Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2006, Az. NotZ 23/06

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2006, 749

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[X.][X.] vom 20. November 2006 in dem Verfahren wegen Bestellung zum Notar - 2 - Der [X.], [X.], hat durch [X.], [X.] und [X.] sowie die Notare [X.] und Justizrat Dr. [X.] am 20. November 2006 beschlossen: Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des [X.] des [X.] vom 9. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner sowie dem weiteren Beteiligten im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Antragsgegner hatte im [X.] vom 15. März 2004 eine [X.] im Amtsgerichtsbezirk K. W. zur Wiederbesetzung ausgeschrieben und das Ende der Bewerbungsfrist auf den 15. April 2004 festgelegt. Auf diese Ausschreibung sind vier Bewerbungen eingegangen, darunter die des Antragstellers und des weiteren Beteiligten. 1 - 3 - Der Antragsteller war nach dem zweiten juristischen Staatsexamen von Oktober 1997 bis Juni 1999 als [X.] auf Probe bei dem [X.]tätig, zum 1. Juli 1999 ist er als Notarassessor in den Anwärterdienst des [X.] aufgenommen worden. Mit Wirkung vom 1. August 2001 hat ihn der Antragsgegner zum Notar mit Amtssitz in [X.]bestellt. Der 1973 ge-borene weitere Beteiligte ist nach Ablegung des zweiten juristischen Staatsex-amens seit 20. August 2001 Notarassessor im Anwärterdienst des [X.]. Vom 1. Januar bis 30. April 2004 verwaltete er eine [X.] in [X.], seit 1. Juni 2004 verwaltet er die hier verfahrensgegenständliche [X.] in [X.]. 2 Nachdem der Antrag einer in demselben [X.] Notarin auf gerichtliche Entscheidung gegen die beabsichtigte Wiederbe-setzung der offenen [X.] rechtskräftig zurückgewiesen worden war (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 2005 - [X.] 1/05 = D[X.] 2005, 947), hat der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 7. September 2005 mitge-teilt, dass er beabsichtige, diese Stelle mit dem weiteren Beteiligten zu [X.]. Er hat dies damit begründet, dass der Antragsteller die [X.] am Amtssitz in [X.] von fünf Jahren gemäß Abschnitt II Nr. 4 Satz 1 der Allgemeinen Verfügung über die Angelegenheiten der Notare (vom 18. März 1999 - [X.] vom 31. Oktober 2004 - [X.] 114; im Folgenden: [X.]) noch nicht erfüllt habe. Ein Absehen von der Be-achtung der [X.] komme nicht in Betracht, insbesondere könne die [X.] in [X.] nicht eingezogen werden; daher scheide ein [X.] des Antragstellers aus. 3 Hiergegen hat der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung ge-stellt mit dem Begehren, den Bescheid vom 7. September 2005 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, über die Bewerbung des Antragstellers 4 - 4 - unter Beachtung der Rechtsauffassung des [X.] erneut zu [X.]. Das [X.] hat den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. I[X.] Das Rechtsmittel des Antragstellers ist zulässig (§ 111 Abs. 4 [X.], § 42 Abs. 4 [X.]), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das [X.] den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen; denn der Antragsgegner hat durch seine Entscheidung nicht rechtswidrig in die Rechte des Antragstellers eingegriffen. 