Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2011, Az. B 11 AL 24/10 R

11. Senat | REWIS RS 2011, 6780

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Gegenstand

(Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers gegen die BA - rückwirkende Insolvenzgeldbewilligung - Einkommensberücksichtigung - Erfüllungsfiktion - fehlende Personenidentität der Leistungsempfänger - keine Anwendung der Neuregelung des § 34a SGB 2)


Leitsatz

Zahlt ein nachrangig verpflichteter Träger Sozialleistungen, so tritt bei nachträglicher Gewährung einer vorrangigen Leistung die Erfüllungsfiktion nur ein, soweit Personenidentität der Leistungsempfänger besteht. Abweichendes bedarf einer gesetzlichen Regelung.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 21. April 2010 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Auszahlung des restlichen Insolvenzgeldes ([X.]) in Höhe von 598,35 [X.], das die Beklagte zur Erfüllung eines Erstattungsanspruchs des beigeladenen Grundsicherungsträgers an diesen gezahlt hat.

2

Der Kläger und dessen Ehefrau bezogen vom Beigeladenen ua in den Monaten Mai und Juni 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ([X.]). Am [X.] nahm er eine Beschäftigung auf, in der er bis zum [X.] beschäftigt war, ohne Arbeitsentgelt zu erhalten. Die Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom [X.] [X.] für die [X.] vom 25.5. bis [X.] in Höhe von 823,26 [X.], wovon sie 224,91 [X.] an den Kläger auszahlte. Die restlichen 598,35 [X.] überwies sie - ohne eine inhaltliche Prüfung der Forderung vorzunehmen - an den Beigeladenen zur Erfüllung eines in dieser Höhe geltend gemachten Erstattungsanspruchs. Der Widerspruch des [X.], mit dem er sich insbesondere gegen die Höhe der an den Beigeladenen abgeführten [X.]-Leistungen wandte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 6.2.2006).

3

Das Sozialgericht ([X.]) hat die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.2006 verurteilt, "den an die Beigeladene zur Erstattung weitergeleiteten Betrag in Höhe von 598,35 [X.]" an den Kläger auszuzahlen (Urteil vom [X.]). Das [X.] ([X.]) hat auf die zugelassene Berufung des Beigeladenen das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch des [X.] auf [X.] sei von der Beklagten - neben dem an ihn ausbezahlten Betrag in Höhe von 224,91 [X.] - durch die vom Beigeladenen bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe des Betrags von 598,34 [X.] erfüllt worden; dies folge aus § 107 [X.] ([X.]B X). Danach gelte der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt, soweit ein Erstattungsanspruch bestehe. Der Beigeladene habe durch die Bewilligung der [X.]-Leistungen im streitigen [X.]raum vom 25.5. bis [X.] Sozialleistungen erbracht, für die der Rechtsgrund durch die Bewilligung von [X.] entfallen sei. Bei dem nachträglich gezahlten [X.] handele es sich nach der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung in § 19 Abs 1 [X.] ([X.]B I) um eine Sozialleistung; die [X.] nach § 107 Abs 1 [X.]B X betreffe daher auch das [X.].

4

Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von Verfahrensrecht (§ 158 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>) sowie der §§ 183 ff [X.] ([X.]I) iVm §§ 103, 104 und 107 [X.]B X. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Das [X.] hätte die Berufung des Beigeladenen als unzulässig verwerfen müssen, weil dieser durch das Urteil des [X.] materiell nicht beschwert sei. Er habe den Betrag von 598,35 [X.] von der Beklagten bereits erhalten; die (nochmalige) Verurteilung der Beklagten zur Leistung (auch) in Höhe desselben Betrags beschwere den Beigeladenen nicht. Die Rechtskrafterstreckung iS des § 141 Abs 1 [X.]G reiche nicht dafür aus, den Beigeladenen als materiell beschwert anzusehen.

