Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.09.2017, Az. XII ZB 42/17

12. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5735

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Gegenstand

Beitreibung eines rechtskräftig festgesetzten Zwangsgeldes im Versorgungsausgleichsverfahren: Rückerstattungsanspruch nach Erfüllung der gerichtlichen Anordnung; Rechtsgrundlage für die Beitreibung


Leitsatz

1. Ist auf der Grundlage eines rechtskräftigen Festsetzungsbeschlusses ein Zwangsgeld nach § 35 FamFG beigetrieben worden, so kann die danach erfolgende Erfüllung der gerichtlichen Anordnung die Aufhebung des Festsetzungsbeschlusses und die Rückzahlung des Zwangsgelds nicht begründen.

2. Rechtsgrundlage für die Beitreibung eines nach § 35 Abs. 1 FamFG festgesetzten Zwangsgelds ist die Justizbeitreibungsordnung, nicht die Regelung des § 95 Abs. 1 Nr. 1 FamFG.

Tenor

Der Antragsgegnerin wird für das Verfahren der Rechtsbeschwerde ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt [X.]    beigeordnet.

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 29. Dezember 2016 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Wert: 500 €

Gründe

A.

1

Zwischen der Antragsgegnerin und dem Antragsteller war im Scheidungsverbund ein Verfahren über den Versorgungsausgleich anhängig. Mit der Zustellung des Scheidungsantrags am 14. November 2014 gab das Amtsgericht der Antragsgegnerin auf, binnen drei Wochen das zur Durchführung des Versorgungsausgleichs erforderliche amtliche Formular ausgefüllt und unterschrieben vorzulegen, und wies auf die mögliche Verhängung von Zwangsgeld hin. Nachdem das Amtsgericht die Antragsgegnerin am 10. Januar 2015 erfolglos hieran erinnert hatte, setzte es mit Beschluss vom 29. Januar 2015 gegen die Antragsgegnerin ein Zwangsgeld von 500 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise für je 50 € einen Tag Zwangshaft fest. Außerdem wies es darauf hin, dass die Zwangsmittel nicht vollstreckt würden, wenn die Auflage binnen zwei Wochen erfüllt werde.

2

Nachdem die Vorlage des Formulars weiterhin unterblieb, erteilte das Amtsgericht unter dem 12. Mai 2015 Vollstreckungsauftrag, aufgrund dessen die Antragsgegnerin am 22. Juni 2015 das Zwangsgeld sowie Gerichts- und Vollstreckungskosten in Höhe von insgesamt 544,55 € bezahlte. Am 19. August 2015 reichte sie den ausgefüllten Fragebogen und am 10. Oktober 2015 die Anlage zu diesem beim Amtsgericht ein.

3

Nach Scheidung mit Durchführung des Versorgungsausgleichs mit Beschluss vom 28. April 2016 (rechtskräftig seit 21. Juni 2016) hat die Antragsgegnerin am 12. Mai 2016 beantragt, den Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss aufzuheben und das Zwangsgeld zurückzuerstatten. Das Amtsgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Begehren weiter.

B.

4

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.

5

Das [X.] hat seine in juris veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

6

Die zulässige sofortige Beschwerde sei nicht begründet. Grundlage für die Vereinnahmung des [X.] durch die Staatskasse sei der Beschluss vom 29. Januar 2015, der fortbestehe. Eine gesetzliche Grundlage für seine Aufhebung sei nicht gegeben. Der Beschluss sei bestandskräftig, so dass seine Abänderung nicht möglich sei. Die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des Verfahrens lägen ersichtlich nicht vor. Derartige Zwangsgeldbeschlüsse seien nicht allein deshalb aufzuheben, weil der Zweck des [X.] erreicht sei.

