Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.04.2014, Az. VII ZR 164/13

7. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6126

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Gegenstand

Honorarklage aus einem Ingenieurvertrag mit einem öffentlichen Auftraggeber: Gesetzeswidrigkeit einer Honorarvereinbarung bei Nichtbeachtung von Vorschriften über die Aufstellung des Haushaltsplans; Unwirksamkeit einer Regelung der HOAI zur Honorarermittlung; Zulässigkeit eines Zwischenurteils über den Anspruchsgrund


Leitsatz

1. Die Nichtbeachtung von Vorschriften über die Aufstellung des Haushaltsplans hat nicht zur Folge, dass eine von einem öffentlichen Auftraggeber in einem Vertrag über Planungs- und Ingenieurleistungen getroffene Honorarvereinbarung wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB nichtig ist.

2. § 6 Abs. 2 HOAI ist von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in Art. 10 §§ 1 und 2 MRVG nicht gedeckt und damit unwirksam.

3. Zum Grund des Anspruchs kann auch eine vertragliche Preisabrede gehören, wenn diese für die Art der Berechnung der vereinbarten Vergütung maßgeblich ist und der Kläger geltend macht, ihm stehe im Falle ihrer Unwirksamkeit ein über das vereinbarte Honorar hinausgehender Honoraranspruch zu.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Grundurteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 5. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Revision werden dem Beklagten auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der S.GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) das beklagte Land auf Zahlung eines weiteren Honorars für die Objekt- und Tragwerksplanung der Erneuerung einer Wegüberführung über die [X.] bei [X.] in Anspruch. In dem zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten geschlossenen Vertrag vom 26. November/10. Dezember 2009 war ein Honorar von brutto 24.478,04 € vereinbart. Der Beklagte hatte in der Leistungsbeschreibung für die Honorarermittlung geschätzte Baukosten für die Objektplanung in Höhe von 450.000 € und für die Tragwerksplanung in Höhe von 425.000 € zugrunde gelegt. Das vereinbarte Honorar wurde vom Beklagten bezahlt. Der Kläger hält die Honorarvereinbarung für unwirksam und verlangt auf der Basis einer von der Schuldnerin erstellten Kostenberechnung über anrechenbare Kosten in Höhe von 802.360 € die Zahlung eines weiteren, nach dem Mindestsatz berechneten Honorars in Höhe von 21.076,92 €.

2

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision hat keinen Erfolg.

4

Für die Beurteilung des Honoraranspruchs des Klägers ist die am 18. August 2009 in [X.] getretene Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen ([X.]) vom 11. August 2009 ([X.] I S. 2732) maßgeblich.

I.

5

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass der Schuldnerin aus dem Ingenieurvertrag vom 10. Dezember 2009 eine weitere Vergütung zustehe, weil die im Vertrag getroffene Baukostenvereinbarung unwirksam sei. Dies ergebe sich nicht daraus, dass § 6 Abs. 2 [X.] nichtig sei. Dieser sei von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in Art. 10 §§ 1, 2 des [X.] und zur Begrenzung des [X.] sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4. November 1971 - [X.] - ([X.] I S. 1745, 1749) gedeckt. Ein Ausnahmefall, der eine Unterschreitung der [X.] rechtfertigen könne, liege vor, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 [X.] erfüllt seien. Es könne dahin stehen, ob das gesetzliche Nachprüfbarkeitsgebot eingehalten worden sei und ob aus dem Nachprüfbarkeitserfordernis hergeleitet werden könne, dass eine Baukostenvereinbarung unwirksam sei, wenn die Abweichung von den realistischen Kosten mehr als 10 % betrage. Offen bleiben könne ferner, ob [X.] nur im Bereich des Hochbaus in Betracht zu ziehen seien, weil bei Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen keine gesicherten Datenbankbestände vorlägen. Denn die Baukostenvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen § 24 und § 54 der [X.] vom 20. Dezember 1971 (GVBl. 1972, 2 - [X.]) nichtig. Der Beklagte sei wegen der haushaltsrechtlichen Bindungen, denen er unterliege und die nach Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 GG Außenwirkung zugunsten der Schuldnerin hätten, rechtlich gehindert, einen Architektenvertrag mit einer Baukostenvereinbarung nach § 6 Abs. 2 [X.] zu schließen, weil dessen Voraussetzungen bei Beachtung der §§ 24, 54 [X.] nie erfüllt seien.

