Bundessozialgericht, Urteil vom 26.10.2017, Az. B 8 SO 12/16 R

8. Senat | REWIS RS 2017, 3255

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Zulässigkeit einer Anschlussberufung - sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander - Anspruch des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers - Sozialhilfe - Eingliederungshilfe - Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie - sachliche Zuständigkeit - Auslegung von Landesrecht durch das LSG - Bindungswirkung - örtliche Zuständigkeit - stationäre Leistung - Einrichtungsbegriff in Abgrenzung zur Pflegefamilie


Leitsatz

1. Die in einem zwischen Leistungsträgern geführten Erstattungsstreit eingelegte Anschlussberufung des Erstattungsberechtigten, mit der er den Erstattungszeitraum auf Folgezeiträume erweitert, ist unzulässig.

2. Das BSG ist an die Auslegung von Landesrecht durch das LSG auch dann gebunden, wenn das LSG für seine Auslegung bundesrechtliche Vorschriften herangezogen hat (Fortsetzung von BSG vom 3.7.1956 - 1 RA 30/56 = SozR Nr 43 zu § 162 SGG).

3. Zur Abgrenzung einer "stationären Einrichtung" von einer "Pflegefamilie".

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. Februar 2016 geändert. Die Anschlussberufung der Klägerin wird verworfen. Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 454 258,34 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

[X.] ist die Erstattung von Kosten in [X.]öhe von 454 258,34 [X.] für [X.]eistungen der Eingliederungshilfe, die die Klägerin in der [X.] vom [X.] bis 30.9.2014 zugunsten des [X.]ilfeempfängers [X.] ([X.]) erbracht hat.

2

Der 1993 geborene [X.] lebte zusammen mit seiner Mutter im Zuständigkeitsbereich der Klägerin, einer dem Kreis [X.]ippe angehörigen Stadt. [X.]ereits 1997 wurde bei ihm eine Schwerbehinderung infolge einer allgemeinen Entwicklungsretardierung festgestellt (Gd[X.] 70, Merkzeichen G, [X.] und [X.]). Seit 1999 war er in einer Einrichtung untergebracht; die Klägerin übernahm die Kosten als [X.]eistungen der Jugendhilfe ([X.]escheid vom 25.11.1999). Am 16.11.2004 wurde die Unterbringung dort infolge sexuellen Missbrauchs an [X.] beendet; [X.] kehrte zu seiner Mutter nach [X.]ause zurück. Anlässlich eines stationären Aufenthalts in einer psychiatrischen Kinderklinik von Februar bis Juni 2005 wurden bei [X.] eine posttraumatische [X.]elastungsstörung, eine Enkopresis mit analer Manipulation und eine leichte Intelligenzminderung diagnostiziert, infolge derer [X.] einer permanenten Überwachung bedürfe, weil er Stuhl und [X.]lut verschmiere und esse, sich durch Manipulationen selbst gefährde und die Gefahr sexueller Übergriffe gegenüber anderen Kindern bestehe. Ab 15.6.2005 wurde [X.] in die Krisen- und Diagnosegruppe des [X.] in [X.]ad S. aufgenommen. Die Klägerin bewilligte ([X.]escheid vom 20.7.2005) hierfür [X.]eistungen der Jugendhilfe nach § 34 Sozialgesetzbuch Achtes [X.]uch - Kinder-und Jugendhilfe - ([X.][X.] VIII).

3

Ab dem 26.10.2005 war [X.] in einer Einrichtung der M.-Stiftung in [X.] stationär untergebracht. Da sein Aufenthalt dort ab Anfang 2009 nicht mehr tragbar war und eine Vielzahl etablierter Einrichtungen der Jugendhilfe eine Aufnahme des [X.] wegen seiner speziellen Auffälligkeiten abgelehnt hatte, zog [X.] zum [X.] in das "Standortprojekt [X.]" des [X.] Jugendhilfe Projekt ([X.]) nach E. und von dort mit der [X.] am 1.7.2009 nach [X.] um. Zum 5.12.2010 wechselte [X.] aufgrund persönlicher Schwierigkeiten mit [X.]errn I. in die "Projektstelle" K. von [X.] in [X.] Nach Erreichen der Volljährigkeit am 11.4.2011 bewilligte die Klägerin dem [X.] [X.]ilfe für junge Volljährige als [X.]eistungen der Jugendhilfe ([X.]escheide vom 23.5. und 28.11.2011 sowie vom 11.4., 21.9. und 10.12.2012).

4

[X.]ereits mit Schreiben vom 17.12.2009 hatte die Klägerin den beklagten [X.]andschaftsverband um "Übernahme" des Falles in dessen Zuständigkeit gebeten und einen Erstattungsanspruch gemäß § 104 Zehntes [X.]uch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - ([X.][X.] X) geltend gemacht. Der [X.]ilfeempfänger habe eine geistige [X.]ehinderung und könne nunmehr [X.]eistungen der Sozialhilfe beanspruchen, für die der [X.]eklagte zuständig sei. Dieser lehnte den Erstattungsanspruch ab, weil es sich bei der [X.]etreuung des [X.] in einer Pflegefamilie um ambulante [X.]eistungen handele, für die er nicht zuständig sei (Schreiben vom 26.8. und vom 22.9.2010).

