Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.12.2008, Az. VI ZR 277/07

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 365

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[X.]IM NAMEN DES VOL[X.]ES [X.] ZR 277/07 Verkündet am: 9. Dezember 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja SGB [X.]I § 34 Abs. 3 [X.] Art. 34; [X.]B § 839 (Fe) Ein zum Heilbehandlungsarzt der Berufsgenossenschaften bestellter Arzt darf nur bei den in § 35 des [X.] 2001 im Einzelnen aufge-führten Verletzungen über die Einleitung der besonderen berufsgenossenschaftli-chen Heilbehandlung entscheiden. [X.], Urteil vom 9. Dezember 2008 - [X.] - [X.]LG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], Pauge und [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.]n gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.]s [X.] vom 14. November 2007 wird auf seine [X.]osten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der [X.]läger begehrt von dem beklagten Facharzt für [X.]hirurgie Schadens-ersatz, weil dieser als Heilbehandlungsarzt der Berufsgenossenschaft (künftig: [X.]) fehlerhaft gehandelt habe. 1 Am 12. Juli 2001 erlitt der am 21. Mai 1947 geborene [X.]läger bei einem Arbeitsunfall eine Handverletzung. Sein Hausarzt überwies ihn an den [X.], der den [X.]läger am 16. Juli 2001 untersuchte, Röntgenbilder fertigte und in seinem [X.]-Bericht vermerkte: "Diagnose: Zerrung re. Handgelenk, Fraktur-ausschluss. Art meiner Erstversorgung: Anlage [X.] [[X.]], Schonung – Allgemeine Heilbehandlung: ja, durch [X.] –". Als sich der [X.]lä-ger am 19. Juli 2001 wieder vorstellte, sah der [X.] die Verletzung als aus-2 - 3 - geheilt an. Der [X.]läger suchte am 15. August 2002 erneut den [X.]n und schließlich die [X.] auf. In deren [X.] vom 17. Oktober 2002 wird beschrieben, dass sowohl auf dem [X.] vom 16. Juli 2001 als auch auf aktuellen MRT- und Röntgenbildern eine perilunäre Luxation des rechten Handgelenks erkennbar sei. Weiter heißt es: "Aufgrund der jetzt alten Verletzung ist eine rekonstruktive Maßnahme nicht Erfolg versprechend". Der [X.]läger kann seinen Beruf als Getränkeausfahrer nicht mehr ausüben und erhält eine Rente nach den Bestimmungen des [X.][X.] [X.]. Das [X.], dessen Urteil in Medizinrecht 2006, 728 veröffentlicht ist, hat die [X.]lage abgewiesen, weil der [X.] in Ausübung eines öffentlichen Amtes gehandelt habe (Art. 34 [X.], § 839 [X.]B). Das [X.] hat dieses Urteil aufgehoben und der [X.]lage stattgegeben. Mit der vom Berufungs-gericht zugelassenen Revision erstrebt der [X.] die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. 3 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht (sein Urteil ist abgedruckt in Medizinrecht 2008, 368) hat die Haftung des [X.]n bejaht. 