Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.03.2017, Az. 7 AZR 222/15

7. Senat | REWIS RS 2017, 13732

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Gegenstand

Zweckbefristung - Schließung einer Betriebsstätte


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 18. März 2015 - 5 Sa 314/14 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis wirksam zweckbefristet ist.

2

Die [X.]eklagte unterhielt in [X.] und in [X.] Zentrallager für die [X.]elieferung von Geschäften des Einzelhandels. Der Kläger war bei der [X.]eklagten seit dem 1. Juni 2010 auf der Grundlage von sechs aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen in dem Zentrallager [X.] als Vorlader beschäftigt, zuletzt aufgrund des Arbeitsvertrags vom 23. Mai 2012, der [X.]. folgende Regelungen enthält:

        

„§ 1 [X.]eginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses

        

1. Das Arbeitsverhältnis wird zunächst befristet (§ 14 Abs. 1, Pkt. 1 Teilzeit- und [X.]efristungsgesetz) für die Dauer vom 01.06.2012 bis zur Schließung Standort E-Lager [X.] eingegangen und endet grundsätzlich mit Ablauf der Frist, ohne dass es einer Kündigung bedarf; ...

        

§ 2 Tätigkeit

        

1. Der Arbeitnehmer wird als Vorlader für den [X.]etriebsteil [X.] eingestellt.

        

2. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die ihm übertragenen Arbeiten und erteilten Weisungen gewissenhaft auszuführen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer bei unveränderter Grundvergütung mit anderen Arbeiten zu betrauen oder in eine andere Abteilung oder einen anderen [X.]etriebsteil des Arbeitgebers zu versetzen und zwar ohne Rücksicht auf die Dauer einer Tätigkeit in einem bestimmten [X.]etriebsteil.“

3

Die [X.]eklagte errichtete in [X.]e, das ca. 83 Kilometer von [X.] entfernt liegt, ein neues Zentrallager, das [X.]etriebsstätten in [X.] und [X.] ersetzen und in dem Mitarbeiter der zu schließenden Zentrallager tätig werden sollten. Auf der Grundlage eines mit der [X.] [X.] am 15. März 2010 geschlossenen [X.] gab die [X.]eklagte am 7. November 2011 die Absicht bekannt, das Zentrallager [X.] zu schließen. Mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarte die [X.]eklagte am 11./12. Oktober 2012 einen Interessenausgleich, in dem die Schließung des Zentrallagers in [X.] frühestens zum 30. September 2014 geplant war. Die Inbetriebnahme des Lagers [X.]e verzögerte sich mehrfach.

4

Mit der vorliegenden, am 13. Febr[X.]r 2014 eingereichten und der [X.]eklagten am 24. Febr[X.]r 2014 zugestellten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die [X.]efristungsabrede vom 23. Mai 2012 sei unwirksam. Es bestehe kein vorübergehender, sondern vielmehr ein dauerhafter [X.]edarf an seiner vertraglichen Arbeitsleistung. Der [X.]eschäftigungsbedarf sei nicht mit der Schließung des Zentrallagers [X.] entfallen, sondern habe in dem neuen Zentrallager in [X.]e fortbestanden. Die [X.]eklagte sei aufgrund des arbeitsvertraglich vereinbarten Direktionsrechts berechtigt gewesen, ihn dorthin zu versetzen.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Zweckbefristung in § 1 des Arbeitsvertrags der Parteien befristet ist.

6

Die [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der [X.]edarf an der Arbeitsleistung des [X.] als Vorlader habe nur bis zur Schließung des [X.]etriebs in [X.] bestanden, die bei Abschluss des Arbeitsvertrags vom 23. Mai 2012 bereits festgestanden habe. Sie hat behauptet, eine Stelle als Vorlader sei im [X.]etrieb in [X.]e nicht vorgesehen gewesen. Aufgrund der räumlichen Entfernung zwischen dem alten und dem neuen Zentrallager habe sie den Kläger auch nicht dorthin versetzen können.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die [X.]erufung der [X.]eklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die [X.]eklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

8

Im Laufe des Revisionsverfahrens teilte die [X.]eklagte dem Kläger mit Schreiben vom 25. Febr[X.]r 2016 mit, dass der [X.]etrieb am 30. April 2016 geschlossen werde und somit das Vertragsverhältnis aufgrund der vertraglichen [X.]efristung ende. Vorsorglich kündigte sie das Arbeitsverhältnis am 26. Febr[X.]r 2016 zum 30. April 2016. Der Kläger hat gegen die [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Mitteilung vom 25. Febr[X.]r 2016 [X.]efristungskontrollklage und gegen die vorsorgliche Kündigung vom 26. Febr[X.]r 2016 Kündigungsschutzklage erhoben. Diese Klagen sind noch beim Arbeitsgericht anhängig.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Mit der vom [X.] gegebenen [X.]egründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Der [X.] kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund der am 23. Mai 2012 vereinbarten [X.]efristung geendet hat.