5

Die (zunächst nur) für den [X.]raum vom [X.] bis 28.2.2011 (am 9.5.2011) erhobene Klage auf Kostenerstattung in [X.]öhe von 94 255,40 [X.] nebst 4 % Zinsen über dem [X.]asiszinssatz seit 12.5.2011 ist erfolgreich gewesen (Urteil des Sozialgerichts <[X.]> Detmold vom 9.10.2012). Im von dem [X.]eklagten geführten [X.]erufungsverfahren hat die Klägerin die Klage erweitert und Erstattung eines weiteren [X.]etrags von 360 002,94 [X.] nebst Zinsen für den [X.]raum vom 1.3.2011 bis 30.9.2014 begehrt. In der mündlichen Verhandlung hat sie zum Zwecke der Klageerweiterung Anschlussberufung eingelegt. Das [X.]andessozialgericht ([X.][X.]) [X.] hat das Urteil des [X.] geändert und den [X.]eklagten verurteilt, der Klägerin die im [X.]raum vom [X.] bis zum 30.9.2014 entstandenen Aufwendungen in [X.]öhe von insgesamt 454 258,34 [X.] zu erstatten; im Übrigen (wegen der Zinsen) hat es die Klage ab- und die [X.]erufung des [X.]eklagten zurückgewiesen (Urteil vom 15.2.2016). Die allein zum Zwecke der Klageerweiterung eingelegte Anschlussberufung sei zulässig. Die Klage sei hinsichtlich der [X.]auptforderung begründet. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung ergebe sich aus § 104 Abs 1 [X.][X.] X. Ihre [X.]eistungspflicht als Jugendhilfeträgerin sei im Verhältnis zur [X.]eistungspflicht des [X.]eklagten nachrangig (§ 10 Abs 4 Satz 2 [X.][X.] VIII), denn [X.] sei geistig behindert. Für diese [X.]eistungen sei der [X.]eklagte der (eigentlich) sachlich (§ 97 Abs 1 und 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes [X.]uch - Sozialhilfe - <[X.][X.] XII> iVm § 2 [X.]uchst a [X.]andesausführungsgesetz zum [X.][X.] XII für das [X.]and [X.] und § 2 Abs 1 Nr 1 [X.]uchst a Ausführungsverordnung zum [X.][X.] XII des [X.]andes [X.] ) und örtlich zuständige Sozialhilfeträger. Die [X.]ilfeleistung in den Familien [X.] stelle eine stationäre [X.]eistung im Sinne der landesrechtlichen Regelungen über die sachliche Zuständigkeit dar. Die im Zusammenhang mit der [X.]egaldefinition des § 13 Abs 2 [X.][X.] XII durch die Rechtsprechung geforderte, auch räumliche Eingebundenheit in die Rechts- und Organisationsphäre von [X.] als Einrichtungsträger liege vor. Zinsen könne die Klägerin dagegen nicht beanspruchen.

6

Mit seiner Revision macht der [X.]eklagte eine Verletzung von § 202 Sozialgerichtsgesetz ([X.]G) iVm § 524 Zivilprozessordnung (ZPO), § 99 [X.]G sowie den §§ 97 f [X.][X.] XII geltend. Die von der Klägerin eingelegte Anschlussberufung sei nicht zulässig, denn sie führe einen neuen Streitgegenstand in das Verfahren ein. Ein Fall der zulässigen Klageerweiterung liege nicht vor. Für die Erbringung von [X.]eistungen an [X.] sei er (der [X.]eklagte) seit dem Aufenthalt in den Familien [X.] sachlich nicht zuständig, denn die [X.]ilfe sei nicht in einer stationären Einrichtung, sondern als ambulante Maßnahme in Pflegefamilien erfolgt. Insbesondere sei der Wohnraum nicht vom Jugendhilfeprojekt vorgehalten worden und befinde sich damit nicht in der Rechts- und Organisationssphäre der [X.] Für die erbrachte Eingliederungshilfe sei er darüber hinaus aber auch örtlich unzuständig. Im Übrigen sei ein etwaiger im Wege der Anschlussberufung geltend gemachter Erstattungsanspruch nach § 113 [X.][X.] X verjährt.

7

Der [X.]eklagte beantragt,
das Urteil des [X.]andessozialgerichts [X.] vom 15. Februar 2016 zu ändern, das Urteil des [X.] vom 9. Oktober 2012 aufzuheben, die Klage insgesamt abzuweisen und die Anschlussberufung der Klägerin zu verwerfen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet, soweit das [X.] den Beklagten auf die Anschlussberufung der Klägerin vom 15.2.2016 zur Erstattung von Kosten für in der [X.] vom 1.3.2011 bis 30.9.2014 an [X.] erbrachte [X.]eistungen der Eingliederungshilfe verurteilt hat (§ 170 [X.] Satz 1 [X.]G). Im Übrigen (Kostenerstattung für die [X.] vom [X.] bis zum 28.2.2011) ist die Revision im Sinne der Aufhebung des Urteils des [X.] und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht begründet (§ 170 [X.] Satz 2 [X.]G).

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der von der Klägerin statthaft im Wege der allgemeinen [X.]eistungsklage (§ 54 Abs 5 [X.]G) verfolgte Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe von 454 258,34 Euro für [X.]eistungen der Eingliederungshilfe, die die Klägerin zugunsten von [X.] im [X.]raum vom [X.] bis zum 30.9.2014 erbracht hat. Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist der ebenfalls geltend gemachte Zinsanspruch; insoweit hat das [X.] die Klage rechtskräftig abgewiesen.

Verfahrensfehler, die einer Sachentscheidung entgegenstünden, liegen nicht vor. Eine Beiladung des [X.] gemäß § 75 [X.] Alt 1 [X.]G (echte notwendige Beiladung) war im vorliegenden [X.] nicht erforderlich (stRspr; vgl nur [X.]-3500 § 106 [X.] Rd[X.]4; Urteil vom [X.] - B 8 [X.] 6/12 R - Rd[X.]0 mwN). Auch eine echte notwendige Beiladung von [X.] kommt nicht in Betracht, weil diese im [X.] (nach bereits erfolgter Bezahlung) nicht einmal mehr mittelbar betroffen ist.

Die Revision des Beklagten ist begründet, soweit sie sich gegen eine Verurteilung zur Erstattung für im [X.]raum vom 1.3.2011 bis 30.9.2014 erbrachte [X.]eistungen der Eingliederungshilfe zur Wehr setzt. Denn die zum Zwecke der Klageerweiterung eingelegte Anschlussberufung der Klägerin ist unzulässig. Sie betrifft nicht den gleichen prozessualen Anspruch der Hauptberufung des Beklagten und war daher zu verwerfen (§ 158 [X.]G).

