Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.11.2021, Az. II ZR 50/20

2. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 10499

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Gegenstand

Prozesskostensicherheit: Ausnahme bei völkerrechtlichen Verträgen; Sicherheitsverlangen gegenüber koreanischem Kläger


Tenor

Dem Kläger wird aufgegeben, innerhalb von sechs Wochen nach der Zustellung dieses Beschlusses eine weitere Prozesskostensicherheit in Höhe von 23.488,46 € zu stellen.

Gründe

I.

1

Der Kläger, der in [X.] wohnt, ist [X.]er der [X.], deren Geschäftsführer der Beklagte zu 1 war. Er macht gegen ihn Schadensersatzansprüche der [X.] aus Geschäftsführerhaftung geltend.

2

Mit Beschluss des [X.] vom 23. April 2014 und Zwischenurteil des Berufungsgerichts vom 17. April 2015 ist dem Kläger antragsgemäß die Erbringung einer Prozesskostensicherheit für die Prozesskosten des ersten und zweiten Rechtszugs aufgegeben worden.

3

Die Klage hatte im zweiten Rechtszug teilweise Erfolg. Das Berufungsurteil ist rechtskräftig, soweit der Beklagte zu 1 gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 2 zur Zahlung von 233.000 € nebst Zinsen an die [X.] verurteilt worden ist. Auf die Beschwerde des Beklagten zu 1 hat der Senat die Revision zugelassen, soweit dieser weiterhin zur Zahlung von 963.780,40 € nebst Zinsen an die [X.] verurteilt worden ist.

4

Nunmehr begehrt der Beklagte zu 1 die Anordnung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit für das Revisionsverfahren.

II.

5

Die Voraussetzungen für die Anordnung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit liegen vor (§§ 110, 112 Abs. 3 ZPO). Die Anordnung kann der Senat im [X.] treffen, da der Kläger dem Sicherheitsverlangen nicht entgegen getreten ist, es nach Grund und Höhe unstreitig ist und ein Zwischenstreit im Sinne von § 303 ZPO mithin nicht vorliegt ([X.], Beschluss vom 24. März 2016 - [X.]/15, juris Rn. 1; [X.], 189, 190).

6

1. Der Beklagte zu 1 ist mit dem Verlangen nach weiterer Sicherheitsleistung nicht nach §§ 565, 532 Satz 2 ZPO ausgeschlossen. Die Rüge der mangelnden Sicherheitsleistung für die Prozesskosten gehört zu den die Zulässigkeit der Klage betreffenden verzichtbaren [X.], die gemäß § 282 Abs. 3 ZPO grundsätzlich vor der ersten Verhandlung zur Hauptsache, und zwar für alle Rechtszüge, erhoben werden müssen. Da das erstinstanzliche Verlangen des Beklagten zu 1 nach Sicherheitsleistung nicht eingeschränkt war, gilt es für die Kosten des gesamten Rechtsstreits einschließlich etwaiger Rechtsmittelzüge (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Juli 2020 - [X.], juris Rn. 6 mwN).

7

2. Der Kläger ist prozesskostensicherungspflichtig.

8

a) Der Kläger hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der [X.] oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den [X.] (§ 110 Abs. 1 ZPO). Wer Kläger ist, bestimmt sich nach der [X.] in erster Instanz; dabei bleibt es auch für den Fall eines Rechtsmittelverfahrens, bei dem der Kläger Rechtsmittelbeklagter ist ([X.], Urteil vom 20. November 1961 - [X.], [X.]Z 37, 264, 266; Beschluss vom 7. Oktober 1981 - [X.], [X.], 113, 114).

9

b) Die Verpflichtung des Klägers zur Leistung weiterer Prozesskostensicherheit ist nicht gemäß § 110 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

Der Ausnahmetatbestand des § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, dass aufgrund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann, greift im Verhältnis zur [X.] nicht ein. Das Freihandelsabkommen zwischen der [X.] und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der [X.] andererseits vom 6. Oktober 2010 ([X.], S. 1483) und das zwischen denselben Vertragsparteien geschlossene Rahmenabkommen vom 10. Mai 2010 ([X.] II 2013, [X.]) enthalten keine entsprechenden Regelungen ([X.], Beschluss vom 23. Juli 2020 - [X.], juris Rn. 17). Auch würde die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten nicht aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrags vollstreckt werden können (§ 110 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; Muthorst in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 110 Rn. 44 "[X.], Republik").

c) Es ist auch nicht ein zur Deckung der Prozesskosten ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten, da die vom Kläger im Wege der [X.]erklage für die [X.] erstrittene Forderung über 233.000 € dem Kostenerstattungsanspruch des Beklagten zu 1 nicht aufrechenbar gegenübersteht (§ 387 BGB).

3. Die Höhe der weiteren Sicherheit bemisst der Senat auf Grundlage eines Streitwerts von bis zu 963.780,40 € nach den möglichen Anwaltskosten für die dritte Instanz (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Februar 2014 - [X.], juris Rn. 2; Beschluss vom 23. Oktober 2018 - [X.], [X.], 2242 Rn. 16; Beschluss vom 13. Juli 2020 - [X.], juris Rn. 8) auf insgesamt 23.488,46 € (2,3 Verfahrensgebühr in Höhe von 11.934,70 €, 1,5 Terminsgebühr in Höhe von 7.783,50 €, Auslagenpauschale in Höhe von 20 €, [X.] 19 % Umsatzsteuer auf 19.738,20 € in Höhe von 3.750,26 €).

Drescher     

        

Bernau     

        

B. Grüneberg

        

von Selle      

        

C. Fischer      

        

Meta

II ZR 50/20

02.11.2021

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 24. Januar 2020, Az: 6 U 235/14

§ 110 Abs 2 Nr 1 ZPO, FrHAbkEU/KOR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.11.2021, Az. II ZR 50/20 (REWIS RS 2021, 10499)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 10499

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