I. Das [X.] hat die Klage zu Recht als zulässige allgemeine Feststellungsklage mit dem Inhalt ausgelegt, dass das Arbeitsverhältnis der [X.]en nicht aufgrund der Abrede in § 1 des Arbeitsvertrags vom 23. Mai 2012 wirksam befristet ist.

1. Dieses Antragsverständnis entspricht dem für die Auslegung des Klageantrages maßgeblichen Klageziel und der richtig verstandenen Interessenlage des [X.].

a) Zum Zeitpunkt der Klageeinreichung am 13. Februar 2014 und der Entscheidung durch das [X.] am 18. März 2015 war eine gegen die Wirksamkeit der Zweckbefristung gerichtete [X.]efristungskontrollklage rechtlich noch nicht möglich. Eine solche [X.]efristungskontrollklage ist erst statthaft, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gemäß § 15 Abs. 2 [X.] schriftlich darüber unterrichtet, wann der Zweck der [X.]efristung erreicht ist. Anders als bei kalendermäßig befristeten Arbeitsverhältnissen, bei denen bereits vor Ablauf der Vertragslaufzeit nach § 17 Satz 1 [X.] Klage zulässig erhoben werden kann (st. Rspr. vgl. etwa [X.] 24. Februar 2016 - 7 [X.] - Rn. 24; 21. September 2011 - 7 [X.] - Rn. 8, [X.]E 139, 213; 10. März 2004 - 7 [X.] - zu I der Gründe, [X.]E 110, 38), ist vor einer schriftlichen Unterrichtung der Zweckerreichung kein Raum für eine [X.]efristungskontrollklage. Da dem Kläger jedoch nicht unterstellt werden kann, er habe eine rechtlich nicht mögliche Klage erheben wollen, ist das auf die Unwirksamkeit der Zweckbefristung gerichtete Klagebegehren als allgemeine Feststellungsklage auszulegen (vgl. auch [X.] 15. Mai 2012 - 7 [X.] - Rn. 15; 19. Oktober 2011 - 7 [X.] - Rn. 15 mwN).

b) Der Klageantrag ist auch nicht deshalb mittlerweile als [X.]efristungskontrollantrag auszulegen, weil die [X.]eklagte dem Kläger während des Revisionsverfahrens mit Schreiben vom 25. Februar 2016 mitteilte, der [X.]etrieb werde am 30. April 2016 geschlossen und das Arbeitsverhältnis ende somit aufgrund der vertraglichen [X.]efristung. Zwar ist eine vor [X.]eginn der Frist der § 15 Abs. 2, § 17 Satz 1 [X.] beim Arbeitsgericht eingereichte, zu diesem Zeitpunkt im Zweifel auf allgemeine Feststellung gerichtete Klage nach dem Zugang der [X.] während der Tatsacheninstanzen als [X.]edingungskontrollklage zu verstehen (vgl. [X.] 27. Juli 2016 - 7 [X.] - Rn. 18). Erfolgt die schriftliche Unterrichtung aber wie hier erst im Laufe des Revisionsverfahrens, steht einem entsprechenden Antragsverständnis entgegen, dass damit eine unzulässige Klageänderung in der Revisionsinstanz verbunden wäre. Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch bezüglich der Anträge der [X.]en die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. [X.]iervon hat das [X.] zwar aus prozessökonomischen Gründen Ausnahmen in den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO zugelassen sowie dann, wenn sich der geänderte Sachantrag auf einen in der [X.]erufungsinstanz festgestellten oder von den [X.]en übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt stützen kann, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der anderen [X.] durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden ([X.] 16. April 2015 - 6 [X.] - Rn. 20; 22. Oktober 2014 - 5 [X.] 731/12 - Rn. 36, [X.]E 149, 343). Die Mitteilung der Zweckerreichung, die nach dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz ergeht, würde jedoch zu einer Erweiterung des Prüfprogramms führen. Der Erfolg der Klage hinge damit nicht nur von der Wirksamkeit der [X.]efristungsabrede, sondern außerdem von der Zweckerreichung und der Unterrichtung ab. Die dazu erforderlichen Feststellungen sind von der Tatsacheninstanz zu treffen. Es liegt im Interesse des [X.], die für das [X.]estehen des Rechtsverhältnisses bisher allein streitige Frage der Wirksamkeit der [X.]efristungsabrede zu klären. Der Antrag ist damit weiterhin als Feststellungsantrag auszulegen.