5 1. Weder durch die [X.] noch durch das Grundgesetz wird einem Bewerber ein Rechtsanspruch auf die Übertragung einer bestimm-ten [X.] gewährt. Dies gilt auch und erst recht dann, wenn ein Bewerber, der bereits Notar ist, um eine Verlegung seines Amtssitzes gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 [X.] nachsucht, um die freie Stelle einnehmen zu können. In diesem Fall hat die Justizverwaltung bei Vorlage mehrerer Bewerbungen nicht nur eine Auswahl nach § 6 Abs. 3 [X.] zu treffen, vielmehr hängt ihre Entscheidung über die Bewerbung des bereits amtierenden Notars auch - und vorrangig - da-von ab, ob die Verlegung dessen Amtssitzes im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 [X.] mit den Belangen einer geordneten Rechtspflege in Einklang stünde. Bei der Beurteilung dieser Frage ist der Justizverwaltung im Rahmen ihrer [X.] ein erheblicher, gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer [X.] eingeräumt. Dieser ist damit insgesamt weiter als derjeni-ge bei einer reinen Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 [X.]; denn betrof-fen wird der bereits amtierende Notar hier nicht in seiner Berufswahlfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, sondern durch das mögliche weitere [X.] - 5 - halten an seinem bisherigen Amtssitz lediglich in der Freiheit der Berufsaus-übung (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG), die aufgrund der staatlichen Bindungen des [X.] von vornherein besonderen Beschränkungen unterliegt. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich um eine frei gewordene (Nur-) [X.] so-wohl Notarassessoren aus dem Anwärterdienst des betreffenden Bundeslandes als auch bereits amtierende Notare bewerben (st. Rspr.; s. nur - jeweils m. w. N. - Senatsbeschlüsse vom 28. März 1991 - [X.] 27/90 = NJW 1993, 1591; vom 5. Februar 1996 - [X.] 25/95 = D[X.] 1996, 906; vom 14. Juli 2003 - [X.] 47/02 = NJW-RR 2004, 1067). Der Antragsgegner hat sich in Abschnitt II Nr. 4 Satz 1 [X.] im [X.] gleichmäßiger Handhabung durch Verwaltungsanweisung dahin gebunden, dass Bewerbungen von Notaren auf andere [X.]n nur berücksichtigt werden, wenn zwischen der Bestellung am bisherigen Amtssitz und dem Ende der Ausschreibungsfrist ein Zeitraum von mindestens fünf Jahren liegt. Eine derartige Allgemeinverfügung hält sich im Rahmen des der Justizverwaltung eingeräumten Organisationsermessens. Es handelt sich hierbei nicht etwa um ein zusätzliches Eignungserfordernis; vielmehr soll durch eine ausreichend lan-ge Verweilzeit des Notars an seinem Amtssitz eine persönliche Kontinuität der Amtsführung sichergestellt und hierdurch das Vertrauen der Rechtsuchenden in die Amtsausübung des Notars gefördert werden. Durch die Beständigkeit der Amtsführung wächst die Vertrautheit des Notars mit den Besonderheiten seines Amtsbereichs, was zur Steigerung der Qualität der vorsorgenden Rechtspflege beitragen kann. Insbesondere bei kleineren und ländlichen Notariaten, die nach Gebührenaufkommen und Arbeitsbedingungen eine vergleichsweise geringe "Anziehungskraft" besitzen, besteht ein besonderes Interesse daran, die Konti-nuität der Amtsführung zu wahren (Senatsbeschlüsse vom 28. März 1991- [X.] 27/90 = NJW 1993, 1591, 1592; vom 13. Dezember 1993 - [X.] 60/92 = D[X.] 1994, 333, 334 f.). Die Voraussetzung einer [X.] am bisherigen 7 - 6 - Amtssitz vor Übernahme einer anderen [X.] dient daher regelmäßig den Belangen einer geordneten Rechtspflege, die mangels weniger belastender Mit-tel auch erforderlich ist; sie ist insbesondere effektiver als die durch § 7 Abs. 7 Nr. 3 [X.] eröffnete Möglichkeit, Notarassessoren zur Übernahme weniger attraktiver [X.]n anzuhalten (Senat aaO S. 335). Durch die Dauer von fünf Jahren wird die Grenze des Zumutbaren für den bereits amtierenden Notar nicht überschritten. Es begegnet daher grundsätzlich im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 2, Art. 33 Abs. 2 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn ein Notar, der die [X.] nicht erfüllt hat, bei einer Bewer-bung um eine andere [X.] nicht in die Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 [X.], die auf die fachliche und persönliche Eignung abstellt, einbezo-gen wird ([X.] NJW-RR 2005, 1431, 1432 f.). Allerdings darf das Erfordernis der [X.] im Hinblick auf die Gewährleistungen der Berufsfrei-heit nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht schematisch angewendet werden; vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Belange einer geordneten Rechtspflege tatsächlich die Beachtung der Verweilzeit erfordern (vgl. Senat, Beschlüsse vom 28. März 1991 - [X.] 27/90 = NJW 1993, 1591, 1593; vom 13. Dezember 1993 - [X.] 60/92 = D[X.] 1994, 333, 335). Hieran kann es insbesondere dann fehlen, wenn in dem fraglichen Bundesland strukturbedingt [X.]n einge-zogen werden müssen und hiervon auch die konkrete Amtsstelle des sich be-werbenden Notars betroffen ist ([X.] aaO S. 1433; Senat, Beschlüsse vom 14. Juli 2003 - [X.] 47/02 = NJW-RR 2004, 1067, 1068; vom 12. Juli 2004 - [X.] 7/04 = NJW-RR 2004, 1703). Dem wird Abschnitt II Nr. 4 [X.] gerecht; denn dessen Satz 3 zeigt, dass der Antragsgegner beim Vorliegen besonderer Gründe ein Abweichen vom Erfordernis der [X.] durchaus für möglich hält. - 7 - 2. Nach diesen Maßstäben erweist sich die Entscheidung des Antrags-gegners nicht als rechtsfehlerhaft; die demgegenüber erhobenen Einwände des Antragstellers greifen nicht durch. 8 a) Soweit der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde geltend macht, die Nichteinhaltung der [X.] dürfe ihm nicht mehr entgegen-gehalten werden, weil diese zwischenzeitlich erreicht und damit der mit ihr ver-folgte Zweck erfüllt sei, übersieht er, dass es gemäß Abschnitt II Nr. 4 Satz 1 [X.] allein darauf ankommt, ob die [X.] am Ende der [X.] erfüllt war. Diese Regelung ist nicht zu beanstanden. Es ist sachgerecht, das Ende der Bewerbungsfrist als den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem die Verweildauer erfüllt sein muss. Dies dient zum einen der Gleichbe-handlung aller Bewerber, für die hierdurch die Frist berechenbar und gleichzei-tig gewährleistet wird, dass nicht sachfremde Umstände wie eine überlange Dauer des Besetzungsverfahrens die Bewerbungschancen unkalkulierbar ma-chen. Zum anderen wird die Justizverwaltung in die Lage versetzt, die Stellen-besetzung grundsätzlich in angemessener Frist durchzuführen, weil objektive Faktoren die Bewerberauswahl erleichtern. Ansonsten wäre das Auswahlver-fahren - unter Anhörung der Notarkammer (§ 10 Abs. 1 Satz 3, § 12 Satz 1 [X.]) - erschwert, weil eine alternative Auswahl getroffen oder, sobald ein Bewerber in die Frist "hineingewachsen" ist, der Vorgang wiederholt werden müsste. Ebenso unzuträglich wäre es, wenn Bewerber die Verfahrensdauer mit dem Ziel beeinflussen könnten, ihre Chance auf die [X.] zu verbessern. Die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen die ablehnende Entscheidung einzulegen, könnte hierzu missbraucht werden. Da die Gerichte die Justizverwaltung regel-mäßig nur zur Neuverbescheidung verpflichten können, müsste bei dieser wie-derum die gegenwärtige Sachlage berücksichtigt, gegebenenfalls die Stelle so-gar neu ausgeschrieben werden. Dieser Gefahr wird durch Abschnitt II 4 Satz 1 9 - 8 - [X.] begegnet (Senat, Beschluss vom 13. Dezember 1993 - [X.] 60/92 = D[X.] 1994, 333, 335 f.). Es bleibt danach weiterhin beachtlich, dass der Antragsteller zum Ablauf der Bewerbungsfrist am 15. April 2004 die [X.] mit Amtssitz in [X.] erst zwei Jahre und neun Monate inne hatte und damit nur gut die Hälfte der [X.] verstrichen war. 10 b) Der Antragsgegner war nicht deswegen verpflichtet, auf die Beachtung der [X.] zu verzichten, weil im Falle einer [X.] des Antragstellers nach [X.]