II.

6

Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

7

1. Rechtlich verfehlt ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Baukostenvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen §§ 24, 54 [X.] unwirksam. Gemäß § 24 Abs. 1 [X.] dürfen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Baumaßnahmen erst veranschlagt werden, wenn Pläne, Kostenberechnungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten der Baumaßnahme, des Grunderwerbs und der Einrichtungen sowie die vorgesehene Finanzierung und ein Zeitplan ersichtlich sind. Baumaßnahmen dürfen nach § 54 Abs. 1 [X.] nur begonnen werden, wenn ausführliche Entwurfszeichnungen und Kostenberechnungen vorliegen, es sei denn, dass es sich um kleine Maßnahmen handelt. Dazu ist in 1.1 der Verwaltungsvorschrift des [X.] zu § 54 [X.] bestimmt, dass kleine Baumaßnahmen im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.] nur solche Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sind, deren Mittelbedarf nicht höher als 375.000 € ist.

8

a) Es bestehen bereits Zweifel, ob § 24 Abs. 1, § 54 Abs. 1 [X.] ihrem Wortlaut nach einem Planungsauftrag mit einer Honorarvereinbarung des beklagten [X.] nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 [X.] entgegenstehen. Der Beklagte hat die Schuldnerin mit Planungs- und Ingenieurleistungen der Objekt- und Tragwerksplanung für ein Brückenbauwerk beauftragt. Die genannten Vorschriften der [X.] betreffen dagegen ihrem Wortlaut nach Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Baumaßnahmen, deren Veranschlagung im Haushaltsplan ausdrücklich vom Vorliegen einer hinreichend detaillierten Planung und Kostenermittlung abhängig gemacht wird. Ob einem Auftrag zur Erstellung der für eine Baumaßnahme erforderlichen Planung die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Baumaßnahmen nicht entgegenstehen, kann der Senat offen lassen.

9

b) Denn das Berufungsgericht hat verkannt, dass nicht jeder Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorschriften zur Unwirksamkeit einer zivilrechtlichen Vereinbarung führt.

aa) Vorschriften über die Aufstellung des Haushaltsplans sind keine Verbotsgesetze im Sinne des § 134 [X.] (vgl. [X.], 394, 399 f.; [X.], Urteil vom 5. Januar 1998 - 17 U 1652/97, juris Rn. 41; [X.]/[X.], [X.], 73. Aufl., § 134 Rn. 18). Einer Gesetzesvorschrift kommt der Charakter eines Verbotsgesetzes nur zu, wenn das Gesetz sich nicht nur gegen den Abschluss des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg (vgl. [X.], Urteil vom 22. Dezember 2000 - [X.], [X.]Z 146, 250, 257 f.; Urteil vom 22. Oktober 1998 - [X.], [X.]Z 139, 387, 391 f. m.w.N.). Der jährlich aufzustellende Haushaltsplan dient nach § 2 [X.] der Feststellung und Deckung des Finanzbedarfs, der zur Erfüllung der Aufgaben des [X.] im Bewilligungszeitraum voraussichtlich notwendig ist. Der Haushaltsplan ist Grundlage für die Haushalts- und Wirtschaftsführung. § 3 [X.] stellt klar, dass der Haushaltsplan die Verwaltung lediglich ermächtigt, Ausgaben zu leisten und Verpflichtungen einzugehen. Durch den Haushaltsplan werden Ansprüche oder Verbindlichkeiten weder begründet noch aufgehoben. Vorschriften über die Aufstellung des Haushaltsplans enthalten danach für die öffentliche Verwaltung lediglich intern verbindliche Vorgaben für das Verwaltungshandeln. Durch die Haushaltsordnung wird die öffentliche Hand verpflichtet, bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes die in der Haushaltsordnung festgelegten Grundsätze zu beachten (vgl. [X.], 394, 399). Eine Außenwirkung kommt derartigen haushaltsrechtlichen Normen nur im Rahmen der sogenannten Selbstbindung der Verwaltung zu, indem sie das Ermessen der letztlich für die Mittelverteilung bestimmten Stellen regeln (vgl. BVerwGE 126, 33 Rn. 52; [X.], 220, 223 m.w.N.).