5

Die nachfolgend zu klärende Erstattungsfrage der Leistungsträger untereinander sei von der Frage zu trennen, wann eine Anrechnung des [X.] vorzunehmen sei. Die §§ 102 ff [X.]B X dienten dem Ausgleich bei Gewährung einer einkommensabhängigen Leistung im Falle rückwirkender Gewährung einer als Einkommen anzurechnenden Leistung. Im Rahmen des [X.] gelte das [X.]. Hiernach wäre - vorausgesetzt, es fließe im [X.]-Bezugszeitraum zu - das [X.] als Einmalzahlung auf das [X.] anzurechnen, bereinigt um die [X.] und den [X.]. Im vorliegenden Verfahren sei allerdings das [X.] nicht im [X.]-Bezugszeitraum zugeflossen. Folglich stünden ihm, dem Kläger, die im streitigen [X.]raum im Jahre 2005 zugeflossenen Leistungen nach dem [X.] auch tatsächlich materiell-rechtlich zu. Die [X.] ändere sich nicht nachträglich dadurch, dass dem Berechtigten zu einem späteren [X.]punkt eine andere Sozialleistung - hier [X.] - zufließe. Im Falle der Auszahlung einer solchen Nachzahlung an den Berechtigten verbessere sich seine [X.] nur mit Wirkung für die Gegenwart und Zukunft, nicht aber rückwirkend für die Vergangenheit.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.]s Niedersachsen-Bremen vom 21. April 2010 aufzuheben und die Berufung des Beigeladenen gegen das Urteil des [X.] vom 2. September 2009 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des [X.] ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]G). Nach den bisherigen Feststellungen des [X.] lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob und ggf in welcher Höhe dem [X.]läger ein Anspruch auf Auszahlung eines höheren Betrags als 224,91 Euro aus dem bewilligten [X.] (823,26 Euro) zusteht.

1a) Das beklagte [X.] ist gemäß § 70 [X.] [X.]G beteiligtenfähig (vgl ua B[X.] Urteile vom 18.1.2011 - [X.] [X.]/10 R, und vom 6.4.2011 - [X.] [X.]/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 [X.]B II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisher beigeladenen Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende [X.] wegen der Weiterentwicklung der [X.] ist von Amts wegen durch Berücksichtigung des Rubrums Rechnung zu tragen (vgl ua B[X.] Urteil vom 6.4.2011 - [X.] [X.]/10 R - zur [X.] vorgesehen).

b) Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Insbesondere war die Berufung des Beigeladenen statthaft. Zwar mag es insoweit an einer formellen Beschwer des Beigeladenen fehlen, weil das [X.] nicht ihn, sondern die Beklagte zur Zahlung von 598,35 Euro an den [X.]läger verurteilt hat. Die Verurteilung, dass der "an die Beigeladene [damals noch: [X.]] zur Erstattung weitergeleitete Betrag in Höhe von 585,35 Euro" an den [X.]läger ausgezahlt werden solle, drückt jedoch eine unmittelbare rechtliche Betroffenheit des Beigeladenen dergestalt aus, dass "deren" vereinnahmter Zahlbetrag nunmehr an den [X.]läger ausgekehrt werden solle. Hiernach konnte der Beigeladene jedenfalls nicht ausschließen, dass die Entscheidung des [X.] unmittelbare Auswirkungen auf seine eigenen subjektiven Rechte hatte. Dies aber reicht aus, um eine Beschwer des Beigeladenen iS einer Rechtsmittelbefugnis anzunehmen (vgl B[X.]E 78, 98, 100 = [X.]-2500 § 87 [X.]2 S 34; B[X.] [X.]-4100 § 134 [X.] - zur Frage der notwendigen Beiladung des Sozialhilfeträgers).

