Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.04.2022, Az. 5 StR 100/22

5. Strafsenat | REWIS RS 2022, 3936

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

STRAFRECHT STRAFTATEN DROGEN GELDWÄSCHE CANNABIS-LEGALISIERUNG

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Geldwäschetatbestand: "Herrühren" eines Gegenstandes aus einer rechtswidrigen Tat; Geldwäsche für Buchgelder nach Rückruf von Lastschriftmandaten


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Juli 2021 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen [X.]ldwäsche in zwei Fällen und versuchter [X.]ldwäsche zu einer [X.]samtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 139.300 Euro angeordnet. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

2

1. Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3

a) Die Mitangeklagten [X.]und [X.].  betrieben ein Sperrmüllentsorgungsunternehmen. Für dieses buchten sie von Juli 2017 bis Mai 2018 Online-Werbeanzeigen über den Werbedienst von [X.]  I.     Ltd., wobei sie von Anfang an beabsichtigten, nicht für die Werbeanzeigen zu bezahlen. Dies bewerkstelligten sie, indem sie der [X.]  I.     Ltd. Einzugsermächtigungen zu verschiedenen Konten erteilten, die daraufhin die Werbeanzeigen an prominenter Stelle schaltete und die vereinbarten [X.]lder abbuchte. Zum letztmöglichen Zeitpunkt widerrief der Mitangeklagte [X.]plangemäß das jeweilige Lastschriftmandat. In drei Fällen überwies er die rückgebuchten [X.]ldbeträge auf das Konto des mit ihm befreundeten Angeklagten, der das [X.]ld anschließend abheben und dem Mitangeklagten aushändigen sollte. Dies gelang in zwei Fällen im Dezember 2017 und im April 2018; in einem Fall (März 2018) führte die angewiesene Bank die Überweisung an den Angeklagten nicht aus. Insgesamt erlangte der Angeklagte Buchgeld in Höhe von 139.300 Euro, die er in bar an den Mitangeklagten [X.]weiterreichte.

4

[X.]hatte dem Angeklagten sein Vorgehen zuvor bei mehreren [X.]sprächen im Jahr 2017 beschrieben: Er erhalte die Aufträge für sein Sperrmüllentsorgungsunternehmen durch Werbeanzeigen bei [X.] . Diese beeinflusse er gezielt so, dass sie immer „ganz oben auftauchen“. Die Werbeanzeigen bezahle er nicht, da er sich die dafür überwiesenen [X.]lder wieder zurückbuchen lasse. Angesichts dessen nahm der Angeklagte, der seiner Einlassung zufolge wusste, dass der Mitangeklagte [X.][X.]  „austrickse“, billigend in Kauf, dass die auf sein Konto überwiesenen [X.]lder aus [X.] zum Nachteil der [X.]  I.      Ltd. stammten und durch die Überweisung deren Herkunft aus Straftaten verschleiert wurde. Hingegen hat die [X.] nicht „mit ausreichender Sicherheit“ feststellen können, dass der nicht in die Strukturen der Mitangeklagten eingebundene Angeklagte „begriff“, durch die Bereitstellung seines Kontos [X.] zum Nachteil der [X.]  I.     Ltd. zu fördern.

5

b) Das [X.] hat die Handlungen des Angeklagten als [X.]ldwäsche in zwei Fällen und versuchte [X.]ldwäsche gewertet. Bei den durch die Mitangeklagten begangenen Vortaten handle es sich jeweils um einen Computerbetrug oder Betrug in einem besonders schweren Fall. Eine Beteiligung an den Vortaten als [X.]hilfe habe es „letztlich allein deswegen“ nicht angenommen, weil es dem Angeklagten nicht habe „widerlegen“ können, dass er weder „den Mechanismus der [X.] -Überweisungen verstand noch wie das an ihn überwiesene [X.]ld dabei helfen könnte, das Betrugsgeschehen zum Nachteil der [X.]  I.     Ltd. zu fördern“.

6

2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeter und versuchter [X.]ldwäsche hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zu Recht hat der [X.]neralbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt, dass die vom Angeklagten erlangten oder für ihn bestimmten Buchgelder nicht aus den von den Mitangeklagten begangenen (Computer-)[X.] herrührten.

7

Das Herrühren eines [X.]genstandes aus einer rechtswidrigen Tat im Sinne des § 261 Abs. 1 StGB ist gegeben, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zwischen dem [X.]genstand und der Vortat ein Kausalzusammenhang besteht, der [X.]genstand seine Ursache also in der rechtswidrigen Tat hat, sich mithin aus dieser ableiten lässt (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 4/09, [X.]St 53, 205, 209 f.; Urteil vom 15. August 2018 – 5 StR 100/18, [X.], 29, 30). Die inmitten stehenden Buchgelder lassen sich nicht im Sinne eines solchen Zusammenhangs auf die (Computer-)[X.] zum Nachteil der [X.]  I.     Ltd. zurückführen. Aus diesen [X.] lassen sich die (geldwerten) Werbeanzeigen ableiten. Die dem Angeklagten zugewendeten oder für ihn bestimmten Buchgelder sind hingegen nicht bemakelt. Vielmehr hatten sie – worauf der [X.]neralbundesanwalt zu Recht hinweist – ihre Ursache in legalen Erstattungsverlangen nach § 675x Abs. 2 und 4 BGB, die die Mitangeklagten zur Begehung der Vortaten ausgenutzt haben. Das aufgrund dessen gutgeschriebene Buchgeld rührt mithin nicht aus einer rechtswidrigen Tat her und ist damit kein taugliches [X.]ldwäscheobjekt im Sinne des § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. auch [X.]/[X.]/[X.], StGB, 30. Aufl., § 261 Rn. 9 unter Hinweis auf den Sonderfall des [X.]; LK-Schmidt/[X.], StGB, 12. Aufl., § 261 Rn. 11; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 261 Rn. 37).

8

3. Das Urteil beruht auf dem Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Die Sache bedarf daher mit Blick auf die in Betracht kommende Strafbarkeit wegen Beihilfe zu den in Rede stehenden (Computer-)[X.] der Mitangeklagten insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.

[X.]     

      

[X.]ricke     

      

Köhler

      

Resch     

      

von Häfen     

      

Meta

5 StR 100/22

25.04.2022

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 12. Juli 2021, Az: 502 KLs 3/21

§ 261 Abs 1 S 1 StGB, § 263 StGB, § 675x Abs 2 BGB, § 675x Abs 4 BGB, § 261 StPO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.04.2022, Az. 5 StR 100/22 (REWIS RS 2022, 3936)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3936

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 1/21 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen Geldwäsche: Konkurrenzverhältnis bei aufeinanderfolgenden Geldwäschehandlungen; Revisionsbeschränkung auf die Einziehungsentscheidung


5 StR 177/23 (Bundesgerichtshof)

Geldwäsche: Strafausschließung bei Vortatbeteiligung in einem Altfall


12 KLs 319 Js 227596/16 (LG München I)

Voraussetzungen der leichtfertigen Geldwäsche


5 StR 100/18 (Bundesgerichtshof)

Geldwäsche: Geldwäschetauglichkeit eines Vermögensgegenstands bei Vermengung mit legalen Finanzmitteln; Konkurrenzverhältnis bei mehreren Handlungen


2 StR 185/20 (Bundesgerichtshof)

Vermögensabschöpfung bei Geldwäsche: Taugliches Tatobjekt; Vermischung legal erworbener und inkriminierter Geldmittel; Ausgleich unangemessener Härten bei …


Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 421/21

1 StR 14/22

Zitiert

5 StR 100/18

Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.