bb) Rechtsgeschäfte mit einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die das öffentliche Haushaltsrecht missachten, können im Einzelfall allerdings sittenwidrig und damit gemäß § 138 Abs. 1 [X.] nichtig sein, wenn sie in krassem Widerspruch zum Gemeinwohl stehen und der Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorschriften beiden Seiten subjektiv zurechenbar ist (vgl. [X.], Urteil vom 25. Januar 2006 - [X.], [X.], 590 Rn. 28; Urteil vom 30. Januar 1967 - [X.], [X.]Z 47, 30, 36; Urteil vom 7. März 1962 - [X.], [X.]Z 36, 395, 398; [X.], Urteil vom 5. Januar 1998 - 17 U 1652/97, juris Rn. 41; [X.], Urteil vom 19. Mai 1998 - 9 U 1189/97, juris Rn. 45). Umstände, die im vorliegenden Fall die Sittenwidrigkeit der Honorarvereinbarung wegen Verstoßes gegen die [X.] begründen können, sind nicht vorgetragen und vom Berufungsgericht auch nicht festgestellt worden.

2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich jedoch aus anderen Gründen im Ergebnis als zutreffend.

Dem Kläger steht dem Grunde nach ein weiterer Honoraranspruch zu. Zu Recht vertritt der Kläger die Auffassung, dass das Honorar auf der Grundlage der Kostenberechnung gemäß § 6 Abs. 1 [X.] zu berechnen ist. Vergeblich beruft sich der Beklagte darauf, dass die Vertragsparteien sich auf die Baukosten geeinigt hätten und die anrechenbaren Kosten nicht gemäß § 6 Abs. 1 der Kostenberechnung, sondern gemäß § 6 Abs. 2 [X.] den einvernehmlich festgelegten Baukosten entnommen werden müssten. § 6 Abs. 2 [X.] ist unwirksam.

a) Nach § 6 Abs. 2 [X.], dem § 6 Abs. 3 [X.] in der seit dem 17. Juli 2013 geltenden Fassung entspricht, können die Vertragsparteien, wenn zum Zeitpunkt der Beauftragung noch keine Planungen als Voraussetzung für eine Kostenschätzung oder Kostenberechnung vorliegen, schriftlich vereinbaren, dass das Honorar auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten einer Baukostenvereinbarung nach den Vorschriften dieser Verordnung berechnet wird. Dabei sind nachprüfbare Baukosten einvernehmlich festzulegen.

Mit dieser Regelung verstößt der Verordnungsgeber gegen die in der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in Art. 10 § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] und § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des [X.] vom 12. November 1984 ([X.] I S. 1337) enthaltene Vorgabe, Mindest- und Höchstsätze für Architekten- und Ingenieurleistungen in der Honorarordnung verbindlich festzulegen. Denn er gibt den Parteien die Möglichkeit, das Honorar auf der Grundlage einer einvernehmlichen Festlegung der Baukosten unterhalb der [X.] oder oberhalb der Höchstsätze zu vereinbaren, ohne dass die Voraussetzungen vorliegen, unter denen eine Abweichung von diesen Sätzen zulässig ist. Die Regelung des § 6 Abs. 2 [X.] ist schon deshalb unwirksam, weil sie durch eine derartige Vereinbarung die Unterschreitung von [X.]n zulässt, ohne dass ein Ausnahmefall nach Art. 10 § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] oder § 2 Abs. 3 Nr. 1 [X.] vorliegt.