7

Die Aufrechterhaltung von Zwang nach Erreichung und/oder endgültiger Verfehlung des Zwecks würde allerdings eine mit dem Zwangsmittel nicht beabsichtigte Sanktion darstellen. Die Zwangswirkung gehe jedoch nur von einem drohenden, nicht aber von einem bereits erledigten Zwangsmittel aus. Die Konsequenz aus dem Charakter als Zwangs- und nicht als Ordnungsmittel sei deshalb nur, die Zwangsvollstreckung aus einem Zwangsmittelbeschluss nicht weiter zu betreiben, wenn der Zweck erreicht oder nicht mehr erreichbar sei. Anders als bei gemäß § 888 ZPO verhängten Zwangsgeldern sei dasjenige gemäß § 35 FamFG keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung, sondern diene allein der Durchsetzung verfahrensleitender Anordnungen, so dass diese Maßnahme nicht zur Disposition der Beteiligten stehe. Auch systematisch unterliege es Bedenken, die §§ 775, 776 ZPO entsprechend auf eine Maßnahme anzuwenden, die nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers außerhalb der Zwangsvollstreckung liege.

8

Soweit im Zusammenhang mit § 888 ZPO seitens des Gläubigers auf seine Ansprüche aus dem Vollstreckungstitel verzichtet werde und es daher am materiellen Rechtsgrund für das Verbeiben des [X.] in der Staatskasse fehle, lasse sich das auf § 35 FamFG nicht übertragen. Denn im Fall des nach § 35 FamFG verhängten [X.] stelle der Zwangsgeldbeschluss selbst den Rechtsgrund dar, und dieser Beschluss bestehe mangels Rechtsgrundlage für seine Aufhebung fort. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete keine andere Entscheidung. Soweit das Zwangsgeld beigetrieben worden sei, erfolge kein weiterer Eingriff in die Rechte der Bürger. Von einer erledigten Zwangsmaßnahme gingen keine Wirkungen zu Lasten des Bürgers mehr aus.

II.

9

Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Das [X.] hat zu Recht das gegen den Beschluss des Amtsgerichts gerichtete Rechtsmittel der Antragsgegnerin als zulässig angesehen. Zwar erreicht der Wert des [X.] die gemäß § 61 Abs. 1 FamFG für vermögensrechtliche Angelegenheiten wie die vorliegende (vgl. [X.] Beschluss vom 28. Januar 2016 - 1 W 65/14 - juris Rn. 5; OLG Düsseldorf Rpfleger 2012, 683; [X.] [X.] 2010, 169; [X.]/[X.] FamFG 19. Aufl. § 61 Rn. 3; [X.]/[X.] in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 61 Rn. 6) geltende Grenze bei einem Zwangsgeld von 500 € nicht, und das Amtsgericht hat die Beschwerde auch nicht zugelassen. [X.] Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Aufhebung des [X.] ist aber die sofortige Beschwerde (ebenso im Ergebnis MünchKommFamFG/[X.]. § 35 Rn. 25; [X.] FamRZ 2016, 688, 691; anders [X.] Beschluss vom 20. Dezember 2010 - 3 [X.] - juris Rn. 11), auf die die Vorschriften der §§ 567 ff. ZPO entsprechend anzuwenden sind. Diese sehen eine Mindestbeschwer - in Höhe von mehr als 200 € - nur bei Entscheidungen über Kosten vor (§ 567 Abs. 2 ZPO).

a) Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur nicht nur die Frage streitig, ob ein formell rechtskräftiger Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 FamFG aufgehoben und das beigetriebene Zwangsgeld zurückgefordert werden kann, wenn der Verpflichtete die gerichtliche Anordnung erfüllt hat (ablehnend etwa [X.]/[X.] in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 35 Rn. 9; [X.]/[X.] FamFG 19. Aufl. § 35 Rn. 49; Haußleiter/[X.] FamFG 2. Aufl. § 35 Rn. 11; im Ergebnis wohl auch Bahrenfuss/[X.] FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 21; [X.] FamFG/[X.] [Stand: 1. Juli 2017] § 389 Rn. 23). Soweit dies für möglich gehalten wird, besteht auch Uneinigkeit darüber, auf welchem rechtlichen Weg eine solche Aufhebung erfolgen kann. Während teilweise ein Vorgehen (entsprechend) § 48 Abs. 1 FamFG ([X.] Beschluss vom 20. Dezember 2010 - 3 [X.] - juris Rn. 10 f.; [X.] FamFG/[X.] FamFG § 35 Rn. 32; Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 8; [X.] Rpfleger 2011, 573, 576) vorgeschlagen wird, halten andere eine Aufhebung nach § 48 Abs. 2 FamFG ([X.] in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 35 Rn. 14) oder aber entsprechend §§ 776, 775 Nr. 1 ZPO (MünchKommFamFG/[X.]. § 35 Rn. 25; [X.] FamRZ 2016, 688, 691) für möglich.

b) Unabhängig davon ist das statthafte Rechtsmittel gegen den die Aufhebung des [X.] und die Rückzahlung des [X.] [X.] ablehnenden Beschluss allein die sofortige Beschwerde.

Ebenso wenig, wie es sich beim Zwangsmittelfestsetzungsbeschluss nach § 35 FamFG um eine Endentscheidung im Sinne von §§ 38 Abs. 1 Satz 1, 58 FamFG handelt ([X.] in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 35 Rn. 14), stellt der die Aufhebung versagende Beschluss eine Endentscheidung in diesem Sinne dar. Nach der in § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG enthaltenen Definition liegt eine Endentscheidung vor, wenn durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird. Mit der Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG anfechtbar sind daher nur Beschlüsse, die ein auf Antrag (§ 23 FamFG) oder von Amts wegen (§ 24 FamFG) eingeleitetes Verfahren insgesamt erledigen oder seine Anhängigkeit hinsichtlich eines der selbständigen Erledigung zugänglichen Teils des Verfahrensgegenstandes (§ 301 ZPO analog) beenden (Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2010 - [X.] 227/10 - FamRZ 2011, 282 Rn. 12). Das ist bei einem Zwangsmittelfestsetzungsbeschluss, der der Durchsetzung einer gerichtlichen Anordnung im Vorfeld einer Endentscheidung dient, nicht aber über den Verfahrensgegenstand selbst entscheidet, nicht der Fall (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2010 - [X.] 227/10 - FamRZ 2011, 282 Rn. 13 f. für eine Abgabeentscheidung nach §§ 4 Satz 1, 273 Satz 1 FamFG und Senatsbeschluss vom 29. Februar 2012 - [X.] 198/11 - FamRZ 2012, 783 Rn. 21 für eine Verfahrenskostenhilfeentscheidung).

Daher ist die nur gegen Endentscheidungen eröffnete Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG nicht gegeben. Mit dem Antrag auf Aufhebung eines rechtskräftigen Zwangsmittelfestsetzungsbeschlusses verfolgt der Verpflichtete im Ergebnis das gleiche Rechtsschutzziel wie mit der Anfechtung des Zwangsmittelfestsetzungsbeschlusses selbst. Für Letztere hat der Gesetzgeber jedoch in § 35 Abs. 5 FamFG die sofortige Beschwerde vorgesehen, so dass es folgerichtig ist, dass sie auch vorliegend das zulässige Rechtsmittel darstellt. Für ein Vorgehen entsprechend §§ 776, 775 Nr. 1 ZPO ergäbe sich im Übrigen das Gleiche aus § 793 ZPO.