2. Die allgemeine Feststellungsklage ist nach § 256 ZPO zulässig. Nach dieser Vorschrift kann auf die Feststellung des [X.]estehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Allerdings können nach § 256 Abs. 1 ZPO nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich jedoch nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne [X.]eziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen bzw. auch auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. [X.]ei der Feststellung, ob das Arbeitsverhältnis der [X.]en wirksam [X.] ist, handelt es sich um den rechtlich selbstständig feststellbaren Umfang und die Dauer der zwischen den [X.]en vereinbarten beiderseitigen Leistungspflichten ([X.] 15. Mai 2012 - 7 [X.] - Rn. 18).

b) Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Zweckbefristung in § 1 des Arbeitsvertrags vom 23. Mai 2012 befristet ist. Das folgt schon daraus, dass sich die [X.]eklagte darauf beruft, die Zweckbefristung sei wirksam. Ebenso hat er ein berechtigtes Interesse an [X.] richterlicher Entscheidung. Zwar genügt es hierfür nicht, wenn sich eine streitige Frage in einer ungewissen Zukunft möglicherweise einmal stellen wird. Es war im vorliegenden Fall aber bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung durchaus wahrscheinlich, dass sich die Frage der Wirksamkeit der Zweckbefristung zwischen den [X.]en in absehbarer Zeit stellen würde.

c) Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist nicht dadurch entfallen, dass der Kläger nach der Mitteilung vom 25. Februar 2016 in der Revisionsinstanz gesondert [X.]efristungskontrollklage erhoben hat. Da sich die Schließung des [X.] in [X.] zwischen den [X.]en nicht im Streit befindet, ist zu erwarten, dass durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der (alleinige) Streit der [X.]en darüber, ob das Arbeitsverhältnis durch die im Arbeitsvertrag vom 23. Mai 2012 vereinbarte [X.]efristung geendet hat, endgültig beigelegt und das Rechtsverhältnis der [X.]en abschließend geklärt wird.

3. Die [X.]efristungskontroll- und Kündigungsschutzklage, die der Kläger im Verlaufe des Revisionsverfahrens erhoben hat, steht einer Entscheidung des [X.]s nicht unter dem Gesichtspunkt der doppelten Rechtshängigkeit entgegen. Unabhängig davon, ob und inwieweit von einer Identität der Streitgegenstände auszugehen ist, betrifft das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO allein eine später rechtshängig gewordene, nicht aber die zu diesem Zeitpunkt bereits rechtshängige Streitsache ([X.] 20. September 2016 - 9 [X.] 735/15 - Rn. 26). Die vorliegende allgemeine Feststellungsklage ist zeitlich vorrangig.

II. Mit der [X.]egründung des [X.]s kann die allgemeine Feststellungsklage nicht abgewiesen werden. Es bedarf weiterer Feststellungen durch das [X.] dazu, ob zum Zeitpunkt des Abschlusses der [X.]efristungsabrede vom 23. Mai 2012 ein betrieblicher [X.]edarf an der Arbeitsleistung des [X.] iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] nur vorübergehend bestand.

1. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die [X.]en in § 1 Nr. 1 des Arbeitsvertrags vom 23. Mai 2012 eine Zweckbefristung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2, § 15 Abs. 2 [X.] und nicht eine auflösende [X.]edingung iSv. § 21 [X.] vereinbart haben.

