Bundespatentgericht, Urteil vom 04.12.2012, Az. 4 Ni 22/11 (EP)

4. Senat | REWIS RS 2012, 791

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Gegenstand

Wirkungslosigkeit dieser EntscheidungWC-Sitzgelenk


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 199 020

([X.] 08 977)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden [X.] sowie [X.] agr. [X.], die Richterin Dr. Mittenberger-[X.], [X.]-Ing. [X.] und [X.] Dipl.-Ing. Nees

für Recht erkannt:

[X.] Die Klage wird abgewiesen.

I[X.] Die Klägerin und die Nebenintervenientin tragen die Kosten des Rechtsstreits.

II[X.] [X.] ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

„[X.]“ betrifft. Das in [X.] abgefasste Streitpatent wird vom [X.] unter der Nummer [X.] geführt. Es umfasst zehn Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 1 - 3, 5, 6 und 8 - 10 angegriffen sind. Patentanspruch 1 in der [X.] hat folgenden Wortlaut:

2

1. [X.] zur Befestigung einer [X.] (1) an einer Keramik (10), mit einer Schwenkachse (32, 34) für einen Sitz (4) und einen Deckel (2) der Sitzgarnitur (1) und mit einer Dämpfungseinrichtung (11, 12) zum Abstützen der Sitzgarnitur (1) während der Schwenkbewegung, wobei ein [X.] (20) mit einem in der Keramik (10) befestigten Befestigungsmittel (26) und [X.] mit der Dämpfungseinrichtung (11, 12) verbunden ist, die in einer Aufnahmebohrung (44, 46) einer Befestigungslasche (40, 42) der Sitzgarnitur (1) aufgenommen ist, dadurch gekennzeichnet, dass das [X.] (20) und die Dämpfungseinrichtung (11, 12) als Schwenkachse (32, 34) für den Deckel (2) oder den Sitz (4) ausgebildet sind, und dass das [X.] einen etwa zylinderförmigen Grundkörper hat, in dem eine radiale Sacklochbohrung (24) zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn (28) ausgebildet ist.

3

Hinsichtlich des Wortlauts der weiteren angegriffenen untergeordneten Patentansprüche wird auf die Patentschrift Bezug genommen.

4

Mit ihrer Teilnichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, da er nicht erfinderisch sei. Er ergebe sich z. B. aus einer Kombination der Druckschriften [X.] und [X.]. [X.] sei konstruktiv wie die [X.] aufgebaut. Es verfüge lediglich über einen anderen [X.] der Halterung. Sei dem Fachmann der Aufbau in der [X.] zu kompliziert, werde er durch die Sacklochbohrung in der [X.] angeregt, diese zu verwenden, wodurch er bei der Erfindung sei. [X.] sei die Erfindung aber auch durch die Druckschrift [X.] in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen bzw. der Druckschrift [X.] in Kombination mit der Druckschrift [X.]. Auch eine Kombination der Druckschrift [X.] mit [X.]5 führe zum selben Ergebnis.

5

Den abhängigen, angegriffenen Ansprüchen fehle ebenfalls jede erfinderische Tätigkeit.

6

Die Klägerin beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:

7

K4 (= [X.]) [X.] 37 22 114 C2

8

K5 (= [X.]) [X.] 44 09 516 A1

9

K6 (= [X.]) [X.] 5,901,383 A

K7 (= [X.]) [X.] 09-164097 A (sowie mit [X.] Übersetzung)

K8 (= [X.]) [X.] 10-201670 A (sowie mit [X.] Übersetzung)

K9 (= D6) [X.] 08-312694 A (sowie mit [X.] Übersetzung)

K10 (= [X.]) [X.] 2,474,164 A

K11 (= D8) [X.] 37 01 720 A1

[X.] (= [X.]) [X.] 5,996,132 A

K13 (= [X.]0) [X.] 5,664,286 A

K14 (= [X.]1) [X.] 99/63874 A1

K15 (= [X.]2) [X.] 99/63875 A1

K16 (= [X.]3) [X.] 5,768,718 A

[X.] (= [X.]4) [X.] 297 01 545 U1.

