Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2014, Az. 5 AZR 299/13 (F)

5. Senat | REWIS RS 2014, 6964

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Gegenstand

Transferarbeitsverhältnis - Vergütungspflicht


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 26. Januar 2011 - 7 [X.] 503/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über die Feststellung von Vergütungsansprüchen wegen Annahmeverzugs zur Tabelle.

2

[X.]er 1958 geborene Kläger war seit 1974 bei der [X.] (im Folgenden: [X.]) bzw. deren Rechtsvorgängerin am [X.]tandort L beschäftigt, zuletzt als Laborleiter. Im [X.]ezember 2008 vereinbarten [X.] und der Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich, einen Transfersozialplan und eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur [X.]urchführung einer Transfermaßnahme. [X.]anach kündigte [X.] das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt ordentlich zum 30. Juni 2009.

3

Unter dem 2./19. Februar 2009 schlossen [X.], der Kläger und die [X.] (im Folgenden: [X.]chuldnerin) einen dreiseitigen Aufhebungs- und Anstellungsvertrag (im Folgenden: Anstellungsvertrag), der auszugsweise lautet:

        

„I.     

Präambel

                 

1.    

[X.] wird aus wirtschaftlichen Gründen einen Abbau von Arbeitsplätzen am [X.]tandort L durchführen.

                 

2.    

Um die damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer auszugleichen, haben [X.] und der Gesamtbetriebsrat von [X.] am 07.11.2008 einen Interessenausgleich und einen [X.]ozialplan abgeschlossen. [X.]em Arbeitnehmer sind die darin getroffenen Vereinbarungen bekannt. Ihm ist auch bekannt, dass sein Arbeitsplatz betriebsbedingt wegfällt.

                 

3.    

[X.]ie Parteien dieses Vertrages gehen davon aus, dass [X.] Transferkurzarbeit im [X.]inne des § 216b [X.]GB III beantragt und dass dieses von der Arbeitsverwaltung genehmigt und gefördert wird.

                 

4.    

[X.] wird eine betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit („[X.]“) innerhalb der [X.] einrichten, deren Zweck darin besteht, für die [X.]auer von längstens 9 Monaten Transferkurzarbeit und Qualifizierungsmaßnahmen ausschließlich für die betroffenen Arbeitnehmer durchzuführen. [X.] führt die [X.] im [X.]inne des § 216b [X.]GB III.

        

Im Hinblick darauf schließen die Parteien folgende dreiseitige Vereinbarung:

        

II.     

Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers mit [X.]

        

1.    

In Kenntnis der in der Präambel genannten Fakten vereinbaren der Arbeitnehmer und [X.] die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus den im Interessenausgleich und [X.]ozialplan vom 07.11.2008 genannten betriebsbedingten Gründen einvernehmlich zum 30. Juni 2009.

                 

…       

        

3.    

Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes erhält der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit [X.] eine mit dem Arbeitnehmer (…) vereinbarte Abfindung als Einmalzahlung. [X.]ie schon jetzt entstandene und damit vererbliche Abfindung beträgt [X.] 70.000,00 brutto.

                 

…       

        

III.   

Befristeter Anstellungsvertrag mit der [X.]

        

1.    

Gegenstand und [X.]auer des befristeten Arbeitsverhältnisses mit der [X.]

        

a.    

[X.]er Arbeitnehmer und die [X.] schließen hiermit einen befristeten Arbeitsvertrag für die [X.]auer vom 1. Juli 2009 bis zum 31. März 2010. [X.]as Arbeitsverhältnis endet mit dem Beendigungsdatum automatisch, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

        

b.    

Grundlage für diesen Arbeitsvertrag ist die [X.]urchführung von Maßnahmen zur Beschäftigung, Qualifizierung und beruflichen Neuorientierung des Arbeitnehmers. Neben der Aufnahme in die [X.] umfassen diese Maßnahmen:

                 

■        

Erstellung eines Berufswege- und Qualifizierungsplanes

                 

■       

Unterstützung bei der Integration in den ersten Arbeitsmarkt

                 

■       

Betrieb eines Beratungsbüros

                 

■       

Initiierung und [X.]urchführung von Qualifizierungsmaßnahmen

                 

■       

Initiierung und Vermittlung von betrieblichen Einarbeitungsprogrammen (Praktika)

        

…       

        
        

e.    

