Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2012, Az. I ZR 137/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2162

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

18. Oktober 2012

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Steuerbüro
[X.] § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3; StBerG § 3 Nr. 1, § 43
Abs. 4 Satz 2 und 3; [X.] § 43b; [X.] § 7
Erbringt ein Rechtsanwalt zu einem überwiegenden Teil seiner Berufstätigkeit Hilfeleistungen in Steuersachen und ist deshalb die Angabe "Steuerbüro" in seiner Kanzleibezeichnung objektiv zutreffend, so ist diese Angabe nicht allein deshalb als irreführend zu verbieten, weil ein Teil der an diesen Dienstleistun-gen interessierten Verbraucher aus der Angabe "Steuerbüro" den unrichtigen Schluss zieht, in der Kanzlei sei auch ein Steuerberater oder ein Fachanwalt für Steuerrecht tätig.
[X.], Urteil vom 18. Oktober 2012 -
I [X.] -
OLG Brandenburg

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 18. Oktober 2012 durch [X.] Dr. Büscher, Pokrant, Prof. Dr.
Schaffert, [X.] und Dr. Koch

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 28.
Juni 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Berufskammer der Steuerberater und Steuerbevoll-mächtigten, die im Bezirk der [X.] [X.] ihre berufliche Nie-derlassung haben. Gemäß §
3 ihrer Satzung hat sie
die Aufgabe, die berufli-chen Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder zu wahren.

Der [X.] ist ein Rechtsanwalt, der im Bezirk der Klägerin eine [X.] unterhält. Er bietet dabei auch [X.] an, die nach [X.] Darstellung etwa zwei Drittel seiner Gesamttätigkeit ausmachen. Über eine 1
2
-
3
-
Fachanwaltsqualifikation für Steuerrecht verfügt der [X.] nicht. Im örtlichen Telefonbuch ist er wie folgt verzeichnet:

.

Auf dem vom [X.]n für seine Kanzlei verwendeten Briefkopf findet sich rechts oben die Angabe

.

Unterhalb des [X.] ist dann ebenfalls auf der rechten Seite der volle Name des [X.]n mit dem Zusatz "Rechtsanwalt"
wiedergegeben.

Der Kopf des [X.]auftritts des [X.]n enthält die farbig hervorge-hobene Angabe

.

Nach Ansicht der Klägerin wirbt der [X.] mit dem Begriff "Steuer-büro"
unter Verstoß gegen die berufsrechtlichen Regelungen des §
7 der [X.] ([X.])
über die Benennung von Teilbereichen der Berufstätigkeit und zugleich irreführend im Sinne von §
5 [X.]. Bei den 3
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5
6
-
4
-
angesprochenen Verkehrskreisen werde der Eindruck erweckt, es handele sich um die Kanzlei auch eines Steuerberaters oder Fachanwalts für Steuerrecht, der über besondere Kenntnisse im Steuerrecht verfüge.

Der [X.] hat demgegenüber geltend gemacht, er sei befugt, mit der Bezeichnung Steuerbüro darauf hinzuweisen, dass ein Schwerpunkt seiner Kanzlei in der Bearbeitung von Steuerangelegenheiten liege.

Die im ersten Rechtszug unterlegene Klägerin hat vor dem Berufungsge-richt beantragt,

es dem [X.]n unter Androhung von [X.] zu untersagen, im be-ruflichen Verkehr eine Kanzleibezeichnung unter Verwendung des Wortes "Steuerbüro"
zu führen.

Das Berufungsgericht hat der Klage mit diesem Antrag stattgegeben.