Die Nebenintervenientin hat zudem eingereicht ([X.]. 123 d. A.) als weitere Druckschrift

[X.]5 [X.] 697 22 577 T2 sowie deren vorveröffentlichte Offenlegungsschrift als

[X.]5a EP 0 853 916 A1.

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent [X.] 020 [X.] im Umfang der Ansprüche 1 bis 3, 5, 6 und 8 bis 10 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Patentinhaberin ist der Ansicht, der Gegenstand des Streitpatents sei patentfähig, da er erfinderisch und nicht nahegelegt sei. Es handele sich um eine innovative und elegante Lösung, die bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet worden sei (vgl. [X.]. [X.] bis B4).

Der Senat hat den Parteien einen frühen gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 [X.] zugeleitet. Auf den Hinweis vom 7. August 2012 wird Bezug genommen ([X.]. 154/160 d. A.).

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt aller [X.]agen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig. Die [X.] ist ebenfalls zulässig. Es besteht ein rechtliches Interesse der Streitverkündeten am Beitritt auf der Seite der Klägerin (§ 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 66 Abs. 1 ZPO). Die Nebenintervenientin beliefert die Klägerin mit [X.]. Die Klägerin wurde wegen dieser - an sie durch die Nebenintervenientin gelieferten - Sitzgelenke durch die Beklagte in einem Verletzungsstreit vor dem [X.] aus dem verfahrensgegenständlichen Schutzrecht angegriffen (vgl. [X.], Beschluss vom [X.] - [X.], [X.], 438 ff.).

II.

Die Klage, mit der der in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 [X.], Artikel 138 Absatz 1 lit a EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene [X.] der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist unbegründet.

Weder die Klägerin noch die Nebenintervenientin konnten den Senat davon überzeugen, dass der [X.], hier ein Diplomingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion von [X.], die in Patentanspruch 1 beanspruchte Lehre in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik unter Einsatz seiner fachlichen Fähigkeiten auffinden konnte. Dies geht zu Lasten der Klägerin. Die durch die ordnungsgemäße Patenterteilung erlangte Rechtsstellung kann der Patentinhaberin nur dann wieder genommen werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass sie diese zu Unrecht erlangt hat ([X.] 23.1.1990 X ZR 75/87, [X.], 522 ff. - [X.], m. w. N.), was vorliegend nicht der Fall ist.

1. Nach der Beschreibungseinleitung betrifft die Erfindung gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 ein [X.], wie es z. B. aus der [X.] 701 720 [X.] ([X.]) bekannt ist [0001]. Auch bei den weiteren im Stand der Technik bekannten [X.] (genannt sind u. a. die [X.], [X.]) wird als nachteilig angesehen, dass ein erheblicher vorrichtungstechnischer Aufwand erforderlich ist, um die Schwenkachse der Sitzgarnitur auszubilden [0007].

Gemäß [0008] der [X.] liegt dem [X.] daher die Aufgabe zugrunde, ein [X.] zu schaffen, das eine zuverlässige Dämpfung der Absenkbewegung eines Sitzes oder eines Deckels bei minimalem vorrichtungstechnischen Aufwand ermöglicht.

Patentanspruch 1 beschreibt demgemäß ein [X.] mit folgenden Merkmalen:

[X.]: [X.] zur Befestigung einer [X.] an einer Keramik

[X.]: mit einer Schwenkachse für einen Sitz und einen Deckel der Sitzgarnitur, und

[X.]: mit einer Dämpfungseinrichtung zum Abstützen der Sitzgarnitur während der Schwenkbewegung

[X.]: mit einem Adapterstück, das mit einem in der Keramik befestigten Befestigungsmittel verbunden ist.

