Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.04.2012, Az. IV R 19/09

4. Senat | REWIS RS 2012, 6902

STEUERRECHT STEUERN BUNDESFINANZHOF (BFH) GLÜCKSSPIEL

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Gegenstand

Ergänzungsbescheid zur nachträglichen Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben - Geringe Beteiligung an der Komplementär-GmbH als notwendiges Sonderbetriebsvermögen


Leitsatz

NV: Wird die in einer Feststellungserklärung für die Eintragung von Sonderbetriebsausgaben vorgesehene Zeile nicht ausgefüllt und stellt das Finanzamt dementsprechend die Besteuerungsgrundlagen ohne Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben fest, ist keine notwendige Feststellung von Sonderbetriebsausgaben i.S. des § 179 Abs. 3 AO unterblieben und der Feststellungsbescheid nicht zu ergänzen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein eingetragener Verein, war Kommanditist der [X.] und zugleich an der Komplementär-GmbH, der [X.], mit einer Stammeinlage von 300.000 DM (Stammkapital der [X.]: 9 Mio. DM) beteiligt. Der --bestandskräftige-- Feststellungsbescheid für die [X.] für das Streitjahr 2001 datiert vom 18. Juli 2003. [X.] Angaben zu Sonderbetriebseinnahmen oder -ausgaben enthalten weder dieser Bescheid noch die Feststellungserklärung, und zwar weder für den Kläger noch für die anderen Gesellschafter.

2

Im Rahmen einer bei dem Kläger durchgeführten Betriebsprüfung beanstandete der Prüfer eine Teilwertabschreibung in Höhe von 200.000 DM, die der [X.] in seinem Jahresabschluss auf seine Beteiligung an der [X.] vorgenommen hatte. Die Bedenken des Prüfers bezogen sich dabei nicht auf die Höhe der Abschreibung, sondern allein darauf, dass die GmbH-Beteiligung des [X.] zu dessen notwendigem Sonderbetriebsvermögen bei der [X.] gehöre und die Teilwertabschreibung daher dort zu erfassen sei. Der Kläger schloss sich dieser Auffassung an und stellte im September 2005 einen Antrag auf Erlass eines Ergänzungsbescheids (§ 179 Abs. 3 der Abgabenordnung --AO--) zum Feststellungsbescheid 2001 der [X.] und erhob nach Ablehnung dieses Antrags durch den Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) und nach erfolgloser Durchführung des [X.] Klage. Dieser gab das Finanzgericht ([X.]) Münster mit Urteil vom 26. Februar 2009  11 K 3579/06 F (Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2009, 988) statt und verpflichtete das [X.] zum Erlass eines Ergänzungsbescheids zum Feststellungsbescheid 2001 der [X.], durch den für den Kläger [X.] in Höhe von 200.000 DM festgestellt werden.

3

Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt das [X.] eine Verletzung des § 179 Abs. 3 AO.

4

Es beantragt sinngemäß, das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

7

1. Zu Recht geht das [X.] zwar davon aus, dass die übrigen ehemaligen Gesellschafter der nach den Feststellungen des [X.] vollbeendeten [X.] zum vorliegenden Verfahren nicht nach § 60 Abs. 3 [X.]O notwendig beizuladen waren, da sie durch die Entscheidung darüber, ob im Wege eines Ergänzungsbescheids nach § 179 Abs. 3 [X.] [X.] des [X.] zu berücksichtigen sind, unter keinem steuerrechtlichen Gesichtspunkt betroffen sein können (vgl. Beschluss des [X.] --BFH-- vom 4. Mai 1999 VIII B 94/98, [X.] 1999, 1483; BFH-Urteil vom 22. September 2011 IV R 42/09, [X.] 2012, 236, jeweils m.w.N.).

8

2. Entgegen der Auffassung des [X.] hat das [X.] es aber zu Recht abgelehnt, im Wege eines Ergänzungsbescheids zum Feststellungsbescheid der [X.] für das Streitjahr 2001 [X.] des [X.] festzustellen. Dabei kann dahinstehen, ob --woran im Hinblick auf den nur geringfügigen Anteil des [X.] am Stammkapital der B-GmbH Zweifel bestehen [X.] die Anteile des [X.] an der B-GmbH seinem notwendigen Sonderbetriebsvermögen bei der [X.] zuzuordnen sind und der streitige Aufwand aus der Teilwertabschreibung deshalb grundsätzlich als [X.] des [X.] im [X.] der [X.] zu erfassen wäre. Denn der Erlass eines Ergänzungsbescheids zur Feststellung etwaiger [X.] des [X.] kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil über die Berücksichtigung von [X.] des [X.] bereits im Feststellungsbescheid der [X.] entschieden wurde.