Die auch im sozialgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nach § 202 [X.]G iVm § 524 ZPO mögliche Anschlussberufung (allgemeine Meinung, vgl zB [X.], 229, 231 und 24, 247, 248 = [X.] zu § 521 ZPO; [X.]8, 31, 33 = [X.] zu § 522a ZPO; [X.]-3500 § 90 [X.] Rd[X.]7 ff) ist kein Rechtsmittel, sondern nur ein angriffsweise wirkender Antrag, mit dem sich der Gegner (hier: die Klägerin) innerhalb des Rechtsmittels des Berufungsklägers (hier: des Beklagten) an dessen Rechtsmittel anschließt. Sie bietet die Möglichkeit, die vom Berufungskläger angefochtene Entscheidung des [X.] auch zu seinen, des sich [X.], Gunsten ändern zu lassen, ohne dass insoweit eine Beschwer vorliegen müsste (stRspr vgl grundlegend [X.]4, 247 = [X.] zu § 521 ZPO; vgl zuletzt [X.] 117, 1 = [X.]-2500 § 28 [X.], Rd[X.] 9). Mit ihr können aber nicht Ansprüche zur Überprüfung des Berufungsgerichts gestellt werden, die von der Berufung gar nicht erfasst werden; anderenfalls liegt kein Fall einer "Anschließung" an das eingelegte Rechtsmittel vor. Für die Zulässigkeit der Anschlussberufung ist es deshalb erforderlich, dass sie den gleichen prozessualen Anspruch wie die Hauptberufung betrifft (stRspr; vgl [X.] 106, 110 = [X.]-2500 § 106 [X.], Rd[X.]8 ff; B[X.] [X.] [X.]2 zu § 521 ZPO; B[X.] Urteil vom 10.2.2005 - [X.] RA 48/04 R - Juris Rd[X.] 33 f; B[X.] Urteil vom 23.6.1998 - [X.] RA 33/97 R - Juris Rd[X.]6 ff). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Der Maßstab für die Beurteilung, ob der gleiche prozessuale Anspruch betroffen ist, ergibt sich in Anwendung von § 99 Abs 3 [X.]G. In Fallkonstellationen, in denen eine Änderung des Klageantrags denselben Klagegrund betrifft, eine der in § 99 Abs 3 [X.] bis 3 [X.]G genannten Voraussetzungen vorliegt und deshalb die Antragsänderung im Sinne dieser Vorschrift nicht als Klageänderung anzusehen ist, führt die Anschlussberufung keinen im genannten Sinne neuen Streitgegenstand in das Verfahren ein (darauf stellt bereits [X.] 117, 1 = [X.]-2500 § 28 [X.], Rd[X.] 9 ab). Eine solche Konstellation ist hier jedoch nicht gegeben. Die im vorliegenden [X.] erfolgte Erweiterung des [X.]eistungsantrags auf Folgezeiträume führt vielmehr zu einer Änderung des [X.], weil hierdurch zugleich der dem Klageantrag zugrundeliegende [X.]ebenssachverhalt geändert wird (vgl zu diesem Maßstab [X.], 342; vgl auch [X.] in Meyer-[X.]adewig/[X.]/[X.]eitherer/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 99 Rd[X.] 2b). Zum Klagegrund rechnen dabei alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des [X.] zur Entscheidung gestellten [X.] gehören (vgl zu diesem Maßstab auch [X.] in jurisPK-[X.]G, 2017, § 99 Rd[X.]). Danach liegt eine Änderung des [X.] nicht vor etwa beim Übergang von einer Klageart zur anderen, weil diese lediglich eine Präzisierung des Begehrens unter Berücksichtigung der konkreten prozessualen Konstellation darstellt (vgl [X.]-2500 § 106a [X.] 5), oder bei der Umstellung des ursprünglich bezifferten [X.]eistungsantrags auf einen Bescheidungsantrag (vgl [X.]-4200 § 22 [X.] 91). § 99 Abs 3 [X.] 2 [X.]G kann auch eingreifen, wenn ein Kläger auf ein sinngemäß schon im ursprünglichen Antrag enthaltenes Begehren umstellt (so die Konstellation in [X.] 117, 1 aaO). Die zeitliche Ausdehnung einer Erstattungsforderung ist mit diesen Fallkonstellationen jedoch nicht vergleichbar. Es erfolgte nicht nur eine quantitative Erweiterung eines schon bestehenden Anspruchs (§ 99 Abs 3 [X.] 2 Alt 1 [X.]G), sondern es träte auch ein neuer [X.]raum und damit ein neuer [X.]ebenssachverhalt hinzu, für den neue Feststellungen zu treffen wären, anhand derer eine neue rechtliche Bewertung von Anspruchsgrundlagen und erbrachten [X.]eistungen erforderlich würde.

Unerheblich ist daher, dass die hier beantragte Einbeziehung von Folgezeiträumen in den [X.] - wäre sie in der ersten Instanz erfolgt - möglicherweise nach § 99 Abs 1 [X.]G zulässig gewesen wäre. Deshalb kommt es - anders als das [X.] meint - auch nicht darauf an, ob der Beklagte sich iS des § 99 Abs 1 Alt 1 und [X.] [X.]G auf das neue Klagebegehren [X.] eingelassen hat. Gründe der Prozessökonomie (vgl zu diesem Gesetzeszweck des § 99 Abs 1 [X.]G nur [X.] in Meyer-[X.]adewig/[X.]/[X.]eitherer/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 99 Rd[X.]) spielen bei der Anschlussberufung keine Rolle. Sie sprächen wegen der erforderlichen Ermittlungen und Feststellungen im Übrigen nicht für, sondern gegen die Einbeziehung weiterer [X.]eistungszeiträume in einen [X.].

