Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.10.2005, Az. VII ZB 13/05

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1521

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[X.][X.]/05
vom 4. Oktober 2005 in der Zwangsvollstreckungssache

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein

ZPO § 850a Nr. 6 Ein vom Träger der Jugendhilfe als Teil des Pflegegeldes an die Pflegeeltern für ein in deren Haushalt aufgenommenes Kind ausgezahlter "Anerkennungsbetrag" ist un-pfändbar.

[X.], Beschluss vom 4. Oktober 2005 - [X.] - [X.]

AG Meinerzhagen

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 4. Oktober 2005 durch [X.], [X.] Kuffer, [X.], die Richterin-nen Dr. Kessal-Wulf und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 19. Mai 2004 wird auf Kosten des Gläubigers zurückgewiesen. Wert: 10.880,61 •

Gründe: [X.] Der Gläubiger ist der minderjährige nichteheliche [X.] des Schuldners. Er betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen rückständigen und laufenden Unterhalts. Auf seinen Antrag hat das Amtsgericht zunächst ei-nen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen, mit dem die angebliche Forderung des Schuldners aus einem Arbeitsverhältnis mit der Drittschuldnerin gepfändet und ihm zur Einziehung überwiesen wurde. Der pfändungsfreie Be-trag wurde auf 840 • monatlich festgesetzt. Der Schuldner und seine Ehefrau haben zwei Pflegekinder in ihren Haushalt aufgenommen, für die sie als sogenannte [X.] von dem - 3 - Drittschuldner neben dem Pflegegeld für die Kinder Aufwandsentschädigungen von monatlich je 725,79 • beziehen. Auf die Erinnerung des Schuldners hat das Amtsgericht den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgehoben. Den zwischenzeitlich gestellten [X.] auf Erlass eines Pfändungs- und [X.] mit einem auf 0,00 • festgesetzten pfandfreien Betrag hat es [X.]. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Gläubigers hatte kei-nen Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Antrag weiter. I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. 1. Das Beschwerdegericht hält die an den Schuldner und seine Ehefrau neben dem Pflegegeld gezahlte Aufwandsentschädigung gemäß § 850 a Nr. 6 ZPO für unpfändbar. Mit der Bezahlung dieses Betrags würden die Leistungen der [X.] anerkannt. Der Anerkennungsbetrag diene dazu, die Bereitschaft erwach-sener Menschen zur Aufnahme von Pflegekindern zu fördern, um den [X.] Kindern eine Heimerziehung, die zudem mit ganz erheblich höheren Kos-ten verbunden wäre, zu ersparen. Die gesetzgeberische Zielsetzung, soweit wie möglich eine Privatpflege zu erreichen, würde unterlaufen, wenn der in den - 4 - Pflegekosten enthaltene Anteil für die Anerkennung der Pflege der Pfändung unterworfen wäre. 2. Die Rechtsbeschwerde steht auf dem Standpunkt, der Anerkennungs-betrag sei mit den in § 850 a Nr. 6 ZPO aufgeführten Erziehungsgeldern oder Studienbeihilfen nicht zu vergleichen. Die Aufwandsentschädigung werde als Gegenleistung für die Pflege eines fremden Kindes gezahlt und stehe den [X.]. Da es sich nicht um Arbeitseinkommen handele, stehe dem Schuldner auch kein pfandfreier Betrag zu. Zudem sei sein Lebensbedarf durch den von seiner Ehefrau geleisteten Familienunterhalt gedeckt. 