aa) Nach Art. 10 § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] und § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] sind für Architekten- und Ingenieurleistungen Mindest- und Höchstsätze festzusetzen. Außerdem ist in der Honorarordnung gemäß Art. 10 § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] und § 2 Abs. 3 Nr. 1 [X.] vorzusehen, dass die [X.] durch schriftliche Vereinbarung in Ausnahmefällen unterschritten werden können. Die gesetzliche Regelung hat den Zweck, zum Schutz des Berufsstands der Architekten und Ingenieure eine wirksame Schranke gegen eine Unterschreitung der [X.] zu schaffen. Die [X.] sollen insbesondere dazu dienen, den vom Gesetzgeber gewollten Qualitätswettbewerb zu fördern und einen ungezügelten, ruinösen Preiswettbewerb zu unterbinden, der die wirtschaftliche Situation der Architekten und Ingenieure und damit auch die Qualität der Planung und die unabhängige Stellung des Planers zwischen Bauherr und Unternehmer beeinträchtigen würde (vgl. [X.]. 10/1562, S. 5; [X.]. 10/543, S. 4; Plenarprotokoll des [X.] 10/86 vom 21. September 1984, [X.] ff.; [X.], Urteil vom 23. September 1986 - [X.], [X.], 112 ,113; Urteil vom 22. Mai 1997 - [X.], [X.]Z 136, 1, 5 f.). Der damit verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Sicherung und Verbesserung der Qualität der Tätigkeit eines Architekten stellt ein legitimes gesetzgeberisches Ziel dar. Zu seiner Herbeiführung sind verbindliche [X.]ätze geeignet, da sie den Architekten jenseits von [X.] den Freiraum schaffen, hochwertige Arbeit zu erbringen, die sich im Leistungswettbewerb der Architekten bewähren muss ([X.], [X.], 1946, 1948 = [X.], 121). Für Ingenieure gilt Entsprechendes.

bb) Die gesetzliche Ermächtigung zwingt den Verordnungsgeber, so er denn von ihr Gebrauch macht, ein für den Architekten oder Ingenieur auskömmliches Mindesthonorar festzusetzen, das durch Vereinbarung nur in Ausnahmefällen unterschritten werden kann. Dabei ist den berechtigten Interessen der Architekten und Ingenieure und der Auftraggeber Rechnung zu tragen. Die Honorarsätze sind an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an den Leistungen der Architekten und Ingenieure auszurichten, Art. 10 § 1 Abs. 2 Satz 2 und 3, § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.]. Diese Ermächtigung lässt keine Regelung in der Honorarordnung zu, nach der das Honorar frei unterhalb des auskömmlichen Honorars vereinbart werden kann, obwohl kein Ausnahmefall vorliegt. Denn damit würde der Zweck des Gesetzes verfehlt, Architekten und Ingenieure vor einem ruinösen Wettbewerb zu schützen, der sich auf die Qualität der Leistung auswirken kann. Eine derartige Regelung liegt nicht nur vor, wenn das Honorar frei unterhalb des [X.] verhandelt werden kann, sondern auch dann, wenn diejenigen Faktoren ausgehandelt werden können, die die Berechnung des [X.] bestimmen. Denn es macht in der Sache keinen Unterschied, ob das Honorar ohne Rücksicht auf diese Faktoren, wie z.B. bei der Vereinbarung eines Pauschalhonorars, unterhalb des [X.] vereinbart wird, oder ob die Mindesthonorarunterschreitung dadurch bewirkt wird, dass innerhalb des in der Verordnung vorzusehenden Berechnungssystems für die Ermittlung des [X.] Vereinbarungen getroffen werden, die zu einer Mindestsatzunterschreitung führen.