Soweit sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Erstattung von Kosten für [X.]eistungen wendet, die die Klägerin für [X.] im [X.]raum vom [X.] bis 28.2.2011 erbracht hat, konnte der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Zwar ist der Beklagte als der eigentlich zuständige [X.]eistungsträger gemäß § 104 [X.]B X der Klägerin zur Erstattung verpflichtet; es fehlen jedoch hinreichende Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) zur Bestimmung der Höhe des Erstattungsanspruchs.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten nach § 104 [X.]B X (idF des [X.], [X.] 1983) iVm § 14 [X.] behinderter Menschen - (<[X.]B IX> idF des [X.], [X.] 606) dem Grunde nach einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für [X.]eistungen der Eingliederungshilfe, die sie an [X.] im [X.]raum vom [X.] bis 28.2.2011 erbracht hat. Hat ein nachrangig verpflichteter [X.]eistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs 1 [X.]B X vorliegen, ist nach § 104 [X.] [X.]B X der [X.]eistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der [X.]eistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der [X.]eistung des anderen [X.]eistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Im Fall einer Erbringung von [X.]eistungen als erstangegangener Rehabilitationsträger begründet § 14 [X.] iVm [X.] Satz 1 und 2 [X.]B IX (ggf iVm § 14 Abs 3 [X.]B IX) für das [X.] zwischen den Trägern eine nachrangige Zuständigkeit des erstangegangenen Trägers, wenn er nach den Zuständigkeitsregelungen außerhalb von § 14 [X.]B IX unzuständig, ein anderer Träger aber zuständig gewesen wäre (stRspr; vgl nur [X.] 98, 267 = [X.]-3250 § 14 [X.] 4, Rd[X.] 9 ff). § 14 [X.]B IX ist auch im Verhältnis nachrangiger [X.]eistungspflichten anwendbar (vgl nur [X.] 117, 53 = [X.]-3500 § 54 [X.]3, Rd[X.] 21).

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Die Klägerin ist erstangegangene Rehabilitationsträgerin iS des § 14 [X.] [X.]B IX, weil eine (rechtzeitige) Weiterleitung des Falls der von Amts wegen (§ 53 [X.] [X.]B XII) gegenüber [X.] zu erbringenden [X.]eistungen der Eingliederungshilfe durch sie nicht erfolgt ist. Für die Anwendung des § 14 Abs 1 und 2 [X.]B IX genügt es, dass die Klägerin (jedenfalls) als Trägerin der Jugendhilfe (§ 69 Abs 1 [X.]B VIII iVm § 2 Erstes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes und § 1 der Verordnung über die Bestimmung Großer kreisangehöriger Städte und Mittlerer kreisangehöriger Städte zu örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe vom 8.1.1991 - Gesetz- und Verordnungsblatt [X.] 598) nach § 6 Abs 1 [X.] 6 [X.]B IX eine Rehabilitationsträgerin ist und Rehabilitationsleistungen erbracht hat (vgl [X.] 117, 53 = [X.]-3500 § 54 [X.]3, Rd[X.]9; [X.] 101, 207 = [X.]-3250 § 14 [X.] 7, Rd[X.] 28 ff). Eine zielgerichtete Zuständigkeitsanmaßung durch die Klägerin, die die Erstattung nach § 104 [X.]B X ausschlösse (vgl dazu [X.] 98, 267 aaO; vgl auch [X.]-3100 § 18c [X.] 2 Rd[X.] 30), ist auf der Grundlage der den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) nicht gegeben. Auch ein Fall des § 103 [X.]B X liegt nicht vor.

Die Klägerin ist für die erbrachten [X.]eistungen der Eingliederungshilfe gegenüber dem Beklagten nur nachrangig verpflichtet. Nach den Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) war [X.] im streitigen [X.]raum neben seiner seelischen Behinderung auch geistig behindert. In diesem Falle ergibt sich für [X.]eistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 10 Abs 4 Satz 2 [X.]B VIII (in den hier maßgeblichen Fassungen vom 14.12.2006, [X.] 3134 und vom 24.3.2011, [X.] 453; bis zum [X.] entsprechend in § 10 [X.] Satz 2 [X.]B VIII geregelt) unabhängig davon, welche Behinderung im Vordergrund steht (vgl [X.] 117, 53 = [X.]-3500 § 54 [X.]3, Rd[X.] 26; BVerwGE 142, 18 - Rd[X.] 31 mwN), eine vorrangige [X.]eistungsverpflichtung des nach §§ 97 f [X.]B XII sachlich und örtlich (eigentlich) zuständigen Sozialhilfeträgers. Dies war im hier streitigen [X.]raum vom [X.] bis 28.2.2011 der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe. Seine sachliche Zuständigkeit ergibt sich auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] zum [X.]andesrecht, dessen Auslegung gemäß § 162 [X.]G nicht [X.] ist; seine örtliche Zuständigkeit folgt aus einer entsprechenden Anwendung (vgl § 107 [X.]B XII) von § 98 [X.] [X.]B XII.

Die sachliche Zuständigkeit eines Sozialhilfeträgers bestimmt sich nach § 97 Abs 1 und 2 [X.]B XII (idF des [X.], [X.] 3022). Für die Sozialhilfe ist danach grundsätzlich der örtliche Sozialhilfeträger sachlich zuständig, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist (Abs 1). Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach [X.]andesrecht bestimmt ([X.] Satz 1). Soweit [X.]andesrecht keine Bestimmung nach [X.] Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger nach Maßgabe der Regelungen in § 97 Abs 3 [X.]B XII sachlich zuständig.

Nach § 2 Buchst a AG-[X.]B [X.] und § 2 Abs 1 [X.] Buchst a AV-[X.]B [X.], beide vom 16.12.2004 ([X.] 816 bzw 817), ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig für [X.]eistungen nach dem Fünften bis [X.] Kapitel für Personen, die in § 53 [X.] [X.]B XII genannt sind, Menschen mit einer geistigen Behinderung, Menschen mit einer seelischen Behinderung oder Störung, Anfallskranke und Suchtkranke bis zur Vollendung des 65. [X.]ebensjahres, wenn es wegen der Behinderung oder des [X.]eidens dieser Personen in Verbindung mit den Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich ist, die Hilfe in einer teilstationären oder stationären Einrichtung zu gewähren. Als überörtliche Träger der Sozialhilfe führen nach § 1 AG-[X.]B [X.] die [X.]andschaftsverbände die Aufgaben der Sozialhilfe durch.