3. Der Auffassung des [X.] ist zu folgen. a) Dem Rechtsmittel ist nicht bereits deshalb der Erfolg versagt, weil der Gläubiger in dem Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbe-schlusses die angebliche Forderung des Schuldners gegenüber der [X.] fehlerhaft als Forderung aus einem Arbeitsverhältnis bezeichnet hat. Der Gläubiger wollte mit diesem Antrag erkennbar eine Pfändung und Überweisung der dem Schuldner gegenüber der Drittschuldnerin zustehenden Forderung unabhängig von deren rechtlicher Qualifikation erreichen. [X.] ist sein Antrag auszulegen. b) SGB [X.]I § 39 Abs. 1 Satz 1 bestimmt, dass bei der Gewährung von Hilfe nach § 33 (Vollzeitpflege) auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen (im folgenden Kind) außerhalb des Elternhauses sicherzustellen ist. Der durch Art. 1 Nr. 21 des 1. Gesetzes zur Änderung des [X.][X.] [X.] vom 16. Februar 1993 ([X.] I S. 239) eingefügte Satz legt fest, dass auch die Kosten der Erziehung Bestandteil des notwendigen Unterhalts - 5 - sind. In der Regierungsbegründung (BT-Drucks. 11/5948, [X.]) wird auf die Parallele zum zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch verwiesen. Es gebe keine Gründe dafür, dass der Unterhaltsanspruch nach § 1610 Abs. 2 BGB die Kos-ten der Erziehung umfasse, die öffentlich-rechtliche Sicherstellung des [X.] diese Kosten aber ausspare, wenn das Kind in der Pflegefamilie le-be. Die staatliche Gemeinschaft müsse seinen - des Kindes - Lebensunterhalt ersatzweise jedenfalls in der Art und Weise sicherstellen, dass das Kind in der Lage sei, Personen zu finden, die anstelle der Eltern Erziehungsaufgaben übernähmen. Damit ist klargestellt, dass der hier als Aufwandsentschädigung bezeich-nete [X.] bei der Hilfe zur Erziehung der Bedarfsdeckung des Kindes dient. Er ist nicht an den Bedarf der Pflegeperson, sondern allein an den des Kindes geknüpft ([X.]/[X.], Kommentar zum SGB [X.]I, § 39 Rdn. 22). Als Bestandteil des Unterhaltsanspruchs des Kindes kann er nicht hiervon ab-gekoppelt und als zweckneutrale Zuwendung an die Pflegeperson aufgefasst werden ([X.], Urteil vom 24. November 1995 - 24 A 4833/94, [X.], 900). Den von der Drittschuldnerin an den Schuldner gezahlten Auf-wandsentschädigungen kommt damit keine Lohnersatzfunktion zu. Es handelt sich vielmehr um öffentliche Beihilfen, die wie die in § 850 a Nr. 6 ZPO aufge-führten Erziehungsgelder und Studienbeihilfen unmittelbar der Erziehung und Ausbildung der Pflegekinder dienen (jeweils zu § 850 a ZPO: [X.], 22. Aufl., Rdn. 31; [X.], 2. Aufl., Rdn. 18; Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl., Rdn. 1002). Dementsprechend wird der [X.] auch im Anwendungsbereich des § 76 [X.] nicht als Einkom-men angesehen und mindert einen etwaigen Sozialhilfeanspruch der Pflegeel-tern nicht ([X.], Urteil vom 24. November 1995 - 24 A 4833/94, [X.], 900). - 6 - Die unterhaltsrechtliche Rechtsprechung des [X.] ([X.], Urteil vom 18. April 1984 - [X.], [X.], 769 = NJW 1984, 2355) steht dieser Bewertung nicht entgegen. Der [X.] wird insoweit zwar als den Unterhaltsanspruch des Unterhaltsberechtigten minderndes Ein-kommen berücksichtigt. Dies wird darauf gestützt, dass die entsprechenden Einkünfte dem Bezieher tatsächlich zur teilweisen Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung stehen. Damit ist jedoch nicht zum Ausdruck gebracht, dass dem [X.] Lohnersatzfunktion zukommt. Die Entscheidung des [X.] ist daher nicht zu beanstanden. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Dressler

Kuffer
[X.]

Kessal-Wulf

[X.]

Meta

VII ZB 13/05

04.10.2005

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.10.2005, Az. VII ZB 13/05 (REWIS RS 2005, 1521)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1521

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