Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.07.2019, Az. 27 W (pat) 561/17

27. Senat | REWIS RS 2019, 5231

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Gegenstand

(Markenbeschwerdeverfahren – "Gundermann-Akademie/Gundermannschule" –Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – unmittelbare Verwechslungsgefahr)


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 037 707

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 22. Juli 2019 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] sowie die Richterin [X.] beschlossen:

Die Beschwerde des Markeninhabers wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 23. Juni 2010 angemeldete Wortmarke

2

[X.]-[X.]

3

ist am 24. November 2010 unter der Nr. 30 2010 037 707 für die nachfolgend genannten Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 44 in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister eingetragen worden:

4

Klasse 35: Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen und der Qualitätssicherung; betriebswirtschaftliche Beratung; Einzel- und Großhandelsdienstleistungen auch über das [X.] in den Bereichen: Lebensmittel und Getränke, landwirtschaftliche, gartenwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Erzeugnisse;

5

[X.]: Veranstaltung und Durchführung von Workshops, Kursen und Führungen [Aus- und Weiterbildung], insbesondere auf dem Gebiet der Ethnobotanik, Kräuterpädagogik und Kräuterwirtschaft; Publikation von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im [X.]; Veröffentlichung von Büchern;

6

Klasse 44: Gesundheits- und Schönheitspflege; Gesundheitsberatung.

7

Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 24. Dezember 2010.

8

Gegen die Eintragung dieser Marke für die Dienstleistungen Klassen 41 und 44 hat der Beschwerdegegner aus seiner am 20. Februar 2008 angemeldeten und am 16. Juni 2008 für die Waren der Klasse 16 und Dienstleistungen der Klassen 41 und 44

9

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

[X.]: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten;

Klasse 44: medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft;

eingetragenen Marke [X.] 010 817

[X.]schule

am 3. Dezember 2010 Widerspruch erhoben, gestützt auf die Dienstleistungen der Klassen 41 und 44 der Widerspruchsmarke.

Der Inhaber der angegriffenen Marke wurde hierüber mit Schreiben des [X.] vom 21. April 2011 in Kenntnis gesetzt.

Mit Beschluss vom 27. April 2017 hat das [X.], Markenstelle für [X.], auf den Widerspruch des Beschwerdegegners die angegriffene Marke für die Dienstleistungen der Klassen 41 und 44 gelöscht.

Zur Begründung ist ausgeführt, zwischen den streitbefangenen Marken bestehe [X.] gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Es stünden sich identische bzw. ähnliche Dienstleistungen der Klassen 41 und 44 gegenüber. So seien die Dienstleistungen „Veranstaltung und Durchführung von Workshops, Kursen und Führungen [Aus- und Weiterbildung], insbesondere auf dem Gebiet der Ethnobotanik, Kräuterpädagogik und Kräuterwirtschaft“ der angegriffenen Marke dem Oberbegriff „Ausbildung“ der Widerspruchsmarke zuzuordnen, so dass insoweit Dienstleistungsidentität vorliege. Die Dienstleistungen „Publikation von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im [X.]; Veröffentlichung von Büchern“ der jüngeren Marke seien den Dienstleistungen „Ausbildung“ und „Erziehung“ der älteren Marke ähnlich. Im Bereich der Klasse 44 würden die Dienstleistungen der angegriffenen Marke vollständig von den Dienstleistungen des prioritätsälteren Zeichens erfasst, die Dienstleistungen seien daher identisch.