Das [X.] hat auf der Grundlage und in Auslegung dieser Vorschriften festgestellt, dass die "Unterbringung" des [X.] in den Familien [X.] den Begriff der stationären Einrichtung iS von § 2 Abs 1 [X.] Buchst a AV-[X.]B [X.] erfüllt und daher der überörtliche Sozialhilfeträger, hier der beklagte [X.]andschaftsverband, zuständig ist. Auch wenn der Senat dem jedenfalls für den [X.] von § 13 [X.]B XII nicht folgt (dazu später), sind die sich vorliegend im Zusammenhang mit der sachlichen Zuständigkeit ergebenden Fragen einer Prüfung durch das Revisionsgericht entzogen (§ 162 [X.]G). Ein "Feststellungsdefizit", welches es dem B[X.] erlaubte, selbst Feststellungen zum [X.]andesrecht zu treffen (so etwa die Fallkonstellation in [X.] 120, 51 = [X.]-3500 § 75 [X.] 9, Rd[X.]3), liegt nicht vor.

Die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der sachlichen Zuständigkeit des Beklagten sind auch nicht dadurch [X.], dass das [X.] bei seiner Prüfung der sachlichen Zuständigkeit auf den Begriff der stationären Einrichtung iS des § 13 [X.]B XII und folglich auf eine bundesrechtliche Vorschrift abgestellt hat. Die [X.] kann nicht damit begründet werden, dass ein im [X.]andesrecht ausgelegter Begriff (hier: der stationären Einrichtung) auch in revisiblen Normen (hier: § 13 [X.] [X.]B XII) enthalten ist (vgl dazu B[X.] [X.]3 zu § 162 [X.]G). Wird eine Vorschrift des Bundesrechts auf der Grundlage des [X.]andesrechts herangezogen, um das [X.]andesrecht zu ergänzen oder auszulegen, wird die Vorschrift Teil des [X.]andesrechts und entzieht sich damit revisionsrechtlicher Überprüfung (stRspr; vgl B[X.] Urteil vom 5.12.1989 - 5 RJ 7/88 - Juris Rd[X.]4; BVerwGE 57, 204; BVerwG Beschluss vom 28.3.2007 - 10 [X.]3/06 - Juris Rd[X.] 4 und Urteil vom [X.] - BVerwG 4 C 7.05 - NVwZ 2006, 1065, 1066; [X.], 367, 371; vgl im Übrigen auch [X.]eitherer in Meyer-[X.]adewig/[X.]/[X.]eitherer/[X.], [X.]G, 12. Aufl 2017, § 162 Rd[X.] 6a). So liegt der Fall auch hier. Das [X.] hat den Einrichtungsbegriff des § 13 [X.]B XII (aus seiner Sicht) maßstabbildend zur Auslegung von § 2 Abs 1 [X.] Buchst a AV-[X.]B [X.] herangezogen, diese Auslegung im Übrigen aber noch einmal einer Ergebnisüberprüfung anhand landesrechtlicher Gesetzgebungsziele unterworfen. Zusammenfassend hat es ausgeführt, nach der landesrechtlichen Zuständigkeitsverteilung in [X.] solle gerade für derart aufwendige und kostenintensive Fälle wie dem vorliegenden der überörtliche Träger und nicht der örtliche Träger einstehen. Seine Ausführungen zum Begriff der stationären Einrichtung für [X.] bleiben daher eine Auslegung von [X.]andesrecht (vgl entsprechend B[X.] [X.]3 zu § 162 [X.]G).

Ausgehend von seiner sich daraus ergebenden sachlichen Zuständigkeit als überörtlicher Träger ist der Beklagte im hier streitbefangenen [X.]raum auch der nach § 98 [X.]B XII örtlich zuständige Träger. Zwar ergibt sich seine örtliche Zuständigkeit nicht unmittelbar nach § 98 [X.] [X.]B XII, denn die in den Familien [X.] erbrachten [X.]eistungen sind keine stationären Eingliederungshilfeleistungen im Sinne dieser Vorschrift. Die [X.]eistung ist aber eine solche der Eingliederungshilfe in einer Pflegefamilie nach § 54 Abs 3 [X.]B XII mit der Folge, dass § 98 [X.] [X.]B XII entsprechende Anwendung findet (§ 107 [X.]B XII).

Nach § 98 [X.] [X.]B XII (idF des [X.], [X.] 2670) ist für die stationäre [X.]eistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die [X.]eistungsberechtigten im [X.]punkt der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder in den letzten zwei Monaten vor ihrer Aufnahme gehabt haben (Satz 1). Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die [X.]eistungsberechtigten aus einer Einrichtung iS des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der [X.]eistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend (sog [X.], Satz 2).

Die in den Familien [X.] erbrachten [X.]eistungen der Eingliederungshilfe sind auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) keine in einer stationären Einrichtung iS von § 98 [X.] [X.]B XII erbrachten [X.]eistungen. Die vom [X.] zur sachlichen Zuständigkeit aufgestellten landesrechtlichen Maßstäbe binden den Senat bei der Feststellung der örtlichen Zuständigkeit nicht. Der Einrichtungsbegriff des § 98 [X.] [X.]B XII ist bundesrechtlich anhand von § 13 [X.] [X.]B XII zu bestimmen.

Eine Einrichtung gemäß § 13 [X.] [X.]B XII ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist ([X.], 149, 152; BVerwG Urteil vom [X.] - 5 C 42/91 - [X.], 52 ff; Urteil vom [X.] - 5 C 13/91 - [X.], 183 ff; Urteil vom [X.] - 5 C 17/91 - [X.]/[X.]B 1995, 535 ff; [X.] 106, 264 = [X.]-3500 § 19 [X.] 2, Rd[X.]3; [X.]-3500 § 98 [X.] 3) und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem [X.]B XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dient (vgl § 13 [X.] [X.]B XII; näher dazu [X.]-5910 § 97 [X.] Rd[X.]5). Soweit Personen dezentral untergebracht sind, ist es für die Bejahung einer Einrichtung erforderlich, dass die dezentrale Unterkunft zu den Räumlichkeiten der Einrichtung gehört, der Hilfebedürftige also in die Räumlichkeiten des Trägers eingegliedert ist (vgl [X.]-3500 § 98 [X.] 3). Dies ist nur dann der Fall, wenn die Unterkunft der Rechts- und Organisationssphäre des [X.]s so zugeordnet ist, dass sie als Teil des Einrichtungsganzen anzusehen ist (BVerwG Urteil vom [X.] - 5 C 42/91 - [X.], 52 ff). Die Vorhaltung von Wohnraum durch den Träger der Einrichtung selbst ist also keine bloße Formalie, sondern wesentliches Merkmal einer Zuordnung zur Rechts- und Organisationssphäre des [X.]s (vgl [X.]-3500 § 106 [X.]). Zudem ist erforderlich, dass der [X.] von der Aufnahme bis zur Entlassung des Hilfeempfängers nach Maßgabe des angewandten Konzepts die Gesamtverantwortung für dessen tägliche [X.]ebensführung übernimmt. Gelegentliche Maßnahmen rechtfertigen die Gleichstellung mit der stationären Einrichtung nicht; die Unterbringung außerhalb der Einrichtung muss vielmehr qualitativ einer stationären [X.]eistungserbringung in der Einrichtung entsprechen (vgl [X.], 149 ff - Rd[X.]8; vgl entsprechend zu § 106 [X.]B XII B[X.] [X.]-3500 § 106 [X.]).