2. Rechtsfehlerfrei haben beide Vorinstanzen dem Aufhebungs- und dem Rückzahlungsantrag der Antragsgegnerin nicht stattgegeben.

a) Die Festsetzung des [X.] durch das Amtsgericht ist ebenso wenig rechtlich zu beanstanden wie die nach Rechtskraft des [X.] erfolgte Beitreibung. Die Rechtsbeschwerde erinnert insoweit auch nichts.

aa) Ist auf Grund einer gerichtlichen Anordnung die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung durchzusetzen, kann das Gericht gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 FamFG gegen den Verpflichteten durch Beschluss ein Zwangsgeld festsetzen. Von dieser Befugnis hat das Amtsgericht vorliegend Gebrauch gemacht, um gegenüber der Antragsgegnerin die nach § 220 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 FamFG ausgesprochene Anordnung durchzusetzen, der verfahrensrechtlichen Auskunftspflicht im [X.] zu entsprechen.

Die Bestimmung des § 35 FamFG war hier auch anwendbar. Dem steht § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht entgegen. Denn der Versorgungsausgleich ist weder eine Familienstreitsache im Sinne des § 112 FamFG noch eine Ehesache nach § 121 FamFG. Auch als Folgesache im Scheidungsverbund (§ 137 FamFG) bleiben für das [X.] grundsätzlich die allgemeinen und besonderen Vorschriften des [X.] maßgeblich (Senatsbeschluss vom 13. November 2013 - [X.] 414/13 - FamRZ 2014, 109 Rn. 4 [X.]).

bb) Rechtsgrundlage für die Beitreibung des nach § 35 Abs. 1 FamFG festgesetzten [X.] sind § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 2 Abs. 1 und 3, § 3, § 6 [X.] iVm den in § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.] für anwendbar erklärten Bestimmungen der Zivilprozessordnung (vgl. Bahrenfuss/[X.] FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 25; Haußleiter/[X.] FamFG 2. Aufl. § 35 Rn. 11; [X.] FamFG § 35 Rn. 15; [X.] in [X.] Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren 3. Aufl. § 35 Rn. 15; Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 15; [X.] in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 35 Rn. 14). Die Regelung des § 95 Abs. 1 Nr. 1 FamFG - die wiederum einen Verweis auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung beinhaltet - ist nicht einschlägig (aA [X.]/[X.] in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 35 Rn. 9; [X.] in Bork/[X.]/[X.] FamFG 2. Aufl. § 35 Rn. 7), weil es sich beim Zwangsgeld nach § 35 Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht um eine Geldforderung in diesem Sinne handelt, sondern um ein eigenständiges Mittel zur Vollstreckung (bzw. Durchsetzung) der gerichtlichen Anordnung.

b) Dass nach Beitreibung des [X.] die gerichtliche Anordnung erfüllt worden ist, vermag die Aufhebung des [X.] und damit auch einen Rückzahlungsanspruch der Antragsgegnerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB nicht zu begründen.

aa) Zutreffend ist allerdings, dass das Zwangsgeld im Sinne des § 35 FamFG als ein Zwangsmittel - anders als etwa das Ordnungsgeld gemäß § 89 FamFG - keinen Sanktionscharakter hat, sondern allein der Einwirkung auf den Willen des Verpflichteten dient (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. März 2017 - [X.] 245/16 - FamRZ 2017, 918 Rn. 10 und vom 17. August 2011 - [X.] 621/10 - FamRZ 2011, 1729 Rn. 14) und damit ein reines "[X.]" ist (so etwa Bahrenfuss/[X.] FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 21).