Weiter sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Auch wenn diese neben der rein sachbeschreibenden Angabe „Schule“ noch „[X.]“ als Bezeichnung einer speziellen Pflanze enthalte, so werde der Verkehr doch wohl nicht davon ausgehen, dass es sich dabei um eine Bildungseinrichtung handelt, die sich (fast) ausschließlich mit der genannten Pflanzenart befasse, da dies den Kennzeichnungsgewohnheiten in diesem Dienstleistungssektor widerspreche. Vielmehr würden Bildungs- und Forschungseinrichtungen weitaus häufiger mit Personennamen verknüpft (wie beispielsweise „[X.]“, „Grundigakademie“, „[X.]“), was auch im vorliegenden Falle naheliegend sei. Soweit das [X.] die Unterscheidungskraft der Bezeichnungen „[X.]schule“ und „[X.]akademie“ verneint habe, so sei dies für das vorliegende Widerspruchsverfahren ohne Bedeutung, da in diesem keine Erörterung der Schutzfähigkeit der gegenüberstehenden Zeichen erfolge.

Beim [X.] sei zu berücksichtigen, dass sich zwei Wortmarken gegenüberstünden, deren Grundwort in klar verständlicher Weise eine Lehreinrichtung benenne („Schule“ bzw. „[X.]“). Damit sei dieser Markenteil unmittelbar beschreibend für sämtliche Ausbildungs- und Erziehungsleistungen. Angeführt würden die Kennzeichnungen jeweils von dem dreisilbigen Bestimmungswort „[X.]“, insoweit seien die Bezeichnungen klanglich identisch. Unter diesen Umständen sei eine [X.] anzunehmen.

Gegen den ihm am 4. Mai 2017 zugestellten Beschluss wendet sich der Inhaber der angegriffenen Marke mit seiner Beschwerde vom 6. Juni 2017, eingegangen beim [X.] am selben Tag (Dienstag nach Pfingsten).

Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, der Widerspruch sei bereits verfristet eingelegt worden, da die Widerspruchsfrist am 24. März 2011 abgelaufen sei und der Widerspruch ausweislich des elektronischen Datenbestandes des [X.] erst am 21. April 2011 erhoben worden sei.

Zudem liege keine [X.] zwischen den gegenüberstehenden Marken vor. Das [X.] sei zu Unrecht von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. Wie das [X.] im Verfahren [X.] mit rechtskräftigem Urteil vom 1. September 2016 entschieden habe, sei der Widerspruchsmarke „[X.]schule“ überhaupt keine originäre Kennzeichnungskraft zuzuerkennen, weil sie rein beschreibend sei. Da es sich bei „[X.]“ um eine Pflanze handele, könne der Wortbestandteil „[X.]“ der Widerspruchsmarke stellvertretend für alle Pflanzen aufgefasst werden. Damit werde der weitere Bestandteil „Schule“ der Widerspruchsmarke „inhaltlich verallgemeinernd charakterisiert“, so dass die ältere Marke insgesamt beschreibender Natur sei. Der zusammengesetzte Begriff „[X.]schule" beschreibe daher eine Schule, die sich mit der Pflanze „[X.]" bzw. mit Kräutern schlechthin auseinandersetze. Aus einer schutzunfähigen Marke könne der Widersprechende keine Rechte herleiten.

Im Verfahren vor dem [X.] hat der Beschwerdeführer geltend gemacht, dass der Widerspruch zurückzuweisen sei, da ihm prioritätsältere Rechte an der Bezeichnung „[X.]schule“ zustünden. Er habe bereits im Jahr 2004 die Domain www.gundermannschule.de registriert. Die Anmeldung der Widerspruchsmarke sei daher [X.] erfolgt.

Der Beschwerdeführer und Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

den Beschluss des [X.]s ([X.]), Markenstelle für [X.], vom 27. April 2017 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke [X.] 010 817 zurückzuweisen.

