Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2001, Az. 3 StR 214/01

3. Strafsenat | REWIS RS 2001, 1965

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[X.] DES VOLKESURTEIL3 [X.]/01vom11. Juli 2001in der Strafsachegegenwegen Vergewaltigung- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 11. Juli 2001,an der teilgenommen haben:Richterin am [X.]. [X.] als Vorsitzende,[X.] am [X.]. [X.],[X.],von [X.],[X.]als beisitzende Richter,[X.] in der Verhandlung,[X.] bei der Verkündung als Vertreter der [X.]schaft,[X.]als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 8. Januar 2001 im Strafausspruch [X.] zugehörigen Feststellungen aufgehoben.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einerFreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt; deren Vollstreckung hat es zur [X.] ausgesetzt. Mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts bean-standet die Beschwerdeführerin den Strafausspruch; sie wendet sich insbe-sondere gegen die Annahme eines minder schweren Falles. Das [X.] Erfolg.[X.] Angeklagte hat in der Tatnacht den [X.] [X.] und vereinbarte mit der Gelegenheitsprostituierten K. Oral- und Vaginalverkehr für 100 DM. Er fuhr mit ihr zum [X.],in seinem Auto lagen griffbereit eine geladene Gaspistole und ein Paar [X.] 4 -fesseln. Als die Zeugin [X.], am Fahrziel angekommen, die Beifahrertüreverriegelt, von dem Angeklagten das vereinbarte Geld verlangte, zog dieser dieGaspistole und richtete sie in kurzem Abstand auf ihren Hinterkopf. Mit [X.], er wolle nicht bezahlen, forderte er die Zeugin auf sich auszuzie-hen. Während des folgenden ungeschützten Oralverkehrs hielt der [X.] die Waffe auf den Kopf des Opfers gerichtet. Um sodann den [X.] von hinten zu erzwingen, lud er die Pistole durch und hielt sie ge-gen den Mund der Zeugin. Anschließend legte er die Pistole beiseite, fesselteder Zeugin die Hände mit den Handschellen auf dem Rücken, um [X.] verhindern, und führte ohne Kondom für die Geschädigte schmerzhaftenAnalverkehr bis zum Samenerguß aus.Das [X.] hat seiner Verurteilung § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB (Oral-und Analverkehr) zugrundegelegt und die Voraussetzungen des § 177 Abs. 1Nr. 1 StGB (Gewalt) und Nr. 2 (Drohung) bejaht. Außerdem hat es § 177 Abs. 4Nr. 1 StGB (Verwenden der Gaspistole) als erfüllt angesehen. Bei der Bestra-fung ist es von dem nach § 177 Abs. 5 StGB (minder schwerer Fall) herabge-setzten Strafrahmen (ein Jahr bis zehn Jahre) ausgegangen und hat auf eineFreiheitsstrafe von zwei Jahren erkannt.[X.] Der Schuldspruch nach § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB ist im Ergebnis freivon rechtlichen Bedenken und deshalb auch die Beschränkung der Revisionauf den Strafausspruch wirksam erfolgt. Zwar läßt sich den Urteilsgründennicht entnehmen, daß bei der eingesetzten Gaspistole das Gas nach vorneaustritt. Aber angesichts des besonderen Umstandes des Falles - der [X.] -klagte lud die Gaspistole durch und hielt sie sodann der Geschädigten gegenden Mund - liegt in dem konkreten Einsatz der Pistole zumindest eine Verwen-dung als gefährliches Werkzeug. Denn auch für den Fall, daß das Gas zurSeite ausgetreten wäre, ist die so verwendete Gaspistole geeignet, ernstlicheGesichtsverletzungen des [X.] herbeizuführen.2. Die Strafzumessung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung [X.]