Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.02.2005, Az. 5 StR 168/04

5. Strafsenat | REWIS RS 2005, 5201

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5 [X.]/04
BUND[X.]SG[X.]RIC[X.]TS[X.]OF IM NAM[X.]N D[X.]S VO[X.]K[X.]S URT[X.]I[X.]
vom 2. Februar 2005 in der Strafsache gegen

1.

2.

3.

wegen Bestechlichkeit u. a.

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat auf Grund der [X.]auptverhand-lung vom 27. Januar und 2. Februar 2005, an der teilgenommen haben:
[X.] [X.] als Vorsitzender,

[X.]in [X.], [X.] Dr. Raum, [X.] Dr. Brause, [X.] [X.]

als beisitzende [X.],

Oberstaatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin der [X.],

Rechtsanwalt W

als Verteidiger des Angeklagten [X.],

Rechtsanwalt [X.]

als Verteidiger des Angeklagten [X.],

Rechtsanwalt [X.]

als Verteidiger des Angeklagten [X.],

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
- 3 - am 2. Februar 2005 für Recht erkannt:

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.]andgerichts Berlin vom 13. August 2003 aufgehoben, soweit die Angeklagten in den Fällen 48 bis 51 der Anklage freigesprochen worden sind; die Feststellungen des [X.] Urteils bleiben aufrechterhalten.

Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer [X.] und [X.]ntscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des [X.]andgerichts zurückverwiesen.

[X.] Von Rechts wegen [X.]

G r ü n d e
Das [X.]andgericht hat die Angeklagten, Kriminalbeamte des Berliner [X.]andeskriminalamts ([X.]KA), von dem Vorwurf freigesprochen, von dem [X.]bestochen worden zu sein und diesem bei der [X.] nicht geleisteter Übersetzungen geholfen zu haben. Die vom Ge-neralbundesanwalt vertretenen Revisionen führen nur zu einem Teilerfolg. Anklageschrift und [X.]röffnungsbeschluß haben dem [X.]rsten Kriminal-hauptkommissar und Abteilungsleiter [X.] zur [X.]ast gelegt, er hätte sich von [X.]im September 1999 eine Wochenendreise mit seiner [X.]hefrau nach [X.] (über 2.400 DM) und im Februar 2000 in Begleitung von [X.]- 4 -

und dessen [X.] eine solche nach [X.] (anteilige Kosten über 1.200 DM) bezahlen lassen und im Gegenzug pflichtwidrig bewirkt, daß eine Überprüfung der von [X.] geleisteten Dolmetscherarbeiten nach [X.] und Zeitpunkt nicht möglich gewesen sei. Den in einer anderen Abteilung des [X.]KA beschäftigten Angeklagten, [X.]und [X.], liegt zur [X.]ast, vom 20. bis 23. März 1998 mit [X.]

und auf dessen Kosten für jeweils über 2.000 DM nach [X.] zum Besuch eines Basketballspiels gereist zu sein und als Gegenleistung [X.] über nicht geleistete Übersetzungen [X.]in einem Fall am 27. April 1998 über 3.700 DM und [X.]in zehn Fällen zwischen dem 18. März 1998 und dem 22. Juli 2001 über insgesamt mehr als 250.000 [X.] für —sachlich [X.] bescheinigt zu haben. 1. Das [X.]andgericht hat im wesentlichen folgende Feststellungen ge-troffen:
[X.]und seine [X.]hefrau übersetzten seit 1990 überwiegend für das [X.]KA in [X.] geführte aufgezeichnete Telefongespräche in die [X.]. Die [X.]heleute verfügten über ein überdurchschnittli-ches Fachwissen und arbeiteten zur vollen Zufriedenheit der Behörde. [X.]

stattete 1996 mit Zustimmung der Behördenleitung Dienststellen des [X.]KA mit Computertechnik aus, mit deren [X.]ilfe das Übersetzen wesent-lich erleichtert wurde. Dafür hatte er monatliche Kosten bis zu 12.000 DM zu tragen. Ab 1998 verfügten die [X.]heleute über Schlüssel zu Dienstzimmern des [X.]KA. Ihre Tätigkeit wurde weder überwacht noch kontrolliert, weil die Behördenmitarbeiter ihnen vertrauten. Die Angeklagten freundeten sich mit den [X.]heleuten [X.]an. Man duzte sich und traf sich gelegentlich auch privat. [X.] entschloß sich Anfang 1998, unzutreffende [X.] einzureichen und sich dadurch zusätzliche [X.]innahmen zu verschaf-fen, um seine Auslagen für die Computerausstattung unrechtmäßig ersetzt zu bekommen und weitere [X.]innahmen zur Finanzierung seines aufwendigen [X.]ebensstils zu erhalten. - 5 - Die den Angeklagten angelasteten zunächst von [X.]

