Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.12.2010, Az. 21 W (pat) 1/09

21. Senat | REWIS RS 2010, 95

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Verfahren zum Betreiben eines elektronischen Dosiersystems und Dosiersystem zur Durchführung des Verfahrens" – Teilungsanmeldung – zur Zuständigkeit für die Prüfung einer im Beschwerdeverfahren entstandenen Teilanmeldung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 198 50 841.7-52

(hier: Teilung)

hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] am 21. Dezember 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dipl.-Phys. [X.] und [X.], Dipl.-Phys. [X.] und Dipl.-Phys. Dr. Müller

beschlossen:

Das [X.] ist für die Prüfung der aufgrund der Teilungserklärung vom 21. September 2010 aus der [X.] 198 50 841.7-52 entstandenen Patentanmeldung nicht zuständig. Das Anmeldeverfahren wird zur weiteren Bearbeitung an das [X.] verwiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat am 4. November 1998 beim [X.] Antrag auf Erteilung eines Patents mit der Bezeichnung "Verfahren zum Betreiben eines elektronischen Dosiersystems und Dosiersystem zur Durchführung des Verfahrens" gestellt. Die Anmeldung, die beim [X.] unter dem Aktenzeichen 198 50 841.7-52 geführt wird, ist mit Beschluss der Prüfungsstelle für [X.] vom 4. September 2003 zurückgewiesen worden, da der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

2

Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, mit der sie zunächst ihr Patentbegehren auf der Basis neuer Ansprüche 1 bis 35 weiterverfolgt hat. In der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2010 hat sie neue Ansprüche gemäß Haupt- und Hilfsantrag vorgelegt sowie die Teilung der Anmeldung erklärt und anschließend die Beschwerde zurückgenommen.

3

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

4

Das [X.] ist für die Prüfung der aus der [X.] 198 50 841.7-52 entstandenen Patentanmeldung nicht zuständig, auch nicht für die Frage, ob die Teilungserklärung später wegen Nichterfüllung der in § 39 Abs. 2 und 3 [X.] genannten Erfordernisse wieder weggefallen ist.

5

1. Die [X.] ist aufgrund der in der mündlichen Verhandlung am 21. September 2010 zu Protokoll abgegebenen Teilungserklärung wirksam entstanden. Diese ist gemäß § 39 Abs. 1 S. 2 [X.] grundsätzlich schriftlich zu erklären, im Verfahren vor dem [X.] ist aber auch eine Teilungserklärung zu Protokoll zulässig (vgl. B[X.]E 43, 221 = [X.] 2001, 108, 109; B[X.] 29. September 2003 15 W (pat) 309/02).

6

2. Dass bei Abgabe der Teilungserklärung das Beschwerdeverfahren über die [X.] beim [X.] anhängig war, führt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht dazu, dass das Gericht für die Prüfung der [X.] zuständig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2010, [X.].: 21 W (pat) 10/09, zur Veröffentlichung vorgesehen).

7

2.1. Bei einer Teilung im Beschwerdeverfahren fehlt es stets an einer Zuständigkeit des [X.]s für die Prüfung der [X.]: Wird eine Patentanmeldung im Beschwerdeverfahren geteilt, führt dies nicht dazu, dass die Teilanmeldung im Beschwerdeverfahren anfällt, wie dies die Rechtsprechung bisher im [X.] an die Entscheidungen des [X.] "Mehrfachsteuersystem" ([X.], 574 ff.) und "Textdatenwiedergabe" ([X.], 458 ff.) im Hinblick auf die dort in Bezug genommenen Entscheidungen des [X.] [X.] 1972, 472, 473 f. - Zurückverweisung; [X.] 1972, 474, 475 – [X.]; [X.] 1977, 209 – Tampon oder [X.] 1967, 413 ff. – Kaskodeverstärker, annimmt.

