Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.02.2015, Az. 5 AZR 886/12

5. Senat | REWIS RS 2015, 15008

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Gegenstand

Pausengewährung - Annahmeverzug - Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats


Leitsatz

1. § 4 ArbZG entbindet im Umfang der gesetzlichen Mindestpausen den Arbeitgeber von der Verpflichtung, Arbeitsleistung des Arbeitnehmers anzunehmen, und setzt zugleich den Arbeitnehmer außerstande, die Arbeitsleistung zu bewirken (§ 297 BGB).

2. Der Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit einer angeordneten und in Anspruch genommenen Ruhepause erfordert einen dagegen gerichteten, vorherigen Protest des Arbeitnehmers, der erkennen lässt, dass er - unter Beachtung des § 4 ArbZG - an dem betreffenden Arbeitstag eine Ruhepause zu einem anderen Zeitpunkt oder mit kürzerer Dauer in Anspruch nehmen will.

Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 3. August 2012 - 5 [X.]/12 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des [X.] vom 3. August 2012 - 5 [X.]/12 - im [X.] und in seinen Ziffern I.2. und [X.] teilweise aufgehoben und wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 183,92 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2011 zu zahlen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 46 % und die Beklagte 54 % zu tragen, von denen des Berufungsverfahrens der Kläger 68 % und die Beklagte 32 %. Die Kosten der Revision haben der Kläger zu 82 % und die Beklagte zu 18 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Belang - über Vergütung wegen Annahmeverzugs.

2

Die [X.] führte im Auftrag der Bundespolizei auf dem [X.] in drei Schichten Sicherheitskontrollen durch. Die Zahl der zu den jeweiligen Tageszeiten eingesetzten Arbeitnehmer war von kurzfristigen Anforderungen der Bundespolizei abhängig.

3

Der 1979 geborene Kläger ist seit 2001 bei der [X.] bzw. deren Rechtsvorgängerin als [X.] beschäftigt. Der [X.] betrug bei einem monatlichen Mindestbeschäftigungsumfang von 160 Stunden bis zum 30. Juni 2010 11,58 [X.], im Streitzeitraum danach 12,06 [X.].

4

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der bis zum 30. September 2010 allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in [X.] vom 8. Dezember 2005 (im Folgenden: [X.]) Anwendung. Dessen § 2 lautet:

        

„§ 2   

Arbeitsbedingungen für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer

        

1.    

[X.] eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt monatlich 160 Stunden.

        

2.    

Die monatliche Regelarbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt im Durchschnitt eines Kalenderjahrs 260 Stunden.

        

…“    

        

5

Für den Betrieb der [X.] beschloss eine Einigungsstelle am 31. Januar 2011 die Betriebsvereinbarung „Dienst- und Pausenregelung“ (fortan [X.]). In dieser ist ua. bestimmt:

        

„§ 9 Pausen

        

(1)     

Dem Mitarbeiter werden die gesetzlichen Ruhepausen (§ 4 [X.]) in einem Zeitkorridor zwischen Beginn der 2. Arbeitsstunde (frühester Beginn der Ruhepause) und Ende der 7. Arbeitsstunde (spätestes Ende der Ruhepause) durchgehend gewährt. Die Lage der Ruhepause/n wird dem Mitarbeiter bei Beginn der Schicht mitgeteilt.

        

(2)     

Es können pro Schicht zusätzlich unbezahlte Ruhepausen von maximal 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden angeordnet werden, wenn innerhalb eines Kalenderjahres im Durchschnitt unbezahlte Pausen an nicht mehr als zehn Arbeitstagen monatlich gegenüber dem Mitarbeiter angeordnet werden.“

6

Die Lage der gesetzlichen Pause und der zusätzlichen Arbeitsunterbrechung für den jeweiligen Einsatztag wurden erst in der Nacht vor dem Einsatztag von den [X.] der [X.] festgelegt.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die [X.] sei für Zeiten pausenbedingter Arbeitsunterbrechungen in Annahmeverzug geraten. Die jeweiligen Pausenanordnungen seien unwirksam. Die Pausen dienten nicht der Erholung, ihre zeitliche Lage richte sich allein nach dem Passagieraufkommen und lasse die Belange von Arbeitnehmern unberücksichtigt. Auf § 9 BV 2011 könne sich die [X.] nicht berufen. Diese Regelung sei betriebsverfassungswidrig.

