Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 02.08.2017, Az. 7 ABR 51/15

7. Senat | REWIS RS 2017, 7061

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Gegenstand

Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder - Schwellenwerte - Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 14. Juli 2015 - 8 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die [X.]eteiligten streiten über die Anzahl der nach § 38 [X.]etrVG freizustellenden [X.]etriebsratsmitglieder.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie. Sie setzt in ihrem [X.]etrieb in [X.] zusätzlich zu ihren Arbeitnehmern, mit denen sie Arbeitsverträge abgeschlossen hat, seit Jahren ca. 150 Leiharbeitnehmer ein. Unter [X.]erücksichtigung der Leiharbeitnehmer betrug die Zahl der im [X.]etrieb in [X.] beschäftigten Arbeitnehmer im Kalenderjahr 2012 durchschnittlich 758,17, im Kalenderjahr 2013 durchschnittlich 661,5 und im [X.]raum von Januar bis September 2014 durchschnittlich 634,17. In der [X.] von Oktober 2014 bis Juni 2015 beschäftigte die Arbeitgeberin in ihrem [X.]etrieb in [X.] mindestens 433 Vertragsarbeitnehmer und mehr als 150 Leiharbeitnehmer; Ende Juni 2015 waren es 463 Vertragsarbeitnehmer und 165 Leiharbeitnehmer.

3

Der [X.]eteiligte zu 1. ist der im [X.]etrieb in [X.] gebildete [X.]etriebsrat. Ein [X.]etriebsratsmitglied ist von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Die Freistellung eines zweiten [X.]etriebsratsmitglieds lehnte die Arbeitgeberin ab.

4

Der [X.]etriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei nach § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG verpflichtet, ein weiteres [X.]etriebsratsmitglied von der beruflichen Tätigkeit freizustellen. Die Leiharbeitnehmer seien bei der für die Anzahl freizustellender [X.]etriebsratsmitglieder maßgeblichen [X.]elegschaftsstärke zu berücksichtigen, da sie das Arbeitsaufkommen im [X.]etriebsrat wesentlich beeinflussten.

5

Der [X.]etriebsrat hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ein weiteres vom [X.]etriebsrat zu wählendes [X.]etriebsratsmitglied von der beruflichen Tätigkeit freizustellen.

6

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, Leiharbeitnehmer seien bei den Schwellenwerten des § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG nicht mitzuzählen. Zudem beschäftige sie selbst bei [X.]erücksichtigung der Leiharbeitnehmer in der Regel nicht mindestens 501 Arbeitnehmer, da aufgrund des Auslaufens von zwei Aufträgen, der Reduzierung der Abteilung „Nacharbeit“ und durch weitere Prozessoptimierungen mit einem weiteren Personalabbau von 80 bis 120 Arbeitsplätzen zu rechnen sei. Die Effekte aus den beabsichtigten Umstrukturierungen und [X.]etriebsänderungen würden im April 2016 eintreten. Im Hinblick auf den zu erwartenden Personalabbau habe der [X.]etriebsrat bereits beantragt, ihm nach §§ 92a, 80 Abs. 3 [X.]etrVG einen Sachverständigen zur Seite zu stellen.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des [X.]etriebsrats stattgegeben. Das [X.] hat die [X.]eschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin das Ziel der Antragsabweisung weiter. Der [X.]etriebsrat begehrt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

8

[X.]. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat keinen Erfolg.

9

I. Die Rechtsbeschwerde ist allerdings nicht schon mangels Zulässigkeit der [X.]eschwerde der Arbeitgeberin gegen den [X.]eschluss des Arbeitsgerichts unbegründet. Die von Amts wegen zu prüfende Prozessfortführungsvoraussetzung der Zulässigkeit der [X.]eschwerde (vgl. dazu [X.]AG 30. Oktober 2012 - 1 A[X.]R 64/11 - Rn. 9 mwN) ist gegeben.

1. Nach § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ist Voraussetzung einer ordnungsgemäßen [X.]eschwerdebegründung die [X.]ezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die [X.]eschwerdebegründung muss sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen [X.]eschlusses befassen. Allgemeine, formelhafte Wendungen genügen hierfür nicht. Auch darf sich der [X.]eschwerdeführer nicht darauf beschränken, seine Rechtsausführungen aus den Vorinstanzen zu wiederholen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der [X.]eschwerdeführer die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit [X.]lickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt ([X.]AG 30. Oktober 2012 - 1 A[X.]R 64/11 - Rn. 11).

2. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die [X.]eschwerdebegründung der Arbeitgeberin diesen Anforderungen genügt. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des [X.]etriebsrats mit der [X.]egründung stattgegeben, die Leiharbeitnehmer seien bei den Schwellenwerten des § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG zu berücksichtigen. Damit sei auch unter Zugrundelegung des Vortrags der Arbeitgeberin zu dem in den Jahren 2014 und 2015 bevorstehenden Arbeitsplatzabbau von einem Personalbestand von mehr als 500 Arbeitnehmern auszugehen. Ein etwaiger weiterer Arbeitsplatzrückgang im Kalenderjahr 2016 sei nicht zu berücksichtigen, da dieser nicht unmittelbar bevorstehe. Die Arbeitgeberin hat dagegen eingewandt, die Leiharbeitnehmer zählten bei den Schwellenwerten in § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG nicht mit, da der [X.]etriebsrat für diese in wesentlichen Angelegenheiten nicht zuständig sei. Ein Absinken der Arbeitnehmerzahl innerhalb von eineinhalb Jahren sei berücksichtigungsfähig. [X.] diese [X.] zu, wären sie geeignet, die angefochtene Entscheidung insgesamt in Frage zu stellen.

II. Das [X.] hat dem Antrag des [X.]etriebsrats auf Feststellung, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ein weiteres vom [X.]etriebsrat zu [X.] [X.]etriebsratsmitglied von der beruflichen Tätigkeit freizustellen, zu Recht entsprochen.

1. Der Antrag ist nach der gebotenen Auslegung zulässig.

a) Aus dem Antragswortlaut und dem Vorbringen des [X.]etriebsrats folgt, dass die [X.]eteiligten allein über den Umfang - die „richtige“ Anzahl - der vorzunehmenden (Voll-)Freistellungen streiten. Die [X.] soll noch erfolgen. Der Antrag ist damit gegenwarts- und zukunftsbezogen auf die Feststellung gerichtet, dass nach § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG mindestens zwei [X.]etriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen sind (vgl. hierzu [X.]AG 5. Dezember 2012 - 7 A[X.]R 17/11 - Rn. 12 ff.).

b) Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig.

aa) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass der maßgebliche [X.]punkt für die Feststellung der [X.]elegschaftsstärke nicht durch einen Freistellungsbeschluss bestimmt ist (vgl. zum maßgeblichen [X.]eurteilungszeitpunkt: [X.] 28. Aufl. § 38 Rn. 8; [X.]/[X.] 17. Aufl. § 38 [X.]etrVG Rn. 1; [X.] in [X.] [X.]etrVG 15. Aufl. § 38 Rn. 11). Da der Antrag gegenwarts- und zukunftsbezogen ist, bezieht er sich auch noch im Rechtsbeschwerdeverfahren auf den [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Rechtsbeschwerdegericht bzw. im Fall des schriftlichen Verfahrens - wie vorliegend - auf den [X.]punkt der [X.]eratung des [X.]. Allerdings unterliegt nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur das [X.]eteiligtenvorbringen der [X.]eurteilung des [X.], das aus dem [X.]eschwerdebeschluss oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die [X.]erücksichtigung materiellrechtlich bedeutsamer Tatsachen, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstanden sind, ist daher regelmäßig ausgeschlossen. Aus Gründen der [X.] gilt das dann nicht, wenn die neu entstandenen Tatsachen unstreitig sind und schützenswerte [X.]elange der anderen [X.]eteiligten nicht entgegenstehen. Werden dagegen materiellrechtlich bedeutsame neue Tatsachen bestritten, können sie bei der Entscheidung des Revisions- bzw. [X.] keine [X.]erücksichtigung finden. Sie können dann aber in einem späteren Verfahren vorgebracht werden und sind dort nicht präkludiert ([X.]AG 14. Dezember 2004 - 1 A[X.]R 51/03 - zu [X.] II 1 der Gründe mwN, [X.]AGE 113, 82; vgl. für das Revisionsverfahren [X.]AG 19. Oktober 2011 - 4 [X.] - Rn. 14).

bb) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor. Der Streit über die Anzahl der vorzunehmenden Freistellungen betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis der [X.]etriebsparteien im Sinne einer durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandenen rechtlichen [X.]eziehung ([X.]AG 18. Januar 2017 - 7 A[X.]R 60/15 - Rn. 17). Der [X.]etriebsrat hat ein rechtliches Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO an der begehrten gerichtlichen Feststellung, da die Arbeitgeberin die Pflicht zur Freistellung eines zweiten [X.]etriebsratsmitglieds - unabhängig von der Person des [X.] - in Abrede stellt und das Verfahren geeignet ist, diesen Streit abschließend zu klären.