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.2006. [X.] sind allerdings weder die Leistungsvoraussetzungen für die Bewilligung noch die Höhe des [X.] (vgl §§ 183, 185 [X.]B III). Der [X.]läger wendet sich allein dagegen, dass die Beklagte von seinem [X.]-Anspruch über 823,26 Euro den Betrag von 598,35 Euro abgesetzt hat, um damit den Erstattungsanspruch des Beigeladenen wegen zeitgleich gewährter Leistungen nach dem [X.]B II zu befriedigen.

a) Der Anspruch des [X.] auf [X.] ist nach der [X.] des § 107 Abs 1 [X.]B X dann in Höhe des Betrags von 598,35 Euro erloschen, wenn dem beigeladenen Grundsicherungsträger in dieser Höhe ein Erstattungsanspruch zusteht. Ein gesetzlicher Übergang des [X.]-Anspruchs des [X.] auf den Beigeladenen nach § 33 [X.]B II scheidet aus, denn § 33 Abs 1 Satz 1 [X.]B II sieht nur einen Übergang von Ansprüchen gegen Dritte, die nicht Leistungsträger iS des § 12 [X.]B I sind, vor. Die Erstattungspflichten von Leistungsträgern untereinander richten sich somit ausschließlich nach den §§ 102 ff [X.]B X, die eigenständige Erstattungsansprüche der Leistungsträger begründen (vgl ua [X.] in juris Praxis[X.]omm [X.]B II, § 33 RdNr 8, 2. Aufl 2007). Nach § 107 Abs 1 Satz 1 [X.]B X gilt der Anspruch des Berechtigten, hier des [X.], gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger, hier die Beklagte, als erfüllt, wenn ein Erstattungsanspruch, hier des Beigeladenen, besteht.

b) Anspruchsgrundlage des Erstattungsanspruchs des Beigeladenen ist § 104 Abs 1 Satz 1 [X.]B X, der den Anspruch des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers gegen den vorrangig verpflichteten Leistungsträger regelt. Hiernach ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn der nachrangig verpflichtete Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 103 Abs 1 [X.]B X vorliegen. Der beigeladene Grundsicherungsträger war vorliegend nachrangig verpflichtet, soweit er bei rechtzeitiger Gewährung des [X.] II-Leistungen an den [X.]läger nicht hätte erbringen müssen (zur Anwendbarkeit des § 104 [X.]B X bei Vorleistung des Grundsicherungsträgers vgl Senatsurteil vom [X.], [X.] AL 15/10 R - zur [X.] vorgesehen und zur Vorleistung des Sozialhilfeträgers vgl Senatsurteil vom [X.] - [X.]-1300 § 104 [X.] 6).

c) Das von der Beklagten zu leistende [X.] ist nach § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B III zu berücksichtigendes Einkommen. Danach sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen mit Ausnahme bestimmter, hier nicht einschlägiger Sonderleistungen. Gemäß § 11 Satz 1 [X.]B I sind Gegenstand der [X.] Rechte die in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen (Sozialleistungen). Zu den Sozialleistungen, die nach dem Recht der Arbeitsförderung in Anspruch genommen werden können, gehört nach § 19 Abs 1 Nr 6 [X.]B I (mit Wirkung ab 1.1.2010: § 19 Abs 1 Nr 5 [X.]B I) ua das [X.]. Damit ist - wie bereits das [X.] zutreffend ausgeführt hat - das [X.] vom [X.]B I eindeutig als Sozialleistung definiert. Hiervon ist auch der 4. Senat des B[X.] in seiner Entscheidung vom [X.] ausgegangen ([X.] AS 29/08 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]2). Diese Entscheidung stellt zugleich klar, dass der Charakter des [X.] als Sozialleistung keine Ausnahme vom Einkommensbegriff iS des § 11 [X.]B II rechtfertigt und insbesondere die verspätete Zahlung einer Sozialleistung nicht dazu führen kann, eine Ausnahme vom Zuflussprinzip anzunehmen. Auch wenn diese Rechtsprechung, der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, eine andere Fallgestaltung zum Gegenstand hatte, nämlich den nachträglichen Zufluss von [X.], das bereits für einen Zeitraum vor dem [X.] fällig war und hätte erfüllt werden müssen, sind die dortigen Aussagen auch auf die vorliegende Fallgestaltung des zeitgleich zustehenden [X.] und [X.] zu übertragen. Denn die [X.] nach § 107 Abs 1 [X.]B X dient dem Zweck, Doppelleistungen an den Leistungsberechtigten auszuschließen und zugleich das Verhältnis zwischen [X.] des Berechtigten und Erstattungsanspruch klarzustellen (vgl ua [X.]ater in [X.] [X.]omm, § 107 RdNr 2, Stand Einzelkommentierung Dezember 2007; [X.] in Diering/[X.]/[X.], [X.]B X, 3. Aufl 2011, § 107 Rd[X.]). Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass es sich bei dem [X.] - bezogen auf den Zeitraum des [X.]s - nicht um "bereite Mittel" gehandelt hat. Denn die [X.] ändert nichts daran, dass der Beigeladene als nachrangig verpflichteter Leistungsträger die zur Beseitigung von Hilfebedürftigkeit bestimmten [X.]B II-Leistungen an den [X.]läger und dessen Ehefrau tatsächlich in vollem Umfang erbracht hat, wenn auch mit Wirkung für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger.