finan-zierten Reisen und die unberechtigten Zahlungen an diesen unter Mitwirkung der Angeklagten [X.] und [X.]haben sich in der Beweisaufnahme in [X.] [X.]insicht bestätigt. Das [X.]andgericht hat aber nicht ausschließen [X.], daß die Angeklagten [X.]und [X.] vorsatzlos zu den Betrugshand-lungen des [X.] [X.]ilfe leisteten und daß alle Angeklagten [X.] Reisekosten bar erstatteten.
2. Die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung des [X.]andgerichts ist nicht zu beanstanden. Der Tatrichter hat eine fehlerfreie Würdigung der [X.] ausgewerteten Tatumstände vorgenommen. Zu einer eigenen ab-weichenden Gesamtwürdigung der belastenden Indizien ist der [X.] nicht befugt. Daß eine solche möglich oder [X.] was die Rückzahlung der Reisekos-ten anlangt [X.] sogar näherliegend gewesen wäre, rechtfertigt noch nicht das [X.]ingreifen des [X.] (vgl. BG[X.]R StPO § 261 Beweiswürdi-gung 2; BG[X.]St 36, 1, 14). [X.]insichtlich der Auszahlungsanordnungen an das [X.], von dem nicht nur die Tätigkeit des

[X.] , sondern auch für dessen [X.]hefrau und andere Dolmetscher abgerechnet wurde, beruhte die Verhaltensweise der Polizeibeamten nach den insoweit unbedenklichen landgerichtlichen Feststellungen auf einer ersichtlich in der gesamten Behörde gebilligten, unvertretbar leichtfertigen Vertrauensseligkeit. Der Mangel an gebotener Kontrolle begründete hier jedoch noch keine Straf-barkeit wegen Beihilfe zum Betrug oder Untreue und bildete auch keine Grundlage für eine Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit.
3. [X.]ingegen hat das angefochtene Urteil keinen Bestand, soweit das [X.]andgericht auf der Grundlage seiner Beweiswürdigung aus Rechtsgründen auch eine Vorteilsannahme ausgeschlossen hat, weil die den Angeklagten gewährten Vorteile nicht Gegenstand einer Unrechtsvereinbarung gewesen seien.
- 6 - a) Bei der Prüfung einer Vorteilsannahme hat das [X.]andgericht die Buchungen der Reisen und die Verauslagung der Reisekosten durch [X.]

zu Recht als Vorteile im Sinne von § 331 Abs. 1 StGB angesehen. Darunter ist jede [X.]eistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen An-spruch hat und die seine wirtschaftliche [X.]age objektiv verbessert (vgl. BG[X.]St 47, 295, 304; BG[X.] NJW 2003, 763, 764 [X.] insoweit nicht in BG[X.]St 48, 44 abgedruckt). Dazu zählt auch die [X.]ntgegennahme erheblicher von [X.] vorfinanzierter geldwerter [X.]eistungen, aber auch insoweit den Angeklagten gewährter zinsloser Darlehen (vgl. BG[X.] GA 1959, 176, 177). Dies gilt jedenfalls hier umso mehr, als die Angeklagten auf Grund ihrer im einzelnen festgestellten eher beengten finanziellen Verhältnissen nicht ohne weiteres in der [X.]age waren, die [X.]n Kosten gleich nach den Buchungen zurückzuerstatten. [X.]in Vorteil der Angeklagten entfällt nicht [X.] wie die Verteidigung vorgetragen hat [X.], soweit [X.]

