Bundespatentgericht, Urteil vom 10.12.2015, Az. 2 Ni 39/13 (EP)

2. Senat | REWIS RS 2015, 875

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Reit-/Pferdehalfter" (europäisches Patent)" - zu den Voraussetzungen einer Teilerledigungserklärung im Nichtigkeitsverfahren bei nachträglicher Beschränkung des Streitpatents durch das EPA – Fehlen einer übereinstimmenden (Teil-)Erledigungserklärung nach Beschränkung des Patents im Beschränkungsverfahren – Zulässigkeit des Antrags auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits im Umfang der Beschränkung des Streitpatents – zu Begründetheit dieses Feststellungsantrags


Leitsatz

Reit-/Pferdehalfter

1. Fehlt es nach der Beschränkung des Streitpatents im Beschränkungsverfahren an einer übereinstimmenden (Teil-)Erledigungserklärung, so ist ein Antrag des Klägers, der darauf gerichtet ist, festzustellen, dass der Rechtsstreit im Umfang der Beschränkung des Streitpatents erledigt ist, zulässig (§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 256 ZPO).

2. Ein solcher Feststellungsantrag ist nur begründet, wenn die Klage insoweit ursprünglich zulässig und begründet gewesen und erst infolge der Beschränkung nach Rechtsanhängigkeit unzulässig bzw. unbegründet geworden ist.

Anders als im Fall einer übereinstimmenden Erledigungserklärung bedarf es hierzu einer strengen, am Sach- und Streitstand ausgerichteten Prüfung der Erfolgsaussicht der ursprünglichen Nichtigkeitsklage, weil es sich insoweit – anders als im Fall einer übereinstimmenden Erledigungserklärung – um eine echte Sach- und nicht nur um eine Kostenentscheidung handelt, bei der die mit § 91a ZPO bezweckte Vereinfachung des Verfahrens nicht zum Tragen kommt. Die Erfolgsaussicht des Feststellungsantrags kann daher nicht schon daraus gefolgert werden, dass der Patentinhaber sein Patent selbst beschränkt hat.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 675 801

([X.] 50 2004 012 888)

hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] durch [X.], [X.]in [X.] und [X.] Dr.-Ing. [X.], [X.] und Dipl.-Ing. Wiegele in der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2015

für R e c h t erkannt:

[X.] Die Klage wird abgewiesen.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung des [X.]n Patents 1 675 801. Der Beklagte ist Inhaber dieses am 15. Oktober 2004 angemeldeten Patents (im Folgenden: [X.]), das auf die [X.] PCT/[X.]2004/011662 zurückgeht, die als [X.] 2005/037707 [X.] veröffentlicht worden ist, und für das die Priorität der [X.] Patentanmeldung [X.] 103 48 341 vom 17. Oktober 2003 in Anspruch genommen wird. Das in der [X.] mit der Bezeichnung „Reit-/Fahrhalfter“ abgefasste [X.] ist am 21. September 2011 als [X.] 1 675 801 [X.] veröffentlicht worden und wird vom [X.] unter der Nummer [X.] 50 2004 012 888.2 geführt.

2

Der ursprünglich erteilte Patentanspruch 1, dem sich die darauf rückbezogenen [X.] 2 bis 8 anschließen, lautet in [X.] 1 675 801 [X.] ([X.]):

3

Reit-/Fahrhalfter mit einem [X.] (11) und [X.] (7) zur Befestigung zumindest des [X.]s (11) und mit Backenstücken (3) zur Befestigung eines Gebisses am Pferdekopf, dadurch gekennzeichnet, dass die [X.] (7) durch eine Verschnallung abgewinkelt verlaufen, sodass eine Zugkraft im [X.] (7) in Richtung auf den [X.] gelenkt wird.

4

Hinsichtlich des Wortlauts der rückbezogenen Patentansprüche wird auf die Patentschrift [X.] 1 675 801 [X.] ([X.]) verwiesen.

5

Auf Antrag des Beklagten hat die [X.] mit Entscheidung vom 18. Dezember 2014 beschränkt. Das geänderte [X.] ist am 14. Januar 2015 als [X.] 1 675 801 [X.] ([X.]B) veröffentlicht worden. Aufgrund dieser Beschränkung hat die Klägerin den Rechtsstreit mit [X.] vom 16. Oktober 2015 in der Hauptsache insoweit für teilweise erledigt erklärt.

6

Das [X.] umfasst in seiner beschränkten Fassung nunmehr den Anspruch 1 und die darauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 6.

7

Anspruch 1 lautet:

8

Reit-/Fahrhalfter mit einem [X.] (11) und [X.] (7) zur Befestigung zumindest des [X.]s (11) und mit Backenstücken (3) zur Befestigung eines Gebisses am Pferdekopf dadurch gekennzeichnet, dass die [X.] (7) durch eine Verschnallung abgewinkelt verlaufen, wobei die [X.] (7) jeweils aus einem oberen [X.]teil (7A) und einem unteren [X.]teil (7B) bestehen und in einem Winkelpunkt (8) miteinander verbunden sind, an dem auch ein Unterkieferriemen (9) angreift, der über die Backenmuskulatur unter dem Unterkieferknochen des Pferdes verläuft, und die [X.] (7) jeweils am Winkelpunkt (8) durch den Unterkieferriemen (9) abgewinkelt werden, sodass eine Zugkraft im [X.] (7) in Richtung auf den [X.] gelenkt wird.

