Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.06.2006, Az. VII ZB 161/05

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2948

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[X.][X.] 161/05 vom 28. Juni 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.] § 89 Abs. 2; BGB § 844 Abs. 2 Zu den Gläubigern im Sinne des § 89 Abs. 2 Satz 2 [X.] gehören nicht [X.] von Schadensersatzansprüchen nach § 844 Abs. 2 BGB aus fahrlässig be-gangener unerlaubter Handlung. [X.], Beschluss vom 28. Juni 2006 - [X.] 161/05 - [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 28. Juni 2006 durch [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde der Gläubiger gegen den Beschluss des [X.] vom 14. Oktober 2005 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Der Antrag der Gläubiger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 24. November 2005 wird zurückgewiesen. Wert: bis 45.000 • Gründe: [X.] Die Schuldnerin ist durch rechtskräftiges Versäumnisurteil vom 27. Juni 2002 u.a. zur Zahlung einer monatlichen Geldrente von je 375 • an die [X.] verurteilt. Dem liegt ein auf § 844 Abs. 2 BGB gegründeter Anspruch der Gläubiger gegen die Schuldnerin zugrunde. 1 Die Gläubiger haben deswegen am 18. August 2005 gegen die Schuld-nerin, eine Ärztin, den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses 2 - 3 - in Höhe von 19.300,77 • (Rentenbeträge für die [X.] ab 1. August 2003) in de-ren Forderungen aus dem Abrechnungsverhältnis zur Drittschuldnerin, einer [X.], beantragt. Die Pfändung sollte auch die [X.] auf künftig fällig werdende Leistungen erfassen. Über das Vermögen der Schuldnerin ist am 9. Juli 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. 3 Der Rechtspfleger hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerich-tete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerde-gericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Gläubiger ihr Begehren weiter. I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. 4 1. Die Vorinstanzen sind der Ansicht, aufgrund des Vollstreckungsverbo-tes des § 89 [X.] könne keine Pfändung erfolgen. Ersatzansprüche nach § 844 Abs. 2 BGB könnten zwar nach § 850 f Abs. 2 ZPO vollstreckt werden, nicht jedoch nach § 850 d ZPO. Von § 850 f Abs. 2 ZPO seien nur Ansprüche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung erfasst. Eine hierauf ge-stützte Anordnung könne nicht erfolgen, da sich aus dem zu vollstreckenden Versäumnisurteil nicht ergebe, dass aufgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung vollstreckt werde. Im Übrigen gehe der Gläubigervertre-ter selbst davon aus, dass dem Titel ein Anspruch wegen fahrlässiger Tötung zugrunde liege. 5 2. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg. 6 - 4 - a) Gemäß § 89 Abs. 2 [X.] sind Zwangsvollstreckungen in künftige [X.] auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an de-ren Stelle tretende laufende Bezüge während der Dauer des Verfahrens auch für Gläubiger unzulässig, die keine Insolvenzgläubiger sind. Dies gilt nicht für die Zwangsvollstreckung von Gläubigern, die keine Insolvenzgläubiger sind, wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung in den Teil der Bezüge, der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist. 7 § 89 Abs. 2 Satz 2 [X.] unterfallen danach Forderungen für Unterhalts- und Deliktsgläubiger, die nach § 850 d, § 850 f Abs. 2 ZPO in erweitertem [X.] pfändbar sind, soweit diese Gläubiger keine Insolvenzgläubiger sind (Kroth in [X.], [X.], 2. Aufl., § 89 Rdn. 12; MünchKomm[X.]-Breuer, § 89 Rdn. 36; [X.], [X.] Kommentar zur [X.], 4. Aufl., § 89 Rdn. 3), etwa für [X.] nach Maßgabe des § 40 [X.]. 8 b) Zu diesen Gläubigern gehören die Beschwerdeführer nicht. 9 [X.]) Der Anspruch aus § 844 Abs. 2 BGB ist kein Unterhaltsanspruch, sondern ein Schadensersatzanspruch ([X.], 4. Aufl., § 844 Rdn. 29 m.w.