Diese Voraussetzungen erfüllt weder die Unterbringung in der [X.] noch in der [X.] Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine stationäre Einrichtung schon begrifflich nicht immer jedenfalls auch ein Stammhaus im Sinne einer Stammunterkunft voraussetzt. Nur wenn dies nicht erforderlich wäre, könnte die vom [X.] festgestellte Struktur der [X.] mit einer Geschäftsstelle als "zentraler Einrichtung" und 13 bzw 14 geschulten sog "Koordinatoren", die sich von eigenen Büros in der ganzen [X.] verantwortlich um die ihnen zugewiesenen sog "individual-pädagogischen Betreuungsstellen" kümmern, überhaupt den Einrichtungsbegriff erfüllen. Denn die individual-pädagogischen Betreuungsstellen selbst (hier: die Betreuung in den Familien [X.]) stellen keine stationären Einrichtungen dar (vgl [X.] 117, 53 = [X.]-3500 § 54 [X.]3, Rd[X.] 30).

Jedenfalls aber fehlte es hinsichtlich beider Familien an der unerlässlichen Vorhaltung von Wohnraum durch den Träger der Einrichtung. Nach den Feststellungen des [X.] wurde der Wohnraum von den einzelnen Familien vorgehalten, nicht dagegen von [X.] [X.] also konnte nicht frei nach eigenem Ermessen feste Plätze zuteilen. Sie war stets auf die Bereitschaft der Familien angewiesen, einzelne Personen aufzunehmen. Die Familien waren jeweils nur bezogen auf den konkreten Einzelfall vertraglich eingebunden und stellten auch nur dann die Unterkunft bereit. Eine vom einzelnen [X.]eistungsfall ununterbrochene Anmietung von Wohnraum ist damit nicht gegeben.

Zudem hatte [X.] auch nicht die Gesamtverantwortung für die tägliche [X.]ebensführung des Hilfebedürftigen von der Aufnahme bis zur Entlassung übernommen. Den zur Betreuung eines Falls von [X.] eingesetzten Koordinatoren kam nach den Feststellungen des [X.] allenfalls zu Beginn der Unterbringung in einer Familie eine konzeptionell wesentliche Bedeutung zu. Im weiteren Verlauf hatten sie nur noch eine koordinierende und überwachende Funktion. Mit Blick darauf, dass 14 Betreuer für 160 Jugendliche in der ganzen [X.] zuständig waren, wird eine Gesamtverantwortung für die tägliche [X.]ebensführung damit konzeptionell nicht gewährleistet und ist auch nicht beabsichtigt. Der "Einrichtung" blieb im Alltag gerade kein bestimmender Einfluss, sondern dieser lag bei den einzelnen Familien. Mit [X.] wurden auch keine Vereinbarungen auf der Grundlage der §§ 75 ff [X.]B XII geschlossen, ein organisatorischer Gesamtplan, der Gültigkeit für alle "Bewohner" beansprucht, existierte nicht.

Dass sowohl [X.] als auch [X.] nach den Feststellungen des [X.] eine Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung gemäß § 45 [X.]B VIII hatten, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Unabhängig davon, ob diese Erlaubnis jeweils zu Recht erteilt wurde (vgl zum - soweit ersichtlich - bislang höchstrichterlich noch nicht geklärten Einrichtungsbegriff nach § 45 [X.]B VIII zB Busse in jurisPK-[X.]B VIII, 1. Aufl 2014, Rd[X.] 28 ff mit Verweisen auf die Maßstäbe des [X.]B XII; offengelassen BVerwG Beschluss vom [X.] - 5 [X.]/06), kommt dieser Erlaubnis keine Tatbestandswirkung für die Frage des Vorliegens einer Einrichtung iS des [X.]B XII zu.

Unerheblich ist auch, ob die Intensität der Betreuung in den von [X.] unter Vertrag genommenen Familien höher war als in einer stationären Einrichtung. Nach der Rechtsprechung spielt die Intensität der Betreuung zwar in der Abgrenzung der stationären Hilfe zum [X.] eine Rolle (vgl zB [X.]-3500 § 98 [X.] 3). Auch das [X.]B XII kennt aber mit der Unterbringung in einer Pflegefamilie (§ 54 Abs 3 [X.]B XII, [X.] eingeführt durch das Gesetz vom [X.], [X.] 2495) ausdrücklich eine ambulante [X.]eistung, die durch ein intensives Betreuungsverhältnis gekennzeichnet ist (nach dem Inhalt der Vorschrift: "Versorgung Tag und Nacht" im Haushalt der Pflegeperson). Dass die Unterbringung dort zur Vermeidung oder Beendigung eines Aufenthalts in einer vollstationären Einrichtung erfolgt (Abs 3 Halbsatz 2), hat in Parallele zur Unterbringung in einer Pflegefamilie in der Jugendhilfe (§ 33 Satz 2 [X.]B VIII) vor allem Belange des Kindeswohls im Blick (vgl [X.] 117, 53 = [X.]-3500 § 54 [X.]3, Rd[X.] 39; vgl auch [X.] in [X.], [X.]B VIII, 5. Aufl 2015, § 33 Rd[X.] 24 zum Vorzug familiärer gegenüber institutioneller Strukturen). Dagegen wird keine Aussage in dem Sinne getroffen, dass die stationäre Unterbringung stets als die betreuungsintensivere anzusehen wäre. Dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Betreuungsintensität vielmehr vom Gegenteil ausgegangen ist, ergibt sich aus § 107 [X.]B XII, der die Unterbringung in einer Pflegefamilie nicht mit anderen ambulanten [X.]eistungen (insbesondere dem [X.], vgl § 98 Abs 5 [X.]B XII) gleichsetzt, sondern vielmehr die Vorschriften zur Zuständigkeit bei stationärer Unterbringung für analog anwendbar erklärt.