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurück-weisung die Klägerin beantragt, erstrebt der [X.] die Wiederherstellung des landgerichtlichen
Urteils.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die Kanzleibezeichnung "Rechtsanwaltskanzlei und Steuerbüro", die der [X.] als alleiniger Berufsträger verwende, ohne zugleich Steuerberater oder
Fachanwalt für Steuerrecht zu sein, sei irreführend
und deshalb nach §
3 Abs.
1, §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 [X.] in Verbindung mit §
43b [X.], §
6 Abs.
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-
5
-
[X.] unzulässig. Ein
nicht unerheblicher
Teil der an den Dienstleistungen ei-nes Rechtsanwalts
oder der Hilfeleistung in Steuersachen interessierten [X.] gehe bei dieser Bezeichnung davon aus, in der Kanzlei seien entwe-der ein Rechtsanwalt und
ein Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerrecht tätig oder es arbeite dort ein Berufsträger, der über beide
Qualifikationen
verfü-ge.

Die danach bestehende
Eignung zur Irreführung werde nicht durch die Benennung des [X.]n in den Telefonbucheinträgen, dem Briefkopf und dem [X.]auftritt seiner Kanzlei beseitigt; es bleibe jeweils unklar, ob der Rechtsanwalt zugleich die anwaltliche Dienstleistung und die umfassende Tä-tigkeit im Bereich der Steuersachen wahrnehme oder im "Steuerbüro"
ein inso-weit über besonderes Fachwissen verfügender weiterer Berufsträger tätig sei. Selbst wer aus den Angaben zutreffend schließe, dass allein der genannte Rechtsanwalt auch in Steuersachen tätig sei, bleibe irregeführt, weil er der Be-zeichnung "Anwaltskanzlei und Steuerbüro"
die Bedeutung beimesse, ihm [X.] ein in Steuersachen besonders kenntnisreicher und qualifizierter Rechtsan-walt zur Verfügung, der zugleich Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerrecht sei.

I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision
hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an
das
Berufungsgericht.

1.
Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht angenommen, dass der Klägerin gegen den [X.]n kein Unterlassungsanspruch nach §
8 Abs.
1, §
3 Abs.
1, §
4 Nr.
11 [X.] in Verbindung mit §
43b [X.], §
7 [X.]
zusteht. Die
beanstandete Bezeichnung "Steuerbüro" verstößt nicht gegen §
7 [X.].

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-
6
-
Nach §
7 Abs.
1 [X.] darf ein Rechtsanwalt unabhängig von Fachan-waltsbezeichnungen Teilbereiche der Berufstätigkeit
nur benennen, wenn er seinen Angaben entsprechende Kenntnisse nachweisen kann,
die er in der Ausbildung, durch Berufstätigkeit, Veröffentlichungen oder in sonstiger Weise erworben hat. Verwendet er qualifizierende Zusätze, muss er zusätzlich über entsprechende theoretische Kenntnisse verfügen und auf dem benannten [X.] in erheblichem Umfang tätig gewesen sein. Nach §
7 Abs.
2 [X.] sind die Angaben gemäß Absatz
1 unzulässig, wenn sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen oder sonst irreführend sind. Die Vorschrift regelt nur die Zulässigkeit von Angaben über
Teilbereiche der Berufstätigkeit des einzelnen Rechtsanwalts. Sie besagt nichts über die Zulässigkeit von [X.]bezeichnungen, mit denen auf die fachliche Ausrichtung der Kanzlei [X.] wird (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Februar 2001
[X.]
(B)
11/00, NJW
2001, 1573, 1574 = WRP 2001, 537; Urteil vom 19.
April 2001

I
ZR
46/99, [X.], 81, 82 = [X.], 81
Anwalts-
und Steuerkanz-lei).
Daran hat sich auch durch die Neufassung des §
7 [X.] mit Wirkung vom 1.
März 2006 nichts geändert.

Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des §
7 [X.] auf die Be-nennung von Teilbereichen der Berufstätigkeit des einzelnen Anwalts gilt auch, wenn
wie im vorliegenden Fall
die Kanzleibezeichnung eines einzelnen Rechtsanwalts und nicht einer Sozietät in Rede steht (vgl. [X.], NJW 2001, 1573, 1574).