4 Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der [X.]läger die perilunäre [X.] am 12. Juli 2001 erlitten habe. Dass der [X.] die Luxation auf dem Röntgenbild vom 16. Juli 2001 nicht erkannt habe, stelle einen als [X.]sfehler zu wertenden Diagnosefehler dar, der zu der fehlerhaften [X.] ([X.] statt Reposition und [X.]), zu den [X.] - 4 - chen Beeinträchtigungen und zur Berufsunfähigkeit des [X.] geführt habe. Die Beweisaufnahme habe aber nicht ergeben, dass bei einer ordnungsgemä-ßen Behandlung dieselben Schäden eingetreten wären. Das gehe zu Lasten des [X.]n, der in einem solchen Fall des rechtmäßigen Alternativverhaltens die Beweislast trage. Deshalb komme es nicht mehr darauf an, dass sich [X.] die Beweislast für die Ursächlichkeit des Fehlers für den Primärschaden umkehre, weil ein grober Behandlungsfehler vorliege. Im Übrigen sei die [X.]lage begründet sowohl hinsichtlich eines Schadens-ersatzanspruchs wegen entgangenen Verdiensts in Höhe von 3.786,07 • für die [X.] bis 30.6.2005 als auch hinsichtlich eines Anspruchs auf Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 •. 6 Der [X.] hafte persönlich. Eine Haftung der Berufsgenossenschaft (Art. 34 [X.], § 839 [X.]B) komme nicht in Betracht. Die Rechtsprechung zum Durchgangsarzt (künftig: D-Arzt) sei auf den [X.] nicht übertragbar. Die Betei-ligung des [X.]es an der besonderen berufsgenossenschaftlichen [X.] sei nach §§ 30, 35 des [X.]Ärzte auf besondere Arten von Verletzungen minderer Schwere begrenzt. Der [X.] entscheide zwar darüber, ob bei diesen Verletzungen die allgemeine [X.] ausreiche oder ob eine besondere Heilbehandlung notwendig sei. Die allgemeine Heilbehandlung dürfe er wie jeder Vertragsarzt, die besondere (be-rufgenossenschaftliche) Heilbehandlung dagegen nur in einzeln aufgezählten leichteren Fällen selbst durchführen. In den übrigen Fällen müsse er den D-Arzt einschalten. Diesem sei generell die Aufgabe übertragen, die Entscheidung für eine allgemeine oder eine besondere Heilbehandlung zu treffen. [X.] ein [X.] gegen seine Pflicht zur Vorstellung des Patienten und behandle er die-sen selbst, so treffe er keine Entscheidung in Ausübung einer Amtspflicht des [X.] (künftig: Berufsgenossenschaft, [X.]). Vielmehr habe 7 - 5 - er dem Patienten gegenüber Pflichten aus einem privatrechtlichen [X.]svertrag. Der [X.] habe im zu entscheidenden Fall objektiv fehlerhaft die Behandlung des [X.] übernommen, da er gegen seine Pflicht zur Vor-stellung des Patienten beim D-Arzt verstoßen und nicht erkannt habe, dass eine Verletzung nach dem [X.] vorgelegen habe. Zugleich habe er seine Pflichten aus dem Behandlungsvertrag mit dem [X.]läger verletzt und hafte diesem deshalb nach §§ 823 Abs. 1, 847 [X.]B a.F., ohne den [X.]läger auf die [X.] verweisen zu können. I[X.] Das angefochtene Urteil hält einer rechtlichen Prüfung stand. 8 1. Ohne Rechtsverstoß geht das Berufungsgericht nach [X.] Beratung davon aus, dass sich der [X.] bei der ärztlichen Behandlung des [X.] fehlerhaft verhalten und diesen dadurch geschädigt hat. 9 a) Auch die Revision stellt einen Diagnosefehler nicht in Frage. Der [X.] erkannte auf dem Röntgenbild vom 16. Juli 2001 die perilunäre Luxation nicht, sondern ging fälschlich von einer Zerrung des rechten Handgelenks aus. Deshalb war die konservative Behandlung zur Behandlung der perilunären [X.], die zunächst eine unblutige Reposition und sodann eine [X.] er-fordert hätte, verfehlt. 10 b) Diese Fehler haben Funktionsbeeinträchtigungen am Handgelenk, ständige Schmerzen und die Berufsunfähigkeit des [X.] als Getränkeaus-fahrer verursacht. Dass sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts er-geben mag, auch bei richtiger Diagnose und Behandlung werde lediglich in 70 % der Fälle ein über den jetzigen Zustand hinausgehender Erfolg erreicht, 11 - 6 - führt entgegen der Ansicht der Revision nicht zu Zweifeln an der [X.]ausalität des Fehlverhaltens des [X.]n für den Schaden des [X.]