Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.02.2015, Az. 1 AZR 706/13

1. Senat | REWIS RS 2015, 14970

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Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 21. März 2013 - 7 [X.]/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil des [X.] vom 21. März 2013 - 7 [X.]/12 - wird dahingehend berichtigt, dass der im Tenor genannte Betrag „357,97“ ersetzt wird durch den Betrag „357,77“.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Belang - über Vergütung wegen Annahmeverzugs.

2

Die Beklagte führte im Auftrag der [X.] auf dem [X.] in drei Schichten Sicherheitskontrollen durch. Die Zahl der zu den jeweiligen Tageszeiten eingesetzten Arbeitnehmer war von teilweise kurzfristigen Anforderungen der [X.] abhängig.

3

Der Kläger ist als [X.] bei der [X.] bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Sein [X.] betrug bei einem monatlichen Mindestbeschäftigungsumfang von 160 Stunden bis zum 30. Juni 2011 11,81 Euro, vom 1. Juli 2011 bis zum 29. Februar 2012 12,06 Euro und ab dem 1. März 2012 12,36 Euro.

4

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der bis zum 30. September 2010 allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in [X.] vom 8. Dezember 2005 ([X.]) Anwendung. Dessen § 2 lautet:

        

§ 2   

Arbeitsbedingungen für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer

        

1.    

[X.] eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt monatlich 160 Stunden.

        

2.    

Die monatliche Regelarbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt im Durchschnitt eines Kalenderjahrs 260 Stunden.“

5

Im Betrieb der [X.] beschloss eine Einigungsstelle am 11. März 2010 eine Betriebsvereinbarung „Dienst- und Pausenplanung“ ([X.] 2010), deren Nr. 3 lautet:

        

3     

Ruhepausen und unbezahlte Pausen

        

(1)     

Dem Mitarbeiter wird bei Dienstbeginn mitgeteilt, wann er eine Ruhepause hat (§ 4 [X.]). Sobald unvorhersehbare betriebliche Belange eine Verschiebung der Ruhepausen erfordern, hat der Disponent hierüber unverzüglich unter Abwägung der betrieblichen und persönlichen Belange des betroffenen Mitarbeiters zu entscheiden und dies dem Mitarbeiter mitzuteilen.

        

(2)     

Bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden können arbeitstäglich bis zu 30 Minuten unbezahlte Pausen zusätzlich zu den Ruhepausen gem. § 4 [X.] angewiesen werden. In Einzelfällen können an einem Arbeitstag mehr als 30 Minuten zusätzlich angeordnet werden. Geschieht dies, so reduzieren sich die zusätzlichen unbezahlten Pausen der [X.] des jeweiligen Monats entsprechend.“

6

Diese Betriebsvereinbarung wurde vom Betriebsrat angefochten. Das Verfahren endete am 24. Juni 2010 durch den Abschluss eines Vergleichs. In diesem ist bestimmt:

        

„1.     

Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 01.03.2010 unwirksam ist.

        

…       

        
        

3.    

Für die Übergangszeit findet der Spruch vom 01.03.2010 mit Ausnahme der Nr. 3 (Pausenregelung) Anwendung. Für die Übergangszeit treffen die Beteiligten eine Pausenregelung wie folgt:

                 

Die gesetzliche Pause hat in einem Zeitfenster mit Beginn der 3. Arbeitsstunde bis zum Abschluss der 7. Arbeitsstunde zu liegen. Der genaue Zeitpunkt der Pause ist dem Mitarbeiter vor Dienstbeginn verbindlich mitzuteilen.“

7

Am 31. Januar 2011 beschloss eine Einigungsstelle eine neue Betriebsvereinbarung „Dienst- und Pausenregelung“ ([X.] 2011). In dieser ist bestimmt:

        

§ 9 Pausen

        

(1)     

Dem Mitarbeiter werden die gesetzlichen Ruhepausen (§ 4 [X.]) in einem Zeitkorridor zwischen Beginn der 2. Arbeitsstunde (frühester Beginn der Ruhepause) und Ende der 7. Arbeitsstunde (spätestes Ende der Ruhepause) durchgehend gewährt. Die Lage der Ruhepause/n wird dem Mitarbeiter bei Beginn der Schicht mitgeteilt.