9

Hinsichtlich des Wortlauts der rückbezogenen Patentansprüche wird auf die Patentschrift [X.] 1 675 801 [X.] ([X.]B) verwiesen.

Die Klägerin hat das ursprünglich erteilte [X.] in vollem Umfang angegriffen und greift auch das beschränkte [X.] vollumfänglich an. Sie macht zu beiden Fassungen den [X.] der fehlenden Patentfähigkeit und bezüglich der Patentansprüche nach der Beschränkung eine Erweiterung des Schutzbereichs und eine unzulässige Erweiterung gegenüber dem Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung geltend. Zur Stützung ihres Vorbringens nennt sie folgende Druckschriften:

[X.] [X.] 5,079,904

[X.] [X.] 203 06 705 U1

D3 [X.] 4,459,795

Die Klägerin meint, sowohl dem Gegenstand von Anspruch 1 des ursprünglich erteilten [X.]s als auch dem des [X.]s in der beschränkten Fassung mangele es im Hinblick auf die [X.] an Neuheit; ungeachtet dessen beruhe er unter Berücksichtigung der [X.] und der [X.] nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Der Gegenstand der abhängigen [X.] sei – jeweils für sich gesehen – ebenfalls nicht neu, beruhe jedoch zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik.

Das [X.] in der beschränkten Fassung beinhalte zudem eine Schutzbereichserweiterung und eine unzulässige Erweiterung gegenüber der ursprünglichen Anmeldung, weil letztere nicht erkennen lasse, dass der rechte und der linke [X.] an einem Winkelpunkt miteinander verbunden seien. Ferner finde sich keine Stütze für einen Unterkieferriemen, der auch an dem Winkelpunkt (8) angreife, an dem die [X.] miteinander verbunden seien.

Die Klägerin beantragt,

1. das [X.] Patent 1 675 801 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären,

2. festzustellen, dass der Rechtsstreit im Umfang der Beschränkung des [X.]n Patents 1 675 801 gemäß Beschluss des [X.]A vom 18. Dezember 2014 in der Hauptsache erledigt ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und meint, der Gegenstand des beschränkten [X.]s sei patentfähig; in der neuen Fassung sei er weder unzulässig erweitert gegenüber der ursprünglichen Anmeldung noch sei der Schutzbereich gegenüber dem [X.] in der zuerst erteilten Fassung erweitert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber in der Sache erfolglos.

[X.]

Der Feststellungsantrag der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Feststellungsantrag, mit dem die Klägerin beantragt festzustellen, dass der Rechtsstreit im Umfang der Beschränkung des [X.]s erledigt ist, ist zulässig, denn nachdem das Europäische Patentamt das [X.] beschränkt hat, hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Teilerledigung (§ 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 256 Abs. 1 ZPO). Die teilweise Beschränkung des [X.]s im Beschränkungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt hat nämlich zur Folge, dass das [X.] insoweit mit rückwirkender [X.] (Singer/Stauder, EPÜ, 6. Aufl., § 105b Rd. 27; [X.], EPÜ, 2. Aufl., Art. 105b Rd. 35) beschränkt wird und eine Nichtigerklärung im Umfang eines darüber hinaus gehenden Teils des [X.]s ins Leere gehen würde.

Eine übereinstimmende Teilerledigungserklärung liegt nicht vor. Der ursprüngliche Antrag des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 30. Oktober 2013, das Verfahren bis zum Abschluss des Beschränkungsverfahrens vor dem [X.] auszusetzen und die Klage hinsichtlich der beschränkten Fassung abzuweisen, ist nicht als Teilerledigungserklärung auszulegen, weil das [X.] zu diesem Zeitpunkt noch nicht beschränkt war. Hinzu kommt, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch noch keine Teilerledigung erklärt hatte, der sich der Beklagte hätte anschließen können. Außerdem fehlt es an der für eine Prozesshandlung erforderlichen Klarheit und Eindeutigkeit der notwendigen Erklärung des Beklagten.

Eine Fiktion der Erledigungserklärung seitens der Beklagten nach § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 99 Abs. 1 [X.] ist ebenfalls nicht eingetreten, da der Beklagte mit Zustellung des Schriftsatzes vom 16. Oktober 2015 nicht darauf hingewiesen worden ist, dass seine Zustimmung zur Erledigungserklärung fingiert wird, wenn er der Erledigungserklärung der Klägerin nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht.

2. Die Feststellungsklage wäre aber nur begründet, wenn die Klage ursprünglich zulässig und begründet gewesen und erst durch ein Ereignis nach Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden wäre. Das ist hier indes nicht der Fall, weil die ursprüngliche, gegen das erteilte [X.] in der unbeschränkten Fassung gerichtete Klage, mit der ausschließlich der [X.] der fehlenden Patentfähigkeit geltend gemacht worden ist (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 und Artikel 56 EPÜ), unbegründet gewesen ist.