. Ob Reposition und [X.] zu einem besseren oder zum selben Ergebnis geführt hätten, betrifft nicht die [X.]ausalität der tatsächlich durchgeführten konservativen Behandlung für den eingetretenen Schaden, sondern einen hypothetischen [X.]ausalverlauf bei rechtmäßigem Alternativverhalten, für den der [X.] beweispflichtig ist (vgl. Senat, Urteil vom 15. März 2005 - [X.] ZR 313/03 - [X.], 836, 837 m.w.N.). Steht - wie hier - fest, dass ein Arzt dem Patienten durch fehlerhaftes und rechtswidriges Handeln einen Schaden zugefügt hat, so muss der Arzt [X.], dass der Patient den gleichen Schaden auch bei rechtmäßigem und fehlerfreiem ärztlichem Handeln erlitten hätte (vgl. Senat, Urteil vom 5. April 2005 - [X.] ZR 216/03 - [X.], 942 m.w.N.; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., Rn. [X.], [X.] 151 m.w.N.). Dass das Berufungsgericht diesen dem [X.]n obliegenden Nachweis als nicht geführt angesehen hat, weil bei hypothetisch richtiger Behandlung in (nur) 30 % der Fälle ein Ergebnis wie beim [X.]läger eintritt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. 2. Für den durch den Diagnose- und Behandlungsfehler verursachten Gesundheitsschaden des [X.] haftet vertraglich (positive Vertragsverlet-zung) wie deliktisch (§§ 823 Abs. 1, 847 a.F. [X.]B; Art. 229 § 5 Satz 1, 8 Abs. 1 EG[X.]B) der [X.] persönlich. Eine Haftung der [X.] aus Art. 34 [X.], § 839 Abs. 1 [X.]B hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler verneint, denn der [X.] handelte nicht in Ausübung eines ihm von der [X.] übertragenen öffentli-chen Amtes. 12 a) Nach Art. 34 Satz 1 [X.] haftet anstelle eines Bediensteten, soweit die-ser in Ausübung des ihm anvertrauten öffentlichen Amts gehandelt hat, der Staat oder die [X.]örperschaft, in dessen Dienst er steht. Die persönliche Haftung des Bediensteten ist in diesem Fall ausgeschlossen. Ob sich das Handeln einer 13 - 7 - Person als Ausübung eines öffentlichen Amts darstellt, bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des [X.] danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn der Betreffende tätig wurde, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, son-dern auf seine Funktion, das heißt auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient, abzustellen (vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 2006 - [X.]/05 - [X.], 1684 m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen hat der [X.] bei Stellung der Diagnose nicht in Ausübung ei-nes ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt und haftet daher persönlich. Die ärztliche Heilbehandlung von [X.]ranken ist regelmäßig nicht Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 34 [X.] (vgl. [X.] 63, 265, 270 f.). Anderes kann dann gelten, wenn der Arzt eine dem Hoheitsträger selbst oblie-gende Aufgabe erledigt und ihm insoweit ein öffentliches Amt anvertraut ist. So ist etwa die ärztliche Behandlung von Soldaten durch Truppenärzte im Rahmen der gesetzlichen Heilfürsorge Wahrnehmung einer dem Dienstherrn obliegen-den hoheitlichen