        

(2)     

Es können pro Schicht zusätzlich unbezahlte Ruhepausen von maximal 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden angeordnet werden, wenn innerhalb eines Kalenderjahres im Durchschnitt unbezahlte Pausen an nicht mehr als zehn Arbeitstagen monatlich gegenüber dem Mitarbeiter angeordnet werden.“

8

Die Lage der gesetzlichen Pause und der zusätzlichen Arbeitsunterbrechung für den jeweiligen Einsatztag wurden erst in der Nacht vor dem Einsatztag von den [X.] der [X.] festgelegt.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, für Zeiten pausenbedingter Arbeitsunterbrechungen sei die Beklagte in Annahmeverzug geraten. Die jeweiligen Pausenanordnungen seien unwirksam. Die Pausen dienten nicht der Erholung. Ihre zeitliche Lage richte sich allein nach dem Passagieraufkommen und lasse die Belange von Arbeitnehmern unberücksichtigt. Auf § 9 [X.] 2011 könne sich die Beklagte nicht berufen. Diese Regelung sei betriebsverfassungswidrig.

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Interesse - zuletzt sinngemäß beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

        

1.    

1.723,78 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2011 zu bezahlen ([X.] 1. April 2010 bis 31. Oktober 2011);

        

2.    

194,81 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2011 zu bezahlen (Sonn- und Feiertagszuschläge 1. April 2010 bis 31. Oktober 2011).

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der in der Revision noch anhängigen Klage entsprochen. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] der Klage iHv. 315,33 Euro (Antrag zu 1.) sowie iHv. 42,44 Euro (Antrag zu 2.) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die nur teilweise zulässige Revision bleibt ohne Erfolg. Die Klage ist, soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist, unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs (§ 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB) für die streitgegenständlichen Arbeitsunterbrechungen.

A. Die Revision ist hinsichtlich des auf April 2010 entfallenden Betrags von 92,64 [X.] nicht ordnungsgemäß begründet und daher unzulässig. Die Begründung der Revision genügt nicht den Anforderungen der § 72 Abs. 5 ArbGG, § 551 Abs. 3 ZPO. Der Kläger geht auf die Ausführungen des Berufungsgerichts, ihm sei für den 15. - 17., 19., 24. - 27. April 2010 die Vergütung auch für die Arbeitsunterbrechungen gezahlt worden, nicht ein. Dies gilt gleichermaßen für den 10. Oktober 2010 und den 6. Januar 2011 (jeweils 11,81 [X.]) sowie für den 28. Juli 2011 (6,03 [X.]).

B. Im zulässigen Umfang ist die Revision unbegründet. Das [X.] hat der Berufung der [X.]n zu Recht entsprochen und die Klage in dem noch anhängigen Umfang abgewiesen.

I. Die Voraussetzungen für einen Verzugslohnsanspruch liegen im [X.]raum ab Inkrafttreten der [X.] am 1. Februar 2011 nicht vor. Die [X.] war während der von ihr auf der Grundlage von § 9 [X.] angeordneten Pausen zur Beschäftigung des [X.] nicht verpflichtet. Im Übrigen war der Kläger im Umfang der gesetzlichen Mindestpausen nicht leistungsfähig, für die darüber hinausgehenden Arbeitsunterbrechungen fehlte es an dem erforderlichen Angebot der Arbeitsleistung.

1. In welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten kann, richtet sich grundsätzlich nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Diese bestimmt den zeitlichen Umfang, in welchem der Arbeitnehmer berechtigt ist, Arbeitsleistung zu erbringen und der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Arbeitsleistung anzunehmen ([X.] 16. April 2014 - 5 [X.] - Rn. 13). Allerdings sind dabei die gesetzlichen Ruhepausen des § 4 [X.] zu beachten. Mit der bußgeld- und strafbewehrten (§ 22 Abs. 1 Nr. 2, § 23 [X.]) Verpflichtung des Arbeitgebers, die Arbeit mindestens in dem vorgeschriebenen Umfang zu unterbrechen, entbindet die Norm gleichzeitig den Arbeitgeber von der Verpflichtung, Arbeitsleistung der Arbeitnehmer anzunehmen, und setzt zudem die Arbeitnehmer außerstande, die Arbeitsleistung zu bewirken (§ 297 BGB).

