprochen. Das Urteil wird von den [X.], zum einen der minderjährigen Tochter der Getöteten (und des [X.]), zum anderen den Eltern der Getöteten, mit der Revision ange-fochten. Die Rechtsmittel haben jeweils mit der Sachrüge Erfolg. Die Be-weiswürdigung des freisprechenden Urteils hält sachlichrechtlicher Prüfungnicht stand.1. Der Angeklagte hat sich zu dem [X.], seine Freundin[X.] D , die sich von ihm getrennt hatte, getötet zu haben, nicht [X.]. Das Schwurgericht hat sich aufgrund von Indizien rechtsfehlerfrei- 4 -davon überzeugt, daß der Angeklagte die Leiche des Opfers unmittelbarnach [X.] als die Eltern der jungen Frau, wie er wußte, nach [X.] suchten [X.] zu einem mehr als 50 Kilometer entfernt liegendenSperrwerk transportierte und sie dort [X.] mit gefesselten Armen und Beinen,gebunden an einen 30 Kilogramm schweren Regenablaufrost [X.] im Fluß ver-senkte, aus dem sie Monate später derart verstümmelt geborgen wurde, [X.] genaue Todesursache durch Obduktion nicht feststellbar war. Das [X.] hat sich ferner rechtsfehlerfrei davon überzeugt, daß [X.]bei einem zeitlich genau zu fixierenden Zusammentreffen mit dem Ange-klagten [X.] am 12. Dezember 1994 zwischen 18.15 Uhr und 18.25 Uhr [X.] zuTode gekommen ist, und zwar weder aufgrund einer natürlichen Todesursa-che noch aufgrund eines Unfalls ohne Einwirkung des Angeklagten, der indiesem Fall keinen vernünftigen Anlaß für die festgestellte Beseitigung [X.] gehabt hätte.Das Schwurgericht hat andererseits ausgeschlossen, daß der Ange-klagte seiner Freundin in Tötungsabsicht aufgelauert habe. Es ist davonüberzeugt, daß [X.]D [X.] naheliegend im Rahmen eines Streits [X.]durch irgendeine Einwirkung des Angeklagten zu Tode gekommen ist. [X.] sieht es eine —weite Bandbreite nicht ausschließbarer Geschehensabläu-fefl [X.] von vorsätzlicher Tötung über Körperverletzung mit Todesfolge bis hinzu bloßer fahrlässiger Tötung oder gar Körperverletzung ohne Zurechenbar-keit der Todesfolge. Die anschließende Beseitigung der Leiche hält [X.] auch für den Fall nur geringen Verschuldens des [X.] erklärbar, und zwar als —kurzschlußartigefl Reaktion aufgrund der [X.] Angeklagten und seiner außerordentlich schlechten Beziehung zum Va-ter der Getöteten, von dem er unberechtigte weitergehende massive An-schuldigungen hätte erwarten müssen ([X.] ff.).Wegen letztlich nur möglicher spekulativer Feststellungen zur [X.] und unmöglicher Bestimmung des Maßes des Verschuldens sahsich das Schwurgericht zu einer Verurteilung des Angeklagten —wegen fahr-- 5 -lässiger Tötung oder fahrlässiger Körperverletzung als Auffangtatbestandflaußerstande.2. Zwar muß das Revisionsgericht grundsätzlich hinnehmen, wenn [X.] den Angeklagten freispricht, weil er Zweifel an seiner [X.] zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters;die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob diesem Rechts-fehler unterlaufen sind. Das ist in sachlichrechtlicher Hinsicht der Fall, wenndie Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegenDenkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; [X.] § 261 Überzeugungsbildung 33 m.w.