[X.]: Das Adapterstück ist drehfest mit der Dämpfungseinrichtung verbunden.

[X.]: Die Dämpfungseinrichtung ist in einer Aufnahmebohrung einer Befestigungslasche der Sitzgarnitur aufgenommen.

[X.]: Das Adapterstück und die Dämpfungseinrichtung sind als Schwenkachse für den Deckel oder den Sitz ausgebildet.

[X.]: Das Adapterstück hat einen etwa zylinderförmigen Grundkörper, in dem eine radiale Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen [X.] ausgebildet ist.

2. Zuständiger Fachmann für die sich vorliegend objektiv stellende und auch in der Patentschrift angegebene Aufgabe ist ein Diplom-Ingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion von [X.].

3. Nach dessen maßgeblichem Verständnis und einer am Gesamtzusammenhang orientierten Betrachtung (st. Rspr., vgl. [X.], [X.]. v. 18.11.2010, [X.]/07 - Rn. 29, GRUR 2011, 129 - [X.]; [X.]. v. 3.6.2004, [X.], [X.], 845 - Drehzahlermittlung, m. w. N.) ist zu beurteilen, welche technische Lehre Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist und welcher technische Sinngehalt den Merkmalen des Patentanspruchs 1 im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zukommt ([X.], [X.]. v. [X.], [X.], [X.], 515, 517 - Schneidmesser I; [X.]. v. 7.11.200o, [X.], [X.], 232, 233 - Brieflocher, jeweils m. w. N.). Den Grundsätzen zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ folgend, ist bei der Auslegung eines [X.] Patents der Patentanspruch in seinem technischen Sinn und nicht etwa in seiner rein philologischen Bedeutung aufzufassen. Insoweit ist hier im Einzelnen von folgendem Verständnis auszugehen:

Während die ersten Merkmale des Patentanspruchs 1 allgemein die Befestigung der [X.] an einer Keramik ([X.]), eine Schwenkachse für Sitz und Deckel ([X.]) sowie eine Dämpfungseinrichtung für die Schwenkbewegung und deren Aufnahme in der Sitzgarnitur ([X.], [X.]) beschreiben, sind die folgenden Merkmale ([X.], M 5b, [X.] und [X.]) ausschließlich auf Lage und Ausgestaltung eines sog. [X.]s gerichtet, [X.] der patentgemäßen Lehre und dem was diese gegenüber dem Stand der Technik aufgabengemäß leistet gesehen werden kann. Daher kommt diesem [X.] für die Auslegung des Patentanspruchs 1 eine besondere Beachtung zu.

Unter einem [X.] ist im vorliegenden technischen Gesamtzusammenhang ein Bauteil eines [X.]s zu verstehen, durch das einerseits die in technischem Sinne adaptierte, also spezifisch angepasste Anbindung einer Dämpfungseinrichtung an den Adapter selbst realisiert wird und durch das andererseits die Verbindung zu der Keramik des [X.] in direkter oder indirekter Weise gewährleistet wird. Demgemäß ist in Merkmal [X.] von einem [X.] die Rede, das mit einem in der Keramik befestigten Befestigungsmittel verbunden ist, während nach Merkmal [X.] das [X.] drehfest mit der Dämpfungseinrichtung verbunden ist.

Das [X.] ist nach Merkmal [X.] eindeutig ein Bauteil des in Merkmal [X.] beschriebenen [X.]es (vgl. „mit einem [X.], …“ in Merkmal [X.]), wobei ein einzelnes in Patentanspruch 1 beanspruchtes Sitzgelenk jeweils nur ein solches [X.] aufweist (vgl. Merkmale [X.] „mit einem [X.]“ und Merkmale [X.], [X.] sowie [X.] „das [X.]“) und auch die übrigen Unterlagen des Streitpatents keine Hinweise auf weitere [X.]e in ein und demselben einzelnen [X.] geben.