Rechnerisch nicht zu beanstanden ist auch die von dem Beigeladenen vorgenommene Anrechnung des (bereinigten) [X.] für den Monat Mai 2005 in Höhe von 426,97 Euro und für den Monat Juni 2005 in Höhe von 171,39 Euro (vgl dazu im Einzelnen die Erläuterung im [X.]). Als Abzugsposten sind dabei zutreffend die Werbungskostenpauschale, der Pauschbetrag und der Freibetrag berücksichtigt worden (vgl dazu im Einzelnen B[X.] [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]9).

d) Die für den Erstattungsanspruch nach § 104 Abs 1 [X.]B X erforderliche zeitliche [X.]ongruenz der Leistungen liegt vor. Denn wäre es zu einer unmittelbaren Auszahlung des [X.] im Bewilligungszeitraum 25.5. bis [X.] gekommen, hätte wegen dessen Berücksichtigung als Einkommen eine Verpflichtung des Beigeladenen zur Erbringung von Leistungen nach dem [X.]B II an den [X.]läger in der gewährten Höhe nicht bestanden; allenfalls wäre ein überschießender Anspruch auf [X.] zu befriedigen gewesen. Damit liegt hinsichtlich des durch [X.] abgedeckten Bedarfs des [X.] Nachrangigkeit iS des § 104 Abs 1 Satz 1 [X.]B X vor. Denn § 104 [X.]B X bezweckt gerade den nachrangig Verpflichteten, hier den Beigeladenen, möglichst so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn der vorrangig Verpflichtete, hier die Beklagte, rechtzeitig von Anfang an geleistet hätte (vgl Senatsurteil vom [X.] - [X.]-1300 § 104 [X.] 6).

e) Neben der zeitlichen [X.]ongruenz der betreffenden Leistungen setzt der Erstattungsanspruch nach § 104 Abs 1 [X.]B X aber auch eine Personenidentität des Leistungsberechtigten der nachrangigen mit der vorrangigen Sozialleistung voraus. Dies hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom [X.] zu § 104 Abs 1 [X.]B X iVm § 140 [X.] ausgeführt (11 [X.] - [X.]-1300 § 104 [X.] 8 ff; zustimmend ua [X.]ater in [X.][X.]omm, [X.]B X, § 104 RdNr 26, Stand Einzelkommentierung Dezember 2010; [X.] in Diering/[X.]/[X.], [X.]B X, 3. Aufl 2011, § 104 Rd[X.]9 mwN; aA [X.] in von [X.], [X.]B X, 7. Aufl 2010, § 104 Rd[X.]3 mwN). An dieser Rechtsprechung, der sich der 7. Senat des B[X.] angeschlossen hat (Urteil vom [X.] - 7 [X.] - B[X.]E 74, 36 = [X.]-1300 § 104 [X.] - zu den einzelnen Prüfungsschritten), ist auch hinsichtlich eines Erstattungsanspruchs des Leistungsträgers der Grundsicherung für Arbeitsuchende festzuhalten (vgl auch [X.] in Eicher/Spellbrink, [X.]B II, 2. Aufl 2008, § 34a Rd[X.]0; [X.] in juris Praxis[X.]omm, [X.]B II, 2. Aufl 2007, § 34a RdNr 4). Ein Erstattungsanspruch besteht somit nur insoweit, als es sich bei dem Leistungsbezieher nach dem [X.]B II und dem Leistungsberechtigten der anderen Leistung - hier [X.] - um dieselbe Person handelt. Demgemäß umfasst der Erstattungsanspruch nach § 104 Abs 1 [X.]B X im hier streitigen Zeitraum nicht die an Angehörige der Bedarfsgemeinschaft eines Berechtigten erbrachten Leistungen nach dem [X.]B II.