cc) Mit der in § 6 Abs. 1 [X.] getroffenen Regelung hat der Verordnungsgeber die nach Art. 10 § 1 Abs. 2 Satz 1 und § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] geforderte Festsetzung der Mindest- und Höchstsätze vorgenommen. Er hat den Mindestsatz an eine Berechnung geknüpft, in der die anrechenbaren Kosten auf der Grundlage der Kostenberechnung, hilfsweise der Kostenschätzung, maßgebend sind. Er hat vorgesehen, dass die anrechenbaren Kosten in einer bestimmten Weise zu ermitteln sind, § 4 [X.]. Auf diese Weise ergibt sich ein objektiv feststehendes Mindesthonorar für Architekten und Ingenieure, das ein auskömmliches Einkommen sichern soll. Es ist dem Verordnungsgeber untersagt, diese [X.] gesetzlichen Auftrags festgesetzte untere Grenze des Honorars durch eine Vereinbarung der Vertragsparteien über die anrechenbaren Kosten zur Disposition zu stellen. Denn damit würde er seine eigene Festsetzung des noch auskömmlichen Honorars für Architekten und Ingenieure in Frage stellen und zugleich auch das Honorar entgegen dem mit der Ermächtigungsgrundlage verfolgten Zweck unterhalb der [X.] dispositiv gestalten. Die Regelung des § 6 Abs. 2 [X.] kann dazu führen, dass Auftraggeber auf Architekten und Ingenieure einen unangemessenen Wettbewerbsdruck ausüben, indem sie ihre Vorstellungen von den Baukosten vorgeben und gleichzeitig erkennen lassen, dass sie, wenn diese Kosten nicht akzeptiert werden, mit einem anderen Architekten verhandeln werden. Auf diese Weise können Architekten und Ingenieure in die Lage gebracht werden, zur Vermeidung der Auftragserteilung an einen Konkurrenten diese Vorstellungen zu akzeptieren. Wären Architekten und Ingenieure an diese Vereinbarung auch dann gebunden, wenn die sich aus § 6 Abs. 1 [X.] ergebenden [X.] unterschritten wären, wäre das gesetzgeberische Ziel, Architekten und Ingenieuren ein Mindesthonorar zu garantieren, solange kein Ausnahmefall vorliegt, verfehlt. Dabei spielt es keine Rolle, dass nach § 6 Abs. 2 [X.] "nachprüfbare" Baukosten einvernehmlich festgelegt werden müssen. Das Kriterium der Nachprüfbarkeit garantiert kein auskömmliches Honorar. Die nachprüfbaren Baukosten können nach dem Wortlaut der Verordnung unterhalb der sich aus der Kostenberechnung ergebenden anrechenbaren Kosten liegen. Auch aus den Motiven zur Verordnung ergibt sich nichts anderes. Der Verordnungsgeber geht zwar davon aus, dass eine derartige Baukostenvereinbarung von Vertragsparteien getroffen wird, die sich auf Augenhöhe begegnen (vgl. [X.]. 395/09, [X.]). Er hat aber nicht im Sinn, damit das sich aus § 6 Abs. 1 [X.] ergebende Mindesthonorar zu sichern. Vielmehr soll § 6 Abs. 2 [X.] der Kostensicherheit des Auftraggebers dienen (vgl. [X.]. 395/09, [X.]). Dieses Anliegen ist jedoch nach Art. 10 §§ 1 und 2 [X.] nicht schützenswert, solange die [X.] ohne Vorliegen eines Ausnahmefalles unterschritten werden. Der Verordnungsgeber ist nicht ermächtigt, seine Verpflichtung, grundsätzlich nicht verhandelbare [X.] festzulegen, mittelbar dadurch zu umgehen, dass er verbindliche Vereinbarungen über die das auskömmliche Honorar festlegenden Faktoren zulässt.

dd) Daraus ergibt sich, dass nicht der Meinung gefolgt werden kann, die formal darauf abstellt, dass sich an der Berechnungsmethode des § 6 Abs. 1 [X.] nichts ändert, wenn die anrechenbaren Kosten vereinbart worden sind und deshalb ein Mindestsatz anhand der restlichen Faktoren und der Tabelle ermittelt werden kann (vgl. [X.]/Pastor, [X.], 14. Aufl., Rn. 996; [X.]/[X.], [X.], S. 585, 591; [X.], [X.], 393, 401 f.; [X.], [X.] 2011, 419, 421; Kaufmann, [X.] 2011, 1387, 1389).

