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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Disziplinarrechtlicher Milderungsgrund bei Verletzung des Postgeheimnisses
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 11. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
[X.]ie der Sache nach auf - vermeintliche - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 69 [X.] und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und [X.]ivergenz (§ 127 Nr. 1 [X.]. § 132 Abs. 2 Nr. 2 und § 191 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.
1. [X.]er 1968 geborene und verheiratete [X.] steht als Postbetriebsassistent (Besoldungsgruppe [X.]) im [X.]ienst der Klägerin. Er war zuletzt als Briefzusteller eingesetzt und ist [X.] vorbelastet. 2010 kürzte das [X.]isziplinargericht seine [X.]ienstbezüge für die [X.]auer von acht Monaten um 1/25 wegen Ankündigung einer Erkrankung, privater Nutzung eines [X.]ienstfahrzeugs und der Veräußerung von Unternehmensbekleidung.
Mit rechtskräftig gewordenem Strafurteil verurteilte das [X.] den [X.]n 2012 wegen Verletzung des [X.] in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit [X.]iebstahl und in einem Fall in Tateinheit mit Unterschlagung, zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen zu je 30 €. [X.]em lagen folgende Sachverhalte zugrunde: Am 11. November 2009 öffnete der [X.] einen an Frau [X.] gerichteten Einschreibebrief, bemerkte, dass dieser lediglich einen Reisepass enthielt, verschloss den Brief wieder provisorisch und warf ihn in den Briefkasten der Frau [X.] ein, ohne sich die Zustellung bescheinigen zu lassen. Am 6. Juli 2010 entwendete er aus dem Briefkasten der [X.] ein Päckchen, das ein Buch enthielt. Am 8. Juli 2010 öffnete er ein an die [X.] als Einschreiben adressiertes Päckchen, untersuchte es auf stehlenswerte [X.]inge, entnahm nichts und stellte das Päckchen noch am selben Tag zu. Am 14. Juli 2010 schließlich öffnete der zwischenzeitlich in Verdacht geratene [X.] einen an die [X.] adressierten [X.] und entwendete daraus einen Fünf- und einen [X.], die mit sichtbaren Leuchtstoffmittel betupft waren. [X.]iese Geldscheine fand die Polizei in der vom [X.]n getragenen Postweste.
Im sachgleichen [X.]isziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den [X.]n aus dem [X.]ienst entfernt. [X.]ie dagegen gerichtete Berufung des [X.]n ist erfolglos geblieben. [X.]er Verwaltungsgerichtshof hat im Wesentlichen ausgeführt: [X.]ie Verletzung des [X.] stelle als solches bereits ein schweres [X.]ienstvergehen dar. Grundsätzlich führe es zur Entfernung aus dem [X.]ienst, wenn Sendungen in der Absicht geöffnet würden, sich an ihrem Inhalt zu bereichern. Erschwerend wirke, dass der [X.] am 11. November 2009 einen geöffneten, aber nicht werthaltigen Brief pflichtwidrig nicht ordnungsgemäß zugestellt habe. Hinsichtlich der Geringwertigkeit der unterschlagenen fünfzehn Euro sei zu berücksichtigen, dass mit der Verletzung des [X.] eine weitere begleitende Straftat vorliege. [X.]ie Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des [X.]n rechtfertige es nicht, von der Entfernung abzusehen.
2. [X.]ie Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 69 [X.] und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.
Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des [X.] erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). [X.]as ist hier nicht der Fall.
[X.]ie Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage, ob im beamtenrechtlichen [X.]isziplinarrecht
"der anerkannte [X.] der Geringfügigkeit unabhängig von der Höhe des eingetretenen Schadens bereits dann stets ausscheidet, wenn weitere Begleittaten (hier: Verletzung des [X.]), die nicht als Eigentums- oder [X.] zu qualifizieren sind, vorliegen".
[X.]ie Frage vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen, weil sie einerseits - soweit sie einen verallgemeinerungsfähigen Inhalt hat - in der Rechtsprechung des [X.] geklärt ist, ohne dass insoweit neuer Klärungsbedarf dargelegt wird, und sie andererseits die Bemessung der [X.]isziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 [X.] im konkreten Einzelfall betrifft, die einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.
Nach der Rechtsprechung des [X.] setzt der - gesetzlich nicht bestimmte, sondern lediglich in der gerichtlichen Praxis entwickelte - [X.] der Geringwertigkeit der gestohlenen oder unterschlagenen Sache voraus, dass der Beamte nicht durch sein sonstiges Verhalten oder die konkrete Tatausführung zusätzlich belastet wird (BVerwG, Urteil vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 C 6.14 - NVwZ 2016, 772 Rn. 27 m.w.N.). [X.]ie Verletzung des [X.] begründet einen solchen zusätzlich belastenden Umstand. [X.]enn sie stellt als solche bereits ein schweres [X.]ienstvergehen dar, da von einem Postbeamten erwartet werden muss, dass er dieses grundrechtlich (Art. 10 Abs. 1 GG) und einfachrechtlich (§ 39 [X.], § 206 StGB) geschützte Rechtsgut achtet und mit besonderer Sorgfalt respektiert (BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2007 - 2 C 25.06 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 4 Rn. 34).
Im Übrigen betrifft die Bemessung der [X.]isziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 [X.] die Umstände des konkreten Einzelfalls und ist deshalb einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
3. [X.]ie Revision ist nicht wegen einer mit der Beschwerde geltend gemachten Abweichung des Berufungsgerichts von der Rechtsprechung des [X.] im Urteil vom 22. September 2010 - 16b [X.] 09.1007 - (juris) zuzulassen.
Eine [X.]ivergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen inhaltlich bestimmten, das Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem Rechtssatz widersprochen hat, den das [X.] oder ein anderes Oberverwaltungsgericht (§ 127 Nr. 2 BRRG, § 191 VwGO) in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. [X.]as ist der Fall, wenn das Berufungsgericht einen im zu entscheidenden Fall erheblichen Rechtssatz des [X.] oder - für Klagen aus dem Beamtenverhältnis - eines anderen [X.] nicht anwendet, weil es ihn für unrichtig hält (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - [X.] 310 § 133
[X.]ie Beschwerde greift lediglich die einzelfallbezogene Würdigung des Berufungsgerichts - das im Übrigen sämtliche, von der Beschwerde benannten Umstände berücksichtigt hat - an, zeigt aber keinen, dem vorgenannten Urteil des [X.] vom 22. September 2010 entgegenstehenden Rechtssatz des Berufungsgerichts auf. In [X.]isziplinarverfahren kann eine [X.]ivergenz außerdem grundsätzlich nicht damit begründet werden, das [X.] habe die be- und entlastenden Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 [X.] fehlerhaft gewichtet, weil es sich stets um eine einzelfallbezogene Würdigung handelt, die einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 20. Januar 2011 - 2 B 49.10 - IÖ[X.] 2011, 46 und vom 3. Juli 2007 - 2 B 18.07 - [X.] 235.1 § 69 [X.] Nr. 1 Rn. 7).
[X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 77 [X.] und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahrens bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 [X.] erhoben werden.
Meta
24.06.2016
Bundesverwaltungsgericht 2. Senat
Beschluss
Sachgebiet: B
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 11. Februar 2015, Az: DB 13 S 1635/14, Urteil
§ 13 BDG, § 13 Abs 1 BDG, § 69 BDG, § 127 Nr 1 BRRG, § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 2 VwGO
Zitiervorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.06.2016, Az. 2 B 24/15 (REWIS RS 2016, 9315)
Papierfundstellen: REWIS RS 2016, 9315
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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