In Merkmal [X.] wird das [X.] weiter dadurch charakterisiert, dass es selbst und die Dämpfungseinrichtung als Schwenkachse für den Deckel oder den Sitz ausgebildet ist. Damit ist eine axiale Ausrichtung des [X.]s in Richtung der Gelenkachse des [X.]s definiert, was durch die Lagebeschreibung der Dämpfungseinrichtung noch unterstrichen wird, welche gemäß Merkmal [X.] in einer Aufnahmebohrung einer Befestigungslasche der Sitzgarnitur aufgenommen werden soll.

Die Struktur und räumliche Ausgestaltung des [X.]s wird in Merkmal [X.] angegeben. Demnach hat das [X.] einen etwa zylinderförmigen Grundkörper. Wie in Merkmal [X.] weiter angegeben ist, ist in diesem (etwa) zylinderförmigen Grundkörper eine radiale Sacklochbohrung ausgebildet. Diese dient - wie ebenfalls in Merkmal [X.] angegeben - zum Aufsetzen auf einen [X.], der wiederum in der [X.] verankert ist (vgl. z. B. Abs. 0025 der [X.]). Somit wird in Merkmal [X.] auch die Art und Weise der Verbindung des [X.]s mit dem [X.] (Keramik) detailliert als Steckverbindung zwischen dem [X.], der Keramik und der Sacklochbohrung des [X.]s beschrieben.

[X.]

Der Senat konnte nicht feststellen, dass der - aufgrund seiner Zweckbestimmung ohne Zweifel gewerblich anwendbare - Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik jeweils vollumfänglich vorweggenommen und deshalb nicht neu ist oder sich hieraus in nahe liegender Weise ergibt und damit nicht patentfähig i. S. v. Art. 138 (1) a) EPÜ ist.

1. Das [X.] nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu.

Seitens der Klägerin und der Nebenintervenientin wurde keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften als neuheitsschädlich geltend gemacht. Auch der Senat sieht in den im Verfahren befindlichen Druckschriften sämtliche Merkmale der erfindungsgemäßen Lehre nicht vorweggenommen.

Von dem Stand der Technik nach der [X.]7 22 114 [X.] ([X.]) unterscheidet sich der Gegenstand nach dem erteilten Patentanspruch 1 zumindest in der Befestigung des [X.]s an dem [X.] (Keramik), die derart ausgestaltet ist, dass das etwa zylinderförmige [X.] eine radiale Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen [X.] aufweist (Merkmal [X.]; s. o unter II.1. Merkmalsauflistung).

Ein nach Merkmal [X.] ausgestaltetes und auf den [X.] der Keramik aufsetzbares [X.] ist auch durch die [X.] 5 901 383 A ([X.]) nicht bekannt geworden, so dass sich der [X.] auch von diesem Stand der Technik hierdurch unterscheidet.

Das [X.] nach der [X.] 44 09 516 [X.] ([X.]) weist zwar ein [X.] zum Aufsetzen auf einen [X.] auf, wobei das [X.] (14) selbst auch im Wesentlichen einen zylinderförmigen Grundkörper erkennen lässt. Anders als beim [X.] nach dem erteilten Anspruch 1 ist dieses [X.] jedoch mit einer axialen Sacklochbohrung (31) zum Aufsetzen auf den [X.] (18) ([X.]. 1 bis 3) versehen, so dass sich der [X.] hiervon ebenfalls bereits in Merkmal [X.] unterscheidet. Das [X.] nach [X.] ist darüber hinaus nicht mit einer Dämpfungseinrichtung ausgestattet, so dass sich der [X.] von diesem Stand der Technik noch in [X.] auf eine Dämpfungseinrichtung gerichteten Merkmalen, nämlich [X.], [X.], [X.] und [X.], unterscheidet.

