Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2004, Az. I ZR 156/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 735

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 156/02 Verkündet am: 11. November 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

Ausschreibung von Ingenieurleistungen

UWG §§ 3, 4 Nr. 11

Zur wettbewerblichen Haftung des Auftraggebers, der Ingenieurleistungen aus-schreibt, wenn die gemäß der Ausschreibung vorgenommenen [X.] der Ingenieure gegen die [X.] verstoßen.

[X.], [X.]. v. 11. November 2004 - I ZR 156/02 - OLG Stuttgart LG Stuttgart

- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2004 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:

Die Revision gegen das [X.]eil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 14. März 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte ist die Projektgesellschaft der [X.]

, die nördlich des [X.]errichtet werden soll. Am 23. September 1999 leitete sie hinsichtlich der Baumaßnahmen auf dem [X.] mit der vorherigen Vergabebekanntmachung das Verhandlungsver-fahren gemäß § 5 Abs. 1 VOF ein. Unter dem 22. Dezember 1999 und dem 4. Februar 2000 schrieb die Beklagte die Tragwerksplanung und die Planung bei der technischen Ausrüstung aus.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren [X.], sieht die Ausschreibung als wettbewerbswidrig an, weil ihrer Ansicht nach für - 3 - die Berechnung nach der [X.] erforderliche Angaben zu den Grundlagen des Honorars für die ausgeschriebenen Ingenieurleistungen fehlen. Sie hat die [X.] deshalb auf Unterlassung sowie Zahlung ihrer vorgerichtlichen [X.] in Anspruch genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im [X.] Verkehr zu Zwecken des [X.] Honoraranfragen über die Höhe des Honorars für Ingenieurleistungen, für [X.] in der [X.] gesetzlich festgesetzte Honorarsätze geregelt sind, durchzuführen und zur Abgabe von [X.] für diese Ingenieurleistungen aufzufordern, die dem [X.] der Honorartatbestände der [X.] unterfallen und zu denen in den Ausschreibungsunterlagen Angaben zu den Grundlagen des Honorars für diese Ingenieurleistungen [X.], insbesondere in denen

a) Angaben zu den anrechenbaren Kosten für die verschiede-nen Tragwerke bzw. [X.] der technischen [X.] so gemacht werden, daß sie diesen nicht zuorden-bar sind,
b) Angaben zu der [X.], in die die Objekte einzustu-fen sind, nicht gemacht werden,
c) die Auftragnehmer aufgefordert werden, bei voller Lei-stungserbringung die gesetzlich festgesetzten v.H.-Sätze (Honorarprozentsätze) selbst anzugeben bzw. anzubieten,
d) die Anzahl der Objekte offengelassen wird bzw. hierüber unzureichende Angaben gemacht werden,
e) mehrere Objekte zu einem Objekt zusammengefaßt wer-den, - 4 - f) Unterscheidungen nach den [X.] des § 68 [X.] nicht erfolgen bzw. mehrere [X.] zu-sammengefaßt werden,
g) eine Reduzierung des Honorars für [X.]-Leistungen ohne honorarrechtlich anerkannten Grund erfolgt.
Ferner hat sie Zahlung ihrer Abmahnkosten in Höhe von 315,65 DM be-gehrt.
Die Beklagte hat dem entgegengehalten, Angaben zu den Grundlagen des Honorars seien schon deshalb entbehrlich, weil die [X.]

als ein Gebäude anzusehen sei und wegen der Höhe der zu erwartenden [X.] die Vertragspartner folglich das Honorar unabhängig von den Vor-gaben der [X.] festlegen könnten.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben.

In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihren Unterlassungsantrag wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im [X.] Verkehr zu Zwecken des [X.] Honoraranfragen über die Höhe des Honorars für Ingenieurleistungen, deren Vergütung in Leistungsbildern der [X.] geregelt ist, durchzu-führen und zur Abgabe von [X.] für diese Inge-nieurleistungen aufzufordern,