[X.]) Hier erweist sich die Beweiswürdigung des [X.] als lük-kenhaft. Freilich können und müssen die Gründe auch eines [X.] nicht jeden irgendwie beweiserheblichen Umstand ausdrücklich wür-digen. Das Maß der gebotenen Darlegung hängt von der jeweiligen Beweis-lage und insoweit von den Umständen des Einzelfalls ab; dieser kann so be-schaffen sein, daß sich die Erörterung bestimmter einzelner [X.] erübrigt. Insbesondere wenn das Tatgericht auf Freispruch erkennt, ob-wohl [X.] wie hier [X.] nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung gegen den [X.] ein ganz erheblicher Tatverdacht besteht, muß es allerdings [X.] Beweiswürdigung und deren Darlegung die ersichtlich möglicherweisewesentlichen gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Erwägun-gen einbeziehen ([X.] aaO). Dem wird das angefochtene Urteil nicht in [X.] gerecht.Nach den Feststellungen klingelte der Angeklagte gegen 18.30 Uhr,mithin wenige Minuten, nachdem [X.]durch sein Zutun zu Todegekommen war, bei Bekannten und stellte [X.] vorgeblich ahnungslos [X.] Nach-forschungen über den Verbleib seiner Freundin an ([X.], 22, 25). An dieTür des dem Tatort nahen Wohnhauses der Familie D heftete er einen[X.] von den Eltern der Getöteten dort kurz nach 19.30 Uhr aufgefundenen [X.]- 6 -Zettel mit der [X.] gelogenen [X.] Nachricht, er habe [X.]D um 18.30 Uhrdort, wie verabredet, aufgesucht, aber nicht angetroffen ([X.] f.). [X.] fragte er im [X.], wo sich [X.]D , wie er wußte,aufgehalten hatte, bevor sie mit ihm zusammengetroffen war, [X.] ihrem Verbleib ([X.]). Diese Umstände sind ein signifikantes Indizfür ein überlegtes, gar geplantes Vorgehen des Angeklagten, mit dem er [X.] belastende Zusammentreffen mit der Getöteten alsbald wirksam zu ver-tuschen suchte. Dies tat er kurze Zeit, nachdem [X.]D durch [X.] zu Tode gekommen war; jedenfalls die Nachfrage bei den [X.] nach nur wenigen Minuten. Das spricht bezogen auf die etwa zeit-gleich begonnene Beseitigung der Leiche augenfällig gegen eine [X.], die das Schwurgericht für den Fall der Tatvariante ledig-lich leicht schuldhaften Verhaltens des Angeklagten für möglich hält. [X.] Erörterung dieses in seiner Bedeutung verkannten Belastungsindizeserweist sich diese Überlegung nicht als tragfähig; die Beweiswürdigung [X.] jedenfalls schon insoweit lückenhaft.Ebenso unerläßlich war die Erörterung dieses auf überlegtes Vorge-hen hindeutenden Nachtatverhaltens im Zusammenhang mit den Erwägun-gen des Schwurgerichts zur Möglichkeit einer vom Angeklagten [X.]. Ob auch die von der Revision der Nebenklägerin zu 1 [X.] der sachlichrechtlichen Beanstandungen zur Beweiswürdigung vor-getragenen Bedenken und das Unterbleiben eingehenderer Erörterung derzeitlichen, räumlichen und sachlichen Begleitumstände der Leichenbeseiti-gung Anlaß zu durchgreifenden Bedenken gegen die Beweiswürdigung [X.] geben müssen, bedarf danach keiner Entscheidung.b) Abgesehen davon hätte das Urteil auch insoweit keinen Bestandhaben können, da das Schwurgericht selbst auf der Grundlage seiner Fest-stellungen nicht zu einer Freisprechung des Angeklagten gelangen durfte.Das Gericht wäre gehalten gewesen, die von ihm für möglich erach-- 7 -tete, nach dem Zweifelsgrundsatz denkbar mildeste Variante schuldhaftengewaltsamen Einwirkens des Angeklagten auf [X.] D im [X.] mit ihrer