Dies wird durch die erst danach in [X.] getretene Vorschrift des § 34a [X.]B II mit ihren Gesetzesmaterialien bestätigt (BT-Drucks 16/1410 [X.] zu [X.] <§ 34a>). Dort wird klargestellt, dass von dem Grundsatz der Personenidentität nur im Rahmen gesetzlicher Regelungen abgewichen werden kann. Deshalb hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende ([X.]) vom [X.] ([X.] 1706) mit Wirkung vom 1.8.2006 (Art 16 Abs 1 [X.]) die Vorschriften des § 34a in das [X.]B II eingefügt.

f) Vorliegend ist die erforderliche personelle [X.]ongruenz nur teilweise gegeben. Denn ausweislich der Verwaltungsakten, auf die das angefochtene Urteil des [X.] ergänzend Bezug genommen hat, hatte der Beigeladene mit Bescheid vom [X.] und Änderungsbescheid vom 3.11.2005 - jeweils mit den entsprechenden Berechnungsbögen in der Anlage - nicht dem [X.]läger (allein), sondern ihm und seiner Ehefrau [X.] Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem [X.]B II ua für die Monate Mai und Juni 2005 bewilligt. Da aber [X.] nicht die Bedarfsgemeinschaft als solche, sondern jeweils die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind (vgl ua B[X.]E 97, 217 = [X.] 4-4200 § 22 [X.] Rd[X.]2 mit zahlreichen Nachweisen; [X.] in Eicher/Spellbrink, [X.]B II, 2. Aufl 2008, § 9 RdNr 29), kann sich der Erstattungsanspruch des Beigeladenen auch nur auf den Einzelanspruch des [X.] bzw auf die an ihn erbrachten Leistungen nach dem [X.]B II erstrecken. Aus der Vertretungsvermutung in § 38 [X.]B II, die erklärt, weshalb die Bewilligungsbescheide des Beigeladenen nur an den [X.]läger gerichtet waren, folgt nichts anderes (vgl B[X.]E aaO; [X.]/[X.], [X.]b 2007, 513, 515, 517, 519; [X.] 2007, 121, 124).

g) Am Erfordernis der personellen [X.]ongruenz vermag im vorliegenden Fall auch die ab 1.8.2006 in [X.] getretene Regelung des § 34a [X.]B II nichts zu ändern. Nach dieser Regelung erstreckt sich der Aufwendungsersatzanspruch der Leistungsträger gegenüber einem dem Hilfebedürftigen vorrangig verpflichteten Leistungsträger ausdrücklich ua auch auf solche Aufwendungen, die an dessen nicht getrennt lebenden Ehegatten erbracht worden sind (vgl hierzu näher [X.] in Eicher/Spellbrink, [X.]B II, 2. Aufl 2008, § 34a RdNr 8 ff; [X.], juris Praxis[X.]omm [X.]B II, 2. Aufl 2007, § 34a RdNr 4, 15; Hölzer in [X.], [X.]B II, § 34a RdNr 2, Stand Einzelkommentierung Mai 2009).