8

Der Kläger hat - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die [X.] zu verurteilen, an ihn 948,90 [X.] brutto und 72,36 [X.] nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.021,26 [X.] seit dem 1. Dezember 2011 zu zahlen.

9

Die [X.] hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] der Klage überwiegend stattgeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für den Monat März 2010 iHv. 92,64 [X.] brutto weiter, während die [X.] die vollständige Klageabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.]n ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von insgesamt 183,92 Euro brutto richtet. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision der [X.]n begründet, die Revision des [X.] unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs.

I. Die Revision der [X.]n ist hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung von insgesamt 183,92 Euro brutto als weitere Vergütung (einschließlich Zuschläge) für Arbeitsunterbrechungen am 17. und 18. Juli 2011, am 4., 5., 6., 22., 28. und 31. August 2011, am 15. und 18. September 2011, am 4., 20. und 21. Oktober 2011 sowie am 20. November 2011 nicht ordnungsgemäß begründet und daher unzulässig, § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 ZPO (vgl. [X.] 22. Juli 2014 - 9 [X.] - Rn. 10 mwN). Die Revisionsbegründung setzt sich mit der weiteren, selbständig tragenden rechtlichen Erwägung des [X.], an den genannten Tagen komme hinzu, dass die [X.] gegen § 4 Satz 3 [X.] verstoßen habe und „vor diesem Hintergrund“ die [X.] nicht als Pausen „eingestuft werden“ könnten (S. 20 des Berufungsurteils), nicht auseinander.

II. Die Revision der [X.]n hat im Übrigen Erfolg. Die Klage ist, soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist, unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs (§ 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB) für die streitgegenständlichen Arbeitsunterbrechungen. Während der auf der Grundlage von § 9 [X.] angeordneten Pausen war die [X.] zur Beschäftigung des [X.] nicht verpflichtet. Im Übrigen war der Kläger im Umfang der gesetzlichen Mindestpausen nicht leistungsfähig, für die darüber hinausgehenden Arbeitsunterbrechungen fehlte es an dem erforderlichen Angebot der Arbeitsleistung.

1. In welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten kann, richtet sich grundsätzlich nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Diese bestimmt den zeitlichen Umfang, in welchem der Arbeitnehmer berechtigt ist, Arbeitsleistung zu erbringen und der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Arbeitsleistung anzunehmen ([X.] 16. April 2014 - 5 [X.] - Rn. 13). Allerdings sind dabei die gesetzlichen Ruhepausen des § 4 [X.] zu beachten. Mit der bußgeld- und strafbewehrten (§ 22 Abs. 1 Nr. 2, § 23 [X.]) Verpflichtung des Arbeitgebers, die Arbeit mindestens in dem vorgeschriebenen Umfang zu unterbrechen, entbindet die Norm gleichzeitig den Arbeitgeber von der Verpflichtung, Arbeitsleistung der Arbeitnehmer anzunehmen, und setzt zudem die Arbeitnehmer außerstande, die Arbeitsleistung zu bewirken (§ 297 BGB).

