Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2014, Az. I ZR 53/13

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3812

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:
24.
Juli 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Spezialist für Familienrecht
UWG § 4 Nr. 11; [X.] § 43b; [X.] § 7
a)
Entsprechen die Fähigkeiten eines Rechtsanwalts, der sich als Spezialist auf ei-nem Rechtsgebiet bezeichnet, für das eine Fachanwaltschaft besteht, den an ei-nen Fachanwalt zu stellenden Anforderungen, besteht keine Veranlassung, dem Rechtsanwalt die Führung einer entsprechenden Bezeichnung zu untersagen, selbst wenn beim [X.] Publikum die Gefahr einer Verwechslung mit der Bezeichnung "Fachanwalt für Familienrecht" besteht.
b)
Der sich selbst als Spezialist bezeichnende
Rechtsanwalt trägt für die Richtigkeit seiner Selbsteinschätzung die Darlegungs-
und Beweislast.
[X.], Urteil vom 24. Juli 2014 -
I [X.] -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24.
Juli 2014 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Dr.
[X.] und die Richterin Dr.
Schwonke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4.
Zivilsenats des [X.] vom 1.
März 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin
ist die [X.].
Der Beklagte ist ein in ihrem Bezirk tätiger Rechtsanwalt.
Er ist mit zwei weiteren Rechtsanwälten in einer
Kanzlei tätig.
[X.] verwendete er
einen Briefkopf, in dem rechts in einer Spalte die drei Rechtsanwälte genannt waren. Unter dem an erster Stelle
angeführten Beklagten befand sich die Bezeichnung "[X.]".
Bei den beiden weiteren mit dem Beklagten tätigen Rechtsanwälten fanden sich die Angaben "auch Fachanwältin für Familienrecht" bzw.
"auch Fachanwalt für Miet-
und Wohnungseigentumsrecht".
1
-
3
-

Die Klägerin hält den vom Beklagten verwandten Begriff "Spezialist für Familienrecht" für irreführend. Sie hat den Beklagten auf Unterlassung in [X.] genommen.

Das [X.] hat der Klage stattgegeben.
[X.]
hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen
([X.], GRUR-RR
2013, 171
= [X.], 826).

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der [X.] seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

[X.] [X.] hat die Berufung des Beklagten als unbegründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:

Der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §
8 Abs.
1 und Abs.
3 Nr.
2 UWG in Verbindung mit §§
3, 4 Nr.
11
UWG wegen eines Verstoßes gegen §
43b [X.], §
7 Abs.
2 [X.] sowie nach §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 UWG zu. Die Bezeichnung "Spezialist für Familienrecht" sei wett-bewerbswidrig, weil damit die Gefahr einer Verwechslung mit der Fachanwalts-bezeichnung "Fachanwalt für Familienrecht" begründet werde. Nach §
7 Abs.
2 [X.] seien Benennungen unzulässig, soweit sie die Gefahr einer Verwechs-lung mit Fachanwaltschaften begründeten. Der angesprochene Verkehr kenne die Voraussetzungen, an die das Führen einer Fachanwaltsbezeichnung [X.] sei, im Regelfall nicht. Er könne zwischen den beiden Bezeichnungen, bei denen eine große sprachliche Nähe bestehe, nicht unterscheiden. Auf 2
3
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5
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-
4
-
Fachgebieten, auf denen -
wie vorliegend
-
die Möglichkeit bestehe, eine Fach-anwaltschaft zu erwerben, sei für die Bezeichnung Raum.

I[X.] Die Revision führt
zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit der vom Berufungs-gericht gegebenen Begründung kann kein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen der Bezeichnung "Spezialist für Familienrecht" aus §§
8, 3,
4 Nr.
11 UWG in Verbindung mit
§
43b [X.],
§
7 Abs.
2 [X.]
oder aus §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 UWG bejaht werden. [X.] hat zwar in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass zwischen den Bezeichnungen "Spezialist für Familienrecht" und "Fachanwalt für Familienrecht" Verwechslungsgefahr besteht. Es hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Angabe des Beklagten, er sei Spezialist für Familien-recht, zutreffend ist und ihm die Führung der Bezeichnung deshalb aus Grün-den der Verhältnismäßigkeit nicht verboten werden kann.