Tötung konkret festzustellen und hiernach die strafrechtli-che Verantwortung des Angeklagten zu bestimmen. Daß eine so bei [X.] möglichen, aber jeweils als Gewaltdelikt strafbaren [X.] dem Zweifelsgrundsatz festgestellte Tat nach der vorgegebenen zeitli-chen, örtlichen und sachlichen Eingrenzung keine hinreichend konkreteGrundlage für eine Verurteilung hätte bieten können (vgl. [X.]R StPO § 261[X.] Tatsachenalternativität 1, 2, 4), ist nicht erkennbar. Die beträchtliche Diver-genz im Ausmaß der Schuld zwischen der denkbar schlimmsten und derdenkbar harmlosesten Tatvariante berechtigt [X.] offenbar entgegen der Auf-fassung des Schwurgerichts [X.] nicht zur Freisprechung, wenn nach [X.] im Ergebnis keine [X.] verbleibt, [X.] Angeklagte sich nicht wegen gewaltsamer Einwirkung auf die [X.] gemacht hätte.Abgesehen davon hat es das Schwurgericht unterlassen, im [X.] mit der Erörterung der angeblich großen Bandbreite in Betracht zuziehender Tatvarianten bis hin zu lediglich fahrlässiger Körperverletzung([X.] f., 32 ff.) die von ihm für möglich erachteten Varianten vollständigdarzustellen. Sämtliche im Urteil konkret beschriebenen Möglichkeiten [X.] ([X.] f.) würden mindestens den Tatbestand der Körper-verletzung mit Todesfolge (§ 226 StGB a.F.) erfüllen, der kein erhöhtes [X.] Fahrlässigkeit für die Todesverursachung verlangt. [X.] davon ver-liert sich der Tatrichter in vagen Vermutungen. Es versteht sich auch nachseiner eigenen Ausgangsbetrachtung nicht etwa von selbst, daß andere [X.], bei denen der Angeklagte unvorsätzlich gewaltsam gegen [X.] vorgegangen sein könnte oder gar ihren Tod unvorhersehbar [X.] hätte, hier konkret in Betracht zu ziehen waren. Für etwa gerechtfer-tigtes oder entschuldigtes Vorgehen des Angeklagten gegen [X.]D bestehen keinerlei [X.] -Die in diesem Zusammenhang erhöhten Begründungsanforderungengelten verstärkt vor dem Hintergrund der zutreffenden eigenen Wertung [X.], bei einem Unglücksfall hätte für den Angeklagten kein vernünfti-ger Anlaß zu der anschließenden Leichenbeseitigung bestanden([X.] f.). An dieser Überlegung hätte der Tatrichter jede weitere etwavon ihm konkret erwogene Tatvariante messen müssen.3. Der Freispruch des Angeklagten kann daher keinen Bestand haben.Mit der [X.] erledigt sich auch die sofortige Beschwerde [X.] gegen die Zubilligung von Entschädigung.Der Senat sieht sich erneut veranlaßt, die Sache an ein anderesLandgericht zurückzuverweisen. Der neue Tatrichter wird bei unveränderterBeweislage die Grundsätze der Rechtsprechung des [X.],wonach keine überhöhten Anforderungen an die Überzeugungsbildung ge-stellt werden dürfen (vgl. [X.] NStZ-RR 1999, 332 m.w.N.), besonders zubeachten haben. Hinsichtlich des Verschlechterungsverbots hat sich der- 9 -neue Tatrichter an der ersten, lediglich vom Angeklagten angefochtenenVerurteilung zu orientieren, aus der sich die Obergrenze für den Strafaus-spruch ergibt.[X.] Häger Basdorf Nack Gerhardt
Meta
08.02.2000
Bundesgerichtshof 5. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2000, Az. 5 StR 310/99 (REWIS RS 2000, 3227)
Papierfundstellen: REWIS RS 2000, 3227
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Keine Referenz gefunden.
Keine Referenz gefunden.