2. Der Kläger hat für die auf der Grundlage von § 9 [X.] angeordneten Arbeitsunterbrechungen keinen Vergütungsanspruch. Er hat in diesen [X.]en weder gearbeitet, noch sich zur Arbeit bereithalten müssen, noch war die [X.] zur Beschäftigung verpflichtet.

a) Die von der [X.] beschlossene Regelung in § 9 [X.] über die Lage und Dauer der gesetzlichen Pause sowie einer zusätzlichen Ruhepause ist vom Mitbestimmungsrecht des [X.] aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erfasst und wirksam.

aa) Nach § 9 Abs. 1 [X.] gewährt die [X.] den von der [X.] erfassten Arbeitnehmern die gesetzlichen Ruhepausen in dem dort bestimmten [X.]. Die Lage der Pausen wird dem Mitarbeiter bei Schichtbeginn mitgeteilt. Absatz 2 erweitert die Anordnungsbefugnis der [X.]n unter den dort bestimmten Voraussetzungen für eine zusätzliche unbezahlte Ruhepause von maximal 30 Minuten pro Schicht.

bb) Die Ausgestaltung der Pausenzeiten unterfällt dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.

(1) Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen. Der Zweck des Mitbestimmungsrechts besteht darin, die Interessen der Arbeitnehmer an der Lage ihrer Arbeitszeit und damit zugleich ihrer freien und für die Gestaltung ihres Privatlebens nutzbaren [X.] zur Geltung zu bringen. Dementsprechend betrifft das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG die Lage der Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit ([X.] 10. November 2009 - 1 [X.] - Rn. 14).

(2) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG können die Betriebsparteien die Lage und die Dauer von Pausen innerhalb der Arbeitszeit mit normativer Wirkung für die Betriebsangehörigen festlegen.

(a) Der Begriff der Pause ist in der Vorschrift nicht definiert, sondern wird dort vorausgesetzt. Er hat denselben Inhalt wie der Begriff der Ruhepause in § 4 [X.] und in seiner allgemeinen Bedeutung ([X.] 29. Oktober 2002 - 1 [X.]/01 - zu I 3 b dd der Gründe, [X.]E 103, 197). Pausen sind im Voraus feststehende Unterbrechungen der Arbeit, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat und frei über die Nutzung des [X.]raums bestimmen kann (vgl. [X.] 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 10; 23. September 1992 - 4 [X.] - zu I 2 der Gründe; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 4 [X.] Rn. 9; [X.]/[X.] 15. Aufl. § 4 [X.] Rn. 1; [X.] 2. Aufl. § 4 [X.] Rn. 6, jeweils mwN). Weil sie keine Arbeit, sondern eine Unterbrechung der Arbeit sind (§ 4 Satz 1 [X.]), zählen sie nicht zur Arbeitszeit, § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] ([X.] 18. November 2009 - 5 [X.] - Rn. 13) und müssen nicht nach § 611 Abs. 1 BGB vergütet werden (vgl. [X.] 20. April 2011 - 5 [X.] - Rn. 21 mwN, [X.]E 137, 366).

(b) Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erfasst auch die Frage, ob die Arbeit an einem Arbeitstag zusammenhängend oder in mehreren Teilabschnitten, die durch größere Pausenzeiten unterbrochen sind, geleistet wird ([X.] 14. März 1989 - 1 [X.] - zu [X.] 2 b der Gründe). Hierbei haben die Betriebsparteien die Interessen der Arbeitnehmer an einer sinnvollen, insbesondere zusammenhängenden Gestaltung der arbeitsfreien [X.] mit denen des Arbeitgebers, die Arbeitszeit aus betrieblichen Gründen mit Unterbrechungen festzulegen, zu einem Ausgleich zu bringen.

