Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2003, Az. IXa ZB 226/03

IXa- Zivilsenat | REWIS RS 2003, 237

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSIXa [X.]/03vom12. Dezember 2003in dem [X.] des [X.] hat durch den [X.], die Richter [X.], v. [X.] und dieRichterinnen Dr. Kessal-Wulf und [X.] 12. Dezember 2003beschlossen:Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 1b Zivil-kammer des [X.] vom 22. Juli 2003wird auf Kosten des Gläubigers zurückgewiesen.Wert: bis 1.500 Gründe:[X.] Der Gläubiger erwirkte vor dem Amtsgericht wegen einer Forde-rung in Höhe von 1.295,95 Pfändungs- und [X.], der die gegenwärtigen undkünftigen Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin [X.] und Altersruhegelder sowie Pensionen in Höhe des nach § 54Abs. 4 [X.] i.V. mit § 850c ZPO pfändbaren Betrages zum Gegenstandhat. Mit der Begründung, der Schuldner stehe nicht mehr im [X.], sondern beziehe bereits Rentenleistungen und wohne zudem im ei-genen Haus, beantragte der Gläubiger, die Pfändungsfreigrenze um diePauschalen herabzusetzen, die der Gesetzgeber bei der Bemessung des- 3 -dem Schuldner monatlich zustehenden Selbstbehalts für die Kaltmiete(296,55 *,++>˜? *e-mein für Erwerbstätige (140,61 hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Die sofortige Beschwer-de des Gläubigers ist vor dem [X.] ohne Erfolg geblieben. [X.] wendet er sich mit seiner - zugelassenen - Rechtsbeschwerde.I[X.] Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2, § 575 ZPO statt-hafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel ist [X.] Nach Auffassung des [X.] fehlt es an einerRechtsgrundlage für die vom Gläubiger erstrebte Absenkung der Pfän-dungsfreigrenze. Der Gesetzgeber habe Arbeitseinkommen und [X.] mit [X.] im Rahmen der Pfändung gleichgestellt; inbeiden Fällen bestehe derselbe Pfändungsschutz.Dem hält die Rechtsbeschwerde entgegen, zwar habe sich [X.] bei Festsetzung des unpfändbaren Betrages bewußt für ei-ne Pauschalierung entschieden. Das zuständige Vollstreckungsorgankönne aber ohne größeren Aufwand zwischen erwerbstätigen und nichterwerbstätigen Schuldnern unterscheiden, ein Abzug der für [X.] vorgesehenen Pauschalen sei daher ohne weiteres möglich. [X.], die Freibeträge für Aufwendungen [X.] nehmen könnten, die sie tatsächlich nicht hätten, und [X.] sei durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt und ver-stoße gegen Art. 3 I GG. Ebenso sei es unbillig, dem Schuldner einenBetrag für die Kaltmiete zu belassen, obwohl er eine solche nicht zahlen- 4 -müsse. Der Gläubiger werde unangemessen benachteiligt, da er seineAußenstände nicht realisieren könne, obwohl der Schuldner auf [X.] in voller Höhe nicht angewiesen sei. Die §§ 850abis 850i ZPO regelten unmittelbar nur die Pfändung von [X.]. Auf Rentenbezüge seien sie lediglich infolge der in § 54 Abs. 4[X.] enthaltenen Verweisung anwendbar. Bei Heraufsetzung des pfän-dungsfreien Anteils des Arbeitseinkommens im Zuge der [X.] zum 1. Januar 2002 sei übersehen worden, daß die [X.] nicht für Rentenempfänger gelten könnten, bei denen das ge-setzgeberische Ziel, den Schuldner zu weiterer Erwerbstätigkeit anzu-halten, von vornherein nicht erreicht werden könne. Es sei daher Aufga-be der Rechtsprechung, berichtigend einzugreifen und dem Gläubiger inentsprechender Anwendung des § 850c Abs. 4 ZPO das Recht zuzubilli-gen, die Kürzung der Freibeträge um die Pauschale für berufsbedingteMehrausgaben zu [X.] Der Standpunkt der Rechtsbeschwerde kann nicht überzeugen.a) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, daßder Gläubiger keine Herabsetzung der Pfändungsfreigrenze [X.]