Aufgabe und damit Ausübung eines öffentlichen Amtes ([X.] 108, 230). Dagegen ist die ärztliche Behandlung nach einem Arbeitsunfall keine der [X.] obliegende Aufgabe. Das hat der [X.] unter Geltung der [X.] ausgesprochen. Aufgabe der [X.] gemäß § 557 Abs. 2 [X.] sei lediglich, "alle Maßnahmen zu treffen", durch die eine möglichst bald nach dem Arbeitsunfall einsetzende, schnelle und sachgemäße [X.] "gewährleistet" werde. Die Heilbehandlung als solche stelle dagegen keine der [X.] obliegende Pflicht dar (vgl. Senat, [X.] 126, 297, 301; Urteil vom 20. September 1988 - [X.] ZR 37/88 - [X.], 1273; vgl. auch Urteil vom 24. November 1970 - [X.] ZR 215/68 - VersR 1971, 251 ff.; [X.] 63, 265, 14 - 8 - 271 f.). Nach Inkrafttreten von § 34 Abs. 1 SGB [X.]I, der § 557 Abs. 2 [X.] er-setzte, hat sich daran nichts geändert (vgl. Senat, Beschluss vom 4. März 2008 - [X.] ZR 101/07 - juris). Auch nach dieser Bestimmung haben "die [X.] ... alle Maßnahmen zu treffen, durch die eine möglichst frühzei-tig nach dem Versicherungsfall einsetzende und sachgemäße Heilbehandlung und, soweit erforderlich, besondere unfallmedizinische oder [X.] gewährleistet wird". Der Arzt, der die Heilbehandlung durchführt, übt deshalb kein öffentliches Amt aus und haftet für Fehler persönlich ([X.], SGB [X.]I, § 28 Rn. 15; [X.]/Ricke, Sozialversicherungsrecht, Stand: 1. Oktober 2008, § 34 SGB [X.]I Rn. 3). Insoweit bestehen keine wesentli-chen Unterschiede zur Tätigkeit des Vertragsarztes ([X.]assenarztes), dessen Verhältnis zu den gesetzlich [X.]rankenversicherten privatrechtlicher Natur ist (vgl. § 76 Abs. 4 [X.], früher § 368d Abs. 4 [X.]). b) Allerdings wird nach diesen Grundsätzen die Tätigkeit eines D-Arztes nicht in vollem Umfang dem Privatrecht zugeordnet. 15 aa) Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat bereits in seinem Urteil vom 9. Dezember 1974 ([X.] 63, 265, 272 ff.) dargelegt, dass die [X.] verpflichtet seien, alle Maßnahmen zu treffen, durch die eine schnelle und sachgemäße Heilbehandlung gewährleistet werde (§ 557 Abs. 2 Satz 1 [X.]), und Verletzte, bei denen dies angezeigt sei, in besondere berufs-genossenschaftliche Heilbehandlung zu nehmen (§ 1 der Bestimmungen des früheren [X.] vom 19. Juni 1936 - RABl [X.]). [X.] erfülle der D-Arzt bei der Entscheidung, ob im Einzelfall ein Verletzter in die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung übernommen werden solle, eine der Berufsgenossenschaft obliegende Pflicht. Das spreche dafür, diese Ent-scheidung als Ausübung eines öffentlichen Amtes zu betrachten. Dem hat sich der erkennende Senat angeschlossen (vgl. Senat, [X.] 126, 297, 300). 16 - 9 - [X.]) Daran hat sich durch die gesetzliche Neuregelung nichts geändert. Die Möglichkeit einer Fürsorge der [X.]rankenkasse (§ 565 [X.]) ist zwar seit dem 1. Januar 1991 entfallen, weil gemäß § 11 Abs. 5 (früher: Abs. 4) [X.] Leistungen auf Grund von Arbeitsunfällen nur noch von der [X.] zu erbringen sind (vgl. [X.], [X.] 1999, 417, 418; [X.]