1. [X.] ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei §
7 Abs.
2 [X.] um eine Konkretisierung der Werbebe-schränkung des §
43b [X.] und damit um eine Marktverhaltensregelung han-delt und dass
Zuwiderhandlungen unlautere geschäftliche Handlungen im Sinne von
§
4 Nr.
11 UWG darstellen
([X.], Urteil vom 9.
Juni 2011 -
I
ZR 113/10, [X.], 215 = [X.], 75 -
Zertifizierter Testamentsvollstrecker; Urteil vom 18.
Oktober 2012
I
ZR
137/11, [X.], 409 Rn.
15 = [X.], 496
Steuerbüro).

a) Nach § 7 Abs. 1 [X.] in der seit dem 1.
März 2006 geltenden [X.] darf ein Rechtsanwalt unabhängig von [X.] der Berufstätigkeit nur benennen, wenn er seinen Angaben entspre-7
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-
5
-
chende Kenntnisse nachweisen kann, die er in der Ausbildung, durch Berufstä-tigkeit, Veröffentlichungen oder in sonstiger Weise erworben hat. Verwendet er qualifizierende Zusätze, muss er zusätzlich über entsprechende theoretische Kenntnisse verfügen und auf dem benannten Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sein. Nach § 7 Abs. 2 [X.] sind die Angaben gemäß Absatz
1 dieser Bestimmung unzulässig, wenn sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen oder sonst irreführend sind.

b)
Nach der Begründung für die Neufassung der Bestimmung des §
7 [X.] zum 1.
März 2006 ist es dem Rechtsanwalt freigestellt, auf Teilbereiche seiner Berufstätigkeit und auf die den entsprechenden Angaben zu Grunde lie-gende Qualifizierung hinzuweisen, ohne dass die Berufsordnung insoweit eine zahlenmäßige oder terminologische Beschränkung vorgibt. Damit solle der Tat-sache Rechnung getragen werden, dass sich die Rangordnung der Qualifikati-onen "Interessenschwerpunkt -
Tätigkeitsschwerpunkt -
Fachanwalt"
im Rechts-verkehr nicht durchgesetzt hat
([X.] 2006, 212). Die Begründung des [X.] nennt als Beispiele für qualifizierende Zusätze im Sinne des §
7 Abs.
1 Satz
2 [X.] die Begriffe "Spezialist", "Spezialgebiet"
und "Experte"
([X.] 2006, 212). Wer derartige Begriffe nennt, muss nach §
7 Abs.
1 Satz 2 [X.] seine Angaben rechtfertigende theoretische Kenntnisse besitzen und auf dem betreffenden Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sein. Zum Sinn und Zweck der Bestimmung des §
7 Abs.
2 [X.] führt die [X.] aus, dass generell irreführende Angaben und insbesondere irreführende Annäherungen an den Begriff des Fachanwalts in der [X.] verhin-dert werden sollen. Der Verbraucher soll verlässlich zwischen den auf eigener Einschätzung des Anwalts beruhenden Angaben des §
7 Abs.
1 [X.] und den
von den Kammern nach §
43c [X.] in Verbindung mit den Bestimmungen der Fachanwaltsordnung verliehenen
Fachanwaltsbezeichnungen unterscheiden können ([X.] 2006, 212, 213).
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-
6
-

c) Die Regelung des §
7 Abs.
2 [X.] entspricht den unionsrechtlichen Vorgaben in Art.
24 der Richtlinie 2006/123/[X.] vom 12.
Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt.