a) ohne die anrechenbaren Kosten für die verschiedenen Tragwerke und/oder Anlagen der technischen Ausrüstung, bei denen das Honorar für jedes Tragwerk und/oder für jede Anlagengruppe der technischen Ausrüstung getrennt zu ermitteln sind, anzugeben, - 5 - b) ohne die [X.] jedes Tragwerkes und/oder jeder
Anlagengruppe anzugeben, der das Tragwerk und/oder die
Anlagengruppe zuzuordnen ist,
c) in denen (gemeint ist: wenn) die Auftragnehmer [X.] werden, bei voller Leistungserbringung die gesetzlich festgesetzten v.H.-Sätze (Honorarprozentsätze) selbst an-zugeben bzw. anzubieten,
d) in denen (gemeint ist: wenn) eine Reduzierung des Hono-rars für [X.]-Leistungen ohne honorarrechtlich anerkann-ten Grund erfolgt.
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage [X.].
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zuge-lassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag als zum Teil unzu-lässig und im übrigen - wie den Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten - als unbegründet angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der im Berufungsverfahren unter d) gestellte Unterlassungsantrag sei nicht hinreichend bestimmt. Weder aus dem Antrag selbst noch aus dem Vor-trag der Klägerin lasse sich entnehmen, was mit der Formulierung "ohne hono-rarrechtlich anerkannten Grund" gemeint sei. Die übrigen Klageanträge seien hinreichend bestimmt, aber unbegründet. Zwar handele es sich entgegen der Auffassung der Beklagten bei der "[X.] " nicht um ein einziges, son- - 6 - dern um mehrere Gebäude, so daß die [X.] der [X.] (§ 4 Abs. 4 [X.]) gälten. Nach § 62 Abs. 1, §§ 68 f. [X.] berechne sich das Honorar für die Tragwerksplanung sowie die Planung der technischen Ausrüstung nach den anrechenbaren Kosten des Objekts, nach der jeweils einschlägigen Honorarzo-ne sowie der [X.]. Hinsichtlich der Angaben zu den anrechenbaren Ko-sten könne schon nicht gesagt werden, daß die Normadressaten der [X.] ge-gen deren Abrechnungsbestimmungen verstießen, wenn sie die [X.] gemäß der Ausschreibung abrechneten. Bei der technischen Ausrüstung läge im Falle entsprechender Abrechnung zwar unter Umständen ein Verstoß gegen die Bestimmungen der [X.] vor. Darauf könne eine [X.] Störerhaftung der Beklagten aber nicht gestützt werden. Die Beachtung des zwingenden [X.]s der [X.] obliege in erster Linie den Architekten und Ingenieuren, nicht deren Auftraggebern. Die Beklagte könne sich darauf beru-fen, daß ihr im konkreten Fall eine Prüfungspflicht überhaupt nicht oder [X.] nur eingeschränkt zuzumuten sei. Eine systematische Gebührenunter-schreitung stehe hier nicht in Rede.
Soweit es an der Angabe der jeweiligen [X.] fehle, liege darin schon deshalb kein [X.]verstoß, weil die [X.] frei vereinbart werden könne. Es sei nicht einzusehen, weshalb vor diesem Hintergrund der Auftraggeber als erster die [X.] angeben müsse. Jedenfalls handele es sich nicht um einen für den [X.] ohne weiteres erkennbaren Störungszustand. Dasselbe gelte für die Angabe der Honorarsätze.
I[X.] Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision stand. - 7 - 1. Der Unterlassungsantrag zu d) ist, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, nicht hinreichend bestimmt und daher unzulässig (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Nach der Antragsfassung greift die [X.] nur ein, wenn in den Honoraranfragen oder in der Aufforderung zur Abgabe von [X.] eine Reduzierung des Honorars für [X.]-Leistungen "ohne honorarrechtlich anerkannten Grund" erfolgt. Wann im Einzelfall ein honorar-rechtlich anerkannter Grund für eine Kürzung des Honorars gegeben wäre, [X.] einer häufig nicht einfachen rechtlichen Beurteilung. Daraus folgt, daß die Entscheidung darüber, was der Beklagten verboten ist, in das Vollstreckungs-verfahren verlegt würde. Dies ist mit den Anforderungen an die Bestimmtheit des [X.] nicht vereinbar (vgl. [X.], [X.]. [X.] - I ZR 171/90, [X.], 561, 562 - Unbestimmter Unterlassungsantrag II; Teplitzky, [X.]rechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl. [X.]. 51 Rdn. [X.] ff. m.w.[X.]). Entgegen der Auffassung der Revision wird der Antrag zu d) auch nicht dadurch hinreichend konkretisiert, daß die Klägerin in der Beru-fungsinstanz unter Hinweis auf einen konkreten Teil der Leistungsbeschreibung beanstandet hat, bereits erbrachte Leistungen im Rahmen der Systemplanung würden zu Unrecht als Argument für eine Reduzierung des Honorars herange-zogen. Die verallgemeinerte Fassung des [X.] zu d) geht über diese konkrete Fallgestaltung hinaus.
2. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Be-achtung des zwingenden [X.]s der [X.] den Architekten und Ingenieu-ren, nicht aber deren Auftraggebern obliegt. Es hat deshalb angenommen, daß allenfalls eine Haftung der Beklagten als Störerin in entsprechender Anwen-dung des § 1004 BGB i.V. mit § 1 UWG a.F. (jetzt §§ 3, 4 Nr. 11) in Betracht kommen könnte (vgl. [X.], [X.]. v. 15.5.2003 - I ZR 292/00, [X.], 969, 970 = [X.], 1350 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen). Die Vor-- 8 - aussetzungen einer Störerhaftung nach der von ihm zugrunde gelegten Recht-sprechung des [X.] (vgl. [X.] 148, 13, 17 - ambiente.de; [X.], [X.]. v. 18.10.2001 - I ZR 22/99, [X.], 618, 619 = [X.], 532 - [X.] Dekor, m.w.[X.]) hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als nicht gegeben angesehen. Auf die Frage, ob die Passivlegitimation für den Unterlas-sungsanspruch in Fällen des [X.] allein nach den deliktsrechtli-chen Kategorien der Täterschaft und Teilnahme begründet werden sollte (vgl. dazu [X.], [X.]. v. 11.3.2004 - I ZR 304/01, GRUR 2004, 860, 864 = [X.], 1287 - Internet-Versteigerung, m.w.[X.]), kommt es daher im Streitfall nicht an.
a) Die für die Bemessung des Honorars nach der [X.] maßgeblichen Faktoren hat der Architekt oder Ingenieur selbst zu ermitteln und in eigener Verantwortung seiner Berechnung zugrunde zu legen. Der Auftraggeber von Ingenieur- oder Architektenleistungen ist nicht verpflichtet, bereits die [X.] der Leistungen so vorzunehmen, daß sie alle für die Ermittlung der Sätze nach der [X.] erforderlichen Angaben enthält. Er kann vielmehr darauf vertrauen, daß die angesprochenen Ausschreibungsempfänger die für die Er-mittlung ihres nach der [X.] zulässigen Honorars erforderlichen Grundlagen in eigener Verantwortung prüfen und ggf. um die Ergänzung in der Ausschreibung fehlender Angaben bitten ([X.] [X.], 969, 971 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen).
Mit Recht hat das Berufungsgericht daher angenommen, daß die [X.], wie die anrechenbaren Kosten sowie die jeweilige [X.] und der zugrundezulegende [X.] im Streitfall gemäß den [X.] der §§ 62 ff. [X.] zu ermitteln sind, in erster Linie die [X.] trifft und für die Beklagte eine weitergehende generelle, für die Be-jahung einer Störerhaftung vorauszusetzende Prüfungspflicht nicht besteht. - 9 - Daß die Beklagte sich bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen der Mithilfe eines [X.] bedient hat, führt entgegen der Auffassung der Revision selbst dann nicht zu einer Erweiterung ihrer Prüfungspflichten, wenn der Dritte selbst den Regelungen der [X.] unterworfen sein sollte.