[X.]ieser Arbeitsvertrag ist im Hinblick auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitnehmer und [X.] bis zur tatsächlichen Errichtung der [X.] und bis zur Bewilligung des [X.] im [X.]inne des § 216b [X.]GB III durch die Arbeitsverwaltung aufschiebend bedingt, d.h. er entfaltet Gültigkeit in dem vorgenannten Umfang nur bei Errichtung der [X.] und Bewilligung des [X.]. Im Falle, dass die aufschiebende Bedingung nicht eintritt, endet das Arbeitsverhältnis mit [X.] nicht zu dem Beendigungszeitpunkt, sondern mit Ablauf der individuellen Kündigungsfrist. Abschnitt II dieser Vereinbarung bleibt hiervon unberührt.

        

f.    

Bereits vor dem Eintritt in die [X.] wird der Arbeitnehmer an einer Maßnahme zur Feststellung der Leistungsfähigkeit, seiner Arbeitsmarktchancen und seines individuellen [X.] (sog. ‚Profiling‘) teilnehmen.

        

2.    

Vergütung

        

a.    

[X.]er Arbeitnehmer erhält ein monatliches Entgelt, das sich aus Zahlungen der Agentur für Arbeit und aus Zahlungen von [X.] zusammensetzt.

                 

[X.]ie Agentur für Arbeit zahlt [X.] ([X.]) gemäß § 216b [X.]GB III in Höhe von 60 % bzw. 67 % (je nach dem, ob auf der Lohnsteuerkarte ein Kinderfreibetrag mit Zähler von mindestens 0,5 eingetragen ist) des bisherigen pauschalierten [X.]s. [X.]as pauschalierte [X.] ist das um die gesetzlichen Entgeltabzüge verminderte individuelle Bruttoarbeitsentgelt. [X.]as Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit legt jeweils für ein Kalenderjahr die für die Berechnung des [X.] maßgeblichen pauschalierten monatlichen [X.]e fest. [X.]ieses wird von [X.] auf 80 % des [X.]s aufgestockt (‚Aufstockungszahlung‘).

                 

Als [X.] für die Berechnung des monatlichen [X.]s wurden nur die Entgeltbestandteile herangezogen, die förderfähig sind im [X.]inne des § 216b [X.]GB III. [X.]iese sind das monatliche fixe Bruttoentgelt (z.B. [X.], [X.], Persönlicher Besitzstand, Erschwerniszulage, [X.]chichtzulage, [X.]) sowie der Arbeitgeberanteil zur vermögenswirksamen Leistung, soweit dieser monatlich ausbezahlt wird. [X.]amit bleiben Einmalzahlungen, Entgelt für Mehrarbeit und sozialversicherungsfreie Zuschläge (z.B. Feiertags- und [X.]onntagszuschläge sowie Nachtzuschläge) bei der Berechnung der [X.] außer Betracht.

                 

Grundlage für die Berechnungen der unter a. genannten Bezüge ist die von [X.] übermittelte Gehaltszusammensetzung bestehend aus dem berechneten Bruttoarbeitsentgelt gemäß der Gesamtbetriebsvereinbarung ‚[X.]urchführung einer Transfermaßnahme‘ vom 07.11.2008 in Höhe von

                 

[X.] 4.122,60

                 

[X.]ieser Betrag erhöht sich um den berücksichtigungsfähigen Betrag der Tariferhöhung 2009.

                 

[X.]oweit sich das bisherige [X.] durch besondere [X.]teuerfreibeträge etc. erhöht hat, die in die Bemessung des [X.] nicht einfließen, bleiben diese Beträge für die Berechnung der Aufstockungszahlung ebenfalls unberücksichtigt. Unberücksichtigt bleiben insoweit auch zukünftige Lohnerhöhungen.

                 

[X.]as [X.] sowie der [X.] werden monatlich, nachträglich jeweils zum Monatsende, auf das vom Arbeitnehmer zu benennende Konto überwiesen.

        

3.    

Arbeitszeit

        

a.    

Grundsätzlich wird Kurzarbeit Null realisiert. [X.]oweit während des Verlaufs dieses Arbeitsverhältnisses unter Pkt. III, 1 b. genannten Maßnahmen durchgeführt werden, gilt als durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit eine solche von 37,5 [X.]tunden, bei [X.] die zuvor mit ihnen bei [X.] vereinbarte Arbeitszeit.

        

b.    