Gemäß Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2006/123/[X.] sind absolute Verbote der kommerziellen Kommunikation für reglementierte Berufe untersagt. Nach Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2006/123/[X.] ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die kommerzielle Kommunikation durch Angehörige reg-lementierter Berufe die Anforderungen der berufsrechtlichen Regeln erfüllt, die im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht je nach Beruf insbesondere die [X.], die Würde und die Integrität des Berufsstandes sowie die Wah-rung des Berufsgeheimnisses gewährleisten sollen. Berufsrechtliche Regelun-gen über die kommerzielle Kommunikation dürfen nicht diskriminierend sein und müssen durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerecht-fertigt und verhältnismäßig sein. Im
Erwägungsgrund
40 der Richtlinie 2006/123/[X.] werden als zwingende Gründe des Allgemeininteresses der [X.], die Verhütung von unlauterem Wettbewerb und die Wahrung der ordnungsgemäßen Rechtspflege genannt.

d)
Die Regelung des §
7 Abs.
2 [X.] steht auch mit der in Art.
12 Abs.
1 GG garantierten Berufsausübungsfreiheit in Einklang. Nach der Recht-sprechung des [X.] kann anwaltliche Werbung verboten werden, die die Gefahr einer Irreführung der Rechtsuchenden begründet ([X.], NJW 2001, 2620, 2621). Sofern zutreffende Angaben über die [X.] nicht irreführend sind, ist ein berufsrechtliches Werbeverbot dagegen nicht gerechtfertigt ([X.], NJW 2004, 2656, 2657).
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-
7
-

2. Das
Berufungsgericht hat angenommen,
für den angesprochenen Verkehr seien Unterschiede zwischen den Begriffen "Spezialist für Familien-recht" und "Fachanwalt für Familienrecht" nicht erkennbar. Diese im [X.] auf tatsächlichem Gebiet liegende Feststellung des Berufungsgerichts zur Verkehrsauffassung ist nur daraufhin vom Revisionsgericht überprüfbar, ob das Berufungsgericht bei seiner Würdigung gegen gesetzliche Auslegungsgrund-sätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche [X.] unberücksichtigt gelassen hat (vgl. [X.], [X.], 215
Rn.
13
-
Zerti-fizierter Testamentsvollstrecker). Solche Rechtsfehler sind im Streitfall nicht gegeben.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht bei der Feststellung der [X.] eines durchschnittlich informierten, aufmerksa-men und verständigen Rechtsuchenden abgestellt, der sich bei der Wahl eines Rechtsanwalts an qualifizierenden Zusätzen orientiert.
Es ist aus [X.] auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht aufgrund eigener Sachkunde beurteilt hat, wie die angesprochenen Verbraucher die [X.] verstehen. Gehören [X.]
wie im Streitfall

selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen, bedarf es im [X.] durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens, um das Verständnis des Verkehrs zu ermitteln ([X.], Urteil vom 2.
Oktober 2003 -
I
ZR 50/01, [X.]Z 156, 250, 255 mwN

Marktführerschaft; Urteil vom 13.
September 2012
I
ZR
230/11, [X.]Z 194, 314 Rn.
32 -
Biomineralwasser).

b) Die Feststellung der Verkehrsauffassung durch das Berufungsgericht begegnet auch in der Sache keinen rechtlichen Bedenken. Sie erweist sich ins-besondere nicht als erfahrungswidrig.

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-
8
-
[X.] hat darauf abgestellt, dass der angesprochene Verkehr die von einem Rechtsanwalt nach Art eines Titels verwendeten Begriffe "Spezialist für Familienrecht" und "Fachanwalt für Familienrecht" als Synonyme verstehen wird.
Es hat angenommen, dass der Verkehr die Voraussetzungen, die an das Führen einer Fachanwaltsbezeichnung geknüpft werden, im [X.] nicht kennt und deshalb auch nicht zwischen einem Fachanwalt und einem Spezialisten unterscheiden kann.
Daraus hat das Berufungsgericht den Schluss gezogen,
dass der Verkehr den Begriffen "Spezialist" und "Fachanwalt" eine identische oder doch zumindest stark angenäherte Bedeutung zumisst. Bei ei-nem solchen Verständnis ist von
einer
Verwechslungsgefahr im Sinne von §
7 Abs.
2 [X.] auszugehen. Der angesprochene Verkehr wird
nicht erkennen, dass ein "Fachanwalt für Familienrecht" besondere Kenntnisse und Erfahrun-gen auf
dem betreffenden Rechtsgebiet in einem förmlichen Prüfungsverfahren bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer nachgewiesen hat, während die Verwendung des Begriffs "Spezialist für Familienrecht" auf einer [X.] des werbenden Anwalts beruht und eine Prüfung durch eine unab-hängige Stelle, ob diese Selbsteinschätzung zutreffend ist, nicht stattgefunden hat.