Das beide [X.]e verbindende Querelement (11) nach der [X.] 22 577 T2 ([X.]5) bzw. der vorveröffentlichten EP 0 853 916 [X.] ([X.]5a) ist rohrförmig ausgestaltet (vgl. z. B. [X.]. 6, 10, 11, 12, 13) und weist eine radiale Bohrung in dem Rohrmantel auf, die der Aufnahme eines scharnierdornartigen Verankerungsstiftes (1) dient, welcher an seinem Ende einen geformten Kopf (7) trägt und an diesem dann mit Hilfe (verschiebbarer) Verriegelungselemente in dem Querelement verriegelt werden kann. Das beide Sitzgelenke verbindende, quer verlaufende [X.] weist zwar eine radiale Bohrung auf, die jedoch angesichts der rohrförmigen Struktur dieses Querelements keine Sacklochbohrung darstellen kann, so dass sich der [X.] von diesem Stand der Technik in Merkmal [X.] unterscheidet. Nachdem bei den [X.] nach der [X.]5 bzw. [X.]5a Dämpfungseinrichtungen nicht vorgesehen sind, unterscheidet sich der Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 von diesem Stand der Technik zudem in [X.] seinen, auf eine Dämpfungseinrichtung gerichteten, Merkmalen ([X.], [X.], [X.], [X.]).

Auch die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften, zu denen die Klägerin und die Nebenintervenientin in der mündlichen Verhandlung nichts mehr vorgetragen haben, können ein [X.] mit sämtlichen Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 nicht aufzeigen. Insbesondere vermag auch die [X.]-164097 A ([X.]) das streitpatentgemäße [X.] nicht neuheitsschädlich vorweg zu nehmen, denn das dort dargestellte und beschriebene [X.] (2) ist ebenfalls nicht über eine Sacklochbohrung mit einem [X.] der Keramik verbunden (Merkmal [X.]).

2. Die nach Patentanspruch 1 beanspruchte Lehre beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit; sie ergab sich für den angesprochenen Fachmann zum Zeitrang der Anmeldung nicht in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik (Art. 56 EPÜ).

Ansatzpunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist das Auffinden des zu Grunde liegenden technischen Problems, das aus dem zu entwickeln ist, was die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet (st. Rspr., vgl. [X.], [X.]. v. 15.5. 2012, [X.], [X.], 803 - [X.]; [X.]. v. [X.], [X.] - [X.]. 31, [X.], 602 - Gelenkanordnung), wobei die Wahl des [X.] der Rechtfertigung bedarf und auch verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können ([X.], [X.]. v. 16.12.2008, [X.] - [X.]. 51, [X.], 382 - Olanzapin; [X.]. v. [X.], [X.]/05 - [X.]. 20, [X.], 1039 - [X.]; B[X.],, Beschluss v. 26.2.2003, 20 W (pat) 46/01, [X.], 317 - Programmartmitteilung).