/[X.], Arzthaftungsrecht, 3. Aufl., Rn. 5; [X.], Festschrift 50 Jahre [X.], [X.], 538). Aber der früheren Ent-scheidung, ob ein Verletzter in die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung übernommen werden sollte, entspricht die nunmehr gemäß § 34 Abs. 1 SGB [X.]I zu treffende Entscheidung, ob es erforderlich ist, eine besondere unfallmedizi-nische oder [X.] einzuleiten. Insoweit stellen die [X.] die [X.]arten "allgemeine Heilbehandlung" und "besondere [X.]" zur Verfügung (vgl. [X.]/[X.], SGB [X.]I, § 34 Rn. 4). Das ergibt sich aus dem von dem Hauptverband der gewerblichen [X.], dem [X.], dem [X.] einerseits und der [X.] andererseits über die Durchführung der [X.], die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen gemäß § 34 Abs. 3 SGB [X.]I abgeschlossen Vertrag in der ab 1. Mai 2001 gültigen alten Fassung (künftig: [X.]; seit 1. April 2008 aktuelle Fassung - künftig: [X.]). Gemäß § 12 Abs. 1 [X.] wird Heilbehandlung grundsätzlich als allgemeine Heilbehandlung gewährt. Das ist gemäß § 10 [X.] "die ärztliche Versorgung einer Unfallverletzung, die nach Art und Schwere weder eines besonderen personellen, apparativ-technischen Aufwandes noch einer besonderen unfallmedizinischen Qualifikati-on des Arztes bedarf". Sie darf nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 [X.] von allen Ärzten geleistet werden, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen oder von den [X.] zugelassen sind, und entspricht - bezogen auf Art und Schwe-re der Verletzung - der bis 31. Dezember 1990 maßgeblichen Fürsorge der 17 - 10 - [X.]rankenkasse (Wannagat/[X.], Sozialgesetzbuch, § 34 SGB [X.]I Rn. 14). [X.] ist besondere Heilbehandlung gemäß § 11 [X.] die "fachärztli-che Behandlung einer Unfallverletzung, die wegen Art und Schwere besondere unfallmedizinische Qualifikation verlangt". Sie darf nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 [X.] 2001 nur durch von der [X.] zugelassene oder besonders beauftragte Ärzte geleistet werden; die freie Arztwahl ist eingeschränkt (§ 28 Abs. 4 Satz 2 SGB [X.]I; vgl. Wannagat/[X.], aaO, § 28 SGB [X.]I Rn. 5). Ob die allgemeine oder die besondere Heilbehandlung erforderlich ist, entscheidet grundsätzlich der D-Arzt (§ 27 Abs. 1 [X.]) nach Art und Schwere der Verletzung (vgl. § 28 Abs. 4 SGB [X.]I). Bei dieser Entscheidung erfüllt er eine der [X.] oblie-gende Aufgabe und übt damit ein öffentliches Amt aus (vgl. Senat, Beschluss vom 4. März 2008 - [X.] ZR 101/07 - juris). Ist seine Entscheidung über die Art der Heilbehandlung fehlerhaft und wird der Verletzte dadurch geschädigt, haftet in diesem Fall für Schäden nicht der D-Arzt persönlich, sondern die [X.] (Art. 34 [X.], § 839 [X.]B). Das entspricht der einhelligen Ansicht auch in der Literatur. Streit besteht lediglich hinsichtlich der Frage, ob der D-Arzt auch bei [X.] zur Diagnosestellung, bei der Diagnosestellung und bei Überwachung des [X.] ein öffentliches Amt ausübt (vgl. [X.]/[X.], aaO; [X.]/[X.], Nr. 1540 Rn. 28; Laufs/[X.], Handbuch des [X.], 3. Aufl., § 40 Rn. 33; [X.]/[X.]/[X.], Medizinrecht, § 36 Rn. 27; [X.]/Pauge, Arzthaftungsrecht, 10. Aufl., Rn. 7; [X.], SGB [X.]I, [X.] § 26 Rn. 51 und [X.] § 28 Rn. 15; [X.]/[X.], SGB [X.]I, § 28 Rn. 6 und § 34 Rn. 8.1; [X.]/[X.]rasney, SGB [X.]I, § 34 Rn. 7; Noeske/[X.], [X.] zum [X.], Zu § 27 Rn. 1.1; Pla-gemann/[X.], Unfallversicherung, 2. Aufl., [X.]ap. 5 Rn. 18; [X.], SGB [X.]I, 3. Aufl., § 34 Rn. 13). Diese Frage bedarf im Streitfall jedoch keiner Entscheidung. - 11 - c) Die genannten Grundsätze sind nämlich nicht in gleicher Weise auf den [X.] zu übertragen. 