a) Eine Zweckbefristung liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis nicht zu einem kalendermäßig bestimmten Zeitpunkt, sondern bei Eintritt eines künftigen Ereignisses enden soll. [X.]ei einer auflösenden [X.]edingung hängt die [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls vom Eintritt eines künftigen Ereignisses ab. Zweckbefristung und auflösende [X.]edingung unterscheiden sich in der Frage der Gewissheit des Eintritts des künftigen Ereignisses. Im Fall einer Zweckbefristung betrachten die Vertragsparteien den Eintritt des künftigen Ereignisses als feststehend und nur den Zeitpunkt des Eintritts als ungewiss. [X.]ei einer auflösenden [X.]edingung ist demgegenüber schon ungewiss, ob das künftige Ereignis, das zur [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses führen soll, überhaupt eintreten wird. Worauf sich die Vertragsparteien geeinigt haben, ist im Zweifel durch Auslegung der getroffenen Vereinbarungen zu ermitteln (vgl. [X.] 15. Mai 2012 - 7 [X.] - Rn. 29; 29. Juni 2011 - 7 [X.] 6/10 - Rn. 15, [X.]E 138, 242; 21. Dezember 2005 - 7 [X.] 541/04 - Rn. 36; 19. Januar 2005 - 7 [X.] 250/04 - zu [X.] der Gründe mwN, [X.]E 113, 184).

b) Nach den Feststellungen des [X.]s haben sich die [X.]en in zulässiger Weise auf eine Zweckbefristung verständigt. Sie haben die [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses von dem künftigen Ereignis der Schließung des [X.] in [X.] abhängig gemacht, die bei Abschluss der letzten [X.]efristungsabrede vom 23. Mai 2012 bereits dem Grunde nach, nicht aber im Zeitpunkt feststand. Zwar waren die Verhandlungen über einen Interessenausgleich noch nicht abgeschlossen. Nach den Feststellungen des [X.]s gab die [X.]eklagte mit der [X.] [X.] am 15. März 2010 in einem Sozialtarifvertrag die Schließung des [X.] im [X.]etrieb in [X.] am 7. November 2011 bekannt. Gegen die Feststellung des [X.]s, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür anzunehmen, dass die [X.]en bei Abschluss des Arbeitsvertrags Zweifel an der Schließung des [X.] gehabt haben könnten, sind keine Verfahrensrügen erhoben.

2. Zu Recht hat das [X.] die vereinbarte Zweckbefristung als hinreichend bestimmt angesehen.

a) Eine Zweckbefristung erfordert eine unmissverständliche schriftliche (§ 14 Abs. 4 [X.]) Einigung darüber, dass das Arbeitsverhältnis bei Zweckerreichung enden soll ([X.] 29. Juni 2011 - 7 [X.] 774/09 - Rn. 28). Außerdem muss der Zweck, mit dessen Erreichung das Arbeitsverhältnis enden soll, so genau bezeichnet sein, dass hieraus das Ereignis, dessen Eintritt zur [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses führen soll, zweifelsfrei feststellbar ist ([X.] 21. Dezember 2005 - 7 [X.] 541/04 - Rn. 36).

b) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Erreichung des in § 1 Nr. 1 des Arbeitsvertrags vom 23. Mai 2012 vereinbarten Zwecks „Schließung Standort E-Lager [X.]“ zweifelsfrei feststellen lässt. Das Ereignis tritt ein, wenn die für ein Zentrallager maßgeblichen Funktionen der Anlieferung, Lagerung und Auslieferung von Warenbeständen dauerhaft eingestellt werden. Diese Annahme des [X.]s wird von der Revision auch nicht in Frage gestellt.

3. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen durfte das [X.] jedoch nicht annehmen, die vereinbarte Zweckbefristung sei aufgrund des Sachgrundes des nur vorübergehenden [X.]edarfs an der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.]) gerechtfertigt. Das [X.] ist davon ausgegangen, [X.]eschäftigungsmöglichkeiten außerhalb des zu schließenden [X.] in [X.]e seien nicht beachtlich, weil es für die Prognose, ob ein betrieblicher [X.]edarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend bestehe, allein auf die betriebliche Tätigkeit am bisherigen Standort in [X.] ankomme. Der betriebliche [X.]edarf an der Arbeitsleistung des [X.] sei mit der Schließung des dortigen [X.] entfallen. Diese Annahme hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Die Zweckbefristung bedarf zu ihrer Wirksamkeit des Vorliegens eines sachlichen Grundes iSv. § 14 Abs. 1 [X.]. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist die [X.]efristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] vor, wenn der betriebliche [X.]edarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht.

