Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.11.2015, Az. IX ZR 313/14

9. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 2402

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Gegenstand

Insolvenzforderung: Anmeldung einer Forderung aus mangelhaftem Darlehensvertrag


Leitsatz

Eine als Forderung aus Darlehensvertrag zur Tabelle angemeldete Forderung kann, wenn ein Vertragsmangel gegeben ist, im Forderungsfeststellungsverfahren als Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung verfolgt und festgestellt werden.

Tenor

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den die Berufung zurückweisenden Beschluss des 5. Zivilsenats des [X.] vom 12. November 2014 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 244.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger meldete beim beklagten Insolvenzverwalter eine Darlehensforderung in Höhe von insgesamt 1,5 Mio. € nebst Zinsen zur Tabelle an. Der Beklagte bestritt die Forderung. Im Verlauf des Rechtsstreits hat der Kläger sich die Behauptung des Beklagten zu eigen gemacht, der Darlehensvertrag sei nur zum Schein geschlossen worden, und hat die Klage auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB gestützt. Das [X.] hat die Forderung zur Tabelle festgestellt. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Nach Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Klage unzulässig, weil es an der Sachurteilsvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Anmeldung fehlt.

II.

2

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

3

1. Nach § 181 [X.] kann die Feststellung nach Grund, Betrag und Rang der Forderung nur in der Weise begehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung oder im Prüftermin bezeichnet worden ist. Die Anmeldung zur Tabelle ist Sachurteilsvoraussetzung; eine Feststellungsklage ohne Anmeldung ist unzulässig. Der Grund für das vorrangig zu betreibende Anmeldungs- und Prüfungsverfahren liegt darin, dass das [X.] gemäß § 183 [X.] gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Gläubigern wirkt. Die Gläubiger müssen ebenso wie der Verwalter selbst zunächst Gelegenheit erhalten, die angemeldete Forderung zu prüfen und gegebenenfalls zu bestreiten. Maßgebend für diese Prüfung ist der Sachverhalt, der in der Anmeldung angegeben worden ist (§ 174 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.]). Dieser Sachverhalt, der Grund des Anspruchs ([X.], Urteil vom 13. Juni 2006 - [X.], [X.]Z 168, 112 Rn. 21), bestimmt, soweit die Forderung als anerkannt in die Tabelle eingetragen wird, den Umfang der Rechtskraft der Eintragung gegenüber den Gläubigern (§ 183 [X.]) und, soweit die Forderung bestritten wird, den Umfang der Rechtskraft des im Feststellungsprozess ergehenden Urteils. Deswegen muss der [X.] bei der Anmeldung zur Tabelle angegeben werden ([X.], Urteil vom 5. Juli 2007 - [X.], [X.]Z 173, 103 Rn. 12). Der Gläubiger hat bei der Anmeldung den Lebenssachverhalt darzulegen, der in Verbindung mit einem - nicht notwendig ebenfalls [X.] - Rechtssatz die geltend gemachte Forderung als begründet erscheinen lässt ([X.], Urteil vom 22. Januar 2009 - [X.], [X.], 242 Rn. 10; vom 21. Februar 2013 - [X.], [X.], 574 Rn. 15). Die rechtliche Einordnung der Forderung ist nicht Gegenstand der Anmeldung.

4

2. Bei der Anmeldung hat der Kläger die Forderung mit einem Darlehensvertrag vom 9. Februar 2004 und der Auszahlung der Darlehenssumme in den Jahren 2004 bis 2006 begründet und damit den Gegenstand der Anmeldung bestimmt. Zum [X.] sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten [X.] gehören, den der Kläger dem Gericht vorträgt. Darauf, ob alle Tatsachen des [X.] vorgetragen worden sind oder nicht, kommt es nicht an ([X.], Urteil vom 22. Oktober 2013 - [X.], [X.]Z 198, 294 Rn. 15). Die nachträglich in den Rechtsstreit eingeführten tatsächlichen Umstände, welche den Subsumtionsschluss auf ein Scheingeschäft gemäß § 117 BGB tragen, ändern nicht den [X.], damit den Streitgegenstand der Feststellungsklage und den Gegenstand der Anmeldung. Auch der schließlich geltend gemachte Anspruch aus § 812 BGB konnte nur nach Prüfung der Wirksamkeit des einzig als Rechtsgrund in Betracht kommenden Darlehensvertrages sowie der Feststellung, dass die nunmehr zurückverlangten Geldbeträge wie behauptet ausgezahlt worden waren, zuerkannt werden.

5

3. Soweit im Senatsurteil vom 5. Juli 2007 ([X.], [X.]Z 173, 103) höhere Anforderungen an die Bestimmtheit des Gegenstandes der Anmeldung gestellt worden sein sollten, hält der Senat hieran - wie schon in den zwischenzeitlich ergangenen Urteilen vom 22. Januar 2009 ([X.], [X.], 242 Rn. 10) und vom 21. Februar 2013 ([X.], [X.], 574 Rn. 15) - nicht fest.

6

4. Verfahrensgrundrechte des Beklagten wurden nicht verletzt. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Kayser                            Gehrlein                             Vill

                 Lohmann                        [X.]

Meta

IX ZR 313/14

12.11.2015

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 12. November 2014, Az: 5 U 150/14

§ 174 Abs 1 InsO, § 181 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.11.2015, Az. IX ZR 313/14 (REWIS RS 2015, 2402)

Papier­fundstellen: WM 2016, 46 REWIS RS 2015, 2402

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