2. Der Kläger hat für die auf der Grundlage von § 9 [X.] angeordneten Arbeitsunterbrechungen keinen Vergütungsanspruch. Er hat in diesen [X.]en weder gearbeitet, noch sich zur Arbeit bereithalten müssen, noch war die [X.] zur Beschäftigung verpflichtet.

a) Die von der [X.] beschlossene Regelung in § 9 [X.] über die Lage und Dauer der gesetzlichen Pause sowie einer zusätzlichen Ruhepause ist vom Mitbestimmungsrecht des [X.] aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erfasst und wirksam.

aa) Nach § 9 Abs. 1 [X.] gewährt die [X.] den von der [X.] erfassten Arbeitnehmern die gesetzlichen Ruhepausen in dem dort bestimmten [X.]. Die Lage der Pausen wird dem Mitarbeiter bei Schichtbeginn mitgeteilt. Absatz 2 erweitert die Anordnungsbefugnis der [X.]n unter den dort bestimmten Voraussetzungen für eine zusätzliche unbezahlte Ruhepause von maximal 30 Minuten pro Schicht.

bb) Die Ausgestaltung der Pausenzeiten unterfällt dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.

(1) Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen. Der Zweck des Mitbestimmungsrechts besteht darin, die Interessen der Arbeitnehmer an der Lage ihrer Arbeitszeit und damit zugleich ihrer freien und für die Gestaltung ihres Privatlebens nutzbaren [X.] zur Geltung zu bringen. Dementsprechend betrifft das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG die Lage der Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit ([X.] 10. November 2009 - 1 [X.] - Rn. 14).

(2) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG können die Betriebsparteien die Lage und die Dauer von Pausen innerhalb der Arbeitszeit mit normativer Wirkung für die Betriebsangehörigen festlegen.

(a) Der Begriff der Pause ist in der Vorschrift nicht definiert, sondern wird dort vorausgesetzt. Er hat denselben Inhalt wie der Begriff der Ruhepause in § 4 [X.] und in seiner allgemeinen Bedeutung ([X.] 29. Oktober 2002 - 1 [X.]/01 - zu I 3 b dd der Gründe, [X.]E 103, 197). Pausen sind im Voraus feststehende Unterbrechungen der Arbeit, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat und frei über die Nutzung des [X.]raums bestimmen kann ([X.] 23. September 1992 - 4 [X.] - zu [X.] der Gründe; 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 10; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 4 [X.] Rn. 9; [X.]/[X.] 15. Aufl. § 4 [X.] Rn. 1; [X.] 2. Aufl. § 4 [X.] Rn. 6, jeweils mwN). Weil sie keine Arbeit, sondern eine Unterbrechung der Arbeit sind (§ 4 Satz 1 [X.]), zählen sie nicht zur Arbeitszeit, § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] ([X.] 18. November 2009 - 5 [X.] - Rn. 13) und müssen nicht nach § 611 Abs. 1 BGB vergütet werden (vgl. [X.] 20. April 2011 - 5 [X.] - Rn. 21 mwN, [X.]E 137, 366).

(b) Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erfasst auch die Frage, ob die Arbeit an einem Arbeitstag zusammenhängend oder in mehreren Teilabschnitten, die durch größere Pausenzeiten unterbrochen sind, geleistet wird ([X.] 14. März 1989 - 1 [X.] - zu [X.] 2 b der Gründe). Hierbei haben die Betriebsparteien die Interessen der Arbeitnehmer an einer sinnvollen, insbesondere zusammenhängenden Gestaltung der arbeitsfreien [X.] mit denen des Arbeitgebers, die Arbeitszeit aus betrieblichen Gründen mit Unterbrechungen festzulegen, zu einem Ausgleich zu bringen.

(3) Die in § 9 Abs. 1 [X.] getroffene Regelung über die Lage der gesetzlichen Pausen hält sich ebenso im Rahmen des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG wie die in Absatz 2 ausgestaltete weitere Pause. Die Lage und Dauer der Pausen musste nicht bereits in den Monats- oder [X.] verbindlich festgelegt werden. Der durch § 4 [X.] bestimmte Rahmen für die gesetzliche Mindestpause wird durch den [X.]nspruch nicht überschritten. Ebenso war die [X.] befugt, die Lage und Dauer einer weiteren Arbeitsunterbrechung von längstens 30 Minuten zu regeln. Denn die in § 4 [X.] geregelten Ruhepausen stellen lediglich das Mindestmaß dar ([X.] 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 7) und verwehren es den Betriebsparteien nicht, längere Pausen vorzusehen.

cc) Die [X.] in § 9 [X.] ist hinreichend bestimmt.

