Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.08.2013, Az. IV B 62/13

4. Senat | REWIS RS 2013, 3241

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Gegenstand

(Beiladung eines ehemaligen Gesellschafters zum Klageverfahren eines anderen ehemaligen Gesellschafters gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid nur bei Selbstbetroffenheit i.S. des § 40 Abs. 2 FGO - Umfang des Klagebegehrens gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid)


Leitsatz

1. NV: Mit der Vollbeendigung einer KG geht deren Klagebefugnis gegenüber Gewinnfeststellungsbescheiden auf die ehemaligen Gesellschafter über .

2. NV: Zu dem Klageverfahren eines ehemaligen Gesellschafters sind die ehemaligen Gesellschafter, die nicht selber Klage erhoben haben, beizuladen, soweit sie vom Ausgang des Verfahrens i.S. des § 40 Abs. 2 FGO betroffen sind .

3. NV: Der Feststellungsbescheid stellt sich als eine Zusammenfassung einzelner Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen dar, die --soweit sie eine rechtlich selbständige Würdigung enthalten-- auch als selbständiger Gegenstand eines Klageverfahrens in Betracht kommen und einem eigenständigen prozessualen Schicksal unterliegen .

4. NV: Der Umfang des Klagebegehrens gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid ist durch Auslegung des gesamten Klagevorbringens zu ermitteln .

Tatbestand

1

I. [X.]ie Kläger und [X.]eschwerdeführer (Kläger) sind ehemalige Gesellschafter (Kommanditisten) der [X.] ([X.]). Weitere Kommanditisten der [X.] waren in dem Streitjahr 1990 A und [X.], die beide zwischenzeitlich verstorben und von der [X.]eigeladenen C beerbt worden sind. [X.]ie [X.] hat ihren Geschäftsbetrieb zum 31. [X.]ezember 1990 endgültig eingestellt und ist spätestens nach [X.]urchführung des Konkursverfahrens erloschen und damit vollbeendet. [X.]ie ehemalige Komplementärin der [X.], die Y-GmbH (Komplementär-GmbH), ist zwischenzeitlich ebenfalls erloschen.

2

Am 4. Januar 1996 erließ der [X.]eklagte (das Finanzamt --[X.]--) gegenüber der [X.] einen [X.]escheid für 1990 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen (im Weiteren [X.]).

3

Gegen den [X.] haben die Kläger [X.]inspruch eingelegt. Mit [X.]inspruchsentscheidung vom 18. April 2012 hat das [X.] den [X.] teilweise abgeändert und im Übrigen den [X.]inspruch als unbegründet zurückgewiesen.

4

[X.]agegen richtet sich die am 18. Mai 2012 beim Finanzgericht ([X.]) eingegangene Klage. [X.]ie zu den [X.]-Akten gereichte [X.] ist ausschließlich von den Klägern unterschrieben. [X.]as [X.] ist auf Grund der [X.]ezeichnung des Rubrums in der Klageschrift vom 18. Mai 2012 davon ausgegangen, dass die Klage nicht nur namens der Kläger, sondern auch namens der ehemaligen [X.] sowie der Komplementär-GmbH erhoben worden ist. Auf entsprechende Hinweise der [X.]erichterstatterin hat der Prozessbevollmächtigte die Klage der ehemaligen [X.] und der Komplementär-GmbH zurückgenommen.

5

In der Klageschrift vom 18. Mai 2012 wird ohne weitere [X.]egründung der Gegenstand des Klagebegehrens wie folgt bezeichnet:
"1. Höhe des Gewinns aus Gewerbebetrieb,
2. Verteilung der Höhe der Gewinne zwischen allen Feststellungsbeteiligten (auch der Komplementär-GmbH),
3. Höhe der [X.] nach § 15a [X.]StG für die Feststellungsbeteiligten [X.], [X.], [X.] und A.
4. Höhe der [X.] und Sonderbetriebsausgaben der Feststellungsbeteiligten [X.], [X.], [X.] und A.
5. Höhe der Veräußerungsgewinne der Feststellungsbeteiligten [X.], [X.], [X.] und A."

6

Sodann enthält die Klageschrift den Hinweis, dass eine weitere Klagebegründung sowie eine Klageerweiterung vorbehalten bleiben.