Die Erfolgsaussicht dieses Feststellungsantrags ist anhand einer umfassenden Prüfung der Sach- und Rechtslage zu bestimmen; sie kann nicht schon daraus gefolgert werden, dass der Patentinhaber sein Patent selbst beschränkt hat. Zwar wird im Rahmen einer

Im Rahmen eines Feststellungsantrags infolge einer nur

3. Die Prüfung der Erfolgsaussicht der ursprünglichen Nichtigkeitsklage hat ergeben, dass die Gegenstände der Patentansprüche gemäß dem ursprünglich erteilten [X.] ([X.] 675 801 [X.]) patentfähig waren.

a) Das [X.] betrifft ein [X.] mit einem [X.] und [X.] zur Befestigung zumindest des [X.]s und eines Gebisses am Pferdekopf. Aus den Ausführungen zum Stand der Technik in der [X.]schrift geht hervor, es sei bekannt, dass viele körperliche sowie reit- und fahrsportliche Probleme bei Pferden ihren Ursprung im [X.] des Pferdes hätten und dass starker Druck im Nacken des Pferdes, ausgelöst durch die Zäumung, Ursache körperlicher Beschwerden sein könne. Die [X.] 203 06 705 [X.] (hier als [X.] im Verfahren) offenbare ein Zaumzeug für ein Pferd gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1, das hinter den Ohren und am Kopf des Pferdes anliege und das zumindest einen Kehlriemen und/oder wenigstens einen Gebissriemen halte, wobei das Genickstück auf seiner den Ohren zugewandten Seite wenigstens eine Aussparung aufweise; ferner offenbare die [X.] 203 06 705 [X.] einen Nasenriemen, der durch geradlinig verlaufende [X.] zu einem Genickstück festgelegt sei.

b) Vor diesem Hintergrund besteht die Aufgabe des [X.]s darin, ein [X.] zu schaffen, bei dem störende Einflüsse aus dem Druck auf den Nacken des Pferdes vermindert werden.

c) Gelöst wurde diese Aufgabe im ursprünglich erteilten Patent durch den Gegenstand der Patentansprüche 1 bis 8. Dabei umfasste der Patentanspruch 1 die folgenden Merkmale:

a) [X.]

ba) mit einem [X.] (11) und

[X.]) [X.] (7) zur Befestigung zumindest des [X.]s (11) und

[X.]) mit [X.]n (3) zur Befestigung eines Gebisses am Pferdekopf

dadurch gekennzeichnet, dass

c) die [X.] (7) durch eine Verschnallung abgewinkelt verlaufen,

[X.]) sodass eine Zugkraft im [X.] (7) in Richtung auf den [X.] gelenkt wird.

d) Als Fachmann ist hier ein Sattlermeister mit einschlägigen Kenntnissen und Erfahrungen auf dem Gebiet der [X.], der einen Pferdeveterinär zu Rate zieht, anzusehen. Für die Auslegung des Patentanspruchs, die nach ständiger Rechtsprechung stets geboten ist ([X.], 875 (Rd. 16) Rotorelemente), sind die Beschreibung und Zeichnungen heranzuziehen, die die Lehre des Patentanspruchs erläutern und veranschaulichen (vgl. [X.], 972 (Rd. 22) - Kreuzgestänge m. w. N.).

Zum Merkmal a), [X.], ist in der [X.]schrift dargelegt, das erfindungsgemäße [X.] könne für alle Reit- und [X.] verwendet werden; es werde von einem Einsatz an Pferden ausgegangen, da es sich dabei um das Hauptanwendungsgebiet handele ([X.], [X.]. 2, Abs. [0008], erster Satz). Mit so einem Reit- bzw. Fahrhalfter wird [X.] oder Fahrer in die Lage versetzt, beispielsweise einem Pferd im Reit- und Fahrbetrieb Hilfen, insbesondere lenkende und bremsende Zügelhilfen, zu vermitteln, um das Reit-/Fahrtier auf diese Weise zu kontrollieren (vgl. [X.], [X.]. 1, [X.] 21 bis 24). Ein Fachmann weiß, dass dazu die Riemen eines Reit-/Fahrhafters, ohne das Tier zu beeinträchtigen, an dessen Kopf straff anliegen müssen (vgl. [X.], [X.]. 1, Abs. [0003], [X.] 39 bis 40). Dies unterscheidet ein [X.] von einem lose sitzenden Stallhalfter, das dem Pferdemaul Bewegungsspielraum ermöglicht.

Ein [X.] 11 gemäß Merkmal ba) umfasst hier u. a. einen um die Nase des Pferdes verlaufenden Riemen eines, beispielsweise als Trensenzaum ausgebildeten, üblichen [X.]s ([X.], [X.]. 5, Abs. [0023], [X.] 7 bis 9). [X.]. 2 zeigt ein [X.] gemäß dem Stand der Technik mit diesem Merkmal; die [X.]. 3a, 3b, 4a und 4b zeigen das streitpatentgemäße [X.] als insoweit übereinstimmend ausgestaltet. Dem Fachmann ist aufgrund seines Fachwissens bekannt, dass der Nasenriemen (11) verhindern soll, dass das Pferd das Maul zu weit aufsperrt.

