Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2007, Az. IV ZR 258/03

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 2805

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03 Verkündet am:

18. Juli 2007

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja [X.] § 172 Abs. 2 Die Grundsätze des [X.] vom 12. Oktober 2005 über die Klauselersetzung nach § 172 Abs. 2 [X.] sind auch auf den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit anzuwenden. [X.], Urteil vom 18. Juli 2007 - [X.]/03 - [X.] - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2007 für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivil-senats des [X.] vom 8. Ok-tober 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten eine Rückvergütung aus sechs zum 1. März 1998 abgeschlossenen und später gekündigten Ver-trägen über kapitalbildende Lebensversicherungen. 1 Die damals in die Verträge einbezogenen [X.] ([X.]) enthalten in § 6 Regelungen über den Rück-kaufswert bei Kündigung, die Umwandlung in eine beitragsfreie Versiche-rung und einen [X.] sowie in § 15 über die Verrechnung von [X.]. Diese Bestimmungen entsprechen gleichartigen Klauseln 2 - 3 -

in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen anderer Lebensversiche-rer, die der Senat durch zwei Urteile vom 9. Mai 2001 wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam erklärt hat ([X.]Z 147, 354 und 373). Die Beklagte hat diese Senatsurteile zum Anlass genommen, §§ 6 und 15 [X.] im Wege des Treuhänderverfahrens nach § 172 Abs. 2 [X.] durch inhaltsgleiche, ihrer Meinung nach nunmehr transparent for-mulierte Bestimmungen zu ergänzen. Sie hat dies der Klägerin durch Schreiben vom 14. Februar 2002 mitgeteilt. Die Klägerin hat der [X.] widersprochen und mit Schreiben vom 16. Mai 2002 die Verträge gekündigt. Die Beklagte hat daraufhin die Verträge zum 30. April 2002 abgerechnet und erklärt, wegen der kurzen Vertragslauf-zeit seien noch keine Rückkaufswerte vorhanden. Die Klägerin hält die Klauselersetzung nach § 172 Abs. 2 [X.] ebenso wie eine ergänzende Vertragsauslegung für unzulässig und die Verträge daher insgesamt für nichtig. Die Beklagte sei verpflichtet, die ohne Rechtsgrund erhaltenen Beiträge in Höhe von 5.368,65 • zurück-zuzahlen und zu verzinsen. Diesen in den Vorinstanzen abgewiesenen Anspruch verfolgt die Klägerin mit der Revision weiter. 3 Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 4 [X.] Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe weder einen be-reicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung der Beiträge noch ei-5 - 4 -

nen vertraglichen Anspruch auf Zahlung eines Rückkaufswertes. Trotz Unwirksamkeit von § 6 Abs. 3 und § 15 [X.] in der Fassung vom 1. März 1998 sei der Vertrag nach § 6 Abs. 1 [X.] im Übrigen wirksam geblie-ben. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 [X.] lägen nicht vor. [X.] habe die Beklagte die durch die Unwirksamkeit der Klauseln [X.] nach § 172 Abs. 2 [X.] im Wege des Treuhän-derverfahrens rückwirkend wirksam und für die Klägerin gemäß § 6 Abs. 2 [X.] zumutbar geschlossen. Auch nach § 6 Abs. 3 und 6 [X.] in der neuen Fassung bestehe bei Kündigung kein Anspruch auf Rückzah-lung der Beiträge, sondern nur auf den Rückkaufswert. Dieser betrage bedingungsgemäß unstreitig 0 •.

I[X.] Soweit das Berufungsgericht den Anspruch auf Rückzahlung der Beiträge abgewiesen hat, ist ihm zuzustimmen. Seine Auffassung, auch ein Anspruch auf einen Rückkaufswert bestehe nicht, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. 6 1. Die Senatsurteile vom 9. Mai 2001 (aaO) haben dazu geführt, dass die davon betroffenen und andere Lebensversicherer, die gleichar-tige Klauseln verwendet hatten, diese im Treuhänderverfahren nach § 172 Abs. 2 [X.] durch inhaltsgleiche, ihrer Meinung nach nunmehr transparent formulierte Bestimmungen ersetzt haben. Durch Urteil vom 12. Oktober 2005 ([X.]Z 164, 297) hat der Senat die im Zusammenhang damit aufgeworfenen und in Literatur und Rechtsprechung unterschied-lich beantworteten Rechtsfragen entschieden. Er hat im Einzelnen aus-geführt, dass § 172 Abs. 2 [X.] auch auf die kapitalbildende Lebensver-sicherung anwendbar ist, welche Voraussetzungen für die Durchführung 7 - 5 -