seine bisherige [X.] in [X.] der Einziehung unterläge. Zwar hat der Antragsgegner in den letzten Jahren mehrere [X.]n in [X.] aufgrund deutlich zurückgehender Geschäftszahlen eingezogen. Er hat derzeit aber nicht die Absicht, die [X.] in [X.] ebenfalls einzuziehen; er ist hierzu auch nicht verpflichtet, 11 Gemäß § 4 [X.] werden so viele Notare bestellt, wie es den Erforder-nissen einer geordneten Rechtspflege entspricht, wobei insbesondere das Be-dürfnis nach einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit nota-riellen Leistungen und die Wahrung einer geordneten Altersstruktur des Notar-berufs zu berücksichtigen sind. Das Gesetz räumt der Landesjustizverwaltung somit für die Bestimmung der Zahl der zu schaffenden bzw. zu bewahrenden [X.]n ein weites Organisationsermessen ein, das diese zwar an den drei ausdrücklich normierten Zielvorgaben auszurichten hat, darüber hinaus jedoch nach den besonderen Bedürfnissen des jeweiligen Bundeslandes ausüben kann. Sie ist nicht verpflichtet, dieses Ermessen zur Neueinrichtung oder Ein-ziehung von [X.]n durch einheitliche Richtwerte über das durchschnittlich zu erreichende Urkundsaufkommen in einem Amtsbereich zu binden. Jedoch muss sie ihre Organisationsentscheidungen an dem in § 4 [X.] [X.] einer geordneten Rechtspflege ausrichten und hierbei auch Gleichbehandlungsgrundsätze beachten. Dies bedeutet unter anderem, dass sie bei der Bestimmung der Anzahl der [X.]n grundsätzlich darauf [X.] zu nehmen hat, dem einzelnen Notar eine Berufsausübung entsprechend dem gesetzlichen Leitbild zu ermöglichen. Seine Aufgabe, als unabhängiger und unparteiischer Berater der Beteiligten (vgl. § 14 [X.]) auf eine möglichst gerechte Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen hinzuwirken, kann er nur erfüllen, wenn ihm ein solches Maß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit gewährleistet ist, dass er sich nötigenfalls wirtschaftlichem Druck widersetzen kann. Er muss au-ßerdem Gelegenheit haben, die zur Ausübung seines Amtes erforderliche viel-seitige Erfahrung zu sammeln. Danach wäre es mit den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege nicht zu vereinbaren, in einem Amtsgerichtsbezirk so viele [X.]n zu besetzen, wie gerade noch oder nicht mehr lebensfähig sind (Senat, Beschluss vom 11. Juli 2005 - [X.] 1/05 = D[X.] 2005, 947, 949 m. w. N.). Andererseits ist - wie das [X.] zutreffend dargelegt hat - dem § 10a Abs. 1 Satz 1 [X.] das gesetzliche Leitbild zu entnehmen, dass zur angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leis-tungen in jedem Amtsgerichtsbezirk zumindest ein Notar ansässig sein soll. Kann dieser aufgrund der besonderen Struktur des Amtsgerichtsbezirks ein nur unzureichendes Gebührenaufkommen erwirtschaften, so ist im Tätigkeitsbe-reich der [X.]n zu beachten, dass die zur Sicherung unparteii-scher und unabhängiger Amtsführung erforderlichen Einnahmen durch die [X.] gesichert werden können. Auf diesem Wege kann die [X.] zumindest einer [X.] im Amtsgerichtsbezirk auch dann gewährleistet werden, wenn diese nach dem reinen Gebührenaufkommen an sich nicht lebensfähig wäre ([X.], in [X.]