7

Mit Schriftsatz vom 23. August 2012 nahmen die Kläger ausführlich zu dem Streitgegenstand (Gegenstand des Klagebegehrens) Stellung. [X.]anach begehrten sie, --im [X.]inzelnen benannte-- mit dem [X.]etrieb der [X.] zusammenhängende und von den Klägern getätigte Aufwendungen bei diesen als [X.]etriebsausgaben bzw. Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen. Lediglich bezüglich der Aufwendungen für einen von den [X.] und [X.] geführten Rechtsstreit, die ebenfalls der Kläger übernommen hatte, machten die Kläger hilfsweise geltend, diese --soweit sie beim Kläger nicht zu berücksichtigen seien-- bei [X.] als Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen.

8

[X.]as [X.] hat die [X.]eigeladene mit [X.]eschluss vom 2. April 2013  5 K 1617/12 zu dem Klageverfahren der Kläger gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) notwendig beigeladen.

9

[X.]agegen richtet sich die [X.]eschwerde der Kläger. Sie halten die [X.]eiladung für rechtsfehlerhaft, da die Tatbestandsvoraussetzungen des § 60 Abs. 3 Satz 1 [X.]O nicht vorlägen. [X.]ie [X.]eigeladene sei durch die hier allein streitigen Sonderbetriebsausgaben der Kläger in keiner Weise von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen.

[X.]as [X.] hat der [X.]eschwerde nicht abgeholfen und in dem internen [X.]eschluss vom 3. Juni 2013 unter Verweis auf den [X.] vom 18. Mai 2012 ausgeführt, dass nicht nur das Sonderbetriebsvermögen in Streit stehe.

Entscheidungsgründe

II. [X.] ist begründet und führt zur [X.]ufhebung des [X.]. Das [X.] zu Unrecht gemäß § 60 [X.]bs. 3 Satz 1 FGO beigeladen.

1. Nach § 60 [X.]bs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte beizuladen (notwendige [X.]eiladung), wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nicht für [X.], die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind (§ 60 [X.]bs. 3 Satz 2 FGO).

a) [X.] einer [X.] hat zur Folge, dass die [X.] selbst kein Klagerecht mehr in [X.]nspruch nehmen kann. Die Klagebefugnis gegenüber den [X.] steht nunmehr uneingeschränkt den beteiligten Gesellschaftern zu. Deshalb müssen nach der Vollbeendigung einer Personengesellschaft die ehemaligen Gesellschafter einen die [X.] ihrer Mitgliedschaft betreffenden [X.] selbständig angreifen (Urteil des [X.] --[X.]FH-- vom 19. Juli 2011 IV R 40/08, [X.], 393, m.w.N.; [X.] vom 4. Mai 1999 VIII [X.] 94/98, [X.] 1999, 1483). Zu dem Klageverfahren eines ehemaligen Gesellschafters sind grundsätzlich alle gemäß § 48 [X.]bs. 1 Nr. 3 FGO klagebefugten ehemaligen Gesellschafter, die nicht selbst Klage erhoben haben, beizuladen, soweit sie vom [X.]usgang des Rechtsstreits i.S. des § 40 [X.]bs. 2 FGO selbst betroffen sind ([X.]FH-Urteil vom 9. Februar 2011 IV R 37/08, [X.] 2011, 1120, m.w.N.).

b) Eine notwendige [X.]eiladung der nicht klagenden ehemaligen Gesellschafter ([X.]eteiligten) ist allerdings nicht geboten, wenn sie steuerrechtlich von dem [X.]usgang des Rechtsstreits unter keinem denkbaren Gesichtspunkt betroffen sein können ([X.]FH-Urteil in [X.] 2011, 1120) oder wenn die Klage offensichtlich unzulässig ist ([X.] vom 20. Juni 2012 IV [X.] 147/11, [X.], 1614, m.w.N.).

2. Davon ausgehend war [X.] als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Gesellschafter der vollbeendeten [X.], [X.] und [X.], nicht beizuladen. Denn die ehemaligen Gesellschafter [X.] und [X.] sind von dem [X.]usgang des vorliegenden Rechtsstreits nicht i.S. des § 40 [X.]bs. 2 FGO selbst betroffen.