ee) Zu Unrecht macht die Revision geltend, bereits der Senat hätte Vereinbarungen über Grundlagen der Honorarberechnung zugelassen, die zu einer Mindestsatzunterschreitung führen könnten. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 13. November 2003 ([X.] 362/02, [X.], 354, 355 = NZBau 2004, 195) vielmehr klargestellt, dass die Vereinbarung einer zu niedrigen Honorarzone, die zu einer Unterschreitung der [X.] der in Betracht kommenden zutreffenden Honorarzone führt, grundsätzlich nicht wirksam ist. Für die Einordnung des Objekts in die zutreffende Honorarzone kommt es auf eine objektive Beurteilung der für die Bewertung maßgeblichen Kriterien an. Lediglich eine von den Parteien im Rahmen des ihnen durch die [X.] eröffneten [X.] vorgenommene vertretbare Festlegung der Honorarzone ist vom Gericht regelmäßig zu berücksichtigen. Ein solcher Beurteilungsspielraum besteht in begrenztem Maße jedoch nur, soweit nach Auslegung der Preisvorschriften im Einzelfall zweifelhaft sein kann, welcher Honorarzone das Objekt zuzuordnen ist.

Nicht erheblich ist ferner der unter Verweis auf die Entscheidung des Senats vom 23. Januar 2003 ([X.] 362/01, [X.], 566, 567 = NZBau 2003, 281) erhobene Einwand der Revision, dass auch nach aktuellem Vergütungsrecht eine Bausumme die Obergrenze der anrechenbaren Kosten für die Honorarberechnung bilde, sofern die Vertragsparteien diese Bausumme als Beschaffenheit des geschuldeten Werks vereinbart hätten. Die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze ist als Beschaffenheitsvereinbarung unbedenklich. Dass dem Architekten ungeachtet der tatsächlichen Baukosten ein Honorar nur in der Höhe zusteht, wie es sich aus der vereinbarten Baukostenobergrenze ergibt, folgt nicht aus dem [X.], sondern aus dem Vertragsrecht, das durch das [X.] nicht verdrängt wird.

ff) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass gemäß Art. 10 § 1 Abs. 3 Nr. 1 und § 2 Abs. 3 Nr. 1 [X.] in der Honorarordnung vorzusehen ist, dass die [X.] durch schriftliche Vereinbarung in Ausnahmefällen unterschritten werden können. Der in § 6 Abs. 2 [X.] geregelte Fall ist kein Ausnahmefall im Sinne dieser Regelung. Das ergibt sich bereits aus der systematischen Stellung des § 6 Abs. 2 [X.]. Der Verordnungsgeber hat mit der Möglichkeit, das Honorar auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten einer Baukostenvereinbarung nach § 6 Abs. 2 [X.] zu berechnen, eine Alternative zu der in § 6 Abs. 1 [X.] vorgesehenen Berechnung des Honorars schaffen wollen (vgl. [X.]. 395/09, [X.]). Nicht dagegen hat er einen Ausnahmefall im Sinne des Art. 10 §§ 1 und 2 [X.] regeln wollen.