Mit dem in § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] verwandten Begriff der „gesetzlichen Ruhepausen“ werden die in § 4 [X.] festgelegten Mindestruhezeiten bezeichnet. Diese können unter den in § 9 Abs. 2 [X.] näher ausgestalteten Voraussetzungen um eine „unbezahlte“ Ruhepause von bis zu 30 Minuten verlängert werden. Das in § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] enthaltene Erfordernis der durchgehenden Gewährung sowie die in Satz 2 bestimmte Mitteilungspflicht gelten für die Gesamtpausenzeit und daher auch für die nach Absatz 2 verlängerte Ruhepause. Für dieses Verständnis spricht, dass bei der Mitteilungspflicht in § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] einheitlich auf „die Lage der Ruhepause/n“ abgestellt wird. Auch der [X.] für die Pausengewährung ist wegen der in § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] enthaltenen Bezugnahme auf § 4 [X.] eindeutig bestimmt.

dd) Die [X.] in § 9 Abs. 1 [X.] verstößt nicht deshalb gegen § 4 Satz 1 [X.], weil es sich nicht um eine „im Voraus“ feststehende Arbeitsunterbrechung handelt. Eine Festlegung von Lage und Dauer der gesetzlichen Pause vor Beginn der täglichen Arbeitszeit verlangt § 4 Satz 1 [X.] nicht ([X.] 13. Oktober 2009 - 9 [X.] - Rn. 47, [X.]E 132, 195; ebenso bereits [X.] 22. Juli 2003 - 1 [X.] - zu [X.] 3 [X.] der Gründe, [X.]E 107, 78; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 4 [X.] Rn. 24; [X.] 2. Aufl. § 4 [X.] Rn. 19, jeweils mwN). Dies gilt gleichermaßen für die in § 9 Abs. 2 [X.] vorgesehenen zusätzlichen Pausen.

(1) Das [X.] legt weder einen bestimmten [X.]punkt, noch - anders als § 11 Abs. 2 [X.] - einen bestimmten [X.]rahmen fest, zu dem bzw. innerhalb dessen die Ruhepause gewährt werden muss. Ebenso wenig regelt § 4 Satz 1 [X.], wann die Ruhepause im Voraus feststehen muss. Auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. [X.]. 12/5888 S. 24) ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Notwendigkeit, Beginn und Dauer der Ruhepause bereits vor Beginn der täglichen Arbeitszeit festzulegen.

(2) Das Erfordernis des im Voraus [X.] soll sicherstellen, dass der Arbeitnehmer sich auf die Pause einrichten und sie auch tatsächlich zur Erholung nutzen kann ([X.]/[X.] 15. Aufl. § 4 [X.] Rn. 4). Die Ruhepause soll nicht durch kontinuierliche Weiterarbeit überlagert und „vergessen“ werden ([X.] 13. Oktober 2009 - 9 [X.] - Rn. 47, [X.]E 132, 195). Diesem Zweck genügt es, wenn dem Arbeitnehmer - wie von § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] vorgesehen - Beginn und Dauer der Ruhepause zu Beginn der täglichen Arbeitszeit mitgeteilt werden.

(3) Der [X.] braucht deshalb nicht zu entscheiden, ob eine „spontan“ gewährte Ruhepause, in der der Arbeitnehmer weder arbeiten noch sich zur Arbeit bereit halten muss, den gesetzlichen Anforderungen genügt und allein ein Verstoß gegen das Erfordernis des im Voraus [X.] überhaupt zu einer Vergütungspflicht des Arbeitgebers führt oder die Gewährung (nur) nicht im Voraus feststehender Ruhepausen ebenso wie die Gewährung zu kurzer Ruhepausen (hierzu [X.] 28. September 1972 - 5 [X.] -) einen Schadensersatzanspruch begründet, wenn Arbeitnehmer durch die Nichteinhaltung des § 4 Satz 1 [X.] einen Schaden an der Gesundheit erleiden.