a) Den Ausgangspunkt des Standes der Technik, den der Fachmann bei seinem Bemühen um die objektive und auch im Streitpatent angesprochene Problemlösung heranzog, mag danach - entsprechend dem Vortrag der Klägerin sowie der Nebenintervenientin - einerseits die [X.]7 22 114 [X.] ([X.]) bilden, weil sie ein [X.] mit den Merkmalen [X.] bis [X.] des Patentanspruchs 1 des Streitpatents lehrt. Der vergrößerte Endabschnitt (5‘‘) des inneren Zylinders (5) mag zusammen mit seiner axialen Verlängerung durch den Federhalter (20) grundsätzlich als [X.] im patentgemäßen Sinne zu betrachten sein (vgl. [X.]. 13 der [X.]), wobei in diesem [X.] auch die Dämpfungsvorrichtung (3) aufgenommen ist. Allerdings ist dieses [X.] (5‘‘, 20) - anders als beim [X.] - nicht direkt mit einem Befestigungsmittel der [X.], wie einem [X.] o. ä., verbunden, sondern wird von zwei [X.] (22) getragen, die ihrerseits auf einer darunter angeordneten Basisplatte (10) ruhen. Zur Verbindung mit dem [X.] (Keramik) wird die Basisplatte (10) über herkömmliche Verschraubungen, wie sie in [X.]. 1 der [X.] zeichnerisch dargestellt sind, befestigt. Der Inhalt dieser Druckschrift kann deshalb dem Fachmann für sich gesehen keine Anregung dazu geben, das [X.] (5‘‘, 20), welches zweifellos einen in etwa zylinderförmigen Grundkörper aufweist, mit einer radialen Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen [X.] zu versehen. Vielmehr lehrt die [X.], das [X.] jeweils eines Sitzgelenks - anders als beim [X.] - auf zwei Seiten über [X.] (22) abzustützen und über Kerben in den jeweiligen Endstücken des [X.]s, also dem Endabschnitt (5‘‘) des [X.] (5) und dem Federhalter (20) drehfest auf den [X.] zu lagern (vgl. [X.]. 4, Zeilen 55 bis 59) und diese [X.] (22) wiederum auf einer Basisplatte (10), welche ihrerseits auf dem [X.] aufliegt, zu positionieren.

aa) In seinem aufgabengemäßen Bestreben, den vorrichtungstechnischen Aufwand bei einem bekannten [X.] mit Dämpfungseinrichtung nach der [X.] zu verringern, findet der Fachmann - anders als von der Klägerin sowie der Nebenintervenientin vorgetragen - in dem zweifellos vereinfacht ausgestalteten [X.] nach der [X.] 44 09 516 [X.] ([X.]), welches nicht mit einer Dämpfungseinrichtung ausgestattet ist, kein Vorbild für eine Befestigung des [X.]s i. S. d. Merkmals [X.]. Zum einen ist das zylinderförmige [X.] (14) (vgl. [X.]. 1 bis 3) der [X.] nicht mit einer radialen, sondern einer axialen Sacklochbohrung (31) zum Aufsetzen auf einen [X.] (18) ausgestattet. Zum anderen könnte die [X.] nach [X.] den Fachmann [X.]falls dazu anregen, die Basisplatte des [X.] nach [X.] mit [X.] für [X.]e zu versehen und durch diese Maßnahme die Verschraubung gegen eine leichter handhabbare Steckverbindung auszutauschen. Eine Maßnahme hingegen, die - wie von der Klägerin und der Nebenintervenientin vorgetragen - mit einer Sacklochbohrung an dem Endstück (5‘‘) ansetzt, um so eine Verbindung zu einem [X.] nach dem Vorbild der [X.] herzustellen, würde weit außerhalb des Griffbereichs des [X.]s liegen, denn zum einen müsste hierzu die tragende Unterkonstruktion, bestehend aus Basisplatte (10) und [X.] (22) auf beiden Seiten des [X.]s (5‘‘, 20) fort gelassen werden, was für sich genommen schon eine Mehrzahl von durch den Stand der Technik nicht nahe gelegte Schritte erfordert. Zum anderen müsste die beidseitige Lagerung und Lastableitung des [X.]s (5‘‘, 20) nach der [X.] dahingehend berücksichtigt werden, dass das Endstück (5‘‘) und das Endstück (20), also der Federhalter des [X.]s, jeweils mit einer radialen - als solche durch die [X.] nicht vorgegebenen - Sacklochbohrung versehen werden. Diese Maßnahme wäre auf Seiten des Endstücks (5‘‘), welches aus Vollmaterial gefertigt ist, in technischer Hinsicht zumindest noch denkbar, während dies im Fall des hohlzylindrisch ausgeführten Federhalters (20), der die drehbare Welle (19) in sich trägt (vgl. [X.]. 13), technisch schon nicht mehr realisierbar wäre. Hinzu kommt, dass nach Durchführung aller dieser Maßnahmen das [X.] - anders als beim Gegenstand nach dem erteilten Patentanspruch 1 - dann an zwei [X.] und damit über zwei Punkte auf [X.]en zu lagern wäre.

