Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.10.2018, Az. B 9 V 20/18 B

9. Senat | REWIS RS 2018, 2779

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Öffentlichkeit eines Erörterungstermins - sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler - unterlassene Rüge bei anschließender mündlicher Verhandlung - Verlust des Rügerechts - unzureichende Sachaufklärung des Gerichts - nicht rechtskundig vertretener Beteiligter - Obliegenheit zur Rüge bei durchgeführten Ermittlungen - keine Ermittlungspflicht bei Behauptungen ohne konkrete Anhaltspunkte - Zurückweisung eines zusätzlichen Beistands - Darlegungsanforderungen


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 9. März 2018 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt [X.] aus D. beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Der 1956 geborene [X.]äger begehrt in der Hauptsache wegen Schädigungshandlungen während seiner Heimaufenthalte in seiner Kindheit und Jugend zwischen 1956 und 1974 [X.] nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem [X.] ([X.]) nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 50 seit Juni 2007. Diesen Anspruch hat das [X.] ua nach Vernehmung von diversen Zeugen und Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens verneint. Von der Vernehmung weiterer Zeugen hat das Berufungsgericht abgesehen (Urteil vom [X.]).

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der [X.]äger Beschwerde beim [X.] eingelegt. Zugleich hat er für dieses Verfahren einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt [X.] aus D. gestellt. Er macht als Zulassungsgründe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel geltend.

3

II. Der Antrag des [X.]ägers auf PKH ist abzulehnen.

4

Gemäß § 73a [X.] [X.] iVm § 114 [X.] ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem [X.] nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist hier nicht der Fall. Aus diesem Grund kommt auch die Beiordnung seines vorgenannten Prozessbevollmächtigten nicht in Betracht (§ 73a [X.] [X.] iVm § 121 Abs 1 ZPO).

5

Die Beschwerde des [X.]ägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 12.7.2018 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 [X.]). Der Beschwerdevortrag des [X.]ägers im Schriftsatz vom [X.] war nicht mehr zu berücksichtigen, weil er außerhalb der bis zum [X.] verlängerten Beschwerdebegründungsfrist lag (§ 160a Abs 2 S 1 und 2 [X.]).

6

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs 2 [X.] [X.], wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer [X.]ärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine [X.]ärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine [X.]ärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) [X.]ärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) [X.]ärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl [X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 401/16 B - Juris Rd[X.] 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

7

Der [X.]äger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam:

"Gehören Erörterungstermine zur Verhandlung vor dem erkennenden Gericht im Sinne des § 61 [X.] i. V. mit § 169 Abs. 1 GVG, sodass sie öffentlich durchzuführen sind?"

8

Er hat es allerdings versäumt, deren [X.]ärungsbedürftigkeit aufzuzeigen.

9

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr, [X.] Beschluss vom [X.] - Juris Rd[X.] 8). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das [X.] zu diesem [X.] noch keine Entscheidung gefällt hat oder durch die schon vorliegenden Entscheidungen die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (vgl stRspr, [X.] Beschluss vom 22.3.2018 - B 5 RE 12/17 B - Juris Rd[X.]5 mwN). Hieran fehlt es.

Der [X.]äger weist selbst darauf hin, dass in Rechtsprechung und Schrifttum "üblicherweise (..) zwischen (öffentlicher) mündlicher Verhandlung und (nicht öffentlichen) Erörterungsterminen unterschieden" wird. Sofern er diese Unterscheidung auch bezogen auf die Fragestellung als "nicht nachvollziehbar" bezeichnet, setzt er sich - anders als vorliegend geboten - weder mit dem Wortlaut der hier einschlägigen Normen des [X.] über den Erörterungstermin ("Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten") noch mit dessen Sinn und Zweck und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des [X.] hinreichend auseinander und prüft auf dieser Grundlage nicht in notwendigem und verständigem Maße, ob sich hieraus bereits ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der gestellten Frage ergeben.