b) Eine Verantwortlichkeit der Beklagten als Störerin, weil diese die mit der Ausschreibung angesprochenen Ingenieure durch gezielte, von dem zwin-genden [X.] der [X.] abweichende oder unvollständige Vorgaben zur Preisermittlung zu einer Unterschreitung der [X.] aufgefordert hätte (vgl. [X.] [X.], 969, 971 - Ausschreibung von [X.]), hat das Berufungsgericht gleichfalls zutreffend verneint. Insbesondere ist seine Beurteilung nicht zu beanstanden, es handele sich, selbst wenn die [X.] der angesprochenen Ingenieure gegen die [X.] verstieße, ange-sichts der verschiedenen Abrechnungsvarianten, die die [X.] für Aufträge mit mehreren Tragwerken vorsehe, nicht um einen für die Beklagte ohne weiteres erkennbaren Störungszustand. Eine systematische Gebührenunterschreitung hat das Berufungsgericht verneint. Soweit die Revision vorbringt, von der [X.] zur Erstellung der "[X.] " als eines der größten Bauwerke [X.] gegründeten Beklagten sei die Kenntnis und Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften zu erwarten gewesen, berücksichtigt sie nicht hin-reichend, daß die angesprochenen Ingenieure ihre Honorarforderungen in ei-nem Rahmen unterschiedlicher [X.]n und Honorarsätze eigenverant-wortlich zu stellen haben.
Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz geltend gemacht hat, daß die Beklagte "letztlich eine Gesellschaft der öffentlichen Hand dar-stellt", der die Beachtung und Einhaltung gesetzlicher Vorgaben in jedem Falle zugemutet werden könne, und sie gegen Verwaltungsvorschriften über die Ver-- 10 - gabe öffentlicher Aufträge verstoßen habe, ist dieses Vorbringen - ungeachtet der Frage, inwieweit es die wettbewerbsrechtliche Beurteilung überhaupt zu beeinflussen vermag - schon als in der Revisionsinstanz unzulässiger neuer Vortrag unbeachtlich (§ 559 Abs. 1 ZPO).
3. Da eine [X.] der Beklagten nicht besteht, kann die Klägerin auch nicht Ersatz ihrer Abmahnkosten verlangen.
II[X.] Die Revision ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO [X.].

[X.] Büscher

Schaffert Bergmann

Meta

I ZR 156/02

11.11.2004

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2004, Az. I ZR 156/02 (REWIS RS 2004, 735)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 735

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZR 195/09 (Bundesgerichtshof)

Wirksamkeit einer Pauschalhonorarvereinbarung mit dem Architekten: Überschreitung des Tafelhöchstwertes bei getrennter Abrechnung nach Anlagengruppen; Überschreitung …


I ZR 292/00 (Bundesgerichtshof)


VII ZR 195/09 (Bundesgerichtshof)


VII ZR 164/13 (Bundesgerichtshof)

Honorarklage aus einem Ingenieurvertrag mit einem öffentlichen Auftraggeber: Gesetzeswidrigkeit einer Honorarvereinbarung bei Nichtbeachtung von Vorschriften …


VII ZR 314/13 (Bundesgerichtshof)

Architektenvertrag: Wirksamkeit einer vom Auftraggeber gestellten AGB-Klausel über die Bestimmung der anrechenbaren Kosten auf der …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.