ee) [X.] ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die [X.] ihrem Regelungsauftrag nicht ausreichend nachgekommen ist. Zwar hat sie die konkrete Lage und Dauer der Pausen im Dienstplan nicht festgelegt. In § 9 [X.] wird jedoch ein Verfahren für die Festlegung von Lage und Dauer der Pausen abschließend geregelt. Damit ist das Mitbestimmungsrecht des [X.] in ausreichendem Umfang ausgeübt worden.

(1) Eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Ausübung des Mitbestimmungsrechts liegt allerdings nicht vor, wenn dem Arbeitgeber das alleinige Gestaltungsrecht über den mitbestimmungspflichtigen Sachverhalt eröffnet wird ([X.] 3. Juni 2003 - 1 [X.] - zu II 2 der Gründe, [X.]E 106, 204). Dieses Erfordernis gilt auch für die aufgrund eines [X.] ergangenen betrieblichen Regelungen. Die [X.] muss bei ihrer Entscheidung das jeweilige Mitbestimmungsrecht entsprechend seinem Normzweck angemessen ausgestalten und die einseitige Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers begrenzen. Eine Regelung, in der das Beteiligungsrecht verkannt oder faktisch ausgeschlossen wird, genügt diesen Anforderungen nicht (vgl. [X.] 17. Oktober 1989 - 1 [X.]] - zu [X.] 2 b der Gründe, [X.]E 63, 140).

(2) Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist bei der Ausgestaltung der [X.] in § 9 [X.] wirksam ausgeübt worden.

Die [X.] hat der [X.]n zwar gestattet, innerhalb der Grenzen von § 9 [X.] Pausenzeiten anzuordnen, ohne dafür in jedem Einzelfall die Zustimmung des [X.] einholen zu müssen. Das durch § 106 Satz 1 [X.] eröffnete Bestimmungsrecht des Arbeitgebers wird durch die Regelung entsprechend dem Normzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG jedoch in mehrfacher Weise beschränkt. Die [X.] verfügt über keine beliebige Ausgestaltungsmöglichkeit der täglichen Arbeitszeit. Die Lage der gesetzlichen Ruhepause hält sich in den durch § 4 [X.] gezogenen Grenzen. In § 9 Abs. 2 [X.] werden die über die gesetzliche Mindestpause hinausgehenden Arbeitsunterbrechungen nach Zahl und Dauer begrenzt. Die [X.] hat keine Möglichkeit, die Pausen in mehrere [X.]abschnitte aufzuteilen. Ihr ist es versagt, die konkrete Lage der Pause erst im Verlauf der Schicht flexibel zu bestimmen. Soweit die Anordnung einer Pause nach § 9 Abs. 2 [X.] dazu führt, dass der betroffene Arbeitnehmer an anderen Tagen für eine entsprechend längere Schicht eingeteilt werden muss, damit die monatliche Mindestarbeitszeit erreicht wird, unterliegt diese Maßnahme der Mitbestimmung des [X.] nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bei der Ausgestaltung des Schichtplans.

ff) Ob die [X.] mit der [X.] in § 9 [X.] die Belange der Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigt hat, ist vorliegend nicht zu prüfen. [X.] ist von den Betriebsparteien nicht angefochten worden. Eine Kontrolle des [X.] auf Ermessensfehler findet nur in einem innerhalb der Frist des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG von Arbeitgeber oder Betriebsrat eingeleiteten Beschlussverfahren statt.

b) Durch die von der [X.]n auf der Grundlage von § 9 [X.] angeordneten [X.] hat diese die Lage der Arbeitszeit nach § 106 Satz 1 [X.] wirksam bestimmt.

aa) Nach § 106 Satz 1 [X.] hat der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Ob die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ([X.] 9. April 2014 - 10 [X.] - Rn. 26 mwN).