18 19 aa) In den in § 35 [X.] genannten Fällen obliegt allerdings auch einem [X.] die Entscheidung, ob und in welcher Weise der Verletzte in die besondere Heilbehandlung der [X.] übernommen werden soll. Damit korrespon-diert § 12 Abs. 1 [X.], wonach eine besondere Heilbehandlung vom D-Arzt, vom [X.] ("D-Arzt light", vgl. [X.], [X.], 125, 128 in [X.]. 30) oder von der [X.] eingeleitet wird. Hiernach macht es haftungsrechtlich keinen Unterschied, ob die Entscheidung vom D-Arzt oder vom [X.] getroffen wird. Insoweit erfüllt auch letzterer eine Aufgabe der [X.] und übt damit ein [X.] Amt aus (LG [X.], [X.], 728; [X.]/[X.], [X.] Rn. 29; [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 36 Rn. 31; [X.], Lexikon des Arzt-rechts, 1984, Rn. 816; [X.], [X.], 263, 265). Die gegenteilige Auffassung, die das generell verneint ([X.], aaO, 128 ff.; [X.], Leistungserbringung durch Dritte im Sozialrecht, [X.] und 308), überzeugt nicht. Nach allgemeinen Grundsätzen ist regelmäßig nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion abzustellen, also auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient (vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 2006 - [X.]/05 - aaO). Diese ist in den Fäl-len des § 12 [X.] dieselbe. Unerheblich ist, dass die Beteiligung eines Arztes am [X.]-Verfahren (dazu [X.]E 97, 47) geringeren Anforderungen unterliegt als beim [X.]. Damit korrespondiert ein kleineres Aufga-bengebiet (vgl. [X.]E 37, 267, 269). Der [X.] soll in erster Linie zugelassene D-Ärzte entlasten, die allein eine flächendeckende besondere Heilbehandlung nicht gewährleisten könnten (Noeske/[X.], aaO, Zu § 30). Das entscheidende Instrument zur Steuerung (vgl. § 12 Abs. 2 [X.]) und zum [X.]ontrolling (vgl. § 29 [X.]) des berufsgenossenschaftlichen [X.] ([X.], SGB [X.]I, [X.] § 34 Rn. 24) ist das [X.]. Deshalb sind durch - 12 - einen Arbeitsunfall Verletzte grundsätzlich dem D-Arzt vorzustellen, nicht dem [X.] (§ 26 Abs. 1 [X.]). 20 [X.]) Dieser kann ausschließlich in den in § 35 [X.] genannten Fällen eine besondere Heilbehandlung einleiten (§ 12 Abs. 1 [X.]) und von einer Vorstellung beim D-Arzt absehen, diesen also "ersetzen" (§ 33 [X.] 2001). § 35 [X.] ordnet an, dass der [X.] eine besondere Heil-behandlung nicht "durchführen" darf, wenn keine der dort oder eine der im [X.] (Anhang 1 zum [X.]) genannten [X.] vorliegen. Er darf auch nicht über die Einleitung der besonderen [X.] in diesen Fällen entscheiden (Noeske/[X.], aaO, Zu § 30), weil ihm diese Aufgabe nicht übertragen worden ist. Darauf haben auch die Landesver-bände der gewerblichen Berufsgenossenschaften in einem Rundschreiben vom 7. November 2003 hingewiesen (abgedruckt bei Noeske/[X.], aaO, Anlage Zu § 58, Seite [X.]). Deutlich ergibt sich dies nunmehr aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 [X.]