Somit konnte der Fachmann, ausgehend vom Stand der Technik nach [X.], auch unter Hinzuziehung der Merkmale der [X.] keine Anregungen erhalten, um in naheliegender Weise zum Gegenstand des Streitpatents nach Anspruch 1 zu gelangen, insbesondere im Hinblick auf Merkmal [X.].

bb) Dasselbe gilt sinngemäß auch beim Stand der Technik nach [X.], wiederum als Ausgangspunkt, und der Hinzuziehung des Standes der Technik nach der [X.] 22 577 T2 ([X.]5) bzw. EP 0 853 916 [X.] ([X.]5a). Zwar lehrt die [X.]5/[X.]5a eine radiale Bohrung in ein rohrförmiges [X.] (11) zur Aufnahme des Kopfes (7) eines [X.] (1), welche insoweit auch an der in Merkmal [X.] des Patentanspruchs 1 angegebenen Richtung, also radial, ansetzt, jedoch keine Sacklochbohrung bilden kann, weil sie in dem Hohlraum des rohrförmigen Körpers endet. Auch eine Übernahme dieser Lehre nach [X.]5/[X.]5a würde den Fachmann aber ungeachtet dessen hinsichtlich der beidseitigen Lastableitung des [X.] nach der [X.] vor genau die Fragen stellen, die bereits für eine zusammenschauende Betrachtung von [X.] mit [X.] beschrieben worden sind, nämlich ob und in wie weit die in [X.] beschriebene und dargestellte Unterkonstruktion bestehend aus zwei [X.] und einer Basisplatte fortgelassen werden kann und wie mit der beidseitigen Lastableitung am [X.] nach der [X.] zu verfahren ist.

Nach alledem konnte auch eine Zusammenschau der technischen Lehren nach [X.] und [X.]5/[X.]5a einen Fachmann nicht in nahe liegender Weise zum Gegenstand des Streitpatents nach Anspruch 1 führen.

b) Auch die [X.] 5 901 383 A ([X.]) kann als Ausgangspunkt der Problemlösung den Fachmann, selbst unter Berücksichtigung seines Fachwissens, nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Streitpatents führen. Zwar mag das in [X.]. 16 der [X.] detailliert dargestellte Teil mit der [X.] 262, welches die Abstützung des [X.]s bewirkt und mit der Dämpfungseinrichtung (300) drehfest verbunden ist (Merkmal [X.]) und zusammen mit dieser die Schwenkachse für den Deckel oder den Sitz bildet (Merkmal [X.]) als [X.] im patentgemäßen Sinne aufzufassen sein. Jedoch befindet sich dieses Bauteil nicht in der Nähe der [X.], sondern ist von dem [X.] (202) durch einen großen und weiträumigen Gehäusekörper (214) mit einer senkrechten Wand (256) darauf, aus der dieses Bauteil über einen Rücksprung (252) über einen weiteren flacheren Teil des [X.] (214) hinaus ragt, getrennt, wie in [X.]. 9 insgesamt zu erkennen ist. Das Bauteil (262) weist darüber hinaus keinen etwa zylindrischen Grundkörper auf, wie z. B. in den [X.]. 11 und 17 bis 19 erkennbar ist. Eine radiale Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen [X.] einer [X.] ist ebenfalls nicht vorgesehen und ist bei dieser von einer weitläufigen Gehäuseunterkonstruktion (214) getragenen Gelenkmechanik auch nicht erforderlich. Somit vermag der Stand der Technik nach [X.] für sich betrachtet dem maßgeblichen Fachmann keinerlei Anregungen im Hinblick auf Merkmal [X.] des erteilten Patentanspruchs 1 zu vermitteln, denn das [X.] nach [X.] bedarf keiner Halterung in einem [X.] einer [X.], weil es von einer umfangreichen Gehäusestruktur getragen wird.