Zur Befestigung zumindest des [X.]s 11 sind gemäß Merkmal [X.]) [X.] 7 vorgesehen. Die [X.] ist hier als einschränkend zu berücksichtigen, denn sie macht deutlich, dass die [X.] dem Nasenriemen Halt geben und im Wesentlichen lediglich die vom [X.] herrührenden Zugkräfte aufnehmen und weiterleiten und keine körperliche Verbindung zu einem Gebiss besteht.

Zusätzlich zu den [X.] 7 sind [X.] 3 vorgesehen. Diese haben gemäß Merkmal [X.]) eine andere Funktion als die [X.] 7, denn sie dienen ausweislich des ursprünglich erteilten Anspruchs 1 nicht der Befestigung des [X.]s 11, sondern „zur Befestigung eines Gebisses am Pferdekopf“. Dies ist bei der Beurteilung des Gegenstands des Anspruchs ebenfalls entsprechend zu berücksichtigen, denn gemäß ihrem angegebenen Zweck nehmen diese [X.] 3 die vom [X.] herrührenden Kräfte auf. Die [X.]. 4a und 4b illustrieren die Anordnung der [X.] 3 aus den Perspektiven gemäß den [X.]. 3a und 3b; sie zeigen sowohl die [X.] 7 als auch das mit einem linken und einem rechten [X.] 3 in das Halfter eingeschnallte Trensengebiss 13. Die [X.]uren 3a und 4a nebeneinander betrachtet verdeutlichen, dass die [X.] 3, um ihrer Funktion als Gebissbefestigung gerecht zu werden, am [X.] an einer eigenen Strupfe 18 befestigt sind, wogegen die [X.] 7 als [X.]befestigung an einer anderen Strupfe 19 angeschnallt sind.

Das Merkmal c) gemäß dem gegliederten Patentanspruch 1, wonach die [X.] (7) „durch eine Verschnallung“ abgewinkelt verlaufen, ist im Sinne von

e) Ausgehend von dieser Auslegung war bereits das [X.] gemäß dem Anspruch 1 des zuerst erteilten [X.]s patentfähig.

aa) Zum einzigen gegen die ursprünglich erteilte Fassung des [X.]s geltend gemachten [X.] der mangelnden Patentfähigkeit ist festzustellen, dass das aus Druckschrift [X.] hervorgehende Zaumzeug ([X.] 10) mit dem davon umfassten Halfter (headstall 13) schon nicht die im Oberbegriff des Anspruchs 1 des zunächst erteilten [X.]s angegeben Merkmale vollständig erfüllt und daher die Neuheit bereits dieses [X.] gegeben war.

Dem Halfter gemäß dem Stand der Technik [X.] fehlen jedenfalls die beiden Merkmale [X.]) und [X.]) des Halfters gemäß dem ursprünglich erteilten [X.], welche die [X.] 7 bzw. [X.] 3 und deren jeweilige Funktion betreffen. Beim [X.] verlaufen diese als jeweils voneinander getrennte Komponenten des Halfters seitlich über die Backen des [X.] und erfüllen klar voneinander zu unterscheidende Funktionen. Wie oben dargelegt dienen die [X.] 7 der Befestigung zumindest des [X.]s 11, und die [X.] 3 bezwecken die Befestigung eines Gebisses am Pferdekopf. Bei dem aus der Druckschrift [X.] hervorgehenden Halfter ist dagegen nur eine Komponente erforderlich, die aber beide Funktionen zu leisten vermag: sowohl als Stallhalfter (halter to tether a horse) als auch als Reithalfter (for riding purposes), weist es beidseits des [X.] angeordnet ein [X.] ([X.], 17a bzw. 17b) mit einteilig damit verbundenen Teilbereichen (portions 33a bis 33b) auf. Die [X.] 17 sind zweilagig (two layered) und haben an gegenüberliegenden Seiten jeweils eine Vereinzelung (separation 32a bzw. 32b), worin das [X.] (nose band 16) angebracht ist. Die Teilbereiche (portions 33a bzw. 33b) verlängern die [X.] nach dem [X.] ([X.] 17a und 17b respectively, past nose band 16). Durch Umbiegen der Teilbereiche 33 nach außen zurück (double outwardly back) werden Schlaufen (loops 34) geformt und die Teilbereiche mittels Klettverschlüssen auf der Oberseite des Wangen- oder [X.]s befestigt. Auf diese Weise bildet man zunächst ein Stallhalfter, welches aber in ein Reithalfter umgewandelt werden kann, indem man die Teilbereiche 33 durch die Ringe 37 eines Gebisses (bit 14) führt, um dieses in den Schlaufen 34 zu befestigen. Umgekehrt lässt sich das Gebiss durch Öffnen des Klettverschlusses jederzeit abnehmen ([X.] [X.]. 3, [X.] 5 bis 39 [X.] m. [X.]. 4 und 5) und das Reithalfter wieder in ein Stallhalfter zurückbauen.