(3) Die in § 9 Abs. 1 [X.] getroffene Regelung über die Lage der gesetzlichen Pausen hält sich ebenso im Rahmen des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG wie die in Absatz 2 ausgestaltete weitere Pause. Die Lage und Dauer der Pausen musste nicht bereits in den Monats- oder [X.] verbindlich festgelegt werden. Der durch § 4 [X.] bestimmte Rahmen für die gesetzliche Mindestpause wird durch den [X.]nspruch nicht überschritten. Ebenso war die [X.] befugt, die Lage und Dauer einer weiteren Arbeitsunterbrechung von längstens 30 Minuten zu regeln.

cc) Die [X.] in § 9 [X.] ist hinreichend bestimmt.

Mit dem in § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] verwandten Begriff der „gesetzlichen Ruhepausen“ werden die in § 4 [X.] festgelegten Mindestruhezeiten bezeichnet. Diese können unter den in § 9 Abs. 2 [X.] näher ausgestalteten Voraussetzungen um eine „unbezahlte“ Ruhepause von bis zu 30 Minuten verlängert werden. Das in § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] enthaltene Erfordernis der durchgehenden Gewährung sowie die in Satz 2 bestimmte Mitteilungspflicht gelten für die Gesamtpausenzeit und daher auch für die nach Absatz 2 verlängerte Ruhepause. Für dieses Verständnis spricht, dass bei der Mitteilungspflicht in § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] einheitlich auf „die Lage der Ruhepause/n“ abgestellt wird. Auch der [X.] für die Pausengewährung ist wegen der in § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] enthaltenen Bezugnahme auf § 4 [X.] eindeutig bestimmt.

dd) Die [X.] in § 9 Abs. 1 [X.] verstößt nicht deshalb gegen § 4 Satz 1 [X.], weil es sich nicht um eine „im Voraus“ feststehende Arbeitsunterbrechung handelt. Eine Festlegung von Lage und Dauer der gesetzlichen Pause vor Beginn der täglichen Arbeitszeit verlangt § 4 Satz 1 [X.] nicht ([X.] 13. Oktober 2009 - 9 [X.] - Rn. 47, [X.]E 132, 195; ebenso bereits [X.] 22. Juli 2003 - 1 [X.] - zu II 3 [X.] der Gründe, [X.]E 107, 78; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 4 [X.] Rn. 24; [X.] 2. Aufl. § 4 [X.] Rn. 19, jeweils mwN). Dies gilt gleichermaßen für die in § 9 Abs. 2 [X.] vorgesehenen zusätzlichen Pausen.

(1) Das [X.] legt weder einen bestimmten [X.]punkt, noch - anders als § 11 Abs. 2 [X.] - einen bestimmten [X.]rahmen fest, zu dem bzw. innerhalb dessen die Ruhepause gewährt werden muss. Ebenso wenig regelt § 4 Satz 1 [X.], wann die Ruhepause im Voraus feststehen muss. Auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. [X.]. 12/5888 S. 24) ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Notwendigkeit, Beginn und Dauer der Ruhepause bereits vor Beginn der täglichen Arbeitszeit festzulegen.

(2) Das Erfordernis des im Voraus [X.] soll sicherstellen, dass der Arbeitnehmer sich auf die Pause einrichten und sie auch tatsächlich zur Erholung nutzen kann ([X.]/[X.] 14. Aufl. § 4 [X.] Rn. 4). Die Ruhepause soll nicht durch kontinuierliche Weiterarbeit überlagert und „vergessen“ werden ([X.] 13. Oktober 2009 - 9 [X.] - Rn. 47, [X.]E 132, 195). Diesem Zweck genügt es, wenn dem Arbeitnehmer - wie von § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] vorgesehen - Beginn und Dauer der Ruhepause zu Beginn der täglichen Arbeitszeit mitgeteilt werden.