2.
Der [X.] handelt mit seinem von der Klägerin beanstandeten [X.] auch nicht dem in §
43 Abs.
4 Satz
2 StBerG bestimmten Verbot zuwi-der. Danach ist es unzulässig,
zum Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit andere als die in §
43 Abs.
4 Satz
1 StBerG angeführten Bezeichnungen "Steu-erberater", "Steuerbevollmächtigter"
oder "Steuerberatungsgesellschaft"
zu ver-16
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7
-
wenden. Die Vorschrift des §
43 Abs.
4 Satz
2 StBerG findet nach §
43 Abs.
4 Satz
3 StBerG auf Rechtsanwälte keine Anwendung.

3. Das vom Berufungsgericht gegen den [X.]n
nach §
8 Abs.
1, §
3 Abs.
1, §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 [X.] in Verbindung mit §
43b [X.], §
6 Abs.
1 [X.] ausgesprochene generelle Verbot, im beruflichen Verkehr eine [X.]bezeichnung unter Verwendung des Wortes "Steuerbüro"
zu führen, hat in der vom Berufungsgericht dafür gegebenen Begründung keine hinreichende Grundlage.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Bezeichnung "[X.] und Steuerbüro" werde von maßgeblichen Teilen des Verkehrs so verstanden, dass in der Kanzlei ein Steuerberater oder Fachanwalt für Steuer-recht tätig sei. Dies sei in der Kanzlei des [X.]n nicht der Fall. Die danach bestehende Gefahr der Irreführung werde unter den Gegebenheiten des [X.] nicht dadurch beseitigt, dass im Telefonbucheintrag, auf den Kanzlei-briefbögen und im [X.]auftritt allein der [X.] genannt sei.
Diese Fest-stellungen, die auf die konkrete Gestaltung
abstellen, in der
die Kanzleibe-zeichnung dem
Publikum entgegentritt, rechtfertigen kein allgemeines Verbot der Verwendung dieser Bezeichnung.

b) In einem
Unterlassungsantrag brauchen Ausnahmetatbestände nicht aufgenommen zu werden, wenn der Antrag die konkrete Verletzungsform be-schreibt. Ist der
Antrag dagegen
wie im Streitfall
egen ein von der konkreten Verletzungsform losgelöstes
Verhalten gerichtet, müssen Einschränkungen in den Antrag und entsprechend in den diesem stattgebenden [X.] aufge-nommen werden, um von einem weit gefassten Verbot etwa erlaubte [X.] auszunehmen. Dementsprechend müssen, wenn der Klageantrag nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkt wird, die Umstände, unter 19
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8
-
denen die Verhaltensweise ausnahmsweise erlaubt ist, so genau umschrieben werden, dass im Vollstreckungsverfahren erkennbar ist, welche konkreten Handlungen von dem Verbot ausgenommen werden
(vgl. [X.], Urteil vom 29.
April 2010
I
ZR
202/07, [X.], 749 Rn.
25
f. = [X.], 1030

Erinnerungswerbung im [X.]; Urteil vom 2.
Februar
2012
I
ZR
81/10, [X.], 945
Rn.
25
= [X.], 1222

Tribenuronmethyl).

c) Der von der Klägerin zuletzt gestellte und vom Berufungsgericht als begründet angesehene Unterlassungsantrag enthält keine solche Einschrän-kung. Er erfasst damit auch Sachverhalte, in denen es an einer Irreführung fehlt, weil der [X.] durch klarstellende Zusätze zutreffend darüber infor-miert, welche Bewandtnis es mit der Angabe "Steuerbüro" in seiner Kanzleibe-zeichnung hat. Ein solcher zu weit gefasster Unterlassungsantrag ist unbegrün-det (vgl. [X.], Urteil vom 29.
März 2007
I
ZR
164/04, [X.], 987 Rn.
22 = [X.], 1341
Änderung der Voreinstellung; [X.], [X.], 749 Rn.
32
Erinnerungswerbung im [X.]; [X.], Urteil vom 27.
März 2012

KZR
108/10, [X.], 1062
Rn.
38

Elektronischer Programmführer).