Demnach sind die portions 33a und 33b des aus der [X.] bekannten Halfters als integraler Bestandteil jeweils der [X.] 17a bzw. 17b offenbart und entsprechen nicht der Vorgabe des erteilten Anspruchs 1 des [X.]s, wonach das erfindungsgemäße [X.] außer den [X.] 7 davon getrennte, zusätzliche [X.] 3 jeweils mit unterschiedlichen Funktionen aufzuweisen hat.

Bereits aufgrund dieses Unterschiedes war die Neuheit des [X.]s gemäß dem zuerst erteilten [X.] anzuerkennen, und es kann dahin gestellt bleiben, in wieweit bezüglich der weiteren im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale Übereinstimmungen zwischen dem [X.] gemäß dem zuerst erteilten [X.] und dem aus dem Stand der Technik gemäß Druckschrift [X.] bekannten bestehen.

Die Auffassung der Klägerin, wonach der Patentinhaber sich die in Druckschrift [X.] gezeigten und beschriebenen portions 33 als die patentgemäß vorgesehenen [X.] 3 entgegenhalten lassen müsse, trifft nicht zu. Letztere sind Gegenstand des in den Oberbegriff des Patentanspruchs 1 aufgenommenen Merkmals [X.]) gemäß der Gliederung, das in die Neuheitsprüfung einzubeziehen ist.

Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich bei Merkmal [X.]) um ein einschränkendes Merkmal, denn es bildet mit den Merkmalen a), ba) und [X.]) den Oberbegriff des erteilten Patentanspruchs, und in ihrer Gesamtheit grenzen sie diese aus einem einzigen Stand der Technik bekannten Merkmale von den kennzeichnenden Merkmalen der Erfindung ab, für die der Patentinhaber in Verbindung mit dem Oberbegriff Schutz begehrt.

Auch der Einwand der Klägerin, das Merkmal [X.]) sei nicht notwendig, um die Lehre des Patents auszuführen, und betreffe daher eine Überbestimmung, greift nicht durch, denn die Merkmale des Oberbegriffs und somit auch Merkmal [X.]) gehören in ihrer Gesamtheit, wenn auch aus dem Stand der Technik bereits bekannt, gleichwohl untrennbar zur erfindungsgemäßen Lehre.

Der Auffassung der Klägerin, Merkmal [X.]) an sich trage nicht zur Lösung der zugrundeliegenden Aufgabe bei, ist zwar zuzustimmen, zumal die zweiteilige Anspruchsfassung verdeutlicht, dass es zu den bereits aus dem Stand der Technik bekannten Merkmalen zählt. Dennoch muss es - wie bereits oben ausgeführt - für die vollständige und sachgerechte Beurteilung, ob ein [X.] vorliegt, mit in Betracht gezogen werden.

[X.]) Das [X.] gemäß dem ursprünglich erteilten Anspruch 1 beruhte zudem auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Gegenstand ergibt sich nicht in naheliegender Weise aus einer Kombination der [X.] mit der [X.].

Wie bereits oben zur Neuheit ausgeführt, sind die [X.] 3 auch in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, denn grundsätzlich sind alle in dem Patentanspruch benannten Merkmale als erfindungswesentlich anzusehen, auch die bereits aus dem Stand der Technik bekannten, weil damit diesem gegenüber die Tragweite der Erfindung deutlich wird.

Die Klägerin geht von der Druckschrift [X.] als nächstliegendem Stand der Technik aus. Dieser offenbare bereits die abgewinkelte Verschnallung gemäß den kennzeichnenden Merkmalen im Anspruch 1. Allein die [X.] 3 zur Befestigung des Gebisses am Pferdekopf verblieben als Unterschied. Druckschrift [X.] offenbare ebenfalls [X.], nämlich die portions 33, an denen dort das Gebiss befestigt sei. Vor der Aufgabe, diese wenig stabile Befestigung zu verbessern, habe der Fachmann Veranlassung, sich nach einer alternativen Befestigung umzusehen und zöge die Druckschrift [X.] heran, welche die im [X.] konkret dargestellten [X.] sogar als Standardlösung bezeichne (siehe [X.], 3. Abs. in [X.]). Der Gegenstand des [X.]anspruchs sei aus dem Stand der Technik somit nahegelegt.