9

a) Nach § 179 Abs. 3 [X.] ist, soweit in einem Feststellungsbescheid eine notwendige Feststellung unterblieben ist, diese in einem Ergänzungsbescheid nachzuholen. Zwar kann ein solcher Bescheid jede Feststellung i.S. der §§ 179, 180 [X.] betreffen. Er darf jedoch nicht die Bestandskraft eines ergangenen Feststellungsbescheids durchbrechen, sondern nur einen lückenhaften Feststellungsbescheid vervollständigen; nachholbar sind nur solche Feststellungen, die in den vorausgegangenen Feststellungsbescheiden "unterblieben" sind (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 3. März 2011 IV R 8/08, [X.] 2011, 1649, und vom 23. August 2011 IX R 8/11, [X.] 2012, 2, jeweils m.w.N.).

Die Frage, ob ein Feststellungsbescheid lückenhaft ist, d.h. eine notwendig zu treffende Feststellung (hier: der [X.] des [X.]) nicht enthält, ist durch Auslegung dieses Bescheids zu beantworten. Hierzu ist auch das Revisionsgericht befugt (z.B. BFH-Urteil in [X.] 2011, 1649, m.w.N.). Da ein Verwaltungsakt und damit auch ein Feststellungsbescheid mit dem bekannt gegebenen Inhalt wirksam wird (§ 124 Abs. 1 Satz 2 [X.]), ist bei dessen Auslegung entsprechend den §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs darauf abzustellen, wie der Adressat des Bescheids (Feststellungsbeteiligter) die Erklärungen der Behörde nach den ihm bekannten Umständen sowie den Grundsätzen von Treu und Glauben verstehen konnte (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in [X.] 2011, 1649; ferner BFH-Urteil vom 25. Februar 2009 IX R 43/07, [X.] 2009, 1235, jeweils m.w.N.).

b) Nach diesen Grundsätzen war im Streitfall kein Ergänzungsbescheid zu erlassen. Denn der Feststellungsbescheid für die [X.] für das Streitjahr 2001 war nicht unvollständig, sondern allenfalls unrichtig. Er enthält die --ggf. fehlerhafte-- (negative) Feststellung, dass keine [X.] des [X.] zu berücksichtigen sind.

Die mit der Feststellungserklärung einzureichende Anlage [X.] enthält im Hinblick auf die gebotene Einbeziehung entsprechender Aufwendungen in das Feststellungsverfahren ausdrücklich eine Zeile, in der etwaige [X.] des einzelnen Mitunternehmers oder Beteiligten einzutragen sind. Wird diese Zeile nicht ausgefüllt, kann das [X.] dieser Erklärung die Aussage entnehmen, [X.] seien nicht zu berücksichtigen, da nicht angefallen. Dem [X.] der für [X.] vorgesehenen Zeile kommt nach Ansicht des Senats insoweit der gleiche Aussagewert zu wie einem in dieser Zeile angebrachten Strich oder dem Eintrag eines Betrags von 0 € (ebenso [X.] Köln, Urteil vom 29. September 2009  12 K 929/07, E[X.] 2010, 296; vgl. auch BFH-Urteil in [X.] 2012, 2).

Stellt das [X.] in einem solchen Fall den laufenden Gewinn nach Maßgabe der eingereichten Erklärung, d.h. ohne Berücksichtigung von [X.] fest, trifft es damit --auch aus [X.] (hier: des [X.])-- die (negative) Entscheidung, es sei nicht notwendig, [X.] gesondert und einheitlich festzustellen, weil solche, wie erklärt, nicht angefallen seien. Dass der Feststellungsbescheid aus der Sicht des [X.] nur so verstanden werden konnte, ergibt sich hier insbesondere auch daraus, dass der Kläger seinerzeit selbst davon ausging, der streitige Aufwand aus der Teilwertabschreibung auf seine Beteiligung an der B-GmbH sei nicht als [X.] im [X.] der [X.], sondern in seinem eigenen Jahresabschluss zu erfassen, und er den Aufwand dementsprechend auch (nur) dort geltend gemacht hatte.

Meta

IV R 19/09

26.04.2012

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 26. Februar 2009, Az: 11 K 3579/06 F, Urteil

§ 179 Abs 3 AO, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.04.2012, Az. IV R 19/09 (REWIS RS 2012, 6902)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6902

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