. Nach dieser Bestimmung ist der [X.] zur Einleitung der besonderen Heilbehandlung ausschließlich "in den Fällen des § 35" berechtigt; insoweit liegt keine Änderung von § 12 [X.], sondern eine redaktionel-le [X.]larstellung vor (vgl. [X.] 2008, [X.]85). Handelt es sich um eine im Verlet-zungsartenverzeichnis genannte Verletzung, muss der [X.] den Verletzten an ein am [X.] beteiligtes [X.]rankenhaus und den dortigen D-Arzt überweisen (§§ 35, 37 [X.]). Dem [X.] ist in solchen Fällen also nicht die der [X.] obliegende Entscheidung übertragen, ob und in welcher Weise der Verletzte in die besondere Heilbehandlung übernommen werden soll. [X.] gleicht er insoweit einem Vertragsarzt in der gesetzlichen [X.]rankenversi-cherung, der den Verletzten unter den in § 26 [X.] genannten Voraus-setzungen beim D-Arzt vorstellen muss. Eine Entscheidungskompetenz ist dem Vertragsarzt und auch dem [X.] damit - anders als dem D-Arzt - nicht einge-räumt. Dass bei einem Verstoß gegen die [X.] die Entscheidung - 13 - über die Einleitung der besonderen Heilbehandlung faktisch verhindert wird, hat nicht zur Folge, dass der [X.] dabei dem Verletzten gegenüber in Ausübung eines von der [X.] übertragenen öffentlichen Amtes handelt. 21 d) Über eine solche Fallgestaltung ist hier zu entscheiden. Das [X.] hat festgestellt, dass der [X.]läger eine in Nr. 15.4 des damaligen [X.]ses ausdrücklich genannte Verletzung erlitten hatte (vgl. Anhang 1 zum [X.]; vgl. heute Nr. 8). Es handelt sich also nicht um einen Fall, in welchem dem [X.] eine Entscheidung für die [X.] übertragen war. Der [X.] handelte daher nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes für die [X.]. Eine Haftung der [X.] gemäß Art. 34 [X.], § 839 [X.]B kommt bei [X.] solchen Fallgestaltung nicht in Betracht. 3. Ebenfalls nicht zu einer Haftung der [X.] führen Fehler des [X.]n bei der Diagnosestellung oder der von ihm durchgeführten allgemeinen [X.]. Teilweise wird allerdings eine Haftung der [X.] für die Folgen eines Diagnosefehlers dann bejaht, wenn die Diagnose der Entscheidung des Arztes dient, ob die besondere Heilbehandlung einzuleiten sei, weil eine einheitliche Aufgabe nicht in haftungsrechtlich unterschiedlich zu beurteilende Tätigkeitsbe-reiche aufgespalten werden dürfe ([X.]/[X.], [X.] Rn. 29; das wird auch in Bezug auf den D-Arzt vertreten: [X.]/[X.], Nr. 1540 Rn. 28; Ol-zen, aaO, 135; [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 36 Rn. 27; [X.], [X.] 1995, 316, 317; dem folgend [X.], [X.] 2007, 207; LG [X.], [X.], 728). Eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Der [X.] ist viel-mehr im Bereich der allgemeinen Heilbehandlung tätig geworden. Er hatte durch §§ 35, 37 [X.] bei der Verletzung des [X.] keine Entschei-dungskompetenz eingeräumt erhalten und durfte nicht für die [X.] tätig werden. 22 - 14 - Soweit nach einer in Teilen der Literatur und der Rechtsprechung vertre-tenen Ansicht noch weitergehend die gesamte Tätigkeit eines D-Arztes bis zur Entscheidung über das "Ob und Wie", also etwa auch die Erstversorgung (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB [X.]I) und die Diagnosestellung, als Ausübung eines öffentli-chen Amtes angesehen wird (vgl. [X.]reft in LM Art. 34 [X.] Nr. 99a [X.] 71 f.; [X.] [X.] 1975, 511 f.; [X.], aaO, 126 f.; [X.]/[X.]