Der Beschwerdegegner und Widersprechende hat sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Im Verfahren vor dem [X.] hat der Beschwerdegegner geltend gemacht, bereits seit 2002 unter der Bezeichnung „[X.]schule“ aufzutreten. Dabei sei der Beschwerdeführer als Dozent der vom Beschwerdegegner veranstalteten Kurse tätig gewesen. Den [X.]austritt unter www.gundermannschule.de habe der Beschwerdeführer für den Beschwerdegegner erstellt, damit über diesen die vom Beschwerdegegner veranstalteten Kurse beworben würden. Nicht er selber, sondern der Beschwerdeführer habe [X.] gehandelt, als er versucht habe, die gemeinsame Tätigkeit als [X.]schule auf sich „überzuleiten“, und hierzu eine Konkurrenzfirma unter [X.] eröffnet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des [X.], die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere gem. § 66 Abs. 1 i. V. m. § 64 Abs. 6 [X.] statthafte und gem. § 66 Abs. 2 [X.] fristgerecht eingelegte Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke bleibt in der Sache erfolglos. Zwischen den [X.] besteht hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der [X.] und 44 der jüngeren Marke eine markenrechtliche [X.], so dass das [X.], Markenstelle für [X.], zu Recht gem. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 43 Abs. 2 S. 1 [X.] die Löschung der angegriffenen Marke [X.] hinsichtlich dieser Dienstleistungen auf den Widerspruch aus der Marke [X.] 010 817 angeordnet hat.

1. Der Widerspruch wurde wirksam eingelegt, insbesondere innerhalb der Widerspruchsfrist. Diese beträgt gem. § 42 Abs. 1 S. 1 [X.] drei Monate nach dem [X.]. Vorliegend wurde der Widerspruch am 3. Dezember 2010 eingelegt und nicht erst am 21. April 2011, dem Tag der Mitteilung des Widerspruchs an den Beschwerdeführer. Damit lag der Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs noch vor dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 24. Dezember 2010. Ein nach Eintragung, aber vor Veröffentlichung der Eintragung erhobener Widerspruch ist zulässig (vgl. [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 12. Aufl. 2018, § 42 Rn. 31).

2. Das Vorliegen einer [X.] für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z.B. [X.], [X.], 933, Rn. 32 – [X.]; [X.], [X.], 1098, Rn. 44 – [X.]/[X.]; [X.], [X.], 1040, Rn. 25 – [X.]/pure; [X.], [X.], 833, Rn. 30 – Culinaria/[X.]; [X.], [X.], 382, Rn. 19 – [X.]; [X.], [X.], 283, Rn. 7, [X.]/[X.] DEUTSCHE [X.]). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der [X.] (vgl. dazu [X.], [X.], 343, Rn. 48 – [X.]/[X.]; [X.], [X.], 1040, Rn. 25 – [X.]/pure; [X.], [X.], 283, Rn. 7, [X.]/[X.] DEUTSCHE [X.]; siehe auch [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 41 ff m.w.N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der [X.] weitere Faktoren relevant sein, wie u.a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen. Bei dieser umfassenden Beurteilung der [X.] ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind ([X.], [X.], 382, Rn. 37 – [X.]; [X.], [X.], 382, Rn. 14 – [X.]; [X.], [X.], 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]).

3. Nach diesen Grundsätzen ist eine [X.] zwischen den [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu bejahen. Dabei kommt es auf die Frage, inwieweit einer der Beteiligten bei der Anmeldung seiner Marke möglicherweise [X.] gehandelt habe, oder wer von den Beteiligten Inhaber älterer sonstiger Rechte sei, im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht an (vgl. [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 12. Aufl. 2018, § 42 Rn. 62 m.w.N.).

a) Unter Zugrundelegung der mangels Erhebung einer Nichtbenutzungseinrede maßgeblichen [X.] können sich die [X.] im Zusammenhang mit teilweise identischen, teilweise ähnlichen Dienstleistungen begegnen. Dabei ist die Ähnlichkeit lediglich hinsichtlich der in den Klassen 41 und 44 beanspruchten Dienstleistungen der angegriffenen Marke zu beurteilen, da nur diese Gegenstand des Widerspruchs und somit auch beschwerdegegenständlich sind.