Dies trifft nicht zu, denn der Oberbegriff des Anspruchs 1 des [X.]s in der ursprünglich erteilten Fassung bringt klar zum Ausdruck, dass hinsichtlich Anordnung, Ausgestaltung und Zweck Unterschiede zwischen den [X.] (7) zur Befestigung des [X.]s und den [X.]n (3) zur Befestigung des Gebisses am Pferdekopf bestehen. Die von der Klägerin in der [X.] dagegen als [X.] angesehenen portions 33 sind – wie zum Neuheitsvergleich im vorigen Abschnitt bereits dargelegt ist – Teilbereiche (eben: „portions“), die in der in Druckschrift [X.] aufgezeigten Ausgestaltung des bekannten Halfters Verlängerungen und somit integrale Bestandteile der [X.] 17 ([X.]) sind. Diese dienen – erstens - zur Befestigung eines Nasenriemens und sollen – zweitens - zusätzlich ein Gebiss halten können, was die Umwandlung eines Stallhalfters in ein Reithalfter ermöglicht. Davon abzuweichen, besteht aus fachmännischer Sicht kein Anlass, schon weil zusätzliche Komponenten am Halfter vorzusehen wären, und dies auch die in der Druckschrift [X.] formulierte Aufgabe nicht löst, ein neues und verbessertes Zaumzeug zu schaffen (provide a new and improved [X.]), das als sicheres Stallhalfter gebraucht werden kann (which may be safely used as a halter), mit einem Gebiss, das einfach angebracht und entfernt werden kann (with a bit that can easily attached and removed) und das leicht in ein Stallhalfter umgewandelt werden kann (which can be easily transformed into a halter ([X.]. 1, [X.] 56 bis 64)). Die von der Klägerin gemäß ihrer Definition zugrunde zu legende Aufgabe, das Gebiss stabiler zu befestigen, kann dort vom Fachmann beispielsweise bereits mit einem längeren und/oder breiteren Klettverschluss einfacher gelöst werden. Die von der Klägerin als Standardlösung bezeichnete Lehre gemäß der [X.], die jeweils separate Riemen (S. 3, 3. Abs. und [X.]. 1 und 2, Gebissriemen 15) zur Befestigung des Gebisses vorsieht, ist demgegenüber technisch ersichtlich aufwändiger. Unter anderem ist dann an dem aus [X.] bekannten Zaum anstelle des dortigen aus einem einfachen Riemen gebildeten Kopfstücks (crown piece 18) ein Kopfstück nach dem Vorbild der Lehre aus der Druckschrift [X.] mit Strupfen zur Befestigung der [X.] und [X.] vorzusehen. Das bekannte Halfter wäre demnach komplett umzugestalten, wobei für den Benutzer auch noch der eigentliche Vorteil des aus Druckschrift [X.] bekannten [X.], auf einfache Weise den Umbau von einem Stall- in ein Reithalfter vornehmen zu können. Die streitpatentgemäße Lösung ist dem Fachmann daher ausgehend von der Druckschrift [X.] als nächstem Stand der Technik nicht nahegelegt.

Weiterhin vertritt die Klägerin den Standpunkt, dem Streitgegenstand liege eine erfinderische Tätigkeit ausgehend von einem Reithalfter gemäß der Druckschrift [X.] als nächstem Stand der Technik nicht zugrunde. Zwar erfüllt dieses Reithalfter gemäß [X.] bereits den Oberbegriff des Patentanspruchs 1, und es stellt sich objektiv dieselbe Aufgabe wie im [X.], den Druck auf den Nacken des Pferdes zu verringern. Indes offenbart die Druckschrift [X.] die kennzeichnenden Merkmale des [X.]s gemäß dem erteilten Anspruch 1 nicht und legt diese auch nicht nahe.

Die Klägerin vertritt den Standpunkt, der Fachmann werde ausgehend von dem Stand der Technik der Druckschrift [X.] auf die Druckschrift [X.] zugreifen und könne Anregungen zur Lösung der Aufgabe des [X.]s daraus entnehmen; [X.] offenbare eine abgewinkelte Verschnallung der [X.] mit der erkennbaren Wirkung der Linderung des Drucks auf die [X.]. Dieser Stand der Technik setze so die entscheidende Lehre des [X.]s um, nach der eine Druckentlastung des [X.] erreicht werden solle, so dass dem Fachmann die vom Beklagten als patentbegründend angesehene Lösung aus der Zusammenschau von Merkmalen der aus den Druckschriften [X.] und [X.] bekannten Halfter nahegelegt sei.

Dem ist nicht zuzustimmen. Vielmehr hat ein Fachmann schon keinen Anlass, von einem Stand der Technik gemäß der [X.] ausgehend auf die Druckschrift [X.] zuzugreifen, denn diese befasst sich – wie bereits aufgezeigt – nicht mit dem Problem, wie störende Einflüsse aus dem Druck auf den Nacken des Pferdes vermindert werden können, sondern mit dem Problem der leichteren Umwandlung von einem Reithalfter in ein Stallhalfter und umgekehrt ([X.], [X.]alte 1, [X.] 56 bis 64).

Sollte ein Fachmann dennoch diese Druckschrift betrachten, kann er zwar aus den zeichnerischen Darstellungen des Halfters auf einen abgewinkelten Verlauf der das Gebiss haltenden [X.] auch bei am Pferdekopf angelegtem Halfter schließen. An keiner Stelle der Druckschrift [X.] sind aber Hinweise darauf enthalten, dass dort eine abgewinkelte Verschnallung im Sinne des kennzeichnenden Merkmals c) des Anspruchs 1 des [X.]s vorzunehmen ist, weil damit eine Zugkraft im [X.] soweit in Richtung auf den [X.] gelenkt werden kann, dass eine Entlastung des [X.] eintritt. Die mit der Lösung gemäß dem [X.] korrespondierenden Vorteile legt der Stand der Technik gemäß Druckschrift [X.] jedenfalls nicht nahe, denn dort ist nicht das Wohlbefinden des Pferdes bei der Verwendung eines [X.]s im Fokus, sondern die doppelte Verwendbarkeit eines Stallhalfters und dessen erleichterte Handha[X.]arkeit durch den Reiter.

