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PDF anzeigen[X.] 149/03vom15. Mai 2003in der Strafsachegegenwegenversuchten Mordes u. [X.] 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] - zu 2. auf dessen Antrag - am15. Mai 2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 19. Dezember 2002 mit [X.] aufgehoben; jedoch bleiben die [X.] zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere als Schwurgericht zustän-dige Strafkammer des [X.] Die weitergehende Revision wird verworfen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in [X.] mit schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahrenverurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die [X.] beanstandet und die Verletzung materiellen Rechts geltend macht.Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge im wesentlichen Erfolg. Die [X.] dringen hingegen aus den in der Antragsschrift des [X.] dargelegten Gründen nicht [X.] 3 -1. Die Annahme des [X.]s, der Angeklagte habe seine Ehefrauaus niedrigen Beweggründen töten wollen, hält rechtlicher Überprüfung [X.].Zur [X.] hat das [X.] festgestellt, der Angeklagte [X.] "Verärgerung, Wut und Rache über ihr Verhalten" gehandelt. Dieses [X.] habe "im [X.]" darin bestanden, daß sie sich von ihm habe trennenwollen. Der Angeklagte habe "die Entscheidung seiner Frau (zur Trennung)nicht akzeptieren" wollen und "ihr Leben seiner Wut und seinem Haß" unterge-ordnet ([X.]) Die vorgenommene Würdigung begegnet schon deswegen durch-greifenden rechtlichen Bedenken, weil sie wesentliche Gesichtspunkte der Tatund der inneren Verfassung des Angeklagten außer acht gelassen hat. Be-weggründe sind im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB niedrig, wenn sie nach [X.] sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders ver-achtenswert sind. Die Beurteilung der Frage, ob Beweggründe zur Tat "niedrig"sind und - in deutlich weiter reichendem Maße als bei einem Totschlag - alsverachtenswert erscheinen, hat aufgrund einer Gesamtwürdigung aller äußerenund inneren für die Handlungsantriebe des [X.] maßgeblichen Faktoren zuerfolgen (st. Rspr.; vgl. BGHSt 35, 116, 127; BGH StV 1996, 211, 212). Ge-fühlsregungen wie Wut, Ärger, Haß und Rache kommen nach der [X.] in der Regel nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sieihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2Niedrige Beweggründe 16; [X.] in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. § 211Rdn. 18 m. w. N.). Insoweit wäre vorliegend zu bedenken gewesen, daß nicht- 4 -jede Tötung, die geschieht oder versucht wird, weil sich der Ehepartner vomTäter abwenden will oder abgewandt hat, zwangsläufig auf niedrigen Beweg-gründen beruht. Vielmehr können in einem solchen Fall tatauslösend und tat-bestimmend auch Gefühle der Verzweiflung und der inneren Ausweglosigkeitsein, die eine Bewertung als "niedrig" im Sinne der Mordqualifikation nament-lich dann als fraglich erscheinen lassen können, wenn - wie hier - die Trennungvon dem Tatopfer ausgeht und der Angeklagte durch die Tat sich dessen [X.], was er eigentlich nicht verlieren will (vgl. BGHR StGB § 211 [X.] 32).Dies hat das [X.] trotz entsprechender Feststellungen, die solcheine Gefühlslage des Angeklagten nahelegen, nicht ersichtlich bedacht. [X.] des Angeklagten sowohl vor, als auch nach der Tat hätte insoweitkonkreten Anlaß gegeben, sich damit auseinanderzusetzen, ob er aus [X.] und einem Gefühl der Ausweglosigkeit heraus gehandelt hat (vgl.[X.], 19; [X.], 72; 1984, 465). Hierfür könnten nicht nur diedem [X.]geschehen vorausgegangene Erregung des Angeklagten und seineUnruhe sowie seine sowohl demonstrativen wie auch aggressiven Handlungengegenüber seiner Ehefrau sprechen. Auch die der Tat nachgehenden Suizid-versuche, von denen zumindest der Sprung aus dem Schlafzimmerfenster [X.] dritten Stock gelegenen ehelichen Wohnung unzweifelhaft ernsthaft war [X.] aufgrund zufälliger Umstände nicht zum Tode des Angeklagten führte,könnten auf eine entsprechende innere Verfassung schon bei der Tat hindeu-ten. Die Weigerung, sich trotz erheblicher Stichverletzungen behandeln zu [X.] und der geäußerte - durch das Herausreißen der Kanüle unterstrichene -Wunsch, sterben zu wollen, wären im Blick auf die Bedeutung der Gemütslage- 5 -des Angeklagten bei der Tat für die Bewertung seiner [X.] zu bedenken gewesen.b) Die unzureichende Gesamtwürdigung stellt aus denselben Gründenauch das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des [X.] Beweggründe rechtlich in Frage. Spielen bei der Tat gefühlsmäßigeoder triebhafte Regungen, wie es die festgestellten Motive Verärgerung, [X.] Rache sind, eine Rolle, so muß sich der Tatrichter in aller Regel damitauseinandersetzen, ob der Angeklagte in der Lage war, sie gedanklich zu be-herrschen und willensmäßig zu steuern (st. Rspr.; u. a. BGHSt 28, 210, 212).Ausdrücklicher Prüfung bedarf diese Frage insbesondere bei Taten, die sichohne Plan und Vorbereitung plötzlich aus der Situation heraus entwickeln (vgl.BGHR StGB § 211 Abs. 2 Niedrige Beweggründe 10). Insoweit wäre [X.] bei der Beurteilung der entsprechenden [X.] Angeklagten möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt, wenn siedie naheliegenden Gefühle der Verzweiflung und der Ausweglosigkeit in ihreAbwägung einbezogen hätte. Die Urteilsgründe lassen in diesem Zusammen-hang zudem die Auseinandersetzung mit der wegen seiner "Alkoholisierung imZusammenwirken mit einer starken Emotionalisierung" nicht auszuschließen-den erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten ver-missen, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein kann (vgl. [X.] § 211 Abs. 2 Niedrige Beweggründe 34).2. Die Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung (§ 226 Abs. 1Nr. 3 StGB) ist rechtlich nicht zu beanstanden. Jedoch erstreckt sich die [X.] der Verurteilung wegen versuchten Mordes notwendig auch auf [X.] wegen tateinheitlich begangener schwerer Körperverletzung.- 6 -- 7 -3. Die Nachprüfung der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, dievon den dargestellten [X.] nicht beeinflußt sind, hat im übrigenRechtsfehler nicht ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Sie können daher bestehenbleiben. Ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen desneuen Tatrichters sind dadurch nicht ausgeschlossen.[X.] von Lie-nen Becker [X.]
Meta
15.05.2003
Bundesgerichtshof 3. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2003, Az. 3 StR 149/03 (REWIS RS 2003, 3074)
Papierfundstellen: REWIS RS 2003, 3074
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
4 StR 375/00 (Bundesgerichtshof)
5 StR 97/06 (Bundesgerichtshof)
2 StR 349/08 (Bundesgerichtshof)
5 StR 129/13 (Bundesgerichtshof)
Strafverurteilung wegen Mordes: Sicherungsverwahrung neben lebenslanger Freiheitsstrafe
5 StR 129/13 (Bundesgerichtshof)
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