Nimmt der Arbeitnehmer im Rahmen der Transferkurzarbeit an einer Qualifizierungsmaßnahme teil, so muss er die Unterrichtszeiten der jeweiligen Maßnahme einhalten, wie sie von der Agentur für Arbeit oder dem Veranstalter der Maßnahme festgelegt werden.

        

c.    

[X.]ie Lage der Arbeitszeit ergibt sich im Übrigen jeweils aus den Erfordernissen der aktiven Mitwirkungspflicht und wird dementsprechend durch [X.] festgelegt.

        

…       

        
        

9.    

Verpflichtungen des Arbeitnehmers

        

a.    

Mit Unterzeichnung dieses Vertrages erklärt der Arbeitnehmer ausdrücklich sein Einverständnis mit der Transferkurzarbeit ‚Null‘ (Null [X.]tunden Arbeitszeit).

        

b.    

[X.]er Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich vor Beginn der Maßnahmen bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden.

        

c.    

Während der [X.]auer des befristeten Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer an den angebotenen Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, die von [X.]eiten der Agentur für Arbeit oder [X.] vorgeschlagen werden, teilzunehmen. Er ist verpflichtet, an der [X.]uche nach einem neuen Arbeitsplatz aktiv mitzuwirken und sich in ein anderes Arbeitsverhältnis auf dem ersten Arbeitsmarkt vermitteln zu lassen. Im Rahmen der bestehenden Gesetze sowie der Möglichkeiten der [X.] werden persönliche Wünsche hinsichtlich einer Fortbildung berücksichtigt.

        

…“    

        

4

Im Juli 2009 leistete [X.] auf der Grundlage eines zwischen ihr und der [X.]chuldnerin gesondert abgeschlossenen [X.]ienstleistungsvertrags dieser einen Vorschuss iHv. 100.000,00 Euro auf die für das erste Vierteljahr zu erwartenden Aufwendungen. Nach Einleitung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] teilte der vorläufige Insolvenzverwalter der [X.]chuldnerin am 22. Oktober 2009 mit, dass keine weiteren Zahlungen erfolgen würden. Angesichts dessen schloss diese mit 17 der 20 Beschäftigten Aufhebungsverträge. [X.]er Kläger sowie zwei weitere Kollegen lehnten dies ab.

5

Mit [X.]chreiben vom 30. Oktober 2009 kündigte die [X.]chuldnerin das „bestehende befristete Arbeitsverhältnis“ mit dem Kläger außerordentlich fristlos. [X.]iese Kündigung löste das Arbeitsverhältnis nicht auf ([X.] 24. Januar 2013 - 2 [X.] -).

6

[X.]er Kläger hat für die Monate November 2009 bis März 2010 Vergütung wegen Annahmeverzugs verlangt und geltend gemacht, die [X.]chuldnerin habe als Arbeitgeberin für die vertraglich vereinbarte Vergütung einzustehen. Geschuldet sei eine Nettovergütung, weil das [X.] nach dem Anstellungsvertrag „auf 80 % des [X.]s“ aufzustocken sei.

7

[X.]er Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, beantragt,

        

die [X.]chuldnerin zu verurteilen, an ihn Arbeitsentgelt

        

a)    

für November 2009 iHv. 1.358,33 Euro netto abzüglich an die Agentur für Arbeit übergegangener 1.307,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. [X.]ezember 2009,

        

b)    

für [X.]ezember 2009 iHv. 1.358,33 Euro netto abzüglich an die Agentur für Arbeit übergegangener 1.351,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2010,

        

c)    

für Januar 2010 iHv. 1.548,12 Euro netto abzüglich an die Agentur für Arbeit übergegangener 1.351,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2010,

        

d)    

für Februar 2010 iHv. 1.548,12 Euro netto abzüglich an die Agentur für Arbeit übergegangener 1.220,52 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2010,

        

e)    

für März 2010 iHv. 1.548,12 Euro netto abzüglich an die Agentur für Arbeit übergegangener 1.351,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2010

        

zu zahlen.

8

[X.]ie [X.]chuldnerin hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie sei nicht zur Zahlung eines Arbeitsentgelts verpflichtet. [X.]ie Vergütung in der Transfergesellschaft bestehe vertragsgemäß lediglich aus dem [X.] und der Aufstockungsleistung von [X.], die zudem eine Bruttovergütung sei.

9

[X.]as Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. [X.]as [X.] hat unter Zurückweisung der Berufung des [X.] auf die Berufung der [X.]chuldnerin die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision hat der Kläger zunächst seine Klageanträge weiterverfolgt.