(3) Der [X.] braucht deshalb nicht zu entscheiden, ob eine „spontan“ gewährte Ruhepause, in der der Arbeitnehmer weder arbeiten noch sich zur Arbeit bereit halten muss, den gesetzlichen Anforderungen genügt und allein ein Verstoß gegen das Erfordernis des im Voraus [X.] überhaupt zu einer Vergütungspflicht des Arbeitgebers führt oder die Gewährung (nur) nicht im Voraus feststehender Ruhepausen ebenso wie die Gewährung zu kurzer Ruhepausen (hierzu [X.] 28. September 1972 - 5 [X.] -) einen Schadensersatzanspruch begründet, wenn Arbeitnehmer durch die Nichteinhaltung des § 4 Satz 1 [X.] einen Schaden an der Gesundheit erleiden.

ee) [X.] ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die [X.] ihrem Regelungsauftrag nicht ausreichend nachgekommen ist. Zwar hat sie die konkrete Lage und Dauer der Pausen im Dienstplan nicht festgelegt. In § 9 [X.] wird jedoch ein Verfahren für die Festlegung von Lage und Dauer der Pausen abschließend geregelt. Damit ist das Mitbestimmungsrecht des [X.] in ausreichendem Umfang ausgeübt worden.

(1) Eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Ausübung des Mitbestimmungsrechts liegt allerdings nicht vor, wenn dem Arbeitgeber das alleinige Gestaltungsrecht über den mitbestimmungspflichtigen Sachverhalt eröffnet wird ([X.] 3. Juni 2003 - 1 [X.] - zu II 2 der Gründe, [X.]E 106, 204). Dieses Erfordernis gilt auch für die aufgrund eines [X.] ergangenen betrieblichen Regelungen. Die [X.] muss bei ihrer Entscheidung das jeweilige Mitbestimmungsrecht entsprechend seinem Normzweck angemessen ausgestalten und die einseitige Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers begrenzen. Eine Regelung, in der das Beteiligungsrecht verkannt oder faktisch ausgeschlossen wird, genügt diesen Anforderungen nicht (vgl. [X.] 17. Oktober 1989 - 1 [X.]] - zu [X.] 2 b der Gründe, [X.]E 63, 140).

(2) Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist bei der Ausgestaltung der [X.] in § 9 [X.] wirksam ausgeübt worden.

Die [X.] hat der [X.]n zwar gestattet, innerhalb der Grenzen von § 9 [X.] Pausenzeiten anzuordnen, ohne dafür in jedem Einzelfall die Zustimmung des [X.] einholen zu müssen. Das durch § 106 Satz 1 [X.] eröffnete Bestimmungsrecht des Arbeitgebers wird durch die Regelung entsprechend dem Normzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG jedoch in mehrfacher Weise beschränkt. Die [X.] verfügt über keine beliebige Ausgestaltungsmöglichkeit der täglichen Arbeitszeit. Die Lage der gesetzlichen Ruhepause hält sich in den durch § 4 [X.] gezogenen Grenzen. In § 9 Abs. 2 [X.] werden die über die gesetzliche Mindestpause hinausgehenden Arbeitsunterbrechungen nach Zahl und Dauer begrenzt. Die [X.] hat keine Möglichkeit, die Pausen in mehrere [X.]abschnitte aufzuteilen. Ihr ist es versagt, die konkrete Lage der Pause erst im Verlauf der Schicht flexibel zu bestimmen. Soweit die Anordnung einer Pause nach § 9 Abs. 2 [X.] dazu führt, dass der betroffene Arbeitnehmer an anderen Tagen für eine entsprechend längere Schicht eingeteilt werden muss, damit die monatliche Mindestarbeitszeit erreicht wird, unterliegt diese Maßnahme der Mitbestimmung des [X.] nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bei der Ausgestaltung des Schichtplans.

ff) Ob die [X.] mit der [X.] in § 9 [X.] die Belange der Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigt hat, ist vorliegend nicht zu prüfen. [X.] ist von den Betriebsparteien nicht angefochten worden. Eine Kontrolle des [X.] auf Ermessensfehler findet nur in einem innerhalb der Frist des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG von Arbeitgeber oder Betriebsrat eingeleiteten Beschlussverfahren statt.

b) Durch die von der [X.]n auf der Grundlage von § 9 [X.] angeordneten [X.] hat diese die Lage der Arbeitszeit nach § 106 Satz 1 [X.] wirksam bestimmt.

aa) Nach § 106 Satz 1 [X.] hat der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Ob die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ([X.] 9. April 2014 - 10 [X.] - Rn. 26).