aa) Die [X.]efristung eines Arbeitsvertrags wegen eines nur vorübergehenden [X.]edarfs an der Arbeitsleistung setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die [X.]eschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein betrieblicher [X.]edarf mehr besteht. [X.]ei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags hat der Arbeitgeber über den vorübergehenden betrieblichen [X.]edarf an der Arbeitsleistung eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose ist ein Teil des Sachgrundes für die [X.]efristung. Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende [X.]eschäftigungsmöglichkeit rechtfertigt die [X.]efristung nicht. Eine solche Unsicherheit gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht durch Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags auf den Arbeitnehmer abwälzen darf. Die tatsächlichen Grundlagen für die Prognose hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen (st. Rspr. [X.] 15. Mai 2012 - 7 [X.] - Rn. 30; 17. März 2010 - 7 [X.] 640/08 - Rn. 12 f., [X.]E 133, 319; 20. Februar 2008 - 7 [X.] 950/06 - Rn. 12; 17. Januar 2007 - 7 [X.] 20/06 - Rn. 28, [X.]E 121, 18; 11. Februar 2004 - 7 [X.] 362/03 - zu I 2 a der Gründe, [X.]E 109, 339 ; 5. Juni 2002 - 7 [X.] 241/01  - zu I 3 a der Gründe, [X.]E 101, 262 ).

bb) Geht es - wie hier - um eine Zweckbefristung, muss sich die Prognose auf die Erreichung des Zwecks richten. Da der zulässige Zweck iSd. [X.] ein Ereignis ist, dessen Eintritt die [X.]en hinsichtlich des „Ob“ als sicher ansehen, dessen „Wann“ aber noch nicht feststeht, fordert eine auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] gestützte Zweckbefristung eine hinreichende Prognosedichte dahingehend, dass der in den Arbeitsvertrag aufgenommene Vertragszweck nicht nur möglicherweise oder wahrscheinlich erreicht wird, sondern dass im Rahmen des [X.] sicher angenommen werden kann, dass er eintreten wird. Die Prognose muss sich auf einen arbeitsorganisatorischen Ablauf richten, der hinreichend bestimmt ist und an dessen Ende der Wegfall des [X.]edarfs für die Tätigkeit des Arbeitnehmers steht. Es reicht nicht aus, dass sich lediglich unbestimmt abzeichnet, aufgrund welcher Abläufe eine Tätigkeit des Arbeitnehmers in der Zukunft entbehrlich sein könnte. An die Zuverlässigkeit der Prognose sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je weiter die vereinbarte Zweckerreichung in der Zukunft liegt ([X.] 15. Mai 2012 - 7 [X.] - Rn. 31).

cc) Der vorübergehende betriebliche [X.]edarf an der Arbeitsleistung kann sich daraus ergeben, dass für einen begrenzten Zeitraum in dem [X.]etrieb zusätzliche Arbeiten anfallen, die mit dem Stammpersonal allein nicht erledigt werden können, oder daraus, dass sich der Arbeitskräftebedarf künftig verringert, z[X.] wegen der Inbetriebnahme einer neuen technischen Anlage oder aufgrund von [X.] bis zur [X.]etriebsschließung ([X.]T-Drs. 14/4374 S. 19). Maßgebend für die Feststellung des betrieblichen [X.]edarfs an der Arbeitsleistung sind dabei die Verhältnisse in dem [X.]etrieb, für den der Arbeitnehmer befristet eingestellt ist. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] ist seinem Wortlaut sowie Sinn und Zweck nach weder arbeitgeber- noch betriebsorganisationsbezogen, sondern betriebstätigkeitsbezogen auszulegen.

(1) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine bei Vertragsabschluss bestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem anderen [X.]etrieb des Unternehmens der Wirksamkeit der [X.]efristung nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] entgegensteht ([X.]/Mestwerdt 5. Aufl. § 14 [X.] Rn. 69; [X.]/Witt D[X.] 2002, 1002). Zwar setzte die Rechtsprechung vor Inkrafttreten des [X.] für einen sachlichen Grund voraus, dass sich der Arbeitgeber bei Vertragsabschluss zur Schließung des [X.]etriebs oder der Dienststelle entschlossen hat und die Prognose stellen konnte, dass auch eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in einem anderen [X.]etrieb nicht möglich sein werde ([X.] 3. Dezember 1997 - 7 [X.] 651/96 - zu I 1 der Gründe, [X.]E 87, 194). Die Sachgrundbefristung in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] ist demgegenüber ihrem eindeutigen Wortlaut nach betriebs- und nicht arbeitgeberbezogen ausgestaltet. Sie hat damit den für die [X.]efristungskontrolle vor dem Inkrafttreten des [X.] maßgeblichen „[X.]“ zu der anderweitigen [X.]eschäftigungsmöglichkeit vor Ausspruch einer ordentlichen Kündigung nach § 1 Abs. 2 [X.] nicht übernommen und unterscheidet sich damit von der sachgrundlosen [X.]efristung; das dort in § 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] geregelte Anschlussverbot bezieht sich auf eine Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber (vgl. [X.] 17. Januar 2007 - 7 [X.] 20/06 - Rn. 30, [X.]E 121, 18).