Auf die noch von der Klägerin genannte weitere Druckschrift [X.] zuzugreifen, welche die Klägerin in dem [X.] lediglich mit Blick auf den erteilten [X.] 7 herangezogen hat, hat der Fachmann keine Veranlassung, denn diese betrifft ausdrücklich ein gebissloses Zäumungssystem im Gegensatz zum Anspruchsgegenstand, der ein Zaumzeug mit Gebiss voraussetzt. Zudem ist dort lediglich ein in den Nackenriemen übergehender Riemen vorgesehen, nicht aber der im [X.] neben dem [X.] (3) zusätzlich vorgesehene [X.] (7). In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin diese Druckschrift zu Recht nicht mehr berücksichtigt.

Die Patentfähigkeit des Anspruchs 1 trägt auch die darauf rückbezogenen [X.] 2 bis 8.

Das [X.] war somit in der ursprünglich erteilten Fassung rechtsbeständig.

I[X.]

Der Antrag auf Nichtigerklärung des [X.]s in der beschränkten Fassung, mit der außer fehlender Patentfähigkeit zusätzlich die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 3 [X.] [X.] m. Artikel 138 Absatz 1 lit. c) EPÜ) und der Erweiterung des Schutzbereichs (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 4 [X.] [X.] m. Artikel 138 Absatz 1 lit. d) EPÜ) geltend gemacht werden, ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Klägerin hat erstmals im Schriftsatz vom 16. Oktober 2015 als weiteren [X.] eine unzulässige Erweiterung und eine Schutzbereichserweiterung geltend gemacht. Dies stellt eine Klageänderung dar ([X.], 901 - [X.] Zementmischung), die gem. § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 263 ZPO sachdienlich und damit zulässig ist (vgl. [X.], 650 (Rd. 26) - Reifendemontiermaschine).

2. a) Das beschränkte [X.] schützt mit seinem neuen Patentanspruch 1 - hier gegliedert und mit durch Fettdruck kenntlich gemachten ergänzten Merkmalen - ein:

a) [X.]

ba) mit einem [X.] (11) und

[X.]) [X.] (7) zur Befestigung zumindest des [X.]s (11) und

[X.]) mit [X.]n (3) zur Befestigung eines Gebisses am Pferdekopf

dadurch gekennzeichnet, dass

c) die [X.] (7) durch eine Verschnallung abgewinkelt verlaufen,

ca1) wobei die [X.] (7) jeweils aus einem oberen [X.]teil (7A) und einem unteren [X.]teil (7B) bestehen und

ca2) in einem [X.] (8) miteinander verbunden sind, an dem auch ein Unterkieferriemen (9) angreift, der

ca3) über die Backenmuskulatur unter dem Unterkieferknochen des Pferdes verläuft, und

ca4) die [X.] (7) jeweils am [X.] (8) durch den Unterkieferriemen (9) abgewinkelt werden,

[X.]) sodass eine Zugkraft im [X.] (7) in Richtung auf den [X.] gelenkt wird.

b) Die zusätzlich aufgenommenen Merkmale bedürfen teilweise einer Erläuterung.

Der Deutung des Anspruchswortlauts durch die Klägerin, wonach gemäß den Merkmalen ca1) und ca2) des beschränkten und in [X.] stehenden Hauptanspruchs 1 die [X.] (7) selber – d. h. der rechte und der linke [X.] (7) – in einem [X.] (8) miteinander verbunden seien, ist nicht zu folgen.

Ein zutreffendes Verständnis der Merkmale ca1) und ca2) ergibt sich für den Fachmann, wenn er bei einer sachgerechten Auslegung des Patentanspruchs die Beschreibung und die Zeichnungen der Patentschrift heranzieht.

Die Patentschrift des beschränkten [X.]s ([X.] 675 801 [X.]; [X.]B) beschreibt in Absatz [0011], dass „die [X.] jeweils aus einem oberen [X.]teil und einem unteren [X.]teil, welche am [X.] miteinander verbunden sind“ bestehen. In den [X.]uren 3a bis 5 werden diese beiden [X.]teile (7A/7B) gezeigt. In Absatz [0025] wird zu der [X.]ur 3a ausgeführt, dass der [X.] 7 „aus einem oberen Teil 7A zwischen dem [X.] und einem [X.] und einem unteren Teil 7B zwischen dem [X.] und dem [X.] 11 gebildet“ ist. Legt man den geltenden Patentanspruch 1 im Sinne dieser Beschreibungspassagen und der zugehörigen Zeichnungen aus, so ergibt sich eindeutig, dass das Patentanspruch 1 hinzugefügte Merkmal „und in einem [X.] (8) miteinander verbunden sind“ sich auf die beiden [X.]teile 7A und 7B bezieht. Für die von der Klägerin vorgenommene Auslegung, dass damit eine unmittelbare Verbindung des linken [X.]s mit dem rechten [X.] in einem [X.] gemeint sein soll, ergibt sich demgegenüber in der gesamten Patentschrift keinerlei Anhaltspunkt, und es ist deshalb ausgehend von der Patentschrift auch nicht ersichtlich, inwieweit dadurch die erfindungsgemäße Lehre verwirklicht werden könnte. Eine derartige Auslegung stünde daher im Widerspruch zu einer sinnvollen Auslegung des Patents.