bb) Die [X.] ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zur Durchführung der in § 9 [X.] getroffenen [X.] berechtigt und gegenüber ihrem Betriebsrat auch verpflichtet. Wegen der fehlenden Anfechtung des [X.] gelten die kollektiven Interessen der Arbeitnehmer bei der Festlegung der gesetzlichen Ruhepause und der zusätzlichen Arbeitsunterbrechung als gewahrt. Damit entsprechen die von der [X.]n innerhalb des durch § 9 [X.] bestimmten Rahmens angeordneten Arbeitsunterbrechungen billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 [X.]. Dass deren Festlegung im Einzelfall aus Gründen erfolgt ist, die mangels eines kollektiven Tatbestands nicht dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterliegen und deshalb von der [X.] nicht geregelt werden konnten, hat der insoweit darlegungspflichtige Kläger nicht geltend gemacht.

3. Es kann zugunsten des [X.] unterstellt werden, dass die [X.] nicht für alle von ihr angeordneten Arbeitsunterbrechungen die sich aus § 9 [X.] ergebenden Vorgaben beachtet hat. Ein etwaiges betriebsverfassungswidriges Verhalten der [X.]n führt nicht zu einem Vergütungsanspruch des [X.] aus § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB.

a) Im Umfang der gesetzlichen Mindestpausen war der Kläger in diesen [X.]räumen schon aus Rechtsgründen nicht leistungsfähig (§ 297 BGB). § 4 Satz 1 [X.] verpflichtet - bußgeld- und strafbewehrt (§ 22 Abs. 1 Nr. 2, § 23 [X.]) - den Arbeitgeber, die Arbeit mindestens in dem vorgeschriebenen Umfang zu unterbrechen. Damit entbindet die Norm gleichzeitig den Arbeitgeber von der Verpflichtung, Arbeitsleistung anzunehmen und setzt den Arbeitnehmer außerstande, seine Arbeitsleistung zu bewirken.

b) Unabhängig davon fehlt es in allen Fällen an dem erforderlichen Angebot der Arbeitsleistung für die genommenen Pausen.

aa) Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung grundsätzlich tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Unter den Voraussetzungen des § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber zumindest konkludent erklärt hat, er werde die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen. Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des [X.] davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich (zuletzt [X.] 15. Mai 2013 - 5 [X.] - Rn. 22; 24. September 2014 - 5 [X.] - Rn. 22).

bb) Nach diesen Grundsätzen hätte der Kläger gegen die angeordneten Arbeitsunterbrechungen zumindest protestieren und damit seine Arbeitsleistung für die [X.] der genommenen Pausen wörtlich anbieten müssen.

(1) Die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Regelarbeitszeit bestimmt sich unstreitig nach § 2 Nr. 1 [X.] und beträgt 160 Stunden monatlich (vgl. [X.] 21. Juni 2011 - 9 [X.] - Rn. 52 und 72, [X.]E 138, 148; 22. April 2009 - 5 [X.] - Rn. 13). In diesem Umfang ist der Kläger - ohne die Arbeitsunterbrechungen - beschäftigt bzw. vergütet worden. Das steht zwischen den Parteien außer [X.].

(2) Soweit die [X.] durch die Schichteinteilung von der Möglichkeit des § 2 Nr. 2 [X.], den Arbeitnehmer mehr als 160 Stunden monatlich zur Arbeit heranzuziehen, Gebrauch gemacht hat und Arbeitsunterbrechungen nicht wirksam angeordnet haben sollte, hätte der Kläger, der während der angeordneten [X.]en unstreitig weder gearbeitet hat, noch sich zur Arbeit bereit halten musste, seine Arbeitsleistung zumindest wörtlich anbieten müssen. Das ist nicht erfolgt. Der Kläger hat die von der [X.]n festgelegten Ruhe- und Zusatzpausen genommen, ohne bei der jeweiligen Anordnung dagegen zu protestieren. Er hat nicht deutlich gemacht, dass er - unter Beachtung des § 4 [X.] - an dem betreffenden Arbeitstag eine Ruhepause zu einem anderen als von der [X.]n bestimmten [X.]punkt einlegen und/oder keine Zusatzpause nehmen möchte.