bb) Die [X.] ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zur Durchführung der in § 9 [X.] getroffenen [X.] berechtigt und gegenüber ihrem Betriebsrat auch verpflichtet. Wegen der fehlenden Anfechtung des [X.] gelten die kollektiven Interessen der Arbeitnehmer bei der Festlegung der gesetzlichen Ruhepause und der zusätzlichen Arbeitsunterbrechung als gewahrt. Damit entsprechen die von der [X.]n innerhalb des durch § 9 [X.] bestimmten Rahmens angeordneten Arbeitsunterbrechungen billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 [X.]. Dass deren Festlegung im Einzelfall aus Gründen erfolgt ist, die mangels eines kollektiven Tatbestands nicht dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterliegen und deshalb von der [X.] nicht geregelt werden konnten, hat der insoweit darlegungspflichtige Kläger nicht geltend gemacht.

3. Es kann zugunsten des [X.] unterstellt werden, dass die [X.] nicht für alle von ihr angeordneten Arbeitsunterbrechungen die sich aus § 9 [X.] ergebenden Vorgaben beachtet hat. Ein etwaiges betriebsverfassungswidriges Verhalten der [X.]n führt nicht zu einem Vergütungsanspruch des [X.] aus § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB.

a) Im Umfang der gesetzlichen Mindestpausen war der Kläger in diesen [X.]räumen schon aus Rechtsgründen nicht leistungsfähig, § 297 BGB. Denn § 4 Satz 1 [X.] verpflichtet - bußgeld- und strafbewehrt (§ 22 Abs. 1 Nr. 2, § 23 [X.]) - den Arbeitgeber, die Arbeit mindestens in dem vorgeschriebenen Umfang zu unterbrechen. Damit entbindet die Norm gleichzeitig den Arbeitgeber von der Verpflichtung, Arbeitsleistung anzunehmen und setzt den Arbeitnehmer außerstande, seine Arbeitsleistung zu bewirken.

b) Unabhängig davon fehlt es in allen Fällen an dem erforderlichen Angebot der Arbeitsleistung für die genommenen Pausen.

aa) Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung grundsätzlich tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Unter den Voraussetzungen des § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber zumindest konkludent erklärt hat, er werde die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen. Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des [X.] davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich (zuletzt [X.] 15. Mai 2013 - 5 [X.] - Rn. 22; 24. September 2014 - 5 [X.] - Rn. 22).

bb) Nach diesen Grundsätzen hätte der Kläger gegen die angeordneten Arbeitsunterbrechungen zumindest protestieren und damit seine Arbeitsleistung für die [X.] der genommenen Pausen wörtlich anbieten müssen.

(1) Die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Regelarbeitszeit bestimmt sich unstreitig nach § 2 Ziff. 1 [X.] und beträgt 160 Stunden monatlich (vgl. [X.] 21. Juni 2011 - 9 [X.] - Rn. 52 und 72; 22. April 2009 - 5 [X.] - Rn. 13). In diesem Umfang ist der Kläger - ohne die Arbeitsunterbrechungen - beschäftigt bzw. vergütet worden. Das steht zwischen den Parteien außer [X.].

(2) Soweit die [X.] durch die Schichteinteilung von der Möglichkeit des § 2 Ziff. 2 [X.], den Arbeitnehmer mehr als 160 Stunden monatlich zur Arbeit heranzuziehen, Gebrauch gemacht hat und Arbeitsunterbrechungen nicht wirksam angeordnet haben sollte, hätte der Kläger, der während der angeordneten [X.]en unstreitig weder gearbeitet hat, noch sich zur Arbeit bereit halten musste, seine Arbeitsleistung zumindest wörtlich anbieten müssen. Das ist nicht erfolgt. Der Kläger hat die von der [X.]n festgelegten Ruhe- und Zusatzpausen genommen, ohne bei der jeweiligen Anordnung dagegen zu protestieren. Er hat nicht deutlich gemacht, dass er - unter Beachtung des § 4 [X.] - an dem betreffenden Arbeitstag eine Ruhepause zu einem anderen als von der [X.]n bestimmten [X.]punkt einlegen und/oder keine Zusatzpause nehmen möchte.