Der Beklagte ist damit zwar nicht nach § 98 [X.] [X.]B XII unmittelbar, wohl aber gemäß § 107 [X.]B XII (seit Einführung durch das Gesetz vom 27.12.2003, [X.] 3022 unverändert) iVm § 98 [X.] [X.]B XII örtlich zuständig, weil [X.] im hier streitbefangenen [X.]raum als noch Minderjähriger in einer anderen Familie untergebracht war. Die Unterbringung in einer anderen Familie iS des § 107 [X.]B XII meint seit Einführung des § 54 Abs 3 [X.]B XII zum [X.] (nur noch) eine Unterbringung im Sinne dieser Vorschrift. Kommt seither für Kinder und Jugendliche ein Anspruch auf Eingliederungshilfe in Form einer Betreuung in einer Pflegefamilie nur noch unter den dort genannten qualifizierten Voraussetzungen in Betracht (vgl [X.] 117, 53 = [X.]-3500 § 54 [X.]3, Rd[X.] 37), kann im Rahmen der Zuständigkeitsanordnung für ein solches Betreuungsverhältnis kein anderer Maßstab gelten (vgl [X.] in jurisPK-[X.]B XII, 2. Aufl 2014, § 107 Rd[X.] 20). Der Schutz des "[X.]" setzt eine entsprechend qualifizierte Form der Unterbringung voraus.

Die Voraussetzungen des § 54 Abs 3 [X.]B XII sind für die Unterbringung des [X.] in den Familien [X.] im hier streitbefangenen [X.]raum gegeben. Nach § 54 Abs 3 Satz 1 [X.]B XII ist eine [X.]eistung der Eingliederungshilfe auch die Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie, soweit eine geeignete Pflegeperson Kinder und Jugendliche über Tag und Nacht versorgt und dadurch der Aufenthalt in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe vermieden oder beendet werden kann. Die Pflegeperson bedarf einer Erlaubnis nach § 44 [X.]B VIII ([X.]). Sämtliche Anforderungen sind hier auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) erfüllt. [X.] war jeweils in den privaten Haushalt der Familien aufgenommen, wo er Tag und Nacht sein zu Hause hatte (vgl zu diesem Maßstab [X.], 305 - Rd[X.]5; vgl auch [X.] 117, 53 = [X.]-3500 § 54 [X.]3, Rd[X.] 37). In beiden Familien war eine geeignete Person im Sinne dieser Vorschrift vorhanden, denn sowohl [X.] als auch Frau [X.] hatten eine erzieherische Qualifikation (Heilerziehungspfleger bzw staatlich anerkannte Erzieherin). Dass jedenfalls [X.] keine Erlaubnis zur Vollzeitpflege iS von § 44 [X.]B VIII (in der hier maßgeblichen Fassung der Norm vom 14.12.2006, [X.] 3134) hatte, schließt die [X.]eistungserbringung nach § 54 Abs 3 [X.]B XII nicht aus. Denn jedenfalls liegt nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] der Ausnahmetatbestand des § 44 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]B VIII vor, weil [X.] auf Vermittlung der Klägerin als Trägerin von [X.]eistungen der Jugendhilfe in den beiden Familien untergebracht war (vgl zu einer entsprechenden Konstellation OVG [X.]üneburg Beschluss vom [X.] - 4 [X.]A 281/16 - Juris Rd[X.] 7). Der Verweis in § 54 Abs 3 [X.]B XII auf die Erlaubnis nach § 44 [X.]B VIII ist umfassend in dem Sinne zu verstehen, dass auch im Rahmen von [X.]eistungen nach dem [X.]B XII die Ausnahmetatbestände des § 44 Abs 1 Satz 2 [X.]B VIII zum Tragen kommen können (vgl entsprechend [X.], aaO, Rd[X.] 44).

War damit § 98 [X.] [X.]B XII anwendbar, kommt es bei durchgehendem Aufenthalt in stationären Einrichtungen oder Pflegefamilien für die örtliche Zuständigkeit auf den gewöhnlichen Aufenthalt des [X.] im [X.]punkt des Eintritts in die erste Einrichtung oder Pflegefamilie an (Satz 2). Dieser lag im Kreis [X.]ippe und folglich im örtlichen Zuständigkeitsgebiet des Beklagten (vgl § 1 Abs 1 der Hauptsatzung des [X.]andschaftsverbands Westfalen-[X.]ippe vom 12.1.1995) unabhängig davon, ob insoweit, nachdem [X.] zuvor (wieder) mehrere Monate zu Hause gewohnt hatte, auf die stationäre Unterbringung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 24.2.2005 bis zum 15.6.2005 in [X.], auf die Aufnahme in das Kinderheim in [X.] am 15.6.2005 oder auf die sich unmittelbar anschließende Aufnahme in die M.-Stiftung am 26.10.2005 abzustellen ist. Seither war [X.] durchgängig stationär oder in einer Pflegefamilie untergebracht. Dies gilt auch für die Reise des [X.] mit [X.] im März 2009, die [X.] ebenfalls schon in den Haushalt des [X.] eingliederte.