3. Dieses Verständnis der nunmehr maßgeblichen Patentansprüche in dem beschränkten [X.] ([X.] 675 801 [X.]; [X.]B) zu Grunde gelegt, wird der Gegenstand des [X.]s gegenüber der ursprünglichen Anmeldung nicht unzulässig erweitert (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. c) EPÜ).

Eine fehlende ursprüngliche Offenbarung der Merkmale a), ba), [X.]), [X.]), c) und [X.]) wurde ebenso wie die der zusätzlichen Merkmale ca3) und ca4) nicht geltend gemacht. Aber auch die in den neuen Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale ca1) und ca2) sind entgegen der Meinung der Klägerin in den zur Patentanmeldung eingereichten ursprünglichen Unterlagen offenbart.

Merkmal ca1) und der erste Teil des Merkmals ca2) stammen aus Anspruch 4 der ursprünglichen Anmeldung, wobei aber hinsichtlich Merkmal ca2) an die Stelle von „am [X.] (8) miteinander“ klarstellend der Wortlaut aus dem von S. 5 auf S. 6 der [X.] [X.]/037707 übergreifenden Satz gesetzt wurde, wonach der [X.] 7 aus einem oberen Teil 7A…und einem unteren Teil 7B gebildet ist, die …im [X.] miteinander verbunden sind. Der zweite Teil von Merkmal ca2), wonach an dem [X.] auch ein Unterkieferriemen angreift, stammt aus dem Anspruch 2 der ursprünglichen Anmeldung (…durch einen an einem [X.] (8) …angreifenden Unterkieferriemen…).

4. Mit den nunmehr maßgeblichen Patentansprüchen des beschränkten [X.]s ([X.] 675 801 [X.]) wird der Schutzbereich gegenüber dem der Patentansprüche in der ursprünglich erteilten Fassung des [X.]s nicht erweitert (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 4 IntPatÜG i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. d) EPÜ).

Die in den geltenden Patentanspruch 1 aufgenommenen zusätzlichen Merkmale ca1 bis ca4 bewirken eine Beschränkung des mit der erteilten Fassung gewährten Patentschutzes. Ausgehend von der Auslegung unter Ziffer I[X.] 2. b), wonach sich die Verbindung an dem [X.] auf die [X.]teile 7A und 7B bezieht, präzisieren diese Merkmale die Ausgestaltung des bereits gemäß dem zuerst erteilten Patentanspruch 1 vorgesehenen [X.]s 7 als aus zwei Teilen bestehend, die jeweils an einem [X.] angreifen. Zusätzlich ist nun der Unterkieferriemen 9 Bestandteil des beanspruchten [X.]s, der ebenfalls an dem [X.] angreift. Zudem benennt der Anspruch den Verlauf und die Lage des Unterkieferriemens 9 („über die Backenmuskulatur unter dem Unterkieferknochen“) und dessen Funktion, wonach durch den Unterkieferriemen 9 die [X.] 7 jeweils am [X.] abgewinkelt werden. Die neue Anspruchsfassung gibt somit nunmehr konkret die Mittel vor, welche bewirken, dass gemäß Merkmal [X.]) eine Zugkraft im [X.] 7 in Richtung auf den [X.] gelenkt wird. Gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1, der die Auswahl dieser Mittel in das Belieben des Fachmanns stellte, umfasst der neue Anspruch 1 somit zusätzliche, den Schutzgegenstand und den Schutzbereich beschränkende Merkmale.

Demzufolge wurde - entgegen der Auffassung der Klägerin – auch der ursprünglich erteilte auf den Anspruch 1 rückbezogene Patentanspruch 2 durch diese zusätzlichen Merkmale nicht erweitert, da dieser lediglich ein auf Patentanspruch 1 rückbezogener [X.] ist, dessen Schutzbereich kleiner ist, als der des Hauptanspruchs.

5. Die Gegenstände der geltenden, beschränkten Patentansprüche in der Fassung des [X.]s gemäß der [X.] 675 801 [X.] sind zudem patentfähig, weil die darin beanspruchte Lehre zum maßgeblichen Prioritätszeitpunkt gegenüber dem Stand der Technik neu und erfinderisch war (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 und Artikel 56 EPÜ). Das folgt schon daraus, dass die zusätzlich aufgenommenen Merkmale - wie unter Ziffer I[X.] 4. Begründet - lediglich zu einer Beschränkung des zuerst erteilten Patentanspruchs 1 geführt haben. Da bereits der Gegenstand des zuerst erteilten [X.]s mit dem weiter gehenden Schutzgegenstand und Schutzbereich patentfähig war (vgl. Ziffer I, 3.e)), muss dies schon zwangsläufig für das nunmehr nach der Beschränkung noch geltende Patent ebenfalls zutreffen.

II[X.]

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] [X.] m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 [X.] [X.] m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Meta

2 Ni 39/13 (EP)

10.12.2015

Bundespatentgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

§ 256 Abs 2 ZPO § 91a Abs 1 S 2 ZPO § 256 ZPO § 91a ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 10.12.2015, Az. 2 Ni 39/13 (EP) (REWIS RS 2015, 875)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 875

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