Schon der Gesetzeswortlaut differenziert ausdrücklich zwischen "mündlicher Verhandlung" und "Erörterungstermin". Nach § 106 Abs 2 [X.], der gemäß § 153 Abs 1 und § 155 Abs 1 [X.] auch im Berufungsverfahren für den Berichterstatter gilt, hat der Vorsitzende bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Zu diesem Zweck kann er nach § 106 Abs 3 [X.] [X.] einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern. Danach hat ein Erörterungstermin den Sinn, eine mündliche Verhandlung vorzubereiten, damit der Rechtsstreit - möglichst - in einer mündlichen Verhandlung erledigt werden kann (vgl nur [X.] in [X.]Voelzke, juris-PK [X.], Stand: 17.7.2018, § 106 Rd[X.] 89; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 106 Rd[X.]5; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand: 1.4.2018, § 106 Rd[X.] 29 c). Der Erörterungstermin dient insoweit als vorbereitende Maßnahme des Gerichts der rechtlichen und tatsächlichen "Vorklärung" des Streitstoffs und ist der mündlichen Verhandlung zeitlich vorgelagert. Hiervon ausgehend erschließt sich aus dem Vortrag des [X.]ägers nicht substanziell, aus welchen Gründen ein Erörterungstermin bereits eine "mündliche Verhandlung" bzw ihr zugehörig sein soll mit der Folge, dass auch für einen solchen Termin die Vorschrift über die Öffentlichkeit gemäß § 61 Abs 1 [X.] iVm § 169 [X.] GVG gilt. Der [X.]äger setzt sich in diesem Zusammenhang auch nicht in ausreichendem Maße mit der Rechtsprechung des [X.] auseinander, nach der vom Gericht die Öffentlichkeit erst dann hergestellt werden muss, wenn ein Erörterungstermin in eine mündliche Verhandlung übergeht ([X.] Urteil vom [X.] - B 8 KN 7/99 R - [X.] 3-1500 § 61 [X.] S 3 = Juris Rd[X.]2; [X.] Urteil vom 22.11.1994 - 8 [X.] 8/94 - Juris Rd[X.] 20; ebenso allgemeine Meinung im Schrifttum, zB [X.] in [X.]Voelzke, juris-PK [X.], Stand: 29.8.2018, § 61 Rd[X.] 89; [X.] aaO, § 106 Rd[X.]6; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl 2017, § 61 Rd[X.] 4; [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, [X.] Rd[X.]03 b; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2014, § 61 Rd[X.] 5; [X.] in [X.]/Fichte, 2. Aufl 2014, § 61 Rd[X.] 8).

2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel im Sinne von § 160 Abs 2 [X.] [X.] vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 [X.] kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 [X.] [X.] und auf eine Verletzung des § 103 [X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

a) Der [X.]äger rügt, das [X.] habe seinen im Erörterungstermin vom [X.] gestellten Antrag auf Herstellung der Öffentlichkeit zu Unrecht zurückgewiesen. Damit liege ein absoluter Revisionsgrund nach § 202 S 1 [X.] iVm § 547 [X.] 5 ZPO vor, weil die Vorschriften über die Öffentlichkeit (§ 61 Abs 1 [X.], § 169 [X.] GVG) verletzt worden seien.

Mit seinem diesbezüglichen Vorbringen hat der [X.]äger den bezeichneten Verfahrensmangel nicht dargetan. Unabhängig davon, dass er - wie oben unter 1. ausgeführt - schon nicht aufgezeigt hat, dass für einen Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin nach § 106 Abs 3 [X.] [X.] die ausschließlich die mündliche Verhandlung betreffende Vorschrift über die Öffentlichkeit gemäß § 61 Abs 1 [X.], § 169 [X.] GVG gilt, kann nach § 202 S 1 [X.] iVm §§ 556, 295 Abs 1 ZPO eine die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift nicht mehr gerügt werden, wenn der Mangel bei der nächsten mündlichen Verhandlung nicht mehr gerügt worden ist. Der [X.]äger hat aber nicht vorgetragen, dass dies in der mündlichen Verhandlung vom [X.] vor dem [X.] geschehen sei. Ein Fall des § 295 Abs 2 ZPO liegt nicht vor. Denn die Vorschriften über die Öffentlichkeit im sozialgerichtlichen Verfahren sind verzichtbar ([X.] Urteil vom [X.] - B 8 KN 7/99 R - [X.] 3-1500 § 61 [X.] S 4 f = Juris Rd[X.]5 f).