Ein solcher Ausnahmefall läge auch nicht vor. Bei der Bestimmung eines Ausnahmefalles sind der Zweck der Norm und die berechtigten Interessen der Beteiligten zu berücksichtigen. Die zulässigen Ausnahmefälle dürfen einerseits nicht dazu führen, dass der Zweck der Mindestsatzregelung gefährdet wird, einen "ruinösen Preiswettbewerb" unter Architekten und Ingenieuren zu verhindern. Andererseits können all diejenigen Umstände eine Unterschreitung der [X.] rechtfertigen, die das Vertragsverhältnis in dem Sinne deutlich von den üblichen Vertragsverhältnissen unterscheiden, dass ein unter den [X.]n liegendes Honorar angemessen ist. Das kann der Fall sein, wenn die vom Architekten oder Ingenieur geschuldete Leistung nur einen besonders geringen Aufwand erfordert, sofern dieser Umstand nicht schon bei den Bemessungsmerkmalen der Honorarordnung zu berücksichtigen ist. Ein Ausnahmefall kann ferner beispielsweise bei engen Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher, [X.] oder persönlicher Art oder sonstigen besonderen Umständen gegeben sein ([X.], Urteil vom 22. Mai 1997 - [X.], [X.]Z 136, 1, 8). Auf der Basis der Entscheidung des [X.] vom 20. Oktober 1981 ([X.]E 58, 283, 290 ff.) ist ferner die gesetzgeberische Zielsetzung sowie eine grundrechtsgeleitete Interpretation der Norm vorzunehmen ([X.], Urteil vom 27. Oktober 2011 - [X.] 163/10, [X.], 271 = NZBau 2012, 174). Danach liegt kein Ausnahmefall vor, wenn jeglicher Bezug zu den Umständen, der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie der Leistung der Architekten und Ingenieure fehlt, vgl. auch Art. 10 § 1 Abs. 2 Satz 3 und § 2 Abs. 2 Satz 3 [X.], und damit dem Zweck des Gesetzes zuwider der Wettbewerb eröffnet wird. Das ist der Fall, wenn das Honorar an eine einvernehmliche Festlegung der Baukosten geknüpft wird. Denn in diesem Fall spielen die Besonderheiten des Vertragsverhältnisses keine Rolle. Allein der Wunsch nach Kostensicherheit kann einen Ausnahmefall nicht rechtfertigen.

b) § 6 Abs. 2 [X.] ist unwirksam (vgl. Koeble, [X.], 894, 896 f.; Koeble in: [X.], [X.], 12. Aufl., § 6 Rn. 64; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 6 Rn. 25). Die Vorschrift kann nicht einschränkend dahin ausgelegt werden, dass sie wirksam ist, soweit ihre Anwendung nicht zu einer Unterschreitung des nach § 6 Abs. 1 [X.] berechneten Mindestsatzes führt. § 6 Abs. 2 [X.] kann nicht auf einen mit der gesetzlichen Grundlage in Art. 10 §§ 1, 2 [X.] in Übereinstimmung stehenden Anwendungsbereich reduziert werden. Denn die Voraussetzungen, unter denen im Einzelfall eine Honorarvereinbarung verbindlich ist, weil eine Unterschreitung der für die Honorarvereinbarung zu beachtenden [X.] oder eine Überschreitung der Höchstsätze tatsächlich nicht vorliegt, sind § 6 Abs. 2 [X.] nicht zu entnehmen. Der nach Auslegung der Vorschrift aufrechterhaltene Regelungsgehalt ließe sich daher dem Wortlaut nicht mit der für die Rechtssicherheit erforderlichen Deutlichkeit entnehmen. Eine einschränkende Auslegung des § 6 Abs. 2 [X.] liefe zudem dem vom Verordnungsgeber verfolgten Zweck zuwider. Denn die Vorschrift bezweckt nach ihrem Regelungsgehalt gerade, dass das auf der Grundlage einer ihren Anforderungen entsprechenden Baukostenvereinbarung ermittelte Honorar generell verbindlich sein soll, selbst wenn die nach § 6 Abs. 1 [X.] berechneten [X.] unter- oder die Höchstsätze überschritten werden.

Die Unwirksamkeit von § 6 Abs. 2 [X.] hat dagegen nicht zur Folge, dass die Vertragsparteien gehindert sind, eine Honorarvereinbarung im Rahmen der Mindest- und Höchstsätze wirksam zu treffen, in der die anrechenbaren Kosten oder die ihnen zugrunde liegenden Faktoren im Vertrag festgelegt werden. Eine solche Vereinbarung ist wirksam, wenn sie nicht dazu führt, dass die [X.] der [X.] unterschritten oder die Höchstsätze überschritten werden (vgl. [X.], Urteil vom 17. April 2009 - [X.] 164/07, [X.]Z 180, 235, 244; Urteil vom 16. Dezember 2004 - [X.] 16/03, [X.], 735, 739 m.w.N. = [X.], 285).

3. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass das Berufungsgericht über den geltend gemachten Honoraranspruch durch [X.] entschieden hat.

a) Ein [X.] kann nach § 304 Abs. 1 ZPO ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist und es nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht. Zum Grund des Anspruchs gehören alle anspruchsbegründenden Tatsachen (vgl. [X.], Urteil vom 8. Dezember 2011 - [X.] 12/09, [X.] 2012, 237, 238; Urteil vom 7. März 2005 - [X.], [X.], 396, 397 m.w.N.). Hierzu zählt eine vertragliche Preisabrede, wenn diese für die Art der Berechnung der vereinbarten Vergütung maßgeblich ist und der Kläger geltend macht, ihm stehe im Falle ihrer Unwirksamkeit ein über das vereinbarte Honorar hinausgehender Honoraranspruch zu. Denn in diesem Fall steht nicht allein die Berechnung der Anspruchshöhe im Streit, wie die Revision meint, sondern die Frage, ob der geltend gemachte Anspruch dem Kläger überhaupt zustehen kann. Welche anspruchsbegründenden Tatsachen zum Grund des Anspruchs gehören, ist nicht allein im Hinblick auf den zugrunde liegenden materiell-rechtlichen Anspruch, sondern in Bezug auf den jeweiligen mit der Klage geltend gemachten Anspruch zu beurteilen. Fordert der Kläger mit der Klage ein zusätzliches Honorar, welches sich aus der Differenz zwischen dem nach dem öffentlichen [X.] der [X.] zu bestimmenden Honorar und dem von den Parteien vertraglich vereinbarten Honorar ergibt, kann ein [X.] über den Grund des Anspruchs ergehen, wenn feststeht, dass sich die Berechnung des Honorars nicht nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien, sondern nach den allgemeinen Honorarpreisvorschriften richtet, und eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass dem Kläger ein zusätzliches Honorar in irgendeiner Höhe zusteht.

b) Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger fordert mit der Klage von dem Beklagten ein über das zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten vereinbarte Honorar hinausgehendes Honorar, das sich nach Abzug der vom Beklagten geleisteten Zahlungen bei einer Honorarberechnung gemäß § 6 Abs. 1 [X.] auf der Grundlage anrechenbarer Kosten nach der Kostenberechnung ergeben würde. Die Frage, ob die Schuldnerin das Honorar auf der Grundlage der getroffenen Honorarvereinbarung gemäß § 6 Abs. 2 [X.] zu berechnen hat, diese Vereinbarung mithin wirksam ist, betrifft danach den Grund des Anspruchs. Es besteht zudem eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem Kläger bei einer Honorarberechnung gemäß § 6 Abs. 1 [X.] ein höheres Honorar als im Vertrag vereinbart zustünde. Der Kläger hat vorgetragen, dass sich die anrechenbaren Kosten nach der Kostenberechnung auf 802.360 € belaufen. Ein auf dieser Grundlage ermitteltes Honorar läge damit jedenfalls über dem vereinbarten Honorar, weil die nach der Kostenberechnung zugrunde zu legenden anrechenbaren Kosten die von den Parteien vereinbarten anrechenbaren Kosten übersteigen. Da zwischen den Parteien streitig ist, ob die von der Schuldnerin erstellte Kostenberechnung die anrechenbaren Kosten zutreffend ausweist, konnte über den Grund des Anspruchs gemäß § 304 Abs. 1 ZPO vorab durch [X.] entschieden werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]                 Safari Chabestari                       Eick

            Kartzke                               [X.]

Meta

VII ZR 164/13

24.04.2014

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Koblenz, 5. Juni 2013, Az: 5 U 1481/12, Urteil

§ 134 BGB, § 6 Abs 2 HOAI, Art 10 § 1 MietRVerbG, Art 10 § 2 MietRVerbG, § 304 ZPO, § 2 HO RP, § 3 HO RP, § 24 HO RP, § 54 HO RP

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.04.2014, Az. VII ZR 164/13 (REWIS RS 2014, 6126)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6126

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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