2. Der Antrag ist begründet. Der [X.]etriebsrat kann nach § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG die Freistellung von zwei seiner Mitglieder beanspruchen.

a) Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG sind in [X.]etrieben mit in der Regel 501 bis 900 Arbeitnehmern zwei [X.]etriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen. Leiharbeitnehmer sind bei der Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG mitzurechnen, wenn sie zu dem regelmäßigen Personalbestand des [X.]etriebs zählen.

aa) Nach § 14 Abs. 2 Satz 4 [X.] in der seit dem 1. April 2017 geltenden Fassung (geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21. Februar 2017, [X.]G[X.]l. I S. 258) sind Leiharbeitnehmer auch im Entleiherbetrieb zu berücksichtigen, soweit [X.]estimmungen des [X.]etriebsverfassungsgesetzes mit Ausnahme des § 112a, des Europäische [X.]etriebsräte-Gesetzes oder der aufgrund der jeweiligen Gesetze erlassenen Wahlordnungen eine bestimmte Anzahl oder einen bestimmten Anteil von Arbeitnehmern voraussetzen. Damit sind Leiharbeitnehmer bei der nach § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG für die Anzahl freizustellender [X.]etriebsratsmitglieder maßgeblichen [X.]elegschaftsstärke mitzuzählen.

bb) § 14 Abs. 2 Satz 4 [X.] nF findet vorliegend Anwendung.

(1) Streitgegenstand dieses Verfahrens ist die Frage, ob die Arbeitgeberin zur Vornahme einer zweiten Freistellung gegenwärtig und zukünftig verpflichtet ist. Die begehrte Freistellung soll erst noch erfolgen. Es geht nicht darum, ob die Arbeitgeberin in der Vergangenheit zu einer solchen Freistellung verpflichtet war. Die streitgegenständliche Frage ist deshalb nach Maßgabe der Rechtslage zu beantworten, die im [X.]punkt der gerichtlichen Entscheidung in [X.] ist (vgl. [X.]AG 10. Juli 2013 - 7 A[X.]R 91/11 - Rn. 30, [X.]AGE 145, 355; 12. November 2002 - 1 A[X.]R 1/02 - zu [X.] I 2 der Gründe, [X.]AGE 103, 304). Das gilt auch, wenn die Änderung der Rechtslage eine geänderte rechtliche [X.]eurteilung erfordert. Wenn und soweit darin eine Änderung des Streitgegenstandes und damit eine Antragsänderung liegt, ist diese in der [X.] zulässig, wenn der festgestellte Sachverhalt die rechtliche [X.]eurteilung nach der neuen Rechtslage ermöglicht, der Streitstoff nicht erweitert wird und die Rechte der [X.]eteiligten nicht verkürzt werden ([X.]AG 10. Juli 2013 - 7 A[X.]R 91/11 - aaO; 25. Januar 2005 - 1 A[X.]R 61/03 - zu [X.] I 1 der Gründe, [X.]AGE 113, 218).

(2) Hier hat sich die Rechtslage durch das Inkrafttreten des § 14 Abs. 2 Satz 4 [X.] nicht geändert. Leiharbeitnehmer waren auch vor dem Inkrafttreten der Neuregelung des § 14 Abs. 2 Satz 4 [X.] bei der Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG mitzurechnen, wenn sie zu dem regelmäßigen Personalbestand des [X.]etriebs zählten (vgl. ausf. [X.]AG 18. Januar 2017 - 7 A[X.]R 60/15 - Rn. 25 ff.). Die gesetzliche Neuregelung, mit der der Gesetzgeber die Rechtsprechung des [X.]undesarbeitsgerichts zur [X.]erücksichtigung der Leiharbeitnehmer bei betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten ([X.]AG 13. März 2013 - 7 A[X.]R 69/11 - Rn. 7, [X.]AGE 144, 340; 18. Oktober 2011 - 1 [X.] - Rn. 15, [X.]AGE 139, 342) aufgegriffen hat, soll ausweislich der Gesetzesbegründung ([X.]T-Drs. 18/9232 S. 29) nur der Klarstellung dienen, bei welchen betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten Leiharbeitnehmer mitzuzählen sind.