b) Der [X.]äger rügt weiter eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des [X.] (§ 103 [X.]), weil die Zeugen [X.], [X.], M. [X.], [X.], [X.]., [X.], [X.], [X.], [X.]. und [X.] zu den drei benannten Beweisthemen "Brutalste Züchtigungen in feindlicher Absicht in der Volksschule", "Schläge im Kinderdorf [X.]" und "[X.]" ([X.]) nicht vernommen worden seien.

aa) Das diesbezügliche Vorbringen des [X.]ägers erfüllt nicht die spezifischen Darlegungsanforderungen an eine Sachaufklärungsrüge. Insoweit muss die Beschwerdebegründung (1) einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen oder im Urteil wiedergegebenen Beweisantrag bezeichnen, dem das [X.] nicht gefolgt ist, (2) die Rechtsauffassung des [X.] wiedergeben, auf deren Grundlage bestimmte Tatfragen klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) die von dem Beweisantrag betroffenen tatsächlichen Umstände aufzeigen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme angeben und (5) erläutern, weshalb die Entscheidung des [X.] auf der unterlassenen Beweiserhebung beruhen kann (stRspr, zB Senatsbeschluss vom [X.] - B 9 SB 84/17 B - Juris Rd[X.] 5; [X.] Beschluss vom [X.] R 585/09 B - Juris Rd[X.]0, jeweils mwN).

Diese Anforderungen gelten uneingeschränkt allerdings nur, wenn der Beschwerdeführer bereits in der Berufungsinstanz durch einen rechtskundigen und berufsmäßigen Prozessbevollmächtigten vertreten war (Senatsbeschluss vom 18.9.2003 - B 9 SB 11/03 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] Rd[X.] 5 mwN). War dies nicht der Fall, kommen zum einen weniger strenge Anforderungen an Form und Inhalt eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags zur Anwendung. Zum anderen wird dann aus dem Fehlen eines in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zu Protokoll aufrechterhaltenen Beweisantrags nicht stets der Schluss gezogen, dass dieser Beweisantrag bewusst nicht weiterverfolgt werden sollte ([X.] Beschluss vom [X.] R 585/09 B - Juris Rd[X.]1 mwN). Anders verhält es sich aber, wenn das Gericht auf schriftsätzlich gestellte Beweisanträge hin Ermittlungen angestellt hat, und zwar auch dann, wenn es dabei im Rahmen seines Ermessens andere als die benannten Beweismittel nutzt. Hält ein Beteiligter diese Ermittlungen für unzureichend, so hat er das dem Gericht mitzuteilen. [X.] er dies nicht, kann das Gericht auch bei einem Beteiligten ohne berufsmäßigen Rechtsvertreter davon ausgehen, der Beweisantrag solle nicht weiter verfolgt werden ([X.] Beschluss vom 4.6.2007 - B 9a [X.] 2/07 B - Juris Rd[X.]).

bb) Ausgehend von den vorgenannten Maßstäben hat der [X.]äger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das [X.] (§ 103 [X.]) nicht hinreichend dargelegt.

(1) Hinsichtlich der vom [X.] im angefochtenen Urteil abgelehnten Vernehmung der Zeugen J., S., L. und [X.] hat der [X.]äger nicht schlüssig aufgezeigt, warum sich das [X.] ausgehend von seiner hier allein maßgeblichen Rechtsauffassung zu einer entsprechenden Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 160 Rd[X.]8 d mwN). Vielmehr hat der [X.]äger gegenüber dem Berufungsgericht selbst vorgetragen, dass diese Zeugen lediglich über andere Gruppen/Häuser bzw über von diesen selbst erlittenen Gewalttaten berichten könnten, also nicht über konkrete - hier allein entscheidungserhebliche - Gewalttaten gegenüber dem [X.]äger. Bezogen auf die [X.] hat der [X.]äger ebenfalls selbst eingeräumt, dass diese die von ihm behaupteten Übergriffe der Schwester [X.] selbst nicht gesehen hätten. Der Zeuge B. hat in einer vom [X.]äger vorgelegten Erklärung zudem ausschließlich über eigene Erlebnisse im [X.] berichtet, die sich sechs Jahre vor dem Aufenthalt des [X.]ägers dort zugetragen haben sollen. Den Zeugen Sch. kennt der [X.]äger nach seinem Bekunden persönlich erst seit 2005. Vor dem Hintergrund dieser Angaben des [X.]ägers erscheinen die von ihm dennoch begehrten Vernehmungen dieser Zeugen bezogen auf die hier allein maßgeblichen Schläge, Prügel und Züchtigungen gegen seine Person während der Heimaufenthalte in seiner Kindheit und Jugend gleichsam als Ermittlungen "ins Blaue hinein", für die es vom hier allein maßgeblichen Rechtsstandpunkt des [X.] aus keinen Anlass gab. Eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung liegt darin nicht (vgl hierzu [X.] Beschluss vom 28.5.2008 - B 12 KR 2/07 B - Juris Rd[X.]1 mwN). Zu Ermittlungen ohne konkrete Anhaltspunkte auf Behauptungen "aufs Geratewohl" besteht auch unter verfassungsrechtlichen Erwägungen keine Verpflichtung ([X.] Beschluss vom [X.] - Juris Rd[X.]9; [X.] Beschluss vom 28.2.2018 - B 13 R 279/16 B - Juris Rd[X.] 21).

