Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2001, Az. 3 StR 62/01

3. Strafsenat | REWIS RS 2001, 2478

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL3 [X.]/01vom23. Mai 2001in der Strafsachegegenwegen Vergewaltigung- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 23. Mai 2001,an der teilgenommen haben:Richterin am [X.]. [X.] als Vorsitzende,[X.] am [X.]. [X.],[X.],[X.],[X.]als beisitzende Richter,[X.] in der Verhandlung,Staatsanwältin bei der Verkündung als Vertreter der [X.]schaft,Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird [X.] des [X.] vom 17. [X.] aufgehoben; jedoch werden die Feststellungenzum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuerVerhandlung und Entscheidung, auch über [X.] des Rechtsmittels, an eine andere Straf-kammer des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegen Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einerFreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.[X.] Nach den Feststellungen hatte der verheiratete Angeklagte mit [X.] verheirateten Geschädigten seit etwa zwölf Jahren ein sexuelles [X.]. Ende Januar 2000 beendete der Angeklagte die Beziehung, die Ge-schädigte akzeptierte dies. Gleichwohl suchte er sie am Morgen des10. Februar 2000, ausgerüstet mit Bettlaken, Fesselungsmaterial, Schlagstock,Fotoapparat und weiteren Utensilien überraschend auf, drang durch einen [X.] Hintereingang in ihr Haus ein, warf ihr sogleich das Bettlaken überden Kopf, um nicht erkannt zu werden, und fesselte sie. Obgleich ihm [X.], daß die Geschädigte damit nicht einverstanden war, führte er mitge-- 4 -brachte Gegenstände, nämlich einen Schlagstock, Mineralwasserflaschen undeine Banane anal und vaginal bei ihr ein, wobei er ihr heftige Schmerzen be-reitete. Mit einem vorgefundenen Naßrasierer entfernte er ihre [X.] vollzog mit ihr schließlich den Geschlechtsverkehr anal und vaginal biszum Samenerguß. Während der Handlungen stellte er Fotoaufnahmen her.Infolge der Fesselung und der sexuellen Handlungen erlitt die Geschädigteverschiedene Verletzungen.[X.] hat den Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 3 Nr. 2StGB bejaht, weil der Angeklagte bei der Tat Fesselungsmaterial zur Überwin-dung des Widerstands bei sich geführt hatte. Dagegen hat sie in dem mitge-brachten Schlagstock (Gummiknüppel der [X.]) kein gefährlichesWerkzeug i.S. des § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB gesehen, weil dieser so [X.], daß er keine erheblichen Verletzungen verursachen könne. Einen minderschweren Fall nach § 177 Abs. 5 StGB hat sie abgelehnt und die [X.] sich aus § 177 Abs. 3 StGB ergebenden Strafrahmens in Höhe von dreiJahren Freiheitsstrafe verhängt. Dabei ist sie davon ausgegangen, daß diesersich aus Abs. 3 ergebende Strafrahmen den sich sonst durch das [X.] nach Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ergebenden höheren Unrechts-gehalt "konsumiere", so daß es gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46Abs. 3 StGB verstoßen würde, die Erfüllung eines Regelbeispiels nach Abs. 2Satz 2 bei der Findung der konkreten Strafe innerhalb des Strafrahmens erneutheranzuziehen.I[X.] Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft ist nichtwirksam auf den Strafausspruch beschränkt, weil die erstrebte Überprüfung, obder Tatrichter den Schuldumfang umfassend geprüft und berücksichtigt hat, mit- 5 -der den Schuldspruch betreffenden Frage, ob die Qualifikationsnorm des § 177Abs. 4 Nr. 1 StGB erfüllt ist, untrennbar verknüpft ist.1. Der Ausgangspunkt des [X.], der Strafrahmen des § 177Abs. 3 StGB "konsumiere" den in der Erfüllung eines Regelbeispiels nach§ 177 Abs. 2 Satz 2 StGB liegenden erhöhten Unrechtsgehalt, ist rechtlich [X.]. Diese Auffassung übersieht, daß bereits eine unter den Grundtat-bestand des § 177 Abs. 1 StGB fallende sexuelle Nötigung den [X.] Abs. 3 mit einer Mindeststrafe von drei Jahren zur Folge hat, wenn einesder dort genannten qualifizierenden Merkmale hinzutritt (vgl. [X.]/[X.],StGB 50. Aufl. § 177 Rdn. 28). Kommen zur Erfüllung des [X.] 1 und der Qualifikation des Abs. 3 Umstände hinzu, die die Voraus-setzungen eines Regelbeispiels des Abs. 2 Satz 2 erfüllen, so liegt darin zu-sätzliches Unrecht, das im Rahmen des sich aus Abs. 3 ergebenden Strafrah-mens von Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren zu berücksichtigen ist. [X.], daß die [X.] rechtsfehlerhaft glaubte, dieses zusätzliche Un-recht aus Rechtsgründen nicht berücksichtigen zu dürfen, ist sie von einem zugeringen Schuldumfang ausgegangen. Dies führt zur Aufhebung des [X.], zumal hier ein Regelbeispiel nach Abs. 2 Satz 2 mehrfach und aufsehr massive Weise verwirklicht worden war ([X.], 186).2. [X.] hat den Umstand, daß der Angeklagte bei der Tateinen Schlagstock (Gummiknüppel) nicht nur bei sich führte, sondern auch zurVornahme der sexuellen Handlungen eingesetzt hatte, in mehrfacher [X.] unzutreffend erfaßt.