b) Danach hat das [X.] zu Recht angenommen, dass die Arbeitgeberin zwei Mitglieder des [X.]etriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen hat, weil sie unter [X.]erücksichtigung auch der Leiharbeitnehmer in der Regel mindestens 501 Arbeitnehmer in ihrem [X.]etrieb beschäftigt.

aa) Für die Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer ist die normale [X.]eschäftigtenzahl maßgeblich, also diejenige Personalstärke, die für den [X.]etrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist. Zur Ermittlung der regelmäßigen [X.]eschäftigtenzahl ist nicht nur der Personalbestand in der Vergangenheit zugrunde zu legen, sondern auch die künftige, aufgrund konkreter Unternehmerentscheidungen zu erwartende Entwicklung des [X.]eschäftigtenstands einzubeziehen, wenn sie unmittelbar bevorsteht. Künftige Veränderungen der Arbeitnehmerzahl, die nicht unmittelbar bevorstehen, können allenfalls eine spätere Anpassung der Zahl der [X.] bedingen ([X.]AG 26. Juli 1989 - 7 A[X.]R 64/88 - zu [X.] I 1 der Gründe, [X.]AGE 63, 1). Die Feststellung der maßgeblichen [X.]etriebsgröße erfordert daher sowohl eine rückblickende [X.]etrachtung, für die ein [X.]raum zwischen sechs Monaten bis zwei Jahren als angemessen erachtet wird, als auch eine Prognose, bei der konkrete Veränderungsentscheidungen zu berücksichtigen sind. Werden Arbeitnehmer nicht ständig, sondern lediglich zeitweilig beschäftigt, kommt es für die Frage der regelmäßigen [X.]eschäftigung darauf an, ob sie normalerweise während des größten Teils eines Jahres, dh. länger als sechs Monate, beschäftigt werden (vgl. [X.]AG 18. Januar 2017 - 7 A[X.]R 60/15 - Rn. 34; 4. November 2015 - 7 A[X.]R 42/13 - Rn. 36, [X.]AGE 153, 171; 18. Oktober 2011 - 1 [X.] - Rn. 21, [X.]AGE 139, 342; 12. November 2008 - 7 A[X.]R 73/07 - Rn. 16; 7. Mai 2008 - 7 A[X.]R 17/07 - Rn. 17; 16. November 2004 - 1 [X.] - zu I 3 der Gründe). Das gilt auch für Leiharbeitnehmer, wenn Leiharbeit längerfristig als Instrument zur Deckung des Personalbedarfs im [X.]etrieb genutzt wird (vgl. [X.]AG 18. Januar 2017 - 7 A[X.]R 60/15 - aaO; entspr. zum regelmäßigen Personalbestand im Unternehmen nach § 9 [X.] [X.]AG 4. November 2015 - 7 A[X.]R 42/13 - aaO). Dabei kommt es auf die Anzahl der „in der Regel“ beschäftigten Leiharbeitnehmer an, da § 14 Abs. 2 Satz 4 [X.] nicht das Vorliegen der in der jeweiligen Norm enthaltenen weiteren Voraussetzungen wie die [X.]eschränkung auf „in der Regel“ [X.]eschäftigte fingiert ([X.]T-Drs. 18/9232 S. 29).

bb) Danach beschäftigt die Arbeitgeberin in ihrem [X.]etrieb in der Regel mindestens 501 Arbeitnehmer einschließlich der Leiharbeitnehmer.

(1) In der Vergangenheit und im [X.]punkt der Entscheidung des [X.]s betrug die Anzahl der Arbeitnehmer mindestens 580.

(a) Nach den Feststellungen des [X.]s beschäftigte die Arbeitgeberin im Kalenderjahr 2012 durchschnittlich 758,17 Arbeitnehmer, im Kalenderjahr 2013 durchschnittlich 661,5 Arbeitnehmer, im [X.]raum von Januar bis September 2014 durchschnittlich 634,17 Arbeitnehmer und in der [X.] von Oktober 2014 bis Juni 2015 mindestens 580 Arbeitnehmer. Ende Juni 2015 setzte die Arbeitgeberin zusätzlich zu den 463 eigenen [X.] noch 165 Leiharbeitnehmer ein.