. Ein solches Recht sehen die §§ 850 ff. ZPO nur unter [X.] vor, die vorliegend nicht gegeben sind. So kann [X.] auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessenbestimmen, daß eine Person, welcher der Schuldner aufgrund gesetzli-cher Verpflichtung Unterhalt gewährt, bei der Berechnung des unpfänd-baren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigtbleibt, wenn sie über eigene Einkünfte verfügt (§ 850c Abs. 4 ZPO). [X.] ermöglicht § 850f Abs. 2 ZPO auf Antrag des Gläubigers dem [X.] -streckungsgericht, bei der Zwangsvollstreckung wegen einer [X.] einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, den pfändba-ren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850c ZPOvorgesehene Beschränkung zu bestimmen, wenn dem Schuldner sovielbelassen wird, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur [X.] laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf. Nach § 850fAbs. 3 ZPO kann im Falle einer Zwangsvollstreckung wegen anderer alsder in Abs. 2 der Vorschriften bezeichneten Forderungen und der in§ 850d ZPO aufgeführten Unterhaltsansprüche die Pfändbarkeit unterBerücksichtigung der Belange des Gläubigers und des Schuldners [X.] nach freiem Ermessen festgesetzt werden, wennsich das Arbeitseinkommen des Schuldners auf mehr als monatlich2.815 +ge dem Schuldner soviel belassen wird, wie [X.] einem Arbeitseinkommen von 2.815 850c ZPO ergeben wür-de. Kann sich ein Gläubiger auf die genannten Vorschriften nicht beru-fen, ist er weder bei Erlaß des Pfändungs- und [X.] noch zu einem späteren Zeitpunkt (§ 850g ZPO) berechtigt, eine [X.] Pfändung der Einkünfte des Schuldners zu beantragen.b) Der Rechtsbeschwerde ist nicht darin zu folgen, dem [X.] ein solches Antragsrecht in entsprechender Anwendung des§ 850c Abs. 4 ZPO zugebilligt werden. Es fehlt bereits an der dafür er-forderlichen gesetzlichen Regelungslücke. Nach § 54 Abs. 4 [X.] sindAnsprüche auf laufende Sozialleistungen, die in Geld zu erbringen sind,"wie Arbeitseinkommen" pfändbar. Damit unterliegen die Rentenansprü-che des Schuldners gegen die Drittschuldnerin den §§ 850 ff. ZPO; ihrpfändungsfreier Teil bestimmt sich nach § 850c ZPO ([X.], [X.] § 54 [X.]. 11; Wannagat/[X.], [X.] § 54 [X.]. 9; [X.] 6 -in: [X.]/[X.], [X.] K § 54 [X.]. 26; [X.], [X.] 3. Aufl. § 54[X.]. 20; [X.] in: [X.] § 54 [X.][X.]. 7.4; Stöber, Forderungspfändung 13. Aufl. [X.]. 1362; vgl. auchBSGE 61, 274, 276 f.). Anderweitige Bestimmungen, die die [X.] laufenden, auf Geld gerichteten Sozialleistungsansprüchen betreffenund ihren Besonderheiten Rechnung tragen, enthält das [X.] - über dieRegelung in § 54 Abs. 4 hinaus - nicht.Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde beruht dies nicht aufeinem Versehen des Gesetzgebers. Denn er hat sich auch an andererStelle dafür entschieden, die Einkünfte von erwerbstätigen und nicht(mehr) erwerbstätigen Schuldnern vollstreckungsrechtlich gleichzuset-zen. Zu den Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 ZPO, die nach [X.] der §§ 850a bis 850i ZPO gepfändet werden können, zählen [X.] 2 und 3 der Vorschrift unter anderem Dienst- und Versor-gungsbezüge der Beamten, Ruhegelder und ähnliche nach dem [X.] oder dauernden Ausscheiden aus dem Dienst oder [X.] gewährte fortlaufende Einkünfte sowie Renten, die aufgrund vonVersicherungsverträgen gewährt werden, wenn die Verträge zur [X.] oder eines unterhaltsberechtigten An-gehörigen eingegangen worden sind. Unbeschadet des versorgungs-rechtlichen Charakters dieser Ansprüche ist § 850c ZPO auf sie an-wendbar, sofern nicht die Sonderregelungen für Ansprüche auf Unterhalt(§ 850d ZPO) und aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung (§ 850f Abs. [X.]) vorgehen (vgl. [X.]/[X.], ZPO 25. Aufl. § 850c [X.]. [X.]/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz 3. Aufl.§ 850 ZPO [X.]. 10, 12; [X.]/Stöber, ZPO 24. Aufl. § 850 [X.]. 17; [X.]/[X.], ZPO 3. Aufl. § 850 [X.]. 3, 4). Für [X.] -che, die gemäß § 54 Abs. 4 [X.] "wie Arbeitseinkommen" (§ 850 ZPO)pfändbar sind, gilt nichts anderes.c) In welcher Höhe Arbeitseinkommen - oder ihm gleichgestellteSozialleistungsansprüche - pfändbar sind, ist § 850c Abs. 1, 2 und 3 [X.] mit der dem Gesetz als Anlage beigefügten Tabelle zu [X.]. Der Gesetzgeber hat darin feste Beträge bestimmt, die denpfändungsfreien Teil des Arbeitseinkommens ausmachen. An sie ist [X.] grundsätzlich gebunden. Von ihnen kann nur nachMaßgabe des § 850c Abs. 4 sowie des § 850f Abs. 2 und 3 ZPO zu-gunsten des Gläubigers und des § 850f Abs. 1 ZPO zugunsten [X.] abgewichen werden. Soweit der Gesetzgeber in den Gesetz-gebungsmaterialien (Gesetzesbegründung zum Entwurf eines7. Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen, [X.]/6812, 9) offengelegt hat, wie sich die für Arbeitseinkommen geltendenPfändungsfreigrenzen ermitteln, handelt es sich um [X.], die im Gesetz selbst nur mit ihrem Endbetrag, nicht aber mit ihrenEinzelposten Niederschlag gefunden haben. Schon deshalb verbietet essich, von den in § 850c ZPO nebst der dazugehörigen Tabelle vorgege-benen Beträgen Abschläge vorzunehmen, weil der Schuldner, wie [X.] geltend macht, keiner Erwerbstätigkeit nachgeht,keine Mietaufwendungen hat und ihm keine Fahrtkosten zu seiner [X.] entstehen. Soweit der Gesetzgeber in den aufgeführten Vor-schriften Abweichungen zuläßt, tragen diese den Belangen des [X.] abschließend Rechnung. Soweit sie zugunsten des [X.], sind sie darin begründet, daß diesem als Ausdruck des Sozial-staatsprinzips das Existenzminimum zu belassen ist. Eine Pfändungs-maßnahme darf im - die Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten des [X.] beschränkenden - Interesse der Allgemeinheit nicht dazu führen,daß der Schuldner seinen notwendigen Lebensunterhalt ganz oder teil-weise aus öffentlichen Mitteln der Sozialhilfe bestreiten muß (vgl. BT-Drucks. aaO S. 8 f., 40; [X.]/Walker, aaO [X.]. 3 f.).Die von der Rechtsbeschwerde vertretene Lesart der §§ 850, 850cZPO widerspräche schließlich dem Bestreben des Gesetzgebers, [X.] praktikabel zu gestalten und die Durchsetzung [X.] nicht unzumutbar zu erschweren. Er hat sich deshalb füreine Pauschalierung der pfändungsfreien Beträge entschieden und ihreStaffelung nach personenbezogenen Elementen ausdrücklich abgelehnt(BT-Drucks. aaO S. 8).Kreft [X.] v. [X.] Kessal-Wulf Roggenbuck

Meta

IXa ZB 226/03

12.12.2003

Bundesgerichtshof IXa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2003, Az. IXa ZB 226/03 (REWIS RS 2003, 237)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 237

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