Aufgrund dieses Charakters des [X.] entspricht es der - soweit ersichtlich - übereinstimmenden Auffassung, dass eine (weitere) Beitreibung des festgesetzten [X.] zu unterbleiben hat, sobald es der Beugewirkung nicht mehr bedarf. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verpflichtete die gerichtliche Anordnung erfüllt hat. Soweit der das Zwangsgeld festsetzende Beschluss noch nicht rechtskräftig ist, ist er dann auf die sofortige Beschwerde des Verpflichteten nach § 35 Abs. 5 FamFG aufzuheben (vgl. etwa [X.] [X.] 2012, 227, 228; OLG Frankfurt [X.] 2011, 322; Bahrenfuss/[X.] FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 21). Keiner Entscheidung bedarf hier die Frage, ob eine solche Aufhebung - dann entsprechend § 48 Abs. 1 FamFG - auch zu erfolgen hat, wenn der [X.] zwar rechtskräftig, aber noch nicht vollstreckt worden ist (bejahend: [X.] in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 35 Rn. 14; verneinend: Bahrenfuss/[X.] FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 21). Jedenfalls ist auch dann von einer (weiteren) Vollstreckung abzusehen ([X.] Beschluss vom 20. Dezember 2010 - 3 [X.] - juris Rn. 10; Bahrenfuss/[X.] FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 21; [X.] FamFG/[X.] [Stand: 1. Juli 2017] § 35 Rn. 32; [X.]/[X.] in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 35 Rn. 9; [X.] Rpfleger 2011, 573, 576; [X.] in Bork/[X.]/[X.] FamFG 2. Aufl. § 35 Rn. 7, 11; Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 8, 16a; im Ergebnis ebenso: [X.]/[X.] FamFG 19. Aufl. § 35 Rn. 49 aE).

bb) Anders liegt es trotz der Funktion des [X.] als [X.] jedoch, wenn bei rechtskräftigem [X.] das Beitreibungsverfahren vollständig und erfolgreich durchgeführt ist und die gerichtliche Anordnung erst danach erfüllt wird. Dann kann weder eine Aufhebung des [X.] noch eine Rückzahlung des [X.] [X.] erfolgen ([X.]/[X.] in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 35 Rn. 9; [X.] Rpfleger 2011, 573, 576; [X.]/[X.] FamFG 19. Aufl. § 35 Rn. 49; Haußleiter/[X.] FamFG 2. Aufl. § 35 Rn. 11; im Ergebnis wohl auch Bahrenfuss/[X.] FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 21; [X.] FamFG/[X.] [Stand: 1. Juli 2017] § 389 Rn. 23; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 389 Rn. 27; aA Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3. Aufl. § 35 Rn. 8; [X.] FamRZ 2016, 688, 691). Denn die für die begehrte Rückzahlung des [X.] erforderliche Aufhebung des [X.] (vgl. etwa BVerwG NVwZ 2017, 326 Rn. 16) findet im Gesetz keine Grundlage.

(1) Eine unmittelbare Anwendung von § 48 FamFG scheidet aus. Der Tatbestand des § 48 Abs. 1 FamFG ist schon mangels Vorliegens einer Endentscheidung nicht gegeben. Für die Anwendung des § 48 Abs. 2 FamFG bleibt bereits kein Raum, weil die Erfüllung einer gerichtlichen Anordnung nicht zu den für eine Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechend §§ 578 ff. ZPO genannten Gründen zählt.

(2) Die Aufhebung des rechtskräftigen [X.] (und die darauf aufbauende Rückzahlung des [X.] [X.]) kommt aber auch nicht in entsprechender Anwendung von § 48 FamFG oder §§ 776, 775 Nr. 1 ZPO in Betracht. Denn insoweit liegen die Voraussetzungen für eine Analogie nicht vor. Eine solche erfordert - neben einer planwidrigen Regelungslücke - die Vergleichbarkeit der zur Beurteilung stehenden Sachverhalte. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen [X.] gekommen (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 1. Februar 2017 - [X.] 71/16 - FamRZ 2017, 603 Rn. 31 und vom 24. August 2016 - [X.] 351/15 - FamRZ 2016, 1849 Rn. 19 [X.]). Daran fehlt es hier.

(a) Für § 48 Abs. 2 FamFG gilt das schon deshalb, weil die Erfüllung einer gerichtlichen Anordnung nicht mit den für eine Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechend §§ 578 ff. ZPO genannten Gründen vergleichbar ist.