des Treuhänderverfahrens gegeben sein müssen und welchen Maßstä-ben die Klauselersetzung inhaltlich genügen muss.
Der Senat hat die von der dortigen Beklagten mit Zustimmung des Treuhänders vorgenommene Vertragsergänzung durch inhaltsgleiche Bestimmungen für unwirksam erklärt (aaO S. 312 ff.). Für die Klausel über den [X.] ergibt sich dies bereits nach § 306 Abs. 2 [X.], § 6 Abs. 2 [X.] i.V. mit §§ 174 Abs. 4, 176 Abs. 4 [X.]. Nach den letztgenannten gesetzlichen Vorschriften setzt die Berechtigung zu ei-nem Abzug eine Vereinbarung voraus, an der es bei Unwirksamkeit der Klausel fehlt. Die inhaltsgleiche Ersetzung der unwirksamen Klauseln über den Rückkaufswert bei Kündigung und die Umwandlung in eine bei-tragsfreie Versicherung sowie über die Verrechnung der [X.], für die das Gesetz keine konkrete Ersatzregelung zur Verfügung stellt, hat der Senat für unwirksam gehalten, weil sie die gesetzliche Sanktion der Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 [X.], jetzt § 307 Abs. 1 [X.] unterläuft und schon deshalb mit den Grundsätzen der ergänzen-den Vertragsauslegung nicht zu vereinbaren ist. Insoweit hat der Senat die durch die Unwirksamkeit der ursprünglichen Klauseln entstandene Regelungslücke im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsausle-gung geschlossen. Danach darf die Rückvergütung bei Kündigung einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Dieser wird bestimmt durch die [X.] des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechne-ten ungezillmerten [X.]. 8 2. Daraus ergibt sich für den hier zu entscheidenden [X.]: 9 - 6 -

10 a) Die Voraussetzungen für die Durchführung des Treuhänderver-fahrens waren gegeben, wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat. Es hat insbesondere die ursprünglich vereinbarten Bestimmungen über den Rückkaufswert bei Kündigung und die Verrechnung der [X.] zu Recht als unwirksam angesehen, weil sie mit den vom Senat durch die Urteile vom 9. Mai 2001 (aaO) für unwirksam erklärten Klauseln weitgehend identisch sind. Derselben Meinung waren der [X.] und die Beklagte, die in den Vorinstanzen mehrfach auf die Un-wirksamkeit der §§ 6 und 15 [X.] hingewiesen hat. Erstmals im Revisi-onsverfahren vertritt die Beklagte die Auffassung, die Tabellen der ga-rantierten Rückkaufswerte - die einen Rückkaufswert ab Ende Februar 2004 ausweisen und über Rückkaufswerte in den Jahren davor nichts enthalten - hätten die gebotene Transparenz geschaffen. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil in den Klauseln selbst kein Hinweis auf die für den Versicherungsnehmer mit der vorzeitigen Beendigung der Beitragszah-lung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile enthalten ist (dazu [X.]Z 147, 354, 363 f., 366 und [X.]Z 147, 373, 380). b) aa) Die inhaltsgleiche Klauselersetzung ist unwirksam. Die er-gänzende Vertragsauslegung durch den Senat führt dazu, dass die [X.] wirksam sind, ein gesetzlicher oder vertraglicher [X.] nicht besteht, die Klägerin aber nach Maßgabe des [X.] vom 12. Oktober 2005 (aaO) Anspruch auf einen Mindestrückkaufswert hat, der vom Berufungsgericht noch [X.] ist. Ein [X.] kommt nicht in Betracht. 11 bb) Trotz der von der Beklagten gegen das Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 erhobenen Einwendungen hält er daran fest, dass die §§ 174 Abs. 2, 176 Abs. 3 [X.] über die beitragsfreie [X.] - 7 -

summe und den Rückkaufswert keine konkrete und sachgerechte Lü-ckenfüllung i.S. von § 306 Abs. 2 [X.], § 6 Abs. 2 [X.] ermöglichen (Senatsurteil aaO S. 313 f., 323; vgl. auch [X.], 489, 491, 493 ff.) und die Klausel über den [X.] (die hier nicht einmal die Größenordnung für den Versicherungsnehmer erkennbar macht und oh-ne versicherungsmathematische Kenntnisse nicht verständlich ist) er-satzlos entfällt. Die Rechtsform der Beklagten als Versicherungsverein auf Gegen-seitigkeit rechtfertigt auch keine andere Beurteilung, soweit es um den Mindestrückkaufswert und die beitragsfreie Versicherungssumme geht. Sie betreffen das Austauschverhältnis der Partner des [X.], das in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklag-ten - offenbar für Mitglieder wie für Nichtmitglieder - in gleicher Weise geregelt ist wie bei [X.]. [X.] eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, die das Versicherungsverhältnis betreffen, sind vom Anwendungsbereich des [X.] und der §§ 305 ff. [X.] nicht ausgenommen (vgl. [X.]Z 136, 394, 396 ff.). Für das Versicherungsverhältnis trifft die im Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 (aaO [X.] ff.) nach [X.] Gesichtspunkten vorgenommene Interessenabwägung auch für den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit zu, selbst wenn die Versicherungsnehmer zugleich Mitglieder sind (vgl. zur Feststellung des [X.] beim [X.], 1127, 1134). Soweit Verschiebungen im Wert der Mitgliedschaft eintreten sollten, gelten für die Abwägung der jeweiligen Interessen der Versicherungsnehmer die gleichen Erwägungen, zumal der wirtschaftliche Wert, den der Versicherungsnehmer während der lau-13 - 8 -

fenden Vereinsmitgliedschaft bezieht, eher gering ist (vgl. [X.], 1109, 1124). Terno [X.] [X.] Dr. [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 25.02.2003 - 2 O 489/02 - [X.], Entscheidung vom 08.10.2003 - 3 U 69/03 -

Meta

IV ZR 258/03

18.07.2007

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2007, Az. IV ZR 258/03 (REWIS RS 2007, 2805)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2805

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