(2) Bezogen auf den in erster Instanz mit Schriftsatz vom 8.5.2012 gestellten Antrag zur Vernehmung des Zeugen [X.] hat der [X.]äger schon nicht aufgezeigt, dass dieser Antrag im Berufungsverfahren ausdrücklich wiederholt und bis zuletzt aufrechterhalten worden ist. Zwar nimmt die von ihm in der Beschwerdebegründung erwähnte und von seinem damaligen Prozessbevollmächtigten verfasste Berufungsbegründung vom 6.2.2015 auf diesen Schriftsatz pauschal Bezug; eine konkrete Bezugnahme auf den vorgenannten Antrag erfolgt jedoch auch nach dem Beschwerdevortrag nicht. Der [X.]äger behauptet nicht, diesen Antrag im Laufe des Berufungsverfahrens auf die bereits erfolgten umfänglichen Ermittlungen bzw Zeugenvernehmungen des [X.] hin (nochmals) ausdrücklich wiederholt zu haben. Er trägt insbesondere nicht vor, diesen Antrag in den Erörterungsterminen vom [X.], [X.] und 6.12.2016, in denen er noch anwaltlich vertreten war, oder in der abschließenden mündlichen Verhandlung vom [X.] zumindest erwähnt zu haben. Das [X.] konnte daher davon ausgehen, dass der Antrag nicht mehr weiterverfolgt werden solle. Entsprechendes gilt für die Rüge des Übergehens der Anträge auf Vernehmung der Zeugen [X.], B. und St.

cc) Sofern der [X.]äger im Übrigen mit der Beweiswürdigung des [X.] nicht einverstanden sein sollte, ist dies für das [X.] unerheblich. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Teils 2 [X.] kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf eine Verletzung des § 128 [X.] [X.] (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden.

c) Soweit der [X.]äger schließlich geltend macht, das [X.] habe in dem Erörterungstermin vom [X.] die Zulassung eines [X.] als Beistand zurückgewiesen und am 22.9.2016 eine Zurückweisung angekündigt, woraufhin [X.] zum Erörterungstermin am [X.] nicht erschienen sei, zeigt der [X.]äger schon nicht auf, gegen welche Verfahrensnorm das Berufungsgericht verstoßen haben könnte. Sofern der [X.]äger einen Verstoß gegen § 73 Abs 7 [X.] rügen will, trägt er nicht schlüssig vor, weshalb eine Zulassung des [X.] als Beistand hätte erfolgen müssen, obwohl er in beiden Erörterungsterminen durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten rechtskundig vertreten war.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]).

3. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 [X.] durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

4. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.].

Meta

B 9 V 20/18 B

17.10.2018

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: V

vorgehend SG Düsseldorf, 4. November 2014, Az: S 6 (36) VG 54/09, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 61 Abs 1 SGG, § 73 Abs 7 S 3 SGG, § 103 SGG, § 106 Abs 3 Nr 7 SGG, § 124 Abs 1 SGG, § 169 Abs 1 S 1 GVG, § 202 S 1 SGG, § 295 Abs 1 ZPO, § 295 Abs 2 ZPO, § 547 Nr 5 ZPO, § 556 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.10.2018, Az. B 9 V 20/18 B (REWIS RS 2018, 2779)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 2779

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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