Eine Ähnlichkeit von Waren oder Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese bei Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der [X.] wesentlicher Gründe – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie – was zu unterstellen ist – mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. [X.] [X.], 582, Rn. 85 - [X.]; [X.], [X.], 719 Rn. 29 – idw Informationsdienst Wissenschaft; [X.], [X.], 378 Rn. 38 – [X.]; [X.], [X.], 79 Rn. 11 – [X.]/[X.] Club).

Wie im angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt, fallen die [X.] von der jüngeren Marke beanspruchten Dienstleistungen „Veranstaltung und Durchführung von Workshops, Kursen und Führungen [Aus- und Weiterbildung], insbesondere auf dem Gebiet der Ethnobotanik, Kräuterpädagogik und Kräuterwirtschaft“ unter den Oberbegriff „Ausbildung“, für den die Widerspruchsmarke in [X.] Schutz genießt, so dass insoweit Dienstleistungsidentität vorliegt.

Die weiteren in [X.] von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen „Publikation von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im [X.]; Veröffentlichung von Büchern“ sind den Dienstleistungen „Ausbildung; Erziehung“ der Widerspruchsmarke zumindest durchschnittlich ähnlich, da Ausbildungseinrichtungen oftmals eigene Zeitschriften oder Bücher – auch in elektronischer Form – publizieren (vgl. auch [X.] (pat) 56/04, abrufbar über juris.de).

Schließlich beanspruchen die [X.] in Klasse 44 Schutz für die identischen Dienstleistungen „Gesundheits- und Schönheitspflege“ und fällt die von der jüngeren Marke beanspruchte Dienstleistung „Gesundheitsberatung“ unter den vorgenannten Oberbegriff „Gesundheitspflege“.

b) Die Widerspruchsmarke „[X.]schule“ verfügt über eine originär jedenfalls unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft.

Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten [X.] einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.], [X.], 228, Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], [X.], 1127, Rn. 10 – [X.]/[X.]solar; [X.], [X.], 1040, [X.]. 29 – [X.]/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler oder – was dem entspricht – durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (vgl. [X.], [X.], 283, Rn. 10 – [X.]/DAS DEUTSCHE [X.]; [X.], [X.], 64, Rn. 12 – Maalox/[X.]). Bei der Bestimmung der originären Kennzeichnungskraft ist auf den Gesamteindruck des Zeichens abzustellen, da der Verkehr in der Regel nicht zu einer zergliedernden und analysierenden Betrachtung eines Zeichens neigt; dies schließt nicht aus, dass zunächst die einzelnen Elemente einer Marke nacheinander geprüft werden, um anschließend den durch sie hervorgerufenen Gesamteindruck zu untersuchen ([X.], [X.], 914, Rn. 19 – [X.]/[X.]). Marken kommt bereits dann nur eine geringe und keine normale Kennzeichnungskraft zu, wenn sie für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar an einen beschreibenden Begriff angelehnt sind (vgl. [X.], [X.], 729 Rn. 27 – [X.]; [X.], [X.], 833, Rn. 34 - Culinaria/[X.]).

Vorliegend handelt es sich, wie im angegriffenen Beschluss festgestellt und von den Beteiligten vorgetragen, bei dem Wort „[X.]“ neben einem Personennamen zugleich um den Namen einer Pflanzenart, die auch als „Gundelrebe“ bezeichnet wird. Soweit der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des [X.] im Verfahren [X.] die Auffassung vertritt, dass der Widerspruchsmarke jegliche Kennzeichnungskraft fehle, da der Begriff „[X.]schule“ für eine Schule, die Kräuterkurse anbiete und sich mit [X.] (und anderen Pflanzen) beschäftige, rein beschreibend sei, so folgt der Senat dem nicht. Zwar kann die Bezeichnung „[X.]“ einen Sachhinweis auf den Inhalt eines derartigen Kurses darstellen, und somit die in [X.] von der Widerspruchsmarke beanspruchten Dienstleistungen möglicherweise beschreiben, ebenso wie die Verwendung dieser Pflanze möglicherweise Gegenstand einer Gesundheitsberatung (Klasse 44) sein kann. Ebenso ist der weitere Wortbestandteil der Widerspruchsmarke „-schule“ für eine Ausbildungseinrichtung und damit auch für die hier relevanten Vergleichsdienstleistungen in [X.], möglicherweise auch für die in Klasse 44 Dienstleistungen, seinerseits beschreibend.

Bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist jedoch die Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Die Bezeichnung „[X.]schule“ ist für die hier relevanten Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, und zwar auch für die Dienstleistungen „Ausbildung, Erziehung“, in ihrer Gesamtheit deswegen nicht rein beschreibend, weil die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise dieser Dienstleistungen – wenn sie in der Bezeichnung „[X.]“ die Bezeichnung einer Pflanze und nicht sogar einen Personennamen erkennen sollten – nicht davon ausgehen werden, dass es sich um die Bezeichnung einer Schule handelt, die Ausbildungsleistungen speziell zur Pflanze „[X.]“ anbietet. Vielmehr werden sie auch bei Kenntnis dieser Pflanzenart in der gewählten Bezeichnung in erster Linie den Namen der Schule als Bezeichnung einer konkreten Institution sehen und sie somit als Herkunftshinweis für die angebotenen Dienstleistungen auffassen. Denn die beschreibende Bezeichnung einer Schule oder einer Ausbildungsstätte mit einem derart konkreten potentiellen Kursgegenstand ist nach den Feststellungen des [X.] nicht branchenüblich. Ebenso wäre daher vergleichbaren denkbaren Bezeichnungen wie „[X.]“, „Malvenschule“ oder „Edelweißakademie“ nicht jegliche Kennzeichnungskraft abzusprechen.

Auch wenn der Widerspruchsmarke im Hinblick auf die zuvor dargelegte beschreibende Bedeutung ihrer Bestandteile insgesamt beschreibende Anklänge zu entnehmen sein sollten, so ist daher die originäre Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit als jedenfalls unterdurchschnittlich und nicht nur als weit unterdurchschnittlich (sehr gering) anzusehen. Offen bleiben kann, ob die Kennzeichnungskraft mit der Argumentation, dass die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise in der Bezeichnung „[X.]“ in erster Linie einen Personennamen sehen sollten, sogar als durchschnittlich zu bewerten sein könnte; denn [X.] ist vorliegend auch bei Annahme einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft zu bejahen.

Eine Steigerung dieser Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung ist nicht ersichtlich und wurde vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht.

c) Im Rahmen der bei der Beurteilung der [X.] erforderlichen Gesamtabwägung hält die jüngere Marke mit Blick auf die vorgenannten Umstände den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen nicht ein, da zwischen den [X.] eine hohe begriffliche Ähnlichkeit besteht.

aa) Eine für das Vorliegen einer [X.] relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer [X.] regelmäßig ausreicht, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind ([X.], [X.], 1004, Rn. 22 – [X.]/ISP; [X.], [X.], 382, Rn. 25 – [X.]; [X.], [X.], 824, Rn. 25 f. – Kappa; [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 268 m.w.N.).

Dabei sind grundsätzlich die Vergleichsmarken als Ganzes gegenüberzustellen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen, da der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden und zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.], [X.], 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]; [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 248 m.w.N.). Dies schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. [X.], [X.], 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]; [X.], [X.], 859, Rn. 18 – Malteserkreuz I).

Des Weiteren kann ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung haben, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung im vorgenannten Sinne dominiert oder prägt (vgl. [X.], [X.], 1042, Rn. 30 – [X.] LIFE; [X.], [X.], 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]; [X.], [X.], 772, Rn. 57 – [X.] m.w.N.). Bei Identität oder relevanter Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von [X.] zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. [X.], [X.], 1042, Rn. 30 – [X.] LIFE; [X.], [X.], 833, Rn. 45 – Culinaria/[X.]; [X.], [X.], 772, Rn. 57 – [X.] m.w.N.).