[X.]as [X.] hat mit Beschluss vom 24. Juli 2012 - 3 f IN 248/12 [X.] - über das Vermögen der [X.]chuldnerin, die im Laufe des Revisionsverfahrens in O umfirmierte, das Insolvenzverfahren eröffnet und den [X.] zum Insolvenzverwalter bestellt. Nachdem dieser die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen bestritt, hat der Kläger den Rechtsstreit gegen den Insolvenzverwalter aufgenommen. Er begehrt nunmehr die Feststellung der Forderungen zur Insolvenztabelle. [X.]er Insolvenzverwalter beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision des [X.] ist unbegründet. [X.]ie zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen bestehen nicht.

I. [X.]ie Klage ist zulässig.

1. [X.]er Kläger hat den durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gemäß § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreit wirksam gegen den Insolvenzverwalter aufgenommen, § 87 iVm. § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 InsO. Bei der ursprünglich eingeklagten Vergütung wegen Annahmeverzugs handelt es sich um eine Insolvenzforderung iSv. § 38 InsO. Sie resultiert aus der [X.] vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

2. [X.]er Übergang von den ursprünglichen Leistungsanträgen zum Antrag auf Feststellung der Forderungen zur Insolvenztabelle ist keine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung iSv. § 263 ZPO, sondern gemäß § 264 Nr. 3 ZPO statthaft (vgl. [X.] 31. Oktober 2012 - III ZR 204/12 - Rn. 22, [X.]Z 195, 233).

II. [X.]ie Klage ist unbegründet. [X.]er Kläger hat gegen die Schuldnerin keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs.

1. Zwar bestand zwischen dem Kläger und der Schuldnerin aufgrund des dreiseitigen Vertrags auch im Streitzeitraum ein Arbeitsverhältnis. [X.]avon hat der Senat aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzprozess ([X.] 24. Januar 2013 - 2 [X.] -) auszugehen. Jedoch begründet der Anstellungsvertrag keine eigenständige Vergütungspflicht der Schuldnerin. [X.]as ergibt die Auslegung des [X.].

2. Bei den Klauseln des [X.] handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). [X.]afür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. [X.] 17. August 2011 - 5 [X.] - Rn. 11 mwN, [X.]E 139, 44), der keine der Parteien entgegengetreten ist. [X.]ie Bedingungen des [X.] sind auch von der Schuldnerin gestellt. [X.]enn sie hat sich den von [X.] vorformulierten dreiseitigen Vertrag jedenfalls hinsichtlich der Klauseln des [X.] zu Eigen gemacht (vgl. allgemein zur Zurechnung von Vertragsbedingungen: [X.] 1. März 2013 - V ZR 31/12 - Rn. 17 mwN).

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die [X.] des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 38 mwN). [X.]ie Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfbar (st. Rspr., vgl. zB [X.] 21. August 2013 - 5 [X.] - Rn. 19 mwN).

3. [X.]ie Auslegung nach diesem Maßstab ergibt, dass der Anstellungsvertrag die Schuldnerin nicht zu einer eigenständigen Entgeltleistung verpflichtet.

a) Nr. III. 2. Buchst. a Abs. 1 Anstellungsvertrag bestimmt, dass der Kläger für die Teilnahme an der Maßnahme ein monatliches Entgelt erhält, das sich aus Zahlungen der [X.] und aus Zahlungen von [X.] zusammensetzt. [X.]abei stand das befristete Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft unter der aufschiebenden Bedingung der Bewilligung von Transferkurzarbeitergeld (Nr. III. 1. Buchst. e Anstellungsvertrag), das [X.] beantragt (Nr. I. 3. Anstellungsvertrag), und nicht die Transfergesellschaft, sondern wiederum [X.] auf 80 % des [X.] aufstockt (Nr. III. 2. Buchst. a Abs. 4 Satz 4 Anstellungsvertrag).