/Schwall, Praxis-handbuch des Amts- und Staatshaftungsrechts, Rn. 618; [X.], aaO, 264; [X.], aaO), nimmt der Senat Bezug auf seinen Beschluss vom 4. März 2008 (- [X.] ZR 101/07 - juris): Wenn in [X.] 126, 297, 301 von einer Zä-sur durch die Entscheidung über das "Ob und Wie" die Rede ist, durch welche die (anschließende) ärztliche Behandlung dem Privatrecht unterfällt, versteht sich dies als inhaltliches Abgrenzungskriterium, nicht als zeitliches; ein Neben-einander der [X.] bei der Erstbehandlung und möglicherweise auch bei der Diagnosestellung ist daher nicht ausgeschlossen. Gleiches gilt für den [X.]. 23 4. Ohne Erfolg beanstandet die Revision schließlich, das Berufungsge-richt habe die [X.]lage teilweise abweisen müssen, weil bei fehlerfreier [X.] die Verletzung zwar nicht ohne Folgen ausgeheilt, aber jedenfalls eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % zurückgeblieben wäre. Ob sich das Berufungsgericht eine solche Überzeugung gebildet und entsprechende Fest-stellungen getroffen hat, kann dabei offen bleiben. 24 a) Selbst wenn dem Vortrag der Revision zu folgen wäre, wäre eine teil-weise Abweisung des [X.] nicht geboten. Zwar führt die Rechtskraft eines Feststellungsurteils, in dem die Schadensersatzpflicht des in Anspruch genommenen Schädigers festgestellt worden ist, dazu, dass [X.], die sich auf Tatsachen stützen, welche schon zum Zeitpunkt der letz-ten mündlichen Verhandlung vorgelegen haben, nicht mehr berücksichtigt [X.] - 15 - den dürfen, soweit sie das Bestehen des festgestellten Anspruchs betreffen. Der Einwand der Revision, der Diagnose- und Behandlungsfehler des [X.] sei für eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des [X.] von 30 % nicht kausal gewesen, stellt aber nicht den Grund des festgestellten Schadenser-satzanspruchs in Frage, sondern betrifft die haftungsausfüllende [X.]ausalität zwi-schen dem durch den Diagnose- und Behandlungsfehler verursachten Gesund-heitsschaden und möglichen Folgeschäden des [X.] (§ 287 ZPO). [X.] wären insoweit in einem Folgeprozess zu klären (vgl. Senat, Urteile vom 24. Januar 1995 - [X.] ZR 354/93 - [X.], 469 ff.; vom 28. Juni 2005 - [X.] ZR 108/04 - [X.], 1159, 1160). b) [X.]onkrete [X.] in Bezug auf den Leistungsantrag erhebt die Revision nicht. Wo das Gesetz dem Tatrichter ein Ermessen einräumt (§ 847 [X.]B a.F., § 287 ZPO), kann das Revisionsgericht lediglich überprüfen, ob das Ermessen ausgeübt worden ist, ob die Grenzen der Ermessensausübung eingehalten wurden und ob alle wesentlichen Umstände Beachtung gefunden haben (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juni 1976 - [X.] ZR 216/74 - [X.], 967; Zöl-ler/[X.], ZPO, 27. Aufl., § 546 Rn. 14). Fehler dieser Art in Bezug auf das festgesetzte Schmerzensgeld (§ 847 a.F. [X.]B) beanstandet die Revision nicht; 26 - 16 - solche sind auch nicht ersichtlich. Die Revision zeigt ferner keinen tatsächlichen Vortrag dazu auf, dass der Verdienstentgang des [X.] vom 1. Januar 2003 bis 30. Juni 2005 bei richtiger Behandlung geringer gewesen wäre. 27 5. Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. [X.] [X.] [X.] Pauge [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 03.02.2006 - 4 O 587/05 - OLG [X.], Entscheidung vom 14.11.2007 - 7 [X.]/06 -

Meta

VI ZR 277/07

09.12.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.12.2008, Az. VI ZR 277/07 (REWIS RS 2008, 365)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 365

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