a) Wird gegen einen Feststellungsbescheid i.S. von §§ 179, 180 der [X.]bgabenordnung ([X.]) Klage erhoben, ist zu beachten, dass Streitgegenstand die einzelnen gesondert festgestellten [X.]esteuerungsgrundlagen sein können (§ 157 [X.]bs. 2 [X.]). Diese sind selbst Regelungsgegenstand dieses Steuerverwaltungsakts. Das gilt z.[X.]. für Regelungen zur Qualifikation der Einkünfte, zum Vorliegen einer Mitunternehmerschaft, zur Höhe des [X.], des laufenden Gewinns, eines Veräußerungsgewinns oder eines Sondergewinns ([X.]FH-Urteil vom 9. Februar 2011 IV R 15/08, [X.]FHE 233, 290, [X.]St[X.]l II 2011, 764, m.w.N.). Der Feststellungsbescheid stellt sich daher als eine Zusammenfassung einzelner Feststellungen von [X.]esteuerungsgrundlagen dar, die --soweit sie eine rechtlich selbständige Würdigung enthalten-- auch als selbständiger Gegenstand eines Klageverfahrens in [X.]etracht kommen und demgemäß einem eigenständigen prozessualen Schicksal unterliegen ([X.]FH-Urteil in [X.]FHE 233, 290, [X.]St[X.]l II 2011, 764).

Eine Klage gegen einen [X.] kann demzufolge verschiedene Zielsetzungen haben. Welche [X.]esteuerungsgrundlagen der Kläger mit seiner Klage angreift und damit zum Streitgegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens gemacht hat, ist durch [X.]uslegung der Klageschrift oder der darin ausdrücklich in [X.]ezug genommenen Schriftstücke zu ermitteln ([X.]FH-Urteile vom 20. Januar 1977 IV R 3/75, [X.]FHE 122, 2, [X.]St[X.]l II 1977, 509, und in [X.]FHE 233, 290, [X.]St[X.]l II 2011, 764).

b) Vorliegend begehren die Kläger ausweislich der [X.] vom 23. [X.]ugust 2012 ausschließlich die [X.]erücksichtigung weiterer Sonderbetriebsausgaben. Streitgegenstand ist damit nur die Feststellung der jeweiligen Sondergewinne der Kläger. Unerheblich ist, dass die Kläger in der Klageschrift vom 18. Mai 2012 zunächst den Gegenstand des Klagebegehrens ohne jede [X.]egründung auch auf weitere Feststellungen erstreckt haben. Denn maßgeblich für die [X.]uslegung des Klagebegehrens ist das gesamte Klagevorbringen. Im Übrigen haben die Kläger bereits im Einspruchsverfahren nur die [X.]erücksichtigung weiterer Sonderbetriebsausgaben beantragt.

c) Von dem Rechtsstreit betreffend die Sonderbetriebsausgaben der Kläger sind die ehemaligen Gesellschafter [X.] und [X.] unter keinem denkbaren Gesichtspunkt betroffen. Insoweit steht auch [X.] als deren Rechtsnachfolgerin keine eigene Klagebefugnis gemäß § 48 [X.]bs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 40 [X.]bs. 2 FGO zu.

d) Die [X.]eiladung der [X.] ist auch nicht im Hinblick auf den von den Klägern gestellten Hilfsantrag gerechtfertigt, [X.]ufwendungen für einen von den Gesellschaftern [X.] und [X.] geführten Rechtsstreit, die ebenfalls der Kläger übernommen hatte, (hilfsweise) bei [X.] als Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen.

Von einer gemäß § 60 [X.]bs. 3 FGO i.V.m. § 48 [X.]bs. 1 Nrn. 3 und 5 FGO insoweit grundsätzlich notwendigen [X.]eiladung der [X.] als Rechtsnachfolgerin des ehemaligen Gesellschafters [X.] ist vorliegend deshalb abzusehen, weil die Klage hinsichtlich dieses [X.] offensichtlich unzulässig ist (vgl. [X.] in [X.], 1614, m.w.N.). Denn bezüglich der Feststellung des Sondergewinns des ehemaligen Gesellschafters [X.] fehlt es an der eigenen Rechtsverletzung der Kläger; ihnen steht daher insoweit keine Klagebefugnis gemäß § 40 [X.]bs. 2 FGO zu.

3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen, da die Entscheidung über die [X.]eiladung in einem unselbständigen Zwischenverfahren ergeht (§ 143 [X.]bs. 1 FGO) und die Kosten dieses Nebenverfahrens eine Einheit mit den Kosten des Klageverfahrens bilden ([X.] in [X.] 1999, 1483).

Meta

IV B 62/13

26.08.2013

Bundesfinanzhof 4. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 2. April 2013, Az: 5 K 1617/12, Beschluss

§ 157 Abs 2 AO, § 179 AO, § 180 AO, § 40 Abs 2 FGO, § 48 Abs 1 Nr 3 FGO, § 48 Abs 1 Nr 5 FGO, § 60 Abs 3 S 1 FGO, § 60 Abs 3 S 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.08.2013, Az. IV B 62/13 (REWIS RS 2013, 3241)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3241

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