Die damit bestehende vorrangige [X.]eistungspflicht des Beklagten als eigentlich zuständiger [X.]eistungsträger (§ 10 Abs 4 Satz 2 [X.]B VIII) erfasst im Rahmen der hier erbrachten Eingliederungshilfe in Form der Unterbringung in einer Pflegefamilie sämtliche nach § 54 Abs 3 [X.]B XII zu erbringenden [X.]eistungen. Denn seit Inkrafttreten des § 54 Abs 3 [X.]B XII zum [X.] hat der Gesetzgeber jede erforderliche Betreuung eines behinderten Kindes in einer Pflegefamilie typisierend als Eingliederungshilfe normiert. Diese schließt daher insbesondere auch die für den [X.]ebensunterhalt erforderlichen [X.]eistungen ein (vgl [X.] 117, 53 = [X.]-3500 § 54 [X.]3, Rd[X.] 39 unter Verweis auf die ebenfalls zum [X.] erfolgte Änderung des § 28 Abs 5 [X.]B XII, jetzt § 27a Abs 4 Satz 3 [X.]B XII; anders noch BVerwGE 125, 96 zur zuvor geltenden Rechtslage). Auf die Frage, ob die Klägerin als kreisangehörige Stadt ggf für [X.]eistungen nach dem Dritten Kapitel des [X.]B XII auf der Grundlage einer Heranziehungssatzung (§ 1 Abs 1 [X.] der Satzung über die Heranziehung der Städte, [X.] und kreisangehörigen Gemeinden zur Durchführung der Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe in der hier maßgeblichen Fassung vom 10.3.2005, [X.] 202) zuständig war, kam es daher nicht an.

Die [X.]eistungserbringung durch die Klägerin an [X.] war dem Grunde nach auf der Grundlage der Regelungen des [X.]B XII rechtmäßig. Die Voraussetzungen der Erbringung von [X.]eistungen der Eingliederungshilfe in einer Pflegefamilie nach § 19 Abs 3 [X.]B XII (in der Normfassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - [X.] 554 - erhalten hat) iVm § 53 [X.] [X.]B XII (in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das [X.], [X.] 3022) und § 54 Abs 3 [X.]B XII (in der Normfassung des [X.] [X.] im Krankenhaus vom [X.], [X.] 2495) lagen in der Person des [X.] vor. [X.] war nach den den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) wesentlich behindert iS des § 53 [X.] [X.]B XII und gehörte damit zum leistungsberechtigten Personenkreis. Es bestand auch die Notwendigkeit (§ 4 Abs 1 [X.]B IX) der Unterbringung in den Pflegefamilien, denn [X.] war ständig zu betreuen und zu überwachen. Eine stationäre Unterbringung konnte dadurch vermieden werden.

Der Senat konnte jedoch nicht abschließend entscheiden, ob die von der Klägerin für den hier streitbefangenen [X.]raum geltend gemachten Kosten, die weder verspätet angemeldet (§ 111 [X.]B X) noch verjährt (§ 113 [X.]B X) sind, in voller Höhe zu erstatten sind. Das [X.] hat weder festgestellt, in welcher Höhe die [X.]eistungen jeweils monatlich erbracht wurden, noch in welcher Höhe ggf Einkommen jeweils monatsweise im hier streitbefangenen [X.]raum zu berücksichtigen war. Dass der Beklagte auf die "nachvollziehbaren Darlegungen" der Klägerin keine "Einwände vorgebracht" hat, ersetzt diese Feststellungen nicht.

Im Übrigen richtet sich gemäß § 104 Abs 3 [X.]B X der Umfang der Erstattungspflicht nach den für den vorrangig verpflichteten [X.]eistungsträger geltenden Rechtsvorschriften, also den §§ 53 ff [X.]B XII. Danach ist zwar unerheblich, dass mit den Pflegeeltern keine Verträge nach den §§ 75 ff [X.]B XII geschlossen wurden (vgl [X.] 117, 53 = [X.]-3500 § 54 [X.]3, Rd[X.] 32). Es ist jedoch nicht festgestellt, welche Bedarfe des [X.] insoweit zu decken und in welcher Höhe hierzu [X.]eistungen erforderlich waren. Auch wenn die [X.]eistung in einer Pflegefamilie nicht im Sinne einer Dienstleistung entlohnt werden kann und dem [X.]eistungsträger daher für Art und Höhe der [X.]eistung Ermessen zusteht (§ 17 [X.] [X.]B XII; vgl entsprechend [X.] 117, 53 = [X.]-3500 § 54 [X.]3, Rd[X.] 34, 37), ist stets nur das im Einzelfall zur Deckung des sozialhilferechtlichen Bedarfs Erforderliche zu leisten (vgl [X.] in jurisPK-[X.]B XII, 2. Aufl 2014, § 17 Rd[X.] 40). Insoweit wird das [X.] auch zu überprüfen haben, ob und in welcher Höhe die an [X.] bezahlten Beträge Verwaltungskosten erfassten, die - je nach den noch zu treffenden Feststellungen des [X.] - ggf keine für die Hilfe in einer Pflegefamilie erforderlichen Kosten waren.

Das [X.] wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Die [X.] beruht auf § 197a Abs 3 und [X.] [X.]G iVm § 47 Abs 1 und 2, § 52 Abs 1, § 63 [X.] Satz 1 Gerichtskostengesetz ([X.]).

Meta

B 8 SO 12/16 R

26.10.2017

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Detmold, 9. Oktober 2012, Az: S 2 SO 153/11, Urteil

§ 202 S 1 SGG, § 524 Abs 1 S 1 ZPO, § 99 Abs 3 Nr 2 SGG, § 104 Abs 1 S 1 SGB 10, § 14 SGB 9, § 10 Abs 4 S 2 SGB 8 vom 14.12.2006, § 10 Abs 4 S 2 SGB 8 vom 24.03.2011, § 53 Abs 1 S 1 SGB 12, § 54 Abs 3 S 1 SGB 12, § 97 Abs 1 SGB 12, § 97 Abs 2 S 1 SGB 12, § 98 Abs 2 S 1 SGB 12, § 98 Abs 2 S 2 SGB 12, § 107 SGB 12, § 13 Abs 2 SGB 12, § 162 SGG, § 2 Buchst a SGB12AG NW vom 16.12.2004, § 2 Abs 1 Nr 1 Buchst a SGB12AGAV NW

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 26.10.2017, Az. B 8 SO 12/16 R (REWIS RS 2017, 3255)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3255

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