(b) An diese Feststellungen ist der Senat gebunden (§ 559 Abs. 2 ZPO). Die insoweit erhobene Aufklärungsrüge der Arbeitgeberin ist unzulässig.

(aa) Wird die Rechtsbeschwerde darauf gestützt, dass das Gesetz in [X.]ezug auf das Verfahren verletzt sei, muss die Rechtsbeschwerde nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. b ZPO die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Wird eine Verletzung der Amtsaufklärungspflicht durch das [X.]eschwerdegericht gerügt, muss in der Rechtsbeschwerdebegründung dargelegt werden, welche weiteren Tatsachen in den Vorinstanzen hätten ermittelt, welche weiteren [X.]eweismittel hätten herangezogen werden können und inwiefern sich dem [X.]eschwerdegericht eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen ([X.]AG 16. Mai 2007 - 7 A[X.]R 45/06 - Rn. 12 mwN, [X.]AGE 122, 293).

(bb) Diesen Anforderungen wird die Rüge der Arbeitgeberin, das [X.] habe nicht detailliert untersucht, in welchem konkreten [X.]rahmen Leiharbeitnehmer mit welchen konkreten Aufgaben im Einzelfall beschäftigt würden, nicht gerecht. Die Arbeitgeberin hat nicht dargelegt, zu welchen Ergebnissen eine solche Ermittlung geführt hätte und inwieweit Feststellungen zur [X.]eschäftigungsdauer und zur Art der Aufgaben einzelner Leiharbeitnehmer entscheidungserheblich sein könnten.

(2) Das [X.] hat auch zu Recht angenommen, das Vorbringen der Arbeitgeberin zum künftigen [X.]eschäftigungsstand rechtfertige nicht die Prognose eines künftigen, unmittelbar bevorstehenden Absinkens der [X.]elegschaftsstärke.

(a) Die Arbeitgeberin hat keine konkrete Veränderungsentscheidung dargelegt, die einen unmittelbar bevorstehenden Rückgang der Arbeitnehmerzahl erwarten lässt. Ihr erstinstanzlicher Vortrag, es sei aufgrund des Auslaufens von zwei Aufträgen, der Reduzierung der Abteilung „Nacharbeit“ und weiterer Prozessoptimierungen in den Jahren 2014 bis 2016 mit einem Personalabbau von 169 Arbeitsplätzen zu rechnen, enthält nur Angaben zu ihren Vorstellungen und Planungen. Sie hat damit nicht behauptet, eine konkrete unternehmerische Entscheidung getroffen zu haben, mit der ein unmittelbar bevorstehender Abbau des [X.] verbunden ist. Im [X.]eschwerdeverfahren hat die Arbeitgeberin erklärt, sie rechne noch mit einem Personalabbau von 80 bis 120 Stellen. Effekte aus beabsichtigten Umstrukturierungen und [X.]etriebsänderungen würden wohl erst 2016 eintreten. Dies bestätigt, dass es keine konkrete unternehmerische Entscheidung zu einem Personalabbau gab, deren Umsetzung unmittelbar bevorstand. Das Vorliegen einer solchen Unternehmerentscheidung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der [X.]etriebsrat zur Wahrung seiner Rechte aus § 92a [X.]etrVG die Hinzuziehung eines Sachverständigen nach § 80 [X.]etrVG beantragt hat.

(b) Die Arbeitgeberin rügt ohne Erfolg, das [X.] habe ihren Einwand, die [X.]eschäftigtenzahl werde noch innerhalb der laufenden Wahlperiode so drastisch sinken, dass eine zweite Freistellung nicht mehr gerechtfertigt sei, ohne die gebotene sorgfältige Aufklärung abgetan. Auch diese Aufklärungsrüge ist unzulässig. Die Arbeitgeberin legt nicht dar, welche entscheidungserheblichen Tatsachen in welcher Weise hätten ermittelt werden können.

        

    Gräfl    

        

    Kiel     

        

    M. Rennpferdt     

        

        

        

    [X.]usch     

        

    Strippelmann    

                 

Meta

7 ABR 51/15

02.08.2017

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Mainz, 30. Oktober 2014, Az: 11 BV 8/14, Beschluss

§ 38 Abs 1 S 1 BetrVG, § 14 Abs 2 S 4 AÜG vom 21.02.2017

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 02.08.2017, Az. 7 ABR 51/15 (REWIS RS 2017, 7061)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7061

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