Sofern der Fachmann die in [X.] dargestellte und beschriebene Konstruktion eines [X.]s und dessen Befestigung an einer [X.] vereinfachen wollte, würde er, angeregt durch die bekannten einfachen Lösungen zur Verbindung von [X.] und Keramikgrundkörper gemäß der [X.] bzw. der [X.]5/[X.]5a, möglicherweise die dort beschriebene Verbindung über einen [X.] über Bohrungen an der Unterseite der Gehäusestruktur (214) der [X.] verwirklichen. Somit würde aber auch die Hinzuziehung des Standes der Technik nach [X.] bzw. [X.]5/[X.]5a [X.]falls zu einer anderen als in Merkmal [X.] beschriebenen konstruktiven Lösung führen.

An einer Befestigung des [X.]s gemäß der [X.] direkt auf einem [X.], wie in [X.] bzw. [X.]5/[X.]5a für einfache [X.] ohne Dämpfungseinrichtung vorbeschrieben, wäre der Fachmann indes bereits durch eine dann notwendige umfangreiche Umkonstruktion der gesamten Gelenkanordnung unter Weglassen der komplexen Gehäusestruktur der [X.], welche u. a. auch das [X.] trägt, gehindert. Selbst wenn der Fachmann überhaupt eine Kombination der Lehren nach [X.] und [X.] bzw. [X.]5/[X.]5a in Erwägung ziehen würde, wären auch in diesem Falle zu viele in naheliegender Weise - und zudem nicht angeregte - Schritte erforderlich, um auf der Grundlage dieses Standes der Technik zu einer technischen Maßnahme wie in Merkmal [X.] beschrieben, zu gelangen. Somit kann selbst eine Kombination, ausgehend von der [X.] in Verbindung mit der [X.] oder der [X.]5/[X.]5a den Fachmann nicht zum Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 des Streitpatents führen.

c) Die übrigen im Zuge des Verfahrens in Betracht gezogenen Druckschriften, die von der Klägerin bzw. der Nebenintervenientin auch in der mündlichen Verhandlung nicht aufgegriffen worden sind, liegen - wie bereits im qualifizierten Hinweis ausgeführt - weiter ab vom Gegenstand des Streitpatents und stehen deshalb dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 ebenfalls nicht patenthindernd entgegen. Dies gilt auch für eine fachmännische Zusammenschau des Standes der Technik nach [X.] bzw. [X.], jeweils mit [X.], denn auch eine derartige Zusammenschau kann zumindest nicht zu einem Gegenstand mit dem Merkmal [X.] führen. Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch fachübliche Erwägungen ohne weiteres auffindbar, sondern bedurfte darüber hinaus gehender Gedanken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit schließen lassen.

Der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung hat daher Bestand.

3. Die ebenfalls angegriffenen [X.], 3, 5, 6 und 8 bis 10, die Ausgestaltungen der Erfindung nach Patentanspruch 1 enthalten, werden vom bestandsfähigen Hauptanspruch getragen, ohne dass es hierzu weiterer Feststellungen bedurfte (B[X.], [X.]. v. 17.5.1994, 3 Ni 25/93 - B[X.]E 34, 215).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 Abs. 2 S. 2 [X.] i. V. m. §§ 91 Abs. 1 S. 1, 101 Abs. 2, 100 Abs. 1 ZPO. Die Nebenintervenientin gilt als Streitgenossin der Klägerin i. S. v. § 69 ZPO ([X.], [X.]. v. 16.10.2007, [X.]/02 - [X.], 60 - Sammelhefter II) und haftet deshalb für die Kostenerstattung. Die Entschei-dung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 [X.], § 709 ZPO.

Meta

4 Ni 22/11 (EP)

04.12.2012

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 04.12.2012, Az. 4 Ni 22/11 (EP) (REWIS RS 2012, 791)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 791

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