. Das [X.] hat bei der zur Annahme eines minder schweren Falleserforderlichen Gesamtbetrachtung (vgl. nur [X.]St 26, 97, 98 f.) wesentliche,den Angeklagten belastende Umstände nicht erkennbar in seine [X.]) Nach den Feststellungen hat der Angeklagte neben dem Qualifikati-onstatbestand des Absatzes 4 Nr. 1 auch die Voraussetzungen des Absatzes 3Nr. 2 erfüllt, weil er zur gewaltsamen Verhinderung von Widerstandshandlun-gen des Opfers Handschellen bei sich geführt und dann auch verwendet hat.Das darin liegende eigenständige Unrecht wird von Absatz 4 nicht umfaßt [X.] deshalb hier einen zusätzlichen wesentlichen Strafschärfungsgrund dar,der über den Gefährlichkeits- und Gefährdungsaspekt des Absatzes 1 Nr. 1hinausgeht.b) [X.] berücksichtigt zwar zum Nachteil des Angeklagten die"hohe impressive Wirkung" der mehrfach zur Erzwingung von Oral- und Anal-verkehr eingesetzten Waffe. Sie hat aber nicht erkennbar bedacht, daß [X.] das Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB - mit einerStrafrahmenuntergrenze von zwei Jahren - zweifach verwirklicht hat. [X.] das Vorliegen von Regelbeispielen nach Absatz 2 die Annahme einesminder schweren Falles nach Absatz 5 mit einer Strafrahmenuntergrenze voneinem Jahr nicht grundsätzlich aus, steht aber vielfach entgegen. Soweit der- 6 -Tatrichter im Falle der Verwirklichung des [X.] des [X.] einen minder schweren Fall im Sinne des Absatzes 5 annehmen will,hat er, wenn ein Regelbeispiel nach Absatz 2 gegeben ist, besonders daraufBedacht zu nehmen, daß Absatz 2 einen schärferen Strafrahmen als Absatz [X.] Halbsatz vorsieht. Andernfalls entstünde nämlich ein Wertungswider-spruch, weil derjenige Täter, der zusätzlich noch einen Qualifikationstatbestanderfüllt, im Falle der Verwirklichung eines Regelbeispieles günstiger gestellt wä-re als derjenige Täter, der kein [X.] verwirkt hat. Bei [X.] des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB n.F. liegt die Rechtfertigungfür die regelmäßig erhöhte Strafe in der besonderen Schwere der erzwungenensexuellen Handlung, während der Qualifikationstatbestand des Absatzes 4 eineVergewaltigung nicht voraussetzt (vgl. [X.], 419). Wählt [X.] danach den Strafrahmen des Absatzes 5, so hat er die Untergrenzedes § 177 Abs. 2 StGB n.F. zu beachten, wenn dieser Strafrahmen ohne dasVorliegen der Qualifikation des Absatzes 4 gegeben wäre. Mit diesem [X.] Zusammenhang hat sich das [X.] nicht auseinandergesetzt.Dem Urteil sind auch keine schuldmindernden Umstände zu entnehmen, derenaußergewöhnliches Gewicht eine Abweichung von der in Absatz 2 genanntenStrafuntergrenze rechtfertigen könnten.c) Einen weiteren Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten stellt [X.] dar, daß die Kammer der grundsätzlichen Bereitschaft der Zeugin zu se-xuellen Handlungen gegen Bezahlung "ausschlaggebende" ([X.]) [X.] eines minder schweren Falles beigemessen hat. [X.] des [X.] ähnelt den Erwägungen der Entscheidung [X.] Strafsenats des [X.] (Beschl. vom 20. März 2001 - 4 [X.]/01, [X.], 369 - zum Abdruck in [X.]St bestimmt), wonach für die An-nahme eines besonders schweren Falles über die Verwirklichung eines [X.] -beispieles des Absatzes 2 zum Nachteil einer Prostituierten hinaus zusätzlichweitere entwürdigende Umstände erforderlich sind, die eine besondere Ernied-rigung des Opfers durch die sexuellen Handlungen ergeben. Ob dieser Recht-sprechung gefolgt werden kann - der Senat teilt die Bedenken des2. Strafsenats hiergegen (vgl. [X.] bei [X.] NStZ-RR 2000, 358 Nr. 36; [X.]NStZ-RR 1998, 326; vgl. auch die Rechtsprechung des [X.], 29) - kann offen bleiben, weil die Feststellungen die strafmildernde Be-wertung der grundsätzlichen Bereitschaft des [X.] im vorliegenden Fallnicht tragen. Denn das [X.] hat übersehen, daß zwischen dem Ange-klagten und Opfer einvernehmlich nur Geschlechtsverkehr in Form des Oral-und Vaginalverkehrs vereinbart war. Der Angeklagte hat aber über die verein-barten Sexualpraktiken hinaus auch den für die Zeugin schmerzhaften Anal-verkehr erzwungen, der nicht von der grundsätzlichen Bereitschaft der [X.] erfaßt war.[X.] [X.] [X.] von [X.]

Meta

3 StR 214/01

11.07.2001

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2001, Az. 3 StR 214/01 (REWIS RS 2001, 1965)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1965

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