(3) Entgegen der Auffassung des [X.] hat der Kläger seine Arbeitsleistung für die seiner Auffassung nach „unwirksamen“ Pausen auch nicht tatsächlich angeboten. Dafür reichen das Erscheinen am Arbeitsplatz und die Arbeitsaufnahme als solche nicht aus (vgl. [X.] 25. April 2007 - 5 [X.] - Rn. 20). Denn daraus wird für den Arbeitgeber nicht deutlich, dass der Arbeitnehmer auch dann arbeiten möchte, wenn er tatsächlich nicht arbeitet, sondern die angeordnete Pause nimmt.

(4) Ein zumindest wörtliches Angebot der Arbeitsleistung war auch dann nicht entbehrlich, wenn die [X.] die [X.] entgegen § 9 [X.] und damit betriebsverfassungswidrig angeordnet hätte.

(a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des [X.] im Verhältnis vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des [X.] führt allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben ([X.] 3. September 2014 - 5 [X.] - Rn. 17; 11. Januar 2011 - 1 [X.]/09 - Rn. 33, jeweils mwN). Dies gilt nicht nur, wenn eine Beteiligung des [X.] gänzlich unterbleibt, sondern auch, wenn der Arbeitgeber die nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG zwingenden Vorgaben aus einer Betriebsvereinbarung ausübt.

(b) Selbst wenn die [X.] im Einzelfall bei der Anordnung von [X.] die Vorgaben von § 9 [X.] nicht beachtet und deshalb Mitbestimmungsrechte des [X.] verletzt hätte, begründet dies alleine keinen Anspruch des [X.] auf Vergütung der davon erfassten Pausen. Ein solcher Anspruch kann sich - da der Kläger in den Pausen weder gearbeitet noch sich zur Arbeit bereitgehalten hat - nur aus § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB ergeben (vgl. [X.] 18. September 2002 - 1 [X.] - zu I 2 der Gründe) und hätte ein entsprechendes Angebot der Arbeitsleistung erfordert, an dem es vorliegend gerade fehlt. Aus diesem Grund ist etwa unerheblich, ob die [X.] stets der sich aus § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] ergebenden Mitteilungspflicht genügt oder sich an die in § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestimmte Lage der Pausenzeiten gehalten hat. Ebenso kann dahin stehen, ob die Theorie der [X.] überhaupt Fallgestaltungen erfasst, in denen der Arbeitgeber eine unwirksame Betriebsvereinbarung durchführt.

III. Die Revision des [X.] ist unbegründet.

Unabhängig davon, in welchem Umfang der Kläger bei den streitgegenständlichen Arbeitsunterbrechungen im Monat März 2010 überhaupt leistungsfähig war, fehlt es für eine Vergütung wegen Annahmeverzugs jedenfalls an einem Angebot der Arbeitsleistung für den [X.]raum der genommenen Pausen (vgl. oben zu [X.] b der Gründe).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Dombrowsky    

        

    Zorn    

                 

Meta

5 AZR 886/12

25.02.2015

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 12. Januar 2012, Az: 8 Ca 4340/11, Urteil

§ 2 Abs 1 S 1 ArbZG, § 4 S 1 ArbZG, § 611 Abs 1 BGB, § 615 S 1 BGB, § 87 Abs 1 Nr 2 BetrVG, § 4 S 3 ArbZG, § 297 BGB, § 293 BGB, § 294 BGB, § 295 BGB, § 77 Abs 1 S 1 BetrVG, § 106 S 1 GewO, § 315 Abs 3 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.02.2015, Az. 5 AZR 886/12 (REWIS RS 2015, 15008)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 1264 REWIS RS 2015, 15008

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