(2) Eine Zweckbefristung des Arbeitsverhältnisses wegen einer beabsichtigten Schließung eines betrieblichen Standorts ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrags eine sichere Vorstellung darüber hat, wie sich die betriebliche Tätigkeit und damit der [X.]edarf an der Arbeitsleistung danach konkret weiterentwickelt (vgl. [X.] 15. Mai 2012 - 7 [X.] - Rn. 32). Dieses Verständnis des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung. Der Sachgrund soll dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung tragen, mit Arbeitnehmern nur dann eine zeitlich begrenzte vertragliche [X.]indung eingehen zu müssen, wenn absehbar ist, dass die mit diesen vereinbarten Arbeitsaufgaben im [X.]etrieb nur vorübergehend anfallen und die Arbeitnehmer deshalb voraussichtlich nach Wegfall der Arbeitsaufgaben in dem [X.]etrieb nicht mehr beschäftigt werden können ([X.] 17. Januar 2007 - 7 [X.] 20/06 - Rn. 29, [X.]E 121, 18). [X.]eabsichtigt der Arbeitnehmer bei Vertragsschluss, seine betriebliche Tätigkeit nach einer räumlichen und/oder organisatorischen Änderung fortzuführen, und besteht der betriebliche [X.]edarf an der vertraglichen Arbeitsleistung des befristet eingestellten Arbeitnehmers dort fort, sind die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] nicht ohne Weiteres erfüllt. In diesem Fall müsste der fortbestehende betriebliche [X.]edarf an der Arbeitsleistung durch einen neu einzustellenden Arbeitnehmer abgedeckt werden. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der [X.]efristung des Arbeitsverhältnisses wegen eines vorübergehenden [X.]edarfs an der Arbeitsleistung besteht in einem solchen Fall nur dann, wenn bereits bei Vertragsschluss feststeht, dass die vertragliche Tätigkeit für den befristet beschäftigten Arbeitnehmer an dem neuen Standort nicht mehr anfällt oder ihm diese nicht zugewiesen werden könnte.

b) Ein betrieblicher [X.]edarf an der Arbeitsleistung des [X.] in [X.] wäre danach nur vorübergehend, wenn nach den Planungen der [X.]eklagten für ihn eine [X.]eschäftigung in [X.]e tatsächlich und rechtlich nicht in [X.]etracht gekommen wäre. Das [X.] hat dazu - aus seiner Sicht konsequent - bisher noch keine Feststellungengetroffen. Der [X.] kann nicht beurteilen, ob bei Vertragsschluss am 23. Mai 2012 feststand, dass die vertragliche Tätigkeit des [X.] als Vorlader mit der Schließung des Standorts in [X.] ersatzlos entfallen sollte, oder ob ein [X.]edarf für diese Tätigkeit nach den Planungen des Arbeitgebers auch in der neuen betrieblichen Organisation im Zentrallager in [X.]e bestehen würde. Es sind auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob ein fortbestehender [X.]eschäftigungsbedarf in dem neuen Zentrallager durch Arbeitnehmer abgedeckt werden konnte, die bereits in den zu schließenden Standorten in [X.] und in [X.] unbefristet beschäftigt wurden. Schließlich wird das [X.] zu prüfen haben, ob die [X.]eklagte dem Kläger im Rahmen ihres arbeitsvertraglichen Direktionsrechts nach den allgemeinen Grundsätzen des § 106 [X.] eine Tätigkeit in [X.]e hätte zuweisen können.

        

    Kiel    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Waskow    

        

        

        

    Schiller    

        

    Donath    

                 

Meta

7 AZR 222/15

21.03.2017

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Leipzig, 6. Juni 2014, Az: 10 Ca 481/14, Urteil

§ 15 Abs 2 TzBfG, § 256 Abs 1 ZPO, § 14 Abs 1 S 2 Nr 1 TzBfG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.03.2017, Az. 7 AZR 222/15 (REWIS RS 2017, 13732)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13732

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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6 Ca 2162/21

15 Sa 318/17

12 Sa 10/21

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