4. Bei einem
wie zuvor festgestellt
(Rn.
21 und 22)
zu weit gefassten Unterlassungsantrag können es der Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Anspruch der Parteien auf ein faires Gerichtsverfahren gebieten, von einer Ab-weisung der Klage abzusehen und der Klagepartei
im wiedereröffneten Beru-fungsverfahren Gelegenheit zu geben, den aufgetretenen Bedenken durch eine angepasste Antragsfassung zu begegnen (vgl. [X.], Urteil vom 8.
März 2012

I
ZR
85/10, [X.], 1153
Rn.
16 = [X.], 1390

Unfallersatz-geschäft).
Das ist der Fall, wenn die Mängel des Klageantrags erst in der Revi-sionsinstanz festgestellt werden, in der eine Änderung der Klageanträge grund-sätzlich ausgeschlossen ist (vgl. [X.], Urteil vom 28.
September 1989 22
23
-
9
-

IX
ZR
180/88, [X.] 1990, 122) und sich das Klagebegehren
wie nach-stehend dargestellt
cht schon jetzt als unberechtigt darstellt.

a) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich rele-vanter Weise zu beeinflussen (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Juli 2011
I
ZR
173/09, [X.], 208 Rn.
31 = [X.], 311
10% Geburtstags-Rabatt; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 30.
Aufl., §
5 Rn.
20
f. und Rn.
2.172
f.). [X.] setzt ein Verbot voraus, dass den Adressaten unter Berücksichtigung der beteiligten Interessen nicht ausnahmsweise zuzumuten ist, die Irreführung hin-zunehmen, etwa weil eine Werbung mit einer objektiv richtigen Angabe vorliegt (vgl. [X.], Urteil vom 18.
März 2010
I
ZR
172/08, [X.], 1024 Rn.
25 = [X.], 1390
Master of Science Kieferorthopädie; [X.] in [X.]/[X.] aaO §
5 Rn.
2.197
ff.).

Das Berufungsgericht ist zwar rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die von der Klägerin beanstandeten Werbemaßnahmen des [X.]n zur [X.] ihrer Adressaten geeignete Angaben enthalten (dazu nachfolgend
b). Es
hat jedoch versäumt
festzustellen, ob vorliegend nicht von einer objektiv richtigen Angabe auszugehen ist,
deren Verbot eine Interessenabwägung [X.] (dazu nachfolgend c).

b) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Verwendung der Bezeichnung "Steuerbüro"
im
Telefonbucheintrag, auf dem Kanzleibriefbogen
und im [X.]auftritt des [X.]n jeweils ein berufliches und damit geschäftliches Handeln zu Wettbewerbszwecken im Sinne von
§
2 Abs.
1 Nr.
1, §
3 Abs.
1, §
5 Abs.
1 Satz
1 [X.] ist.

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25
26
-
10
-
Entgegen der Ansicht der Revision lässt auch die
auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung des Berufungsgerichts keinen Rechtsfehler erken-nen, ein erheblicher Teil der an den Dienstleistungen eines Rechtsanwalts oder der Hilfeleistung
in Steuersachen interessierten Verbraucher verstehe die
ge-nannte
Bezeichnung dahin, dass in der beworbenen Kanzlei entweder
ein Rechtsanwalt und
ein Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerrecht tätig seien oder dort ein Berufsträger
arbeite, der über beide Qualifikationen verfüge.
[X.] gilt für die Annahme
des Berufungsgerichts, die beanstandete Be-zeichnung spreche ebenso für einen Verbund von Rechtsanwalt und Steuerbe-rater wie die Bezeichnung "Anwalts-
und Steuerkanzlei", die nach der Senats-entscheidung "Anwalts-
und Steuerkanzlei"
([X.], 81, 82
f.) isoliert be-trachtet geeignet sei, bei einem erheblichen Teil der Werbeadressaten den un-zutreffenden Eindruck eines Zusammenschlusses von Rechtsanwälten und Steuerberatern zu erwecken. Gleichfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken unterliegt die
ebenfalls auf tatrichterlichem Gebiet liegende
weitere Annahme des Berufungsgerichts, die der beanstandeten Bezeichnung inne-wohnende
Eignung zur Irreführung werde ferner
nicht dadurch beseitigt, dass bei allen Werbemaßnahmen allein
der [X.] namentlich genannt sei,
weil jeweils nicht klar sei, ob der Rechtsanwalt zugleich die anwaltliche Dienstleis-tung und die umfassende Tätigkeit im Bereich der Steuersachen wahrnehme oder im Steuerbüro ein insoweit über besonderes Fachwissen verfügender wei-terer Berufsträger tätig sei.

c) Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Fehlvorstellung des Verkehrs nicht auf einer objektiv richtigen Angabe beruht.

aa) Zwar kann auch eine objektiv richtige Angabe irreführend sein, wenn sie beim Verkehr, an den sie sich richtet, gleichwohl zu einer Fehlvorstellung 27
28
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-
11
-
führt, die geeignet ist, das Kaufverhalten oder die Entscheidung über die Inan-spruchnahme einer Dienstleistung durch die angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflussen. In einem solchen Fall, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf dem Verständnis einer an sich zutreffenden Angabe beruht, ist für die Anwendung des §
5 [X.] grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote als im Fall einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben erforderlich. [X.] ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 23.
Mai 1996
I
ZR
76/94, [X.], 985, 986 = [X.], 1156
PVC-frei; Urteil vom 7.
November 2002
I
ZR
276/99, [X.], 628, 630 = [X.], 747

Klosterbrauerei). An diesen Grundsätzen hat sich durch die Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken nichts geändert (vgl. [X.], [X.], 1024 Rn.
25
Master of Science Kieferorthopädie; [X.], Urteil vom 13.
Juni 2012
I
ZR
228/10, [X.], 1273 Rn.
22 = [X.], 1523
Stadtwerke Wolfsburg).

bb) Im Streitfall kommt in Betracht, dass die vom [X.]n verwandte Angabe "Steuerbüro" in seiner Kanzleibezeichnung objektiv zutreffend ist.

Der [X.] hat behauptet, seit Beginn seiner Tätigkeit zugleich Steuer-beratungsleistungen angeboten zu haben. Der Anteil der steuerberatenden Tä-tigkeit mache mittlerweile zwei Drittel seiner gesamten Tätigkeit aus. Er be-schäftige drei Steuerfachangestellte und einen Diplom-Betriebswirt in seiner Kanzlei. Sollten diese Angaben zutreffen, ist die Bezeichnung "Steuerbüro" in der [X.] des [X.]n für sich genommen objektiv richtig.

(1) Zu den in §
3 StBerG im Einzelnen angeführten Personen, die zu un-beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind, gehören nach der Nr.
1 dieser Bestimmung unter anderem Rechtsanwälte. Der [X.] ist daher zur steuerrechtlichen Beratung und Hilfeleistung in Steuersachen berechtigt. Auf 30
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12
-
diesen Umstand und darauf, dass er diese Tätigkeit in nennenswertem Umfang ausübt, darf er grundsätzlich
auch schlagwortartig in dem von ihm verwende-ten Briefkopf, im [X.]auftritt und in Telefonbucheinträgen
mit seiner [X.]bezeichnung hinweisen.

(2) Der [X.] erbringt nach seiner Behauptung auch in einem Umfang Hilfeleistung in Steuersachen, die die zusätzliche Bezeichnung "Steuerbüro" neben der Angabe "Rechtsanwaltskanzlei" rechtfertigt.