(b) Gegen eine Vergleichbarkeit mit dem durch § 48 Abs. 1 FamFG geregelten Sachverhalt spricht, dass diese Norm die Durchbrechung der Rechtskraft von (End-)Entscheidungen in Form der Aufhebung oder Abänderung wegen nachträglicher wesentlicher Änderung der zugrunde liegenden Sach- und Rechtslage auf die Fälle beschränkt, in denen der Entscheidung eine Dauerwirkung zukommt. Anders als unter Geltung des früheren § 18 [X.], der die freie Abänderbarkeit von der unbefristeten Beschwerde unterliegenden Entscheidungen ermöglichte, wenn das Gericht sie nachträglich für ungerechtfertigt erachtete - und nach dem teilweise eine Aufhebung des [X.] auch nach Beitreibung des [X.] für möglich gehalten wurde (vgl. etwa [X.], 1698, 1699; OLG Braunschweig FamRZ 2002, 1351; [X.]/[X.] [X.] 15. Aufl. § 33 Rn. 24; aA wohl BayObLG Rpfleger 1955, 239, 240; differenzierend [X.] [X.] 3. Aufl. § 33 Rn. 55) -, sieht der Gesetzgeber eine allgemeine Abänderungsvorschrift als nicht vereinbar mit der grundsätzlichen Befristung der Rechtsmittel des [X.] an (BT-Drucks. 16/6308 S. 198). Mit § 48 Abs. 1 FamFG, der funktional § 323 ZPO entspricht (Oberheim in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 48 Rn. 2), wollte er mithin gezielt den Sonderfall der Dauerwirkung regeln.

Eine solche Dauerwirkung (vgl. zu diesem Begriff etwa MünchKommFamFG/[X.] § 48 Rn. 7 ff. [X.]) kommt dem Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss aber nicht zu. Vielmehr erschöpft sich die Rechtswirkung der einzelnen Zwangsgeldfestsetzung darin, dass sie dem Verpflichteten eine einmalige Zahlungspflicht auferlegt und einmalig ein Zwangsgeld beigetrieben werden kann. Mit der erfolgreichen Beitreibung ist der [X.] in seiner rechtlichen Wirkung gleichsam verbraucht (vgl. BayObLG Rpfleger 1955, 239, 240) und der mit dem einzelnen Zwangsmittel beabsichtigte Beugedruck auf den Verpflichteten abschließend ausgeübt.

(c) Wie das [X.] richtig gesehen hat, betreffen die §§ 776, 775 Nr. 1 ZPO die zivilprozessuale Zwangsvollstreckung, die der Parteidisposition unterliegt. Demgegenüber geht es beim Zwangsgeld nach § 35 Abs. 1 Satz 1 FamFG allein um die zwangsweise Durchsetzung einer verfahrensleitenden gerichtlichen Anordnung ([X.] in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 35 Rn. 2), also von hoheitlichem Handeln. Ob für ein Zwangsgeld nach § 888 ZPO etwas anderes gilt (vgl. dazu etwa [X.] 1991, 1554, 1556 f.; [X.] Beschluss vom 13. September 2013 - 12 Ta 393/12 - juris Rn. 10; [X.] FamRZ 2016, 688 ff. [X.]; [X.]/[X.] 5. Aufl. § 888 Rn. 32; [X.]/[X.]/[X.] ZPO 38. Aufl. § 888 Rn. 15), kann hier dahinstehen.

Im Gegensatz zu dem von § 775 Nr. 1 ZPO erfassten Sachverhalt fehlt es bei der Erfüllung der gerichtlichen Anordnung nach Beitreibung des nach § 35 Abs. 1 Satz 1 FamFG rechtskräftig festgesetzten [X.] auch an einer vollstreckungshindernden Entscheidung, wenn die gerichtliche Anordnung nach Beitreibung des rechtskräftig festgesetzten [X.] erfüllt wird. Vielmehr hat dann die "Vollstreckung" zu dem mit ihr bezweckten Ergebnis geführt. Schließlich geht es in der hier zu entscheidenden Fallgestaltung nicht um eine noch nicht begonnene oder noch laufende Vollstreckung, sondern die Vollstreckung ist - erfolgreich - beendet.