/[X.] [X.] 8. Aufl. § 4 Rdn. 16; vgl. demgegenüber für den Fall, dass mehrere Notare in einem Amts-- 10 - gerichtsbezirk Einkommensergänzung beziehen, den Senatsbeschluss vom 16. Juli 2001 - [X.] 7/01 = [X.] 2001, 440). Danach ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Antragsgegner die Voraussetzungen für eine Einziehung der [X.] in [X.]nicht für gege-ben erachtet. Der Antragsgegner hat sein Organisationsermessen für die Schaf-fung oder Einziehung von [X.]n nicht durch die Festlegung bestimmter Bedarfszahlen gebunden. Er zieht für die jeweils zu treffende Entscheidung verschiedene Parameter (Urkundszahlen, Gebührenaufkommen, Zahl der Ein-wohner des Amtsbereichs) heran, nimmt jedoch darüber hinaus auch die be-sonderen Strukturen der jeweils in Rede stehenden Stelle in Betracht. Von die-sen Kriterien liegen allein die Urkundszahlen des Antragstellers (bereinigte Ur-kundennummern in den Jahren 2003 und 2004 jeweils etwa 800) deutlich unter dem Durchschnitt aller [X.]n im Land [X.] (etwa 1.100 [X.] im Jahr) und auch unter dem Rahmen von 1.400 ± 300 bereinigten Urkundennummern, die der Antragsgegner bei seinen Bedarfspla-nungen heranzieht. Trotz dieser relativ geringen Urkundszahlen hat der [X.] bisher jedoch Einkommensergänzung von der [X.] nicht bezogen. Zwar sind ihm auf seinen Antrag zweimal entsprechende [X.] von der [X.] gezahlt worden. Diese hat er jedoch jeweils wieder zurückerstattet. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass seine [X.] nicht lebensfähig ist und ihm die notwendige wirtschaftliche Unabhängigkeit nicht zu sichern vermag. 13 Unter diesen Umständen kann nicht davon die Rede sein, dass der [X.] die Grenzen seines Organisationsermessens überschreitet oder von diesem in einer durch den Zweck der gesetzlichen Ermächtigung des § 4 [X.] nicht mehr gedeckten Weise Gebrauch macht, wenn er eine Einziehung der [X.] in [X.] (nach einer [X.] des Antragstellers) ins-14 - 11 - besondere auch deswegen ablehnt, weil es sich um die einzige [X.] im Bezirk des Amtsgerichts [X.] handelt. Soweit der Antragsteller demgegen-über darauf verweist, dass seitens des Antragsgegners die Schließung des Amtsgerichts [X.]geplant sei, führt dies nicht zu einer abweichenden Beur-teilung. Zum einen befinden sich die entsprechenden Überlegungen noch in einem Stadium, in dem eine gesicherte Prognose über das Ob und Wann einer Auflösung dieses Amtsgerichts nicht gestellt werden kann. Zum anderen - und dies ist entscheidend - ist die Auflösung des Amtsgerichts nicht Sache des [X.]s, sondern steht in der Kompetenz des [X.]ischen Land-tags, der eine entsprechende Änderung des [X.]ischen Kreisgerichts-bezirksgesetzes vom 8. Dezember 1992 ([X.]) beschließen müsste; hierauf hat der Antragsgegner schon vor dem [X.] zutreffend hingewiesen. Solange dies aussteht, ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn sich der Antragsgegner bei seinem Verwaltungshandeln an der bestehenden Gesetzeslage und damit an der Existenz des Amtsgerichts [X.] orientiert. c) Ohne Erfolg bleibt letztlich auch der Einwand des Antragstellers, der Antragsgegner dürfe sich auf die Nichteinhaltung der [X.] [X.] nicht berufen, weil er sich in seiner bisherigen [X.] nicht an Abschnitt II Nr. 4 Satz 1[X.] gehalten, sondern ein "Vorrücksystem" [X.] habe, nach welchem bei der Konkurrenz zwischen einem Notarassessor und einem bereits amtierenden Notar stets dieser die vakante [X.] über-tragen erhalte, selbst wenn er die [X.] an seiner bisherigen Amtsstelle noch nicht erreicht habe. Zutreffend hat das [X.] aus-geführt, dass dieses Vorbringen des Antragstellers nicht belegt ist. 15 Zwar muss sich die Justizverwaltung an einem in ständiger Praxis ange-wendeten Vorrücksystem nicht nur dann festhalten lassen, wenn sie ein solches ausdrücklich der Ausübung ihrer Auswahlentscheidung bei der [X.] - 12 - zung zugrunde legt; vielmehr tritt eine Bindung an eine solche regelmäßige Ü-bung nach [X.] auch dann ein, wenn diese das Verwaltungshandeln nur