- 6 -a) Zum einen stellt ein Schlagstock, der auch bei bestimmungsgemäßerAnwendung vielfach zu nicht unerheblichen Verletzungen, zumeist Platzwun-den, führt und deshalb durchaus als gefährliches Werkzeug angesehen wer-den müßte, eine Waffe dar, weshalb bereits unter diesem Gesichtspunkt [X.] des § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB erfüllt sind. Der Begriff [X.] ist bei § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB in gleicher Weise zu beurteilen wie bei§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB (vgl. [X.]/[X.], StGB 50. Aufl. § 177Rdn. 29). Ein Gummiknüppel ist jedoch eine Hiebwaffe nach § 1 Abs. 7 [X.] damit eine Waffe im technischen Sinne (Steindorf, Waffenrecht 7. Aufl. § 1WaffG Rdn. 38).Darauf, daß der Angeklagte nach den Feststellungen mit dem Schlag-stock nicht den Widerstand des Opfers brechen, sondern ihn nur zu [X.] einsetzen wollte, kommt es für das Tatbestandsmerkmal des [X.] einer Waffe nicht [X.]) Zum anderen stellt der Einsatz dieses Schlagstocks zur [X.] Handlungen ein Verwenden der Waffe dar und erfüllt damit die Vor-aussetzung der schwereren Qualifikationsnorm des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGBmit einem Strafrahmen von Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren. [X.] Strafsenat des [X.] hat in seiner Grundsatzentscheidungvom 12. Dezember 2000 ([X.], 160; zum Abdruck in [X.]St bestimmt)hierzu ausgeführt, daß der Erfüllung dieser Qualifikation nicht entgegenstehe,daß der Angeklagte die Waffe oder das gefährliche Werkzeug ausschließlichbei der sexuellen Handlung, nicht aber als Nötigungsmittel einsetzt, denn [X.] der Vorschrift knüpfe mit der Formulierung "bei der Tat" an beide Be-standteile des zweiaktigen Grunddelikts an. Dem schließt sich der [X.] an. Diese Auffassung steht auch in Einklang mit der weiten Auslegungdes Begriffs "Verwenden" in der Rechtsprechung zu § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB,der nicht die Herbeiführung einer konkreten Leibes- oder Lebensgefahr durchden Einsatz der Waffe oder des gefährlichen Werkzeugs voraussetzt ([X.]St45, 92, 94, 96). Dem Fehlen einer solchen Gefahr bei dem konkreten Einsatzwird der Tatrichter gegebenenfalls im Rahmen der Prüfung, ob ein minderschwerer Fall in Betracht kommt, Rechnung tragen können ([X.]St 45, 92, 97).Dieser Rechtsfehler, der die fehlerhafte Anwendung einer den Schuld-spruch berührenden Rechtsnorm betrifft (vgl. [X.], [X.]. vom 28. Februar 2001- 3 StR 400/00), bedingt die Aufhebung auch des Schuldspruchs. Jedoch [X.] die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum objektiven Tatgesche-hen aufrechterhalten werden.3. Im übrigen sind folgende, der Verhängung der Mindeststrafe zugrun-deliegende Bewertungen nicht frei von rechtlichen Bedenken:Soweit die [X.] einen "entscheidenden" Grund für eine mildereBeurteilung des Tatgeschehens darin sieht, daß angesichts der langjährigensexuellen Beziehung und der grundsätzlichen Bereitschaft der [X.] sexuellen Handlungen ("Tu [X.] doch nichts! Du kannst doch alles haben!")das Schwergewicht der Tat nicht in der Verletzung des sexuellen Selbstbe-stimmungsrechts des Tatopfers, sondern in der Nötigung und der Körperverlet-zung liege ([X.]), übersieht sie, daß hier Sexualpraktiken erzwungen [X.] waren, zu denen das Opfer auch früher nicht bereit gewesen war. [X.] eine schwerwiegende Beeinträchtigung des sexuellen [X.] 8 -4. Der neu erkennende Tatrichter wird Gelegenheit haben, im Rahmender Strafzumessung auch die Auswirkungen auf die berufliche Stellung [X.] als Berufssoldat zu berücksichtigen (vgl. § 48 Satz 1 Nr. 2 Solda-tengesetz; [X.]St 32, 79). Er wird bei der Berücksichtigung der von dem [X.] Angst zu erwägen haben, daß die bisherige Bewertung, es [X.] der bisherigen Gewaltlosigkeit des Angeklagten auch subjektivernsthafte Verletzungen nicht zu befürchten gehabt, schwer damit zu vereinba-ren ist, daß sich das Verhalten des Angeklagten bei der Tat als völlig uner-wartet und persönlichkeitsfremd dargestellt hat. Die Lebenserfahrung und auchdie gerichtliche Praxis zeigen, daß in [X.] auch bisher un-auffällige Menschen zu schwerwiegenden Aggressionen in der Lage sind. [X.] wird dazu auch das Tatopfer zu hören sein.- 9 -Ferner wird der neue Tatrichter auch zu prüfen haben, ob durch [X.] den Feststellungen sehr schmerzhaften, zu feststellbaren Verletzungenführenden körperlichen Mißhandlungen, die über die bloße Ausübung sexuellerHandlung hinausgegangen sind, der Tatbestand der Körperverletzung verwirk-licht worden ist (vgl. [X.] NJW 1963, 1683; [X.] bei [X.] NStZ 1995,224).[X.] [X.] [X.] [X.] Ri[X.] [X.] ist urlaubsbedingt ortsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. [X.]

Meta

3 StR 62/01

23.05.2001

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2001, Az. 3 StR 62/01 (REWIS RS 2001, 2478)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2478

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.