[X.]). Für die Vollstreckung hieraus gilt nicht § 850 d Abs. 1 Satz 1 ZPO; denn darunter fallen nur Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebens-partner, einem früheren Lebenspartner oder nach §§ 1615 l, § 1615 n des [X.] einem Elternteil zustehen ([X.], 21. Aufl., § 850 d Rdn. 10 m.w.[X.]; [X.]/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 850 d Rdn. 2; [X.]/ [X.], Rpfleger 1983, 377, 378). 10 bb) Die Vorinstanzen haben auch nicht festgestellt, dass der Anspruch, aus dem die Vollstreckung betrieben wird, ein Anspruch aus einer vorsätzlichen 11 - 5 - unerlaubten Handlung im Sinne des § 89 Abs. 2, Satz 2, [X.]. [X.], § 850 f Abs. 2 ZPO ist. Aus dem Versäumnisurteil ergibt sich das nicht; dem [X.] wäre eine weitere Prüfung auch untersagt (vgl. zum Vollstre-ckungsbescheid [X.], Beschluss vom 5. April 2005 - [X.] 17/05, [X.], 1663). Nach dem Vortrag der Gläubiger ist das Versäumnisurteil wegen eines Schadensersatzanspruchs aus fahrlässiger Tötung ergangen. Auf die weitere Frage, ob und inwieweit die Gläubiger wegen der geltend gemachten [X.] Insolvenzgläubiger sind, kommt es daher nicht an. 3. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist § 89 Abs. 2 Satz 2 [X.]. [X.] auch nicht analog auf den Anspruch aus § 844 Abs. 2 BGB [X.], weil keine Regelungslücke besteht ([X.], [X.]O Rdn. 10). Die Erweiterung der Vollstreckung wegen Schadensersatzansprüchen wird in § 89 Abs. 2, Satz 2, [X.]., § 850 f Abs. 2 ZPO geregelt. Danach ist die Zwangsvollstreckung bei einer unerlaubten Handlung nur dann privilegiert, wenn diese vorsätzlich begangen wurde. Würde man den Anspruch aus § 844 Abs. 2 BGB als Unterhaltsanspruch im Sinne des § 89 Abs. 2, Satz 2, 1. Alt. [X.] qualifizieren, würde dieser eindeutigen gesetzgeberischen Wertung zuwi-der gehandelt, wenn dem Anspruch eine fahrlässig begangene unerlaubte Handlung zugrunde liegt. 12 Die Rechtsbeschwerde beruft sich zur Begründung vergeblich auf § 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO, in dem der Schadensersatzanspruch aus § 844 Abs. 2 BGB dem Unterhaltsanspruch gleichgestellt ist. § 850 b ZPO betrifft zum einen die Pfändbarkeit von [X.] und nicht die Pfändung wegen [X.]. Die Gleichstellung beruht dort zudem nicht darauf, dass der Anspruch § 844 Abs. 2 BGB als Unterhaltsrente im Sinne des § 850 b Abs. 1, Nr. 2, [X.]. ZPO angesehen wird, sondern weil die Unpfändbarkeit in § 850 b Abs. 1, Nr. 2, [X.]. ZPO ausdrücklich geregelt ist. 13 - 6 - Die von der Rechtsbeschwerde zur weiteren Begründung des Erforder-nisses einer analogen Anwendung behauptete Gefahr, dass sich der Schuldner des Anspruchs aus § 844 Abs. 2 BGB im Falle der Insolvenz Restschuldbefrei-ung erlangen kann, ist Ergebnis einer eindeutigen gesetzgeberischen Wertung. Verbindlichkeiten des Schuldners aus unerlaubter Handlung werden gemäß § 302 [X.] nur dann nicht von der Erteilung einer Restschuldbefreiung berührt, wenn diese vorsätzlich begangen wurden. 14 Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist auch keine verfas-sungskonforme Auslegung des § 89 Abs. 2 Satz 2 [X.]. [X.] dahin geboten, den Schadensersatzanspruch aus § 844 Abs.2 BGB einem Unterhaltsanspruch gleichzustellen. Die Regelung lässt keine Beeinträchtigung verfassungsrechtlich geschützter Rechte des Schadensersatzgläubigers erkennen. 15 Dressler [X.] Kuffer [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 25.08.2005 - 701 M 15991/05 - [X.], Entscheidung vom 14.10.2005 - 52 [X.]/05 -

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VII ZB 161/05

28.06.2006

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.06.2006, Az. VII ZB 161/05 (REWIS RS 2006, 2948)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2948

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