Bei einer solchen Vertragsgestaltung darf ein redlicher und verständiger Arbeitnehmer nicht annehmen, dass neben der vorgesehenen Sozialleistung aus dem Recht der Arbeitsförderung und der [X.] begründeten, der Abfederung des Personalabbaus dienenden Aufstockungsleistung des bisherigen Arbeitgebers ein eigenständiger Vergütungsanspruch gegen die Transfergesellschaft begründet wird. [X.]iese sollte - wie für das Transferkurzarbeitergeld, das gemäß § 320 Abs. 1 Satz 2 [X.] vom Arbeitgeber an die Arbeitnehmer weitergeleitet wird (vgl. [X.] 22. April 2009 - 5 [X.]/08 - Rn. 17, [X.]E 130, 331) - erkennbar nur die technische Abwicklung der Entgeltzahlung übernehmen.

b) Zudem nimmt die Klausel mit der Formulierung „Zahlungen von [X.]“ Bezug auf die in der Präambel des dreiseitigen Vertrags aufgeführten Betriebsvereinbarungen, aus denen ein durchschnittlicher Arbeitnehmer erkennen kann, dass [X.] sich verpflichtete, den zu entlassenden Mitarbeitern bei der beruflichen Neuorientierung behilflich zu sein, und die Transfergesellschaft lediglich zur [X.]urchführung der Maßnahme eingeschaltet wird. [X.]ementsprechend stockt nach Nr. IV. Abs. 3 Satz 2 Interessenausgleich [X.] - und nicht die Transfergesellschaft - das Transferkurzarbeitergeld mit einem monatlichen Zuschuss auf. Auch Nr. IV. 1.2 Transfersozialplan, der eine - beim Kläger nicht umgesetzte - Reduzierung der Abfindung in Abhängigkeit von der Verweildauer in der Transfergesellschaft vorsieht, verdeutlicht, dass die Aufstockung eine Leistung von [X.] ist.

c) Sonstige Vertragsbedingungen verleiten einen verständigen Arbeitnehmer ebenfalls nicht zu der Annahme, es bestehe ein eigenständiger Vergütungsanspruch gegen die Transfergesellschaft. Nach Nr. III. 3. Buchst. a Anstellungsvertrag wird vielmehr „Kurzarbeit Null realisiert“ und der Kläger hat in der Transfergesellschaft keine Arbeitsleistung im üblichen Sinne zu erbringen, sondern lediglich an allein ihm nützlichen Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen, Nr. III. 9. Buchst. [X.]. [X.]es Weiteren verdeutlicht die Pflicht, sich vor Beginn der Maßnahme bei der [X.] arbeitssuchend zu melden, an von dieser angebotenen Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen und aktiv an der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz mitzuwirken (Nr. III. 9. Buchst. b und [X.]), dass die Teilnahme an der Maßnahme kein reguläres Arbeitsverhältnis begründet und eine eigenständige „Vergütung“ seitens der Transfergesellschaft nicht zu erwarten ist.

4. [X.]em steht die - formale - Arbeitgeberstellung der Transfergesellschaft nicht entgegen. Zwar darf im Normalfall der Arbeitnehmer annehmen, dass der Arbeitgeber als Gläubiger der vereinbarten [X.]ienste entsprechend § 611 Abs. 1 BGB auch Schuldner der vereinbarten Vergütung ist. Im Streitfall haben die Parteien aber für den Sonderfall des befristeten [X.], in dem gerade keine produktive Arbeitsleistung zu erbringen ist ([X.] 9. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 18), ausdrücklich etwas anderes vereinbart.

5. [X.]er Einwand des [X.], bei einer solchen Vertragsgestaltung trage der Arbeitnehmer das Risiko der Insolvenz seines bisherigen Arbeitgebers, ist richtig, vermag der Klage aber nicht zum Erfolg zu verhelfen. [X.]ieses Insolvenzrisiko trifft den Kläger auch hinsichtlich der vereinbarten Abfindung, einer weiteren Leistung zur Milderung der Nachteile des Personalabbaus. Außerdem steht der Kläger hinsichtlich des [X.] nicht anders, als er stünde, wenn sein bisheriger Arbeitgeber die [X.] unternehmensintern durchgeführt und nicht - was allerdings Voraussetzung einer Förderung ist (§ 216a [X.] in der bis zum 31. [X.]ezember 2010 geltenden Fassung bzw. nunmehr § 110 [X.]) - einen [X.]ritten eingeschaltet hätte.

III. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    A. Christen    

        

    [X.]    

                 

Meta

5 AZR 299/13 (F)

19.03.2014

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Ludwigshafen, 30. Juli 2010, Az: 7 Ca 447/10, Urteil

§ 264 Nr 3 ZPO, § 611 Abs 1 BGB, § 305 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2014, Az. 5 AZR 299/13 (F) (REWIS RS 2014, 6964)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6964

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