II[X.] In der wiedereröffneten Berufungsinstanz wird das Berufungsgericht bei einer auf die konkret beanstandeten Werbemaßnahmen des [X.]n be-zogenen Antragstellung der Klägerin Folgendes
zu beachten haben:

1. Ist
die [X.] mit der Bezeichnung "Steuerbüro"
objektiv zu-treffend und ist deshalb eine
Interessenabwägung geboten, ist
zugunsten des [X.]n zu berücksichtigen, dass für ihn von erheblicher Bedeutung ist, auf
diesen Umstand in seiner Kanzleibezeichnung hinzuweisen.
Müsste der [X.] die
beanstandete Angabe durch die von der Klägerin in der Verhandlung vor dem [X.] vorgeschlagenen Angaben "Interessenschwerpunkt [X.]"
oder "Tätigkeitsschwerpunkt Steuerrecht"
ersetzen, wäre er auf die Be-nennung von Teilbereichen seiner Berufstätigkeit im Sinne von §
7 [X.] be-schränkt und
an der Verwendung einer objektiv zutreffenden
Kanzleibezeich-nung
gehindert.

Soweit das Berufungsgericht die Eignung der beanstandeten [X.] bejaht hat,
beruhte dies
ersichtlich auch darauf, dass tat-sächlich nur ein kleiner Teil der Rechtsanwälte umfassend steuerberatend tätig ist
(vgl. [X.] in [X.]/[X.], StBerG, 6.
Aufl.,
§
3 Rn.
7), obwohl sie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen ohne Einschränkungen 33
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-
befugt (vgl. §
3 Nr.
1 StBerG) und in diesem Zusammenhang
auch nicht auf die Verwendung bestimmter Bezeichnungen für ihre Tätigkeit festgelegt sind (§
43 Abs.
4 Satz
3 StBerG).
Dieser Zustand würde verfestigt, wenn Rechtsanwälte, die steuerberatend tätig sind, durch das Wettbewerbsrecht daran gehindert würden, die Verkehrskreise in objektiv richtiger Weise
vorliegend durch die Verwendung der Bezeichnung
"Steuerbüro"
über diesen Umstand zu unter-richten.

2. [X.] ist
dagegen der in Rede stehende Eintrag im Telefonbuch zu beurteilen, wenn diese Eintragung in der Rubrik "Steuerberater" erfolgt ist.

Nach den in den Gründen des Berufungsurteils zum unstreitigen Sach-verhalt enthaltenen Ausführungen befand sich die beanstandete Eintragung des [X.]n mit der Bezeichnung "Steuerbüro"
unter der Rubrik "Steuerberatung". Das
Berufungsgericht hat allerdings auch ergänzend auf die landgerichtliche Entscheidung verwiesen. Zu dem vom [X.] in Bezug genommenen Par-teivortrag gehört der von der Klägerin vorgelegte Abdruck des [X.] des [X.]n. Danach ist
der Telefonbucheintrag in der Rubrik "[X.]" erfolgt. Bei der Eintragung in dieser Rubrik ist

unabhängig vom [X.], in dem der [X.] auf dem Gebiet des Steuerrechts tätig ist

nicht von einer objektiv richtigen Angabe auszugehen. Vielmehr erweckt
der [X.] mit dem Eintrag in der Rubrik "Steuerberater" in Verbindung mit der
Bezeichnung "Steuerbüro" in der [X.] den Eindruck, er sei auch Steuerberater oder
in seiner
Kanzlei
sei auch ein Steuerberater tätig. Dem [X.]n ist zwar nicht generell verboten, sich im Telefonbuch mit seiner Kanzleibezeichnung auch in der Rubrik "Steuerberater" eintragen zu lassen. Er muss dann jedoch durch geeignete Hinweise klarstellen, dass
in seiner Kanzlei kein Steuerberater

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14
-
tätig ist.
Dazu reicht es
nicht aus, dass der [X.] seinem Namen die Be-zeichnung "Rechtsanwalt" beifügt.

Büscher
Pokrant
Schaffert

Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.07.2010 -
3 O 142/10 -

OLG Brandenburg, Entscheidung vom 28.06.2011 -
6 [X.]/10
-

Meta

I ZR 137/11

18.10.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2012, Az. I ZR 137/11 (REWIS RS 2012, 2162)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2162

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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