8

2.1.1. Die Rechtsfigur der Prozesstrennung nach § 145 ZPO kann auf diese Teilung nicht angewendet werden. Teilung und Ausscheidung sind zwei verschiedene Institute mit unterschiedlichen Voraussetzungen und unterschiedlichem Ziel. Anders als die Teilung setzt die Ausscheidung an der Grenzlinie der Einheitlichkeit abgrenzbare Teile der Anmeldung begrifflich voraus (vgl. Busse, [X.] 6. Aufl. 2003, § 39 Rn. 40). Nur in den Fällen der Ausscheidung ist der Vergleich mit einer Verfahrenstrennung entsprechend § 145 ZPO zutreffend: Bei einer uneinheitlichen Anmeldung werden Erfindungen beansprucht, die in keinem technischen Zusammenhang, in keiner technischen Wechselwirkung zueinander stehen und keiner Gesamtaufgabe untergeordnet werden können. Der mit der Abtrennung verbundene Vorgang stellt sich sachlich nicht als eine neue Anmeldung, sondern als Verselbständigung eines Teils der bereits erfolgten Anmeldung dar; der Anspruch auf Patenterteilung wird für diesen Teil nunmehr in einem besonderen Verfahren weiterverfolgt, das rechtlich insoweit als Fortsetzung des bereits anhängig gewordenen Erteilungsverfahrens erscheint (BGH [X.] 1971, 565 ff. – Funkpeiler).

9

Dies setzt sich entsprechend auch in einem Beschwerdeverfahren fort, in dem die uneinheitlichen Erfindungen, also die unterschiedlichen Streitgegenstände, bereits in der ersten Instanz vorhanden und daher Inhalt der im Beschwerdeverfahren zur Überprüfung stehenden Entscheidung waren.

2.1.2. Aufgrund der Teilungserklärung entsteht dagegen eine neue Anmeldung, die sich regelmäßig gemäß § 39 Abs. 1 S. 3 [X.] im Stadium nach gestelltem Prüfungsantrag befindet. Diese ist gegenüber der [X.] ein neuer Verfahrensgegenstand. Da die [X.] (der Devolutiveffekt) einer Beschwerde alleine den Streitgegenstand der erstinstanziellen Entscheidung erfasst, kann Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens auch nur der Inhalt der [X.] sein, nicht die Teilanmeldung, über die mangels Existenz im Zeitpunkt des Zurückweisungsbeschlusses nicht entschieden worden ist. Demzufolge kann die [X.] nie Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sein. Die Zuständigkeit für ihre Prüfung liegt ausschließlich beim [X.] Patent und Markenamt (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2010, [X.].: 21 W (pat) 10/09, zur Veröffentlichung vorgesehen).

2.2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesetzeswortlaut unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung zu § 26e [X.] a. F. ([X.] 1979, 284). Dass sich die [X.] in einer anderen, späteren Verfahrenssituation befinden soll als in der nach Stellung des Prüfungsantrags, dass also jedes Verfahrensstadium der [X.] auch für die [X.] gelten solle, ist im Gesetz weder ausdrücklich geregelt noch kann es in diesem Sinn ausgelegt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2010, [X.].: 21 W (pat) 10/09, zur Veröffentlichung vorgesehen).

3. Demzufolge hat es auch keine Auswirkungen auf die [X.], dass die Beschwerde unmittelbar nach der Teilungserklärung in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden ist.

4. Die erstmalige Prüfung von Patentanmeldungen ist grundsätzlich Sache des [X.]s als Verwaltungsbehörde, also der Exekutive. Dementsprechend ist für die Prüfung der [X.] stets nur der Rechtsweg zum [X.] eröffnet. Die vorliegende Anmeldung muss daher gemäß §§ 13, 17a Abs. 2 S. 1 GVG zur weiteren Bearbeitung an das auch für die Prüfung der Wirksamkeit bzw. den weiteren Bestand der [X.] allein zuständige [X.] Patent- und Markenamt verwiesen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2010, [X.].: 21 W (pat) 10/09, zur Veröffentlichung vorgesehen).

III.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nach § 100 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erforderlich, da der Senat von der bisherigen Rechtsprechung insbesondere des [X.] abweicht (vgl. [X.], [X.], 8. Aufl. 2008, § 100 Rn. 24).

Meta

21 W (pat) 1/09

21.12.2010

Bundespatentgericht 21. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 145 ZPO § 13 GVG § 17a Abs 2 S 1 GVG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.12.2010, Az. 21 W (pat) 1/09 (REWIS RS 2010, 95)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 95

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

X ZB 9/18

18 W (pat) 36/14

Zitiert

21 W (pat) 10/09

Zitieren mit Quelle:
x

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