c) Das [X.] hat allerdings bei der Bezeichnung ei-nes Rechtsanwalts als "Spezialist für Verkehrsrecht" grundsätzlich die Gefahr einer Irreführung mit einer Fachanwaltsbezeichnung von vornherein als ausge-schlossen angesehen ([X.], NJW 2004, 2656, 2658). Dadurch ist der [X.] im vorliegenden Verfahren aber nicht gehindert, bei der Feststellung des Verkehrsverständnisses zu einem anderen Ergebnis zu gelangen. Die Ent-scheidung des [X.] ist im Übrigen auf den hier zur Ent-scheidung stehenden Fall schon deshalb nicht übertragbar, weil es im Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] keinen Fachanwalt für Ver-kehrsrecht
gab
(vgl. [X.], NJW 2004, 2656,
2658).
Eine entsprechende 17
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9
-
Fachanwaltschaft wurde erst zum 1.
Juli 2005 eingeführt. Hier liegt der Fall da-gegen so, dass der Beklagte mit einer Spezialisierung für das Familienrecht als einem Rechtsgebiet geworben hat, für das nach §
1 [X.] die Möglichkeit be-steht, eine Fachanwaltsbezeichnung zu erwerben.

3. [X.] hat jedoch keine
Feststellungen dazu getroffen, ob die Fehlvorstellung des Verkehrs nicht auf einer objektiv richtigen Angabe beruht.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann auch eine ob-jektiv richtige Angabe irreführend sein, wenn sie beim Verkehr, an den sie sich richtet, gleichwohl zu einer Fehlvorstellung führt. In einem solchen
Fall, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf dem Verständnis einer an sich zutref-fenden Angabe beruht, ist für die Anwendung des §
5 UWG grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote als bei
einer Täuschung mit objektiv unrichtigen An-gaben erforderlich; außerdem ist eine Interessenabwägung vorzunehmen ([X.], Urteil vom 18.
März 2010 -
I
ZR
172/08, [X.], 1024 Rn.
25
= [X.], 1390
-
Master of Science Kieferorthopädie; [X.], [X.], 409 Rn. 29 -
Steuerbüro). Diese Grundsätze sind auch bei der Auslegung des §
7 Abs.
2 [X.] anzuwenden, der generell irreführende Angaben und [X.] irreführende Annäherungen an den Begriff des Fachanwalts in der Anwalts-werbung verhindern soll ([X.] 2006, 212, 213). Dabei handelt es sich um eine spezielle satzungsrechtliche Regelung des [X.].

b) Der Beklagte hat in den Vorinstanzen behauptet, bei ihm lägen im Be-reich des Familienrechts die Voraussetzungen des
§
7 Abs.
1 Satz
2 [X.] vor, er verfüge
über entsprechende theoretische Kenntnisse und sei auf dem [X.] in erheblichem Umfang tätig gewesen, so dass seine [X.],
er sei ein Spezialist für das Familienrecht, gerechtfertigt sei. Ist dies der 19
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-
Fall, kann ihm eine entsprechende Werbung nicht untersagt werden. Das [X.] hat demgegenüber gemeint, im Bereich der Fachanwaltschaften bestehe kein Raum für eine Selbsteinschätzung eines Rechtsanwalts als "Spe-zialist"
(ebenso LG München
I, [X.] 2010, 100, 102; [X.] in [X.]/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., §
4 Rn. 11.100;
Fezer/[X.], UWG, 2.
Aufl., §
4 Rn.
133;
Faßbender, [X.], 1463, 1468; Remmertz, [X.], 266, 269; [X.].UWG/[X.], 2.
Aufl., [X.]. §§
1 H §
7 [X.] Rn.
7).
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.