durch die Nutzung seiner Kreditkarte noch keinen Vermögensnachteil erlitten haben sollte. Die [X.]rlangung eines Vorteils im Sinne des § 331 Abs. 1 StGB setzt nämlich kei-nen korrespondierenden Nachteil des [X.]s voraus (BG[X.] NJW 2001, 2558, 2559 m.w.N.).
b) Das [X.]andgericht hat hinsichtlich der gewährten Vorteile zwar ei-nen Bezug zur Dienstausübung der Angeklagten angenommen ([X.]), aber einen auf ein Gegenleistungsverhältnis zwischen Vorteil und bestimmter Diensthandlung gerichteten Vorsatz verneint. Das darin zum Ausdruck kom-mende enge Verständnis wird dem Wortlaut und Zweck der durch das [X.] vom 13. August 1997 ([X.]) ver-schärften Strafvorschrift des § 331 StGB nicht gerecht. Nach der Neufassung ist es ausreichend, daß der Vorteil von [X.] und [X.] im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Dienstaus-übung des Amtsträgers verknüpft wird (vgl. BG[X.] NJW 2004, 3569, 3571 [X.] zur [X.] in BG[X.]St bestimmt; [X.]/Kühl, StGB 25. Aufl. § 331 Rdn. 10a), wodurch auch schon einem bewußten [X.]andeln von Amtsträgern begegnet werden soll, mit dem ein böser Anschein möglicher —Käuflichkeitfi - 7 - erweckt wird (vgl. BG[X.]R StGB § 331 Anwendungsbereich 2). Nur darauf muß sich der Vorsatz des Vorteilsnehmers auch beziehen. Daß dies der Fall ist, liegt nach den [X.]rwägungen des [X.]andgerichts auf der [X.]and. Die Ange-klagten waren als Kriminalbeamte in großem Umfang mit [X.]rmittlungen zum Nachteil [X.] Tatverdächtiger befaßt, in deren Rahmen in erster [X.]inie der [X.] als Vertragsübersetzer beauftragt wurde. Die Übersetzun-gen für das [X.]KA bildeten die Grundlage für dessen Familieneinkommen. [X.] Beziehungen zu den Angeklagten, die ihm erhebliche legale [X.] ab Anfang 1998 zudem ohne deren Wissen umfangreiche illegale [X.] [X.]inkünfte verschaf-fen konnten, waren für [X.] von größter Bedeutung. In einer solchen Situation ist die [X.]ntgegennahme erheblicher geldwerter [X.]eistungen ohne beweiskräftige Abrede der Rückzahlung und die daraus zumindest folgende Annahme zinsloser Darlehen ersichtlich geeignet, den Anschein der —[X.] der Angeklagten zu erwecken.
c) Die Beziehungen zwischen Vorteil und Dienstausübung entfallen hier auch nicht etwa deshalb, weil entsprechende Vorteilsgewährungen üb-lich wären. Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt, in gewissem Umfang übli-che und deshalb sozialadäquate Vorteile von der Strafbarkeit auszunehmen, können allenfalls gewohnheitsmäßig anerkannte, relativ geringwertige [X.] aus gegebenen Anlässen vom Tatbestand ausgenommen sein (vgl. BG[X.] NJW 2003, 763, 765 [X.] insoweit nicht in BG[X.]St 48, 44 abge-druckt). Solches ist hier auch nicht im [X.]inblick auf eine Freundschaft der [X.] mit [X.] anzunehmen. [X.]in persönliches Verhältnis zwischen Amtsträger und Zuwendendem vermag die Anwendung der Korruptionsvor-schriften grundsätzlich nicht zu hindern (vgl. [X.]/[X.], StGB 52. Aufl. § 331 Rdn. 26). Der Anschein der —Käuflichkeitfi der Angeklagten könnte höchstens [X.] entsprechend der Wertung in den Fällen gleichwertiger Gegen-einladungen (vgl. [X.]/[X.] aaO) [X.] in Frage gestellt werden, falls die Angeklagten die Reisen in einer Gruppe sozial gleichgestellter Freunde un-ternommen hätten. Dies liegt hier aber fern. [X.]s ist auch nichts dafür ersicht-lich, daß die Angeklagten [X.] vor, während und nach den Reisen - 8 - Freundschaftsdienste geleistet hätten, die als Gegenleistungen für die Ge-währung zinsloser Darlehen oder als gleichwertige Geschenke betrachtet werden könnten. Zudem stellten die Reisen für die Angeklagten einen erheb-lichen [X.]uxus dar und ragten aus dem üblichen [X.]ebenszuschnitt der Ange-klagten [X.] aber nicht aus dem des [X.] [X.] heraus (siehe [X.], 29 ff.).
4. Der [X.] sieht sich zur Durchentscheidung auf einen Schuld-spruch wegen Vorteilsannahme auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen die Freisprechung der Angeklagten, die das Urteil selbst nicht anfech-ten konnten, aus prinzipiellen [X.]rwägungen außerstande. [X.]r hält aber zur Vermeidung einer die Angeklagten anderenfalls möglicherweise treffenden zu weitgehenden Beschwer sämtliche Feststellungen des [X.]andgerichts auf-recht, die den [X.]inlassungen der Angeklagten entsprachen. Der [X.] kann nur auf diese Weise sicherstellen, daß die Teilaufhebung zu [X.]asten der [X.] ausschließlich die Richtigstellung des Subsumtionsfehlers zur [X.] bewirkt, es aber bei den rechtsfehlerfrei getroffenen, die Ange-klagten begünstigenden Feststellungen verbleibt, wonach ein größerer Schuldumfang und die Annahme von Bestechlichkeit ausscheiden.
Der neue Tatrichter darf nur noch ergänzende Feststellungen treffen, die den bisher getroffenen nicht widersprechen. Dies wird auch für die sub-jektive Tatseite gelten, wobei es für die Annahme des Vorsatzes ausreicht, daß die Angeklagten die den Zusammenhang zwischen Diensthandlung und Vorteilsgewährung begründenden tatsächlichen Umstände kannten; ob sie selbst die Vorteilsgewährung für sozialadäquat hielten, hat allenfalls im Rahmen eines Verbotsirrtums nach § 17 StGB Bedeutung ([X.]/[X.], StGB 52. Aufl. § 331 Rdn. 31). Naheliegend wird der neue Tatrichter dann - 9 - [X.] wenn sich nicht etwa noch weitergehende entlastende Umstände ergeben sollten [X.] zu [X.] wegen Vorteilsannahme zu gelangen haben.

[X.] Gerhardt Raum Brause [X.]

Meta

5 StR 168/04

02.02.2005

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.02.2005, Az. 5 StR 168/04 (REWIS RS 2005, 5201)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5201

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