(3) Entgegen der Auffassung des [X.]s hat der Kläger seine Arbeitsleistung für die seiner Auffassung nach „unwirksamen“ Pausen auch nicht tatsächlich angeboten. Dafür reichen das Erscheinen am Arbeitsplatz und die Arbeitsaufnahme als solche nicht aus (vgl. [X.] 25. April 2007 - 5 [X.] - Rn. 20). Denn daraus wird für den Arbeitgeber nicht deutlich, dass der Arbeitnehmer auch dann arbeiten möchte, wenn er tatsächlich nicht arbeitet, sondern die angeordnete Pause nimmt.

(4) Ein zumindest wörtliches Angebot der Arbeitsleistung war auch dann nicht entbehrlich, wenn die [X.] die [X.] entgegen § 9 [X.] und damit betriebsverfassungswidrig angeordnet hätte.

(a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des [X.] im Verhältnis vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des [X.] führt allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben ([X.] 3. September 2014 - 5 [X.] - Rn. 17; 11. Januar 2011 - 1 [X.]/09 - Rn. 33, jeweils mwN). Dies gilt nicht nur, wenn eine Beteiligung des [X.] gänzlich unterbleibt, sondern auch, wenn der Arbeitgeber gegen die nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG zwingenden Vorgaben aus einer Betriebsvereinbarung verstößt.

(b) Selbst wenn die [X.] im Einzelfall bei der Anordnung von [X.] die Vorgaben von § 9 [X.] nicht beachtet und deshalb Mitbestimmungsrechte des [X.] verletzt hätte, begründet dies alleine keinen Anspruch des [X.] auf Vergütung der davon erfassten Pausen. Ein solcher Anspruch kann sich - da der Kläger in den Pausen weder gearbeitet noch sich zur Arbeit bereitgehalten hat - nur aus § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB ergeben (vgl. [X.] 18. September 2002 - 1 [X.] - zu I 2 der Gründe) und hätte ein entsprechendes Angebot der Arbeitsleistung erfordert, an dem es vorliegend gerade fehlt. Aus diesem Grund ist etwa unerheblich, ob die [X.] stets der sich aus § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] ergebenden Mitteilungspflicht genügt oder sich an die in § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestimmte Lage der Pausenzeiten gehalten hat. Ebenso kann dahin stehen, ob die Theorie der [X.] überhaupt Fallgestaltungen erfasst, in denen der Arbeitgeber eine unwirksame Betriebsvereinbarung durchführt.

II.  Die Klage ist auch für die [X.]räume bis einschließlich Januar 2011 unbegründet. Es kann dahin stehen, ob die Auffassung des [X.]s zutreffend ist, wonach die von der [X.]n und ihrem Betriebsrat im gerichtlichen Vergleich vom 9. Juni 2010 getroffene Regelung auch an die Stelle der vor dem 24. Juni 2010 bestehenden [X.] getreten ist. Dies erscheint schon deshalb zweifelhaft, weil die Betriebsparteien die [X.] nicht rückwirkend aufgehoben haben, sondern nur übereinstimmend von deren Unwirksamkeit ausgegangen sind. Dies kann indes dahin stehen. Der Kläger hat auch im [X.]raum bis zum 1. Februar 2011 in Bezug auf die ihm gewährten Pausen gegenüber der [X.]n keinen Protest geäußert.

C. Der [X.] hat die Entscheidungsformel des [X.]s nach § 319 Abs. 1 ZPO berichtigt. Die Summe der vom [X.] nach seinen Gründen zugesprochenen Beträge beträgt 357,77 [X.] und nicht wie im Tenor ausgewiesen 357,97 [X.].

        

    Schmidt     

        

    K. Schmidt    

        

    Koch     

        

        

        

    Hann     

        

    D. Wege     

                 

Meta

1 AZR 706/13

25.02.2015

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 11. Januar 2012, Az: 9 Ca 5295/11, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.02.2015, Az. 1 AZR 706/13 (REWIS RS 2015, 14970)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14970

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