aa) Die Regelung des §
7 Abs.
1 [X.] dient dem Interesse des recht-suchenden Verkehrs, auf dem weiten Gebiet der Rechtsberatung einen Rechtsanwalt zu finden, der sich in wesentlichem Umfang bereits
mit dem Rechtsgebiet befasst hat, auf dem der Rechtsuchende Hilfe erwartet. [X.] sich ein Rechtsanwalt als Spezialist auf einem Rechtsgebiet, ist dies eine dem Informationsinteresse und der Orientierung des [X.] Verkehrs dienende nützliche
Information. Wie sich aus der Begründung der Änderungen des §
7 Abs.
1 [X.] ergibt, hat der [X.] ausdrücklich die Angabe von qualifizierenden Zusätzen wie "Spezialist", "Spezialgebiet" oder "Experte" für zulässig angesehen. Die Verwendung solcher
Zusätze wird jedoch davon abhängig gemacht, dass der entsprechend werbende Rechtsanwalt seine An-gaben rechtfertigende theoretische Kenntnisse besitzt
und auf dem [X.] in erheblichem Umfang tätig gewesen ist. Je intensiver der Rechts-anwalt Teilbereiche seiner Berufstätigkeit werbend herausstellt, desto fundierter müssen seine Kenntnisse und praktischen
Erfahrungen sein ([X.] 2006, 212).

Die Selbstbezeichnung als Spezialist ist auch für den Rechtsanwalt sachdienlich. Er kann damit die Inanspruchnahme in sonstigen Materien weit-gehend abwehren, weil Rechtsuchende bei ihm nur unter besonderen [X.]n Rechtsrat auf anderen Feldern nachfragen werden.
22
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-
11
-

bb) Eine entsprechende
Interessenlage besteht
bei der Führung von Fachanwaltsbezeichnungen. Die gesetzlichen Regelungen zur Fachanwalt-schaft in der
Bundesrechtsanwaltsordnung
wurden
damit begründet, dass die Beschäftigung des Rechtsanwalts mit Rechtsfragen außerhalb eines Kernbe-reichs, vor allem des Straf-
und Zivilrechts, einer nachdrücklichen Einarbeitung in das betreffende Rechtsgebiet bedürfe,
die sich unter wirtschaftlichen [X.] häufig nur dann lohne, wenn die einmal erlangten Kenntnisse in ständiger Beschäftigung mit dem Gebiet weiter angewandt und ausgebaut wer-den könnten. Viele Rechtsanwälte hätten sich daher Spezialgebieten zuge-wandt. Ihre beruflichen Interessen träfen sich mit dem Verlangen der [X.] nach einer möglichst hohen Befähigung der Rechtsanwälte, die sie beraten und vertreten sollen (Beschlussempfehlung und Bericht des [X.], BT-Drucks.
11/8307, S.
19).
Der Rechtsanwalt, der eine Fachan-waltsbezeichnung führt, weist damit das rechtsuchende Publikum auf [X.] hin, über die
er im Unterschied zu anderen Rechtsanwälten verfügt, die keine Fachanwaltsbezeichnung führen dürfen (vgl. [X.], Beschluss vom 14.
Mai 1990
[X.]
(B)
4/90, [X.]Z 111, 229, 231; Urteil vom 25.
November 2013
[X.]
(B)
44/12, NJW-RR 2014, 751
Rn.
11).