Bei der Feststellung des Gesamteindrucks können auch für sich genommen schutzunfähige Bestandteile mit zu berücksichtigen sein (vgl. [X.], [X.], 80 – [X.]/[X.]; [X.], [X.], 382, Rn. 37 – [X.]; [X.], [X.], 783 – [X.]/[X.]). Jedoch kann eine zur [X.] führende Zeichenähnlichkeit allein im Hinblick auf eine Übereinstimmung in schutzunfähigen Bestandteilen nicht angenommen werden (vgl. [X.], [X.], 382, Rn. 37 – [X.]; [X.], [X.], 283, Rn. 18 – [X.]/[X.] DEUTSCHE [X.]).

bb) Vorliegend ist eine hohe begriffliche Ähnlichkeit der [X.] gegeben.

Die [X.] stimmen in ihrem jeweils ersten Wortbestandteil, der Bezeichnung „[X.]“ als Name einer Person oder einer Pflanze vollständig überein; sie unterscheiden sich in jeweils in ihrem zweiten Wortbestandteil „-[X.]“ bzw. „-schule“. Bei einer [X.] bzw. einer Schule handelt es sich jeweils um Ausbildungseinrichtungen, die die für das vorliegende Verfahren relevanten Dienstleistungen der Klassen 41 und 44 anbieten können. Dabei ist der Begriff „Schule“ nicht auf die klassische Regelschule (Grundschule und weiterführende Schule) für Kinder und Jugendliche beschränkt, sondern findet insbesondere in Begriffs- und Namensverbindungen vielfach Anwendung auch im Bereich der Hochschulen, der privaten oder beruflichen Fortbildung oder im Freizeitbereich. Ebenso wird der Begriff „[X.]“ nicht nur als Bezeichnung einer Fach(hoch-)schule oder einer wissenschaftlichen Gesellschaft verwendet, sondern für die verschiedensten Ausbildungseinrichtungen, die ebenfalls diverse Angebote der Ausbildung oder der privaten oder beruflichen Fortbildung umfassen. Die Begriffe „[X.]“ und „Schule“ weisen daher deutliche Überschneidungen auf und können synonym verwendet werden. Selbst wenn die angesprochenen Verkehrskreise zwischen einer „Schule“ und einer „[X.]“ differenzieren sollten, so werden sie sich im Hinblick auf die im vorliegenden Dienstleistungsbereich jeweils beschreibende Bedeutung dieser Bestandteile in erster Linie jeweils an dem kennzeichnungskräftigeren (Namens-)Bestandteil „[X.]“ orientieren.

Somit sind die [X.] „[X.]-[X.]“ und „[X.]schule“ begrifflich als weit überdurchschnittlich ähnlich anzusehen. Daneben liegt im Hinblick auf die vollständige Übereinstimmung der Marken in den ersten drei Silben auch eine Ähnlichkeit in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht vor.

d) Ausgehend von einer mindestens durchschnittlichen Dienstleistungsähnlichkeit und einer jedenfalls unterdurchschnittlichen (geringen) Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist daher in der Gesamtabwägung im Hinblick auf die sehr hohe begriffliche Zeichenähnlichkeit der Vergleichsmarken [X.] gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] anzunehmen.

4. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen wurden noch sonst ersichtlich sind. Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 83 Abs. 2 [X.] besteht keine Veranlassung.

5. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten einen Antrag auf Durchführung einer solchen nicht gestellt haben (§ 69 Nr. 1 [X.]) und der Senat eine mündliche Verhandlung auch nicht für geboten erachtet hat (§ 69 Nr. 3 [X.]).

Meta

27 W (pat) 561/17

22.07.2019

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.07.2019, Az. 27 W (pat) 561/17 (REWIS RS 2019, 5231)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 5231

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