(d) Für eine entsprechende Anwendung von § 48 FamFG oder §§ 776, 775 Nr. 1 FamFG besteht auch deshalb kein Bedarf, weil sich die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldfestsetzung nach der Sach- und Rechtslage zu dem Zeitpunkt bestimmt, in dem das Beitreibungsverfahren abgeschlossen ist (vgl. [X.], 2280 Rn. 8 zum Zwangsgeld zur Durchsetzung ausländerrechtlicher Beförderungsverbote nach § 63 Abs. 2 und 3 [X.]). Umstände, die nach diesem Zeitpunkt auftreten, können mithin nicht zur Aufhebung des formell rechtskräftigen [X.] führen. Dementsprechend erhält auch der Steuerpflichtige ein Zwangsgeld nach § 328 AO nicht zurückgezahlt, das er bei Abgabe der Steuererklärung schon bezahlt hatte ([X.] Beschluss vom 7. Oktober 2009 - [X.]/09 - juris Rn. 9). Nichts anderes gilt im Übrigen für ein in [X.] rechtskräftig gemäß § 389 Abs. 1 FamFG festgesetztes und dann auch beigetriebenes Zwangsgeld bei erst nachträglicher Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung (Bahrenfuss/[X.] FamFG 3. Aufl. § 389 Rn. 8; [X.]/Heinemann FamFG 19. Aufl. § 389 Rn. 5; [X.] in [X.]/[X.] FamFG 5. Aufl. § 389 Rn. 27; wohl auch Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3. Aufl. § 389 Rn. 7).

(e) Die Gegenmeinung beruft sich zu Unrecht darauf, dass mit Durchführung der Handlung der Anlass zur Willensbeugung weggefallen sei. Hat es zur Beugung des Willens der Zwangsmaßnahme bedurft, dann fällt deren Rechtfertigung nicht gleichsam nachträglich weg. Vielmehr war der Schuldner eben nicht bereits angesichts der drohenden Maßnahme, sondern erst nach deren Vollzug bereit, die gerichtliche Anordnung zu befolgen.

Zudem wäre mit einem Zwangsgeld, dessen Rückerhalt sich der Schuldner letztlich gewiss sein könnte, ein gerade in zeitlicher Hinsicht wesentlich geringerer Druck zur Befolgung der Anordnung verbunden. Dass die Rückzahlung eines [X.] [X.] bei nachträglicher Befolgung ausscheiden muss, verdeutlicht im Übrigen der Blick auf die nach § 35 Abs. 1 Satz 2 und 3 FamFG eröffnete Zwangsmaßnahme der Zwangshaft: Ist diese nach § 35 Abs. 3 Satz 3 FamFG iVm §§ 802 g Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 802 h, 802 j Abs. 1 ZPO vollzogen, kommt eine "Rückgewähr" der Haftzeit ebenso wenig in Betracht wie eine Haftentschädigung.

Dose     

      

[X.]     

      

[X.]

      

Botur     

      

Guhling     

      

Meta

XII ZB 42/17

06.09.2017

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend BGH, 21. Juni 2017, Az: XII ZB 42/17, Beschluss

§ 35 Abs 1 FamFG, § 38 FamFG, § 48 FamFG, § 58 FamFG, § 95 Abs 1 Nr 1 FamFG, § 775 Nr 1 ZPO, § 776 ZPO, § 1 JBeitrO, § 2 JBeitrO, § 3 JBeitrO, § 6 JBeitrO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.09.2017, Az. XII ZB 42/17 (REWIS RS 2017, 5735)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 3592 MDR 2017, 1264-1265 REWIS RS 2017, 5735


Verfahrensgang

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Az. XII ZB 42/17

Bundesgerichtshof, XII ZB 42/17, 06.09.2017.

Bundesgerichtshof, XII ZB 42/17, 21.06.2017.


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