rein faktisch regelmäßig leitet, es sei denn, die [X.] macht kenntlich, sie wolle sich aus sachgerechten Gründen [X.] für die Zukunft an diese Übung nicht mehr halten (Senat, Beschlüsse vom 28. März 1991 - [X.] 27/90 = NJW 1993, 1591, 1593; vom 14. Juli 2203 - [X.] 47/02 = NJW-RR 2004, 1067, 1068 f.). Das faktische Praktizieren eines Vor-rücksystems in der vom Antragsteller behaupteten Form ist in der [X.] des Antragsgegners jedoch nicht zu erkennen. Dabei bedarf es keines [X.] darauf, ob sich den zurückliegenden Stellenbesetzungen durch den Antragsgegner allgemein die Praktizierung eines Vorrücksystems zugunsten bereits amtierender Notare entnehmen lassen könn-te. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob die Anwendung eines Vorrücksystems auch für die hier gegebene Sonderkonstellation erkennbar wird, dass mit einem Notarassessor ein bereits amtierender Notar konkurriert, der die Mindestver-weildauer an seinem bisherigen Amtssitz noch nicht erfüllt hat. Eine derartige Sachgestaltung lag jedoch allein bei der Wiederbesetzung der [X.] in [X.] im Jahre 2003/2004 vor, wo zwei Notare, die jeweils die Mindest-verweildauer an ihrem bisherigen Amtssitz nicht erreicht hatten, mit einem [X.] konkurrierten, der - wie hier - die regelmäßige [X.] von drei Jahren (§ 7 Abs. 1 [X.]) noch nicht durchlaufen hatte. Der Umstand, dass in diesem einen Fall der Antragsgegner dem Notar, der die längere Verweildauer an seiner bisherigen Amtsstelle aufzuweisen hatte, den Vorzug vor dem [X.] gegeben hat, belegt aber ersichtlich keine ständige Übung, durch die der Antragsgegner sein Organisationsermessen für die Besetzung von [X.]n in vergleichbaren Konkurrenzsituationen für die Zukunft gebunden hätte. Hinzu kommt, dass in dem genannten Fall ein besonderer Grund für die Nicht-beachtung der [X.] vorlag; die bisherige Amtsstelle des [X.] - 13 - zugten Notars wurde nach dessen [X.] eingezogen, so dass der mit der [X.] zur Wahrung der Belange einer geordneten Rechtspflege verfolgte Zweck, eine gewisse Beständigkeit der Amtsführung zu sichern, hier nicht zum Tragen kam. Demgegenüber liegen hier gerade keine besonderen Gründe vor, die notwendig zu der Beurteilung hätten führen müs-sen, die Belange einer geordneten Rechtspflege machten es nicht erforderlich, dass der Antragsteller auf seinem Amtssitz in [X.] für die Mindestdauer von fünf Jahren verbleibt. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass sich der Antrags-gegner an die von ihm durch Abschnitt II Nr. 4 Satz 1 [X.] grundsätzlich ein-gegangene Selbstbindung gehalten hat. 3. Nach alledem hat der Antragsgegner den Antragsteller ohne Ermes-sensfehler im Sinne des § 111 Abs. 1 Satz 3 [X.] nicht in den Eignungsver-gleich mit den weiteren Bewerbern nach § 6 Abs. 3 [X.] einbezogen. Es kann daher dahinstehen, ob dem Antragsteller gegenüber dem weiteren Betei-ligten die bessere persönliche und fachliche Eignung hätte zuerkannt werden müssen und ob es bei dieser Beurteilung maßgebliche Bedeutung hätte er- 18 - 14 - langen können, dass der weitere Beteiligte zum Ende der Ausschreibungsfrist die dreijährige Regelausbildungszeit im Anwärterdienst noch nicht vollständig abgeleistet hatte. Die weitere Beschwerde bleibt demgemäß ohne Erfolg. [X.] [X.] [X.] Lintz [X.] Vorinstanz: OLG [X.], Entscheidung vom [X.] - Not 1/05 -

Meta

NotZ 23/06

20.11.2006

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2006, Az. NotZ 23/06 (REWIS RS 2006, 749)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 749

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