cc) Angesichts der vom Berufungsgericht festgestellten Verwechslungs-gefahr zwischen den Bezeichnungen "Spezialist" und "Fachanwalt" ist es im Hinblick auf die Interessenlage des [X.] Publikums und der Anwalt-schaft gerechtfertigt, von einem sich selbst als Spezialisten bezeichnenden Rechtsanwalt zumindest die Expertise eines Fachanwalts zu erwarten ([X.], [X.], 177, 178
= WRP 2008, 513; [X.], [X.], 431, 432 f.). Jedenfalls wenn das Fachgebiet, für das sich der [X.] Rechtsanwalt als Spezialist bezeichnet, auch ein Rechtsgebiet
ist, für das eine Fachanwaltschaft besteht, ist zur Überprüfung dieser Werbebehaup-24
25
-
12
-
tung auf die jeweiligen Anforderungen der Fachanwaltsordnung
an besondere theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen zurückzugreifen ([X.], [X.], 292,
293). Entsprechen die Fähigkeiten eines Rechtsanwalts, der sich als Spezialist auf
einem Rechtsgebiet bezeichnet, für das eine Fachanwaltschaft besteht, den
an einen Fachanwalt zu stellenden
An-forderungen, werden die Interessen der Rechtsuchenden nicht beeinträchtigt, wenn sie
die Begriffe "Fachanwalt" und "Spezialist" verwechseln. Es besteht bei einer solchen Sachlage keine Veranlassung, dem Rechtsanwalt die Führung der Bezeichnung "Spezialist" zu untersagen.
Ein in diesem Fall gleichwohl aus-gesprochenes Verbot der Verwendung der Bezeichnung "[X.]" ist zum Schutz des [X.] Publikums und im Interesse der Rechtsanwaltschaft nicht erforderlich und verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit sind aber nur dann mit Art.
12 Abs.
1 GG vereinbar, wenn sie den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar treffen, also dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen ([X.], [X.], 72, 73; [X.] 2012, 360, 361).

dd) Ob an den Nachweis der Richtigkeit einer Selbsteinschätzung als Spezialist noch höhere Anforderungen zu stellen sind, wenn sie für Rechtsge-biete in Anspruch genommen wird, die nicht mit Fachanwaltschaften vollständig identisch sind (vgl.
[X.], [X.], 177, 178), braucht nicht entschieden zu werden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

c) Dem Beklagten obliegt der Nachweis, dass er die Anforderungen ei-nes Spezialisten auf dem Gebiet des Familienrechts erfüllt. Dies ergibt sich schon aus §
7 Abs.
1 Satz
1 und 2 [X.].
Jedenfalls
folgt dies aus allgemeinen Grundsätzen
zur Verteilung der Darlegungs-
und Beweislast. Durch die Be-zeichnung als Spezialist nimmt der Beklagte für sich in Anspruch, zu einer Spit-zengruppe
der im Familienrecht tätigen Anwälte zu gehören. Nach der Senats-26
27
-
13
-
rechtsprechung muss der Beklagte, der eine Spitzenstellung
nichts anderes gilt für die Zugehörigkeit zu einer Spitzengruppe
für sich in Anspruch nimmt, die sie begründenden Tatsachen darlegen und beweisen, wenn seine Werbung als
unrichtig beanstandet wird und die klagende Partei diese Tatsachen entwe-der überhaupt nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten aufklären kann ([X.], Urteil vom 22.
Oktober 2009 -
I
ZR 73/07, [X.], 352 Rn.
22 = [X.], 636
-
Hier spiegelt sich Erfahrung).
So liegen die Dinge im Streitfall. Zu
der Frage, ob der Beklagte über hinreichende theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen verfügt, um sich zu Recht als Spezialist für Familien-recht zu bezeichnen, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

4. Da die vorbezeichnete Interessenabwägung auch im Rahmen eines auf §
5 Abs.
1 Satz
1 und 2 Nr.
3 UWG gestützten Verbots gilt, kann auch die vom Berufungsgericht auf diese Vorschriften gestützte Verurteilung nicht [X.] erhalten bleiben.

28
-
14
-
II[X.] Da
die Sache mangels ausreichender Feststellungen nicht entschei-dungsreif ist, ist auf die Revision des Beklagten das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen

563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

[X.]
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.04.2012 -
8 [X.] -

[X.], Entscheidung vom 01.03.2013 -
4 [X.] -

29

Meta

I ZR 53/13

24.07.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2014, Az. I ZR 53/13 (REWIS RS 2014, 3812)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3812

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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