Mangels einer Übergangsregelung gilt die Neuregelung nach Maßgabe des Geltungszeitraumprinzips (vgl ua B[X.] [X.] 4-4300 § 335 [X.], Rd[X.]3; [X.] 4-4300 § 144 [X.]9, Rd[X.]9). Danach erfasst neues Recht immer schon dann den Sachverhalt, wenn die maßgeblichen Rechtsfolgen in den zeitlichen Geltungsbereich des neuen Rechts fallen. § 34a [X.]B II ist also auch auf solche Leistungen anwendbar, die bereits vor dem 1.8.2006 erbracht worden sind, vorausgesetzt, die Rechtsfolgen treten erst nach der Änderung des § 34a [X.]B II ein (vgl [X.] in Eicher/Spellbrink, [X.]B II, 2. Aufl 2008, § 34a RdNr 27 und [X.], [X.], 241, 251; aA offenbar [X.] in [X.]/[X.], [X.]B II, [X.] § 34a RdNr 29, Stand Einzelkommentierung Mai 2009). Dies ist hier nicht der Fall. Denn die [X.] nach § 107 Abs 1 [X.]B X tritt kraft Gesetzes ein, wenn und soweit durch die Leistung des vorleistenden Trägers (Erstattungsberechtigten) die Verpflichtung des "an sich" leistungspflichtigen Trägers ([X.]) erfüllt wird. Im Übrigen hat die Beklagte ausweislich der vom [X.] in Bezug genommenen Verwaltungsakten den vom Beigeladenen mit Schreiben vom [X.] angemeldeten Erstattungsanspruch bereits am [X.] beglichen. Das Erstattungsverfahren als solches war somit ebenfalls bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung abgeschlossen (vgl insoweit Hölzer in [X.], [X.]B II, § 34a RdNr 4, Stand Einzelkommentierung Mai 2009 - der auf die Fälligkeit des Erstattungsanspruchs abstellt).

3. Der Senat vermag indes nicht abschließend darüber zu entscheiden, ob und ggf in welcher Höhe hiernach der Anspruch des [X.] auf Zahlung von [X.] durch Leistungen des Beigeladenen erfüllt ist. Denn es lässt sich nicht sicher beurteilen, in welcher Höhe durch die Leistung des Beigeladenen die Erfüllungswirkung eingetreten ist. Ausweislich der vom [X.] in Bezug genommenen Verwaltungs- und Gerichtsakten hat der Beigeladene mit Schreiben vom [X.] den Erstattungsbetrag in Höhe von 598,35 Euro beziffert, ohne hinsichtlich der Aufwendungen an den [X.]läger und seine Ehefrau zu differenzieren. Die Beklagte hat diesen Betrag ihrer Zahlung an den Beigeladenen ohne weitere Angaben zugrunde gelegt (Abrechnung vom [X.]). Den Berechnungsbögen als Anlagen zu den Bescheiden des Beigeladenen vom 24.3. und 3.11.2005 lässt sich jedoch entnehmen, dass in die Berechnung [X.]-Leistungen für die Ehefrau des [X.] mit eingeflossen sind (siehe hierzu ergänzend Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.5.2011). Eine genaue Berechnung nur der dem [X.]läger zugeflossenen Leistungen - unter Einbeziehung der ihm gewährten [X.]osten für Unterkunft und Heizung - wird das [X.] nachzuholen haben.

4. Das [X.] wird auch über die [X.]osten einschließlich der [X.]osten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 11 AL 24/10 R

12.05.2011

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Braunschweig, 2. September 2009, Az: S 7 AL 37/06, Urteil

§ 102 SGB 10, §§ 102ff SGB 10, § 104 Abs 1 S 1 SGB 10, § 107 Abs 1 S 1 SGB 10, § 183 Abs 1 S 1 SGB 3, § 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 11 S 1 SGB 1, § 19 Abs 1 Nr 6 SGB 1 vom 24.04.2006, § 33 Abs 1 S 1 SGB 2, § 34a SGB 2 vom 20.07.2006